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Ausgabe:

1900 Nr. 5

Spalte:

154-156

Autor/Hrsg.:

Kögel, Gottfried

Titel/Untertitel:

Rudolf Kögel. Sein Werden und Wirken 1900

Rezensent:

Eck, Samuel

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 5.

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So Maube ich, dafs es nicht zu fcharf ift, wenn ich I der' hervorruft. Der Kult, den die Myftiker mit der
fage, dafs zwar das Schriftftellerverzeichnifs für die ober- .minnenden Seele1 treiben, befruchtet Vorftellungen wie
flächlichne Orientirung genügen mag, dafs aber für Jeden, ! Abraham als Seelenfammler, Tod, Himmelfahrt und
der fich über die mittelalterlichen Theologen und ihre : Mantelfchaft Mariä, und ihr nahes Verhältnifs zur welt-
Schriften irgendwie zuverläfsig und rafch orientiren will, I liehen Dichtung füllt die Vorftellung des Himmels mit
das Buch vollftändig unbrauchbar ift. Denn wenn auch 1 glanzenden irdifchen Bildern, die kleinen Andachtsbilder
die Partien, die ich nicht geprüft habe, beffer fein follten: j mit Zügen des füfseften Minnelebens, während anderer-
wer kann fich darauf verlaffen? fe-s auf Hölle und Teufel alle fchaurigen und pein-

Sehr dankenswerth find die chronologifchen und liehen Eindrücke gehäuft werden. Ganz hervorragend
geographifchen Tabellen S. I—LXIII und LXIV—CXXIII, find endlich die Myftiker in der Symbolik des Kreuzes,
fowie die Regifter zu allen 4 Bänden S. CXXIV—CCLI. der Blumen und Farben, des Lichtes. Kurz, was in der
D , F | M..u Kunft an Charakter, kerndeutfehen Empfindungen, Lei-

Breslau. Karl lvluller- denfehaften, lebhaften Farben und Anfchauungen auftritt,

-------geht grofsentheils auf die myftifche Vorarbeit zurück.

Peltzer, Alfred, Deutsche Mystik und deutsche Kunst. (Stu- Her Verf..hat diefe Sätze reichlich mit Lefeproben
' , ' , T. ' , , . ... rj t. c<.N„rD ■ aus den myftifchen Schriften und mit Beifpielen aus der
dien zur deutfehen Kunftgefchichte 21. Heit.) Strals- , Denkmälerwelt belegt und zweifellos für eine grofse
bürg, J. H. Ed. Heitz, 1899. (V, 241 S. gr. 8.) M. 8 — ] Reihe von Vorftellungen und für die Kunftauffaffung im
Die Frage nach den Quellen der Kunftvorftellungen ; Ganzen ein tieferes Verftändnifs angebahnt. Nur bedür-
im Mittelalter ift durch Anton Springer aufgeworfen, fen Behauptungen wie die über eine allgemeine myftifche
neuerdings durch P. Weber entfeheidend gefördert und Stimmung des Bürgerthums der Einfchränkung, und vor
durch F. X. Kraus in gewiffem Sinne abfchliefsend be- allem mufs der Einflufs des Dogmas auf den Bilderkreis
antwortet worden. Aber Kraus hat eine tiefe und mäch- 1 fcharf abgegrenzt und hervorgehoben werden. Der lehr-
tige Strömung des deutfehen Geifteslebens allerdings hafte Einfchlag in den Andachtsbüchern kann doch
nicht berührt, die Myftik. Diefe Lücke füllt nun Peltzer kaum überfehen werden; der befchloffene Garten und
in dem weiteren Rahmen aus, welchen Thode durch Chnftus in der Kelter find rein fcholaftifche Künfteleien,
feinen .Franz von Affin* für die italienifche Kunft vor- und der Cyclus in der Freiburger Vorhalle, welcher
gezeichnet hat. Die Unterfuchung ift dadurch bedeutend zum Schlufs als ,der Welt Lohn und der minnenden
erfchwert, dafs fich äufsere und directe Beziehungen , Seele Heil' aus myftifchen Gedanken erklärt wird, ift
zwifchen Kunft und Myftik nur fehr wenige finden. Ab- bereits von Moriz-Eichborn weit überzeugender als ein
gefehen von den älteften Vifionen der Hildegard v. , Ausflufs von Dominikanergelehrfamkeit erkannt worden.
Bingen und Elifabeth von Schönau find myftifche Der Fehler liegt für P. darin, dafs er für die fchola-
Schriften nicht illuftrirt worden: Sufo griff felbft zur ftifchen Elemente in der Myftik kein offenes Auge geFeder
, um die Ulmer Ausgabe feiner gefammelten 1 habt hat.

Pfarrkefslar beiGumperda(Thüringen). Dr. Bergner.

