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Ausgabe:

1900 Nr. 26

Spalte:

706-708

Autor/Hrsg.:

Kaufmann, David

Titel/Untertitel:

Studien über Salomon Ibn Gabirol 1900

Rezensent:

Guttmann, Julius

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705 Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 26. 706

land or Germany has ever attempted to suggest a pos-
sible object to account for the introduction of the sup-
position of a fictitious presence into the argument, or to
<rive an intelligible reason why St. Paul should add to h/s
Wartung the assurance that he gives it as if he were pre-
sent the second time. Dazu kommt endlich 2,1, wenn
anders es hier doch am nächften liegt, staXiv auf die
ganze Wendung h Xvstti jiQÖq v/iäq eX&elv zu beziehen
und der erfte Befuch auch nach Heinrici kein Befuch
kv 1vjc?i war. Der zweite aber kann, wie mit ihm über-
einftimmend auch König (485 ff.) und Kennedy (12 ff.)
zeigen, nicht vor dem erften Briefe ftattgefunden haben;
alfo gehört er hinter ihn.

2. Und ebenfo ein Zwifchenbrief, den wir aus 2,3 ff.
7,8 ff. entnehmen mufsten und nach dem Zufammenhang
an der letzten Stelle Titus überbracht hatte. Aus 1,15 f.
dagegen möchte ich ihn, nachdem ich König's (525 ff.)
und K enn edy's (34 ff.) Befprechung des ganzen Abfchnittes
kennen gelernt habe, nicht mehr ableiten; denn danach
braucht der complicirte Reifeplan nicht fchriftlich mit-
getheilt worden zu fein. Vielmehr kann er, wenn anders
nach dem erften Briefe ein zweiter Befuch ftattfand, nur
gelegentlich desfelben angekündigt worden fein (König
522 ff., Kennedy 39 ff.), nicht in dem darauffolgenden
Zwifchenbriefe; denn zur Zeit feiner Abfendung beab-
fichtigt Paulus bereits über Macedonien zu reifen, fo dafs
er mit Titus dort oder fchon in Troas wieder zufammen-
zutreffen erwartete.

3. Titus iff aber auch vor all diefen Ereignifsen fchon
einmal in Collectenfachen in Korinth gewefen: das folgt
vielleicht fchon aus 7,13 und 8,6, fofern nämlich Titus
gelegentlich der Ueberbringung des ,Thränenbriefes' kaum
collectiren konnte. Vollends 12,17 f., wo neben Titus
noch von einem Bruder die Rede ift, kann fich, wie nicht
auf die Reife 8,18. 22, wo neben Titus zwei Brüder er-
fcheinen, fo auch nicht die unter 2 erwähnte beziehen,
die nach allem Titus allein ausführte. War diefer nun
aber den Korinthern von Haus aus unbekannt, fo könnte
er das erfte Mal durch einen Empfehlungsbrief des
Paulus bei ihnen eingeführt worden fein. Sollte fich
diefer oder der andere Zwifchenbrief irgendwie noch
erhalten habenf

III. Das wird in der That anzunehmen fein; denn:

1. der zweite Korintherbrief ift kaum einheitlich.
Schon die Stellung der Gemeinde zu Paulus wird nämlich
Cap. 1—8 anders als 10—13 gedacht; denn mag auch
hier vieles auf feine Gegner gehen, fo wendet er fich
namentlich 11,3 f. doch auch an die Gemeinde, von der
er im allgemeinen Cap. I—8 ganz anders redet. Dazu
kommt, dafs er, fo lange der Verdacht 12,16 ff. gegen
ihn beftand, fchwerlich um Beiträge zur Collecte gebeten
hätte, ja dafs die ganze Anordnung des Briefes unbe
greiflich bleibt. Und endlich weift auch 10,16 elq ra
vniQtxtiva vpcöv auf einen andern Entftehungsort als
Cap. 2 hin.

2. Dafs zunächft Cap. 10—13 wirklich abzutrennen
und mit dem unter II, 2 poftulirten Zwifchenbriefe zu
identificiren find, folgt namentlich aus 13,2 vgl. mit 1,23
und 13,10 vgl. mit 2,3. Auch die weitere Befchreibung
des Zwifchenbriefes pafst im allgemeinen — auf Einzelheiten
kann ich mich hier nicht einlaffen — zu jenen
Capiteln und auch zahlreiche andere Stellen der erften
werden durch fie fofort verftändlich. Desgleichen kommen
die fonftigen ,Verklammerungen', auf die man fich zum
Beweife der Einheit des Briefes beruft, fo erft zu ihrem
eigentlichen Rechte.

3. Dagegen möchte ich nicht mehr behaupten, dafs
auch Cap. 9 von dem vorangehenden loszulöfen und mit
dem unter II, 3 vermutheten Empfehlungsbriefe für Titus

MaxtöoOiv V. 2 bleibt unter jener Vorausfetzung fchwierig
(vgl. König 549).

Ja auch die Entftehung unferes zweiten Korinther-
briefes aus zwei anderen will noch erklärt fein, wenngleich
die Unmöglichkeit einer folchen Erklärung die früheren
Refultate nicht über den Haufen werfen könnte. Kennedy
verweift (XXVI) auf die von den LXX zufammengefafsten
Pfalmen und den aus mehreren beftehenden homerifchen
Hymnus auf Apollo; namentlich aber folgert er aus dem
erften Clemensbrief, der allerdings nur den erften Korintherbrief
kennt, dafs der zweite erft fpäter, ja vielleicht in
Folge des Clemensbriefes publicirt worden fei, indem man
zwei nur theilweife erhaltene Biiefe in einen zufammen-
arbeitete (142 ff.). Nur müfste man dann annehmen, dafs
fich gerade nur foviel, wie wir jetzt haben, erhalten habe,
oder beffer, dafs die Briefe überhaupt nicht viel länger
gewefen feien. Dafs fie dann fpäter zufammengefafst
werden konnten, fcheint mir aber angefichts von Rom. 16
und den Paftoralbriefen nicht zu beftreiten zu fein.

Halle a. S. Carl Clemen.

Kaufmann, Prof. Dr. David, Studien über Salomon Ibn

Gabirol. (Jahresbericht