Schriften mit Bildern zu fchmücken. In den vifionären
Klöftern in Franken und am Rhein ift keine befondere

und originelle Kunftblüthe nachzuweifen bis etwa auf Kögel, Reg.-Rath Gottfried, Rudolf Kögel. Sein Werden
Klingenthal bei Bafel wo der erfte Totentanz in Deutfch- , und Wirken. Erfter Band. 1829 bis 1854 (Ordination),
and entftand. Auch die grofsen fpeculativen Myftiker r;t tju 1 vr ■ r • u.j 1 sa_ ™ t» o »„•
und Prediger verrathen nur durch die bilderreiche Sprache ' f^Ve u Blldnlffe ln Lichtdruck. Berlin, E. S. M.tt-
und einzelne Gleichnifse, welche dem Künftlerleben ent- I ler&bohn, 1899. (X, 272 S. gr. 8.) M. 6.— ; geb. M. 7.50
flammen, ihre Fühlung mit der Kunft. Nur Sufo erbaut ,Nach drei Richtungen hin — äufsert fich der Ver-
fich durch ein Pergamentblättchen mit dem Bilde der | faffer im Vorwort über feinen Vater — dürfte Kögel
ewigen Weisheit und läfst feine Zelle ausmalen. Anderer- wohl eine hiftorifche Bedeutung beanfpruchen kön-
feits laften fich für die Verbindung der Künftler mit nen, nämlich für die Gefchichte der Predigt durch feine
myftifchen Kreifen auch nur wenige klare Zeugnifse vor- Kanzelthätigkeit, für die Kirchengefchichte unferes
legen. Für die Kölner Malerfchule, deren myftifche Vaterlandes durch fein Eintreten für die unumftöfs-
Stimmung man von jeher gefühlt hat, fehlen fie an- liehe Pofitivität des Bekenntnifsftandes der preu-
fcheinend ganz. Ob die drei ,gottlofen Maler', Pencz und j fsifchen Landeskirche, und durch fein Verhältnifs
die beiden Beham in Nürnberg, fich myftifcher Ketze- i zum Kaiferlichen Haufe'. Von diefen drei Kreifen
reien fchuldig machten, mufs nach den Acten fraglich | feiner Wirkfamkeit tritt naturgemäfs der letzte in diefem
bleiben. Nur in Dürer's reichem Wefen erklingen auch erften Bande der Biographie — zwei weitere follen fol-
ftarke myftifche Accorde. gen — noch nicht in die Erfcheinung. Hingegen wird
Anders geftaltet fich aber die Sache, wenn wir die zu den beiden anderen deutlich von früh auf der Grund
Myftik als eine der bildenden Phantafie und Geftaltungs- gelegt. Von .Kanzel und Thron' redet fchon ein Brief
kraft gleichlaufende Strömung erkennen, die aus der- ; von 1850, eine ficherlich gut katholifche Formel in's Lu-
felben Quelle, der .Gefühlswelt der deutfehen Volksfeele' i therifche wendend (127), und die Predigten fchon des
hervorbricht und zu demfelben Ziele, der Befreiung des [ Candidaten, von denen ein eigenhändiges Verzeichnifs
Individuums hinführt. So ift es überrafchend, wie in i vorliegt (244), find fo anziehend, dafs eine Miflionsfeftrede
den zahlreichen Frauenklöftern fich eine eigne ,Kunft' , zum Druck verlangt wird (im Anhang abgedruckt)
der Vifionen herausbildet, eine Fertigkeit, himmlifche Zuhörer daher in ihm fchon damals den künftigen
mionen und biblifche Scenen leibhaftig zu fchauen. . Hofprediger fehen. Kein Zweifel auch, dafs Kögel
ouio erlebt, betend den Kreuzgang durchwandelnd, die j der Kanzel eine feltene Begabung entgegenbrachte,
^anze fatüon Lhrifti von einer Marterftätte zur andern ; In ihren Dienft konnte er fein lyrifches Talent ftellen,
• 1 k? f j Stat'onswege. Andere Vifionen er- von dem Proben fchon aus der Schülerzeit Zeugnifs ab-
lnnern lebhaft an die grofse Verfammlung um das Lamm , legen. Eine reiche Phantafie, feine Beobachtungsgabe,
aut dem Genter Altar, an Maria im Rofenhag. Befon- j aber auch eine Neigung zu grüblerifcher Reflexion läfst
oers iftt es ,die rücksichtslos felbftpeinigende Leidensge- ; fich in fteigendem Mafse in den Briefen und Tagebuch-
meinfchaft', welche die Darftellungen der Paffion Chrifti j blättern, namentlich auf Reifen, beobachten. Dennoch
belebt, den .Schmerzensmann' und die .Fünfwundenbil- ; concentrirt fich das Intereffe an diefem erften Bande ganz
--- wefentlich auf die Frage nach den Urfprüngen des zwei-

Vielleicht verbirgt fich darunter eine andere bekannte Schrift. Leider i ^n u"ter den oben genannten Wirkungskreifen: wie ift

hatTfch. in feinem Verzeichnifs die inäpit vj>AExpl&itnicht aufgenommen. I Kögel zu einem der Führer der pofitiven Union geworden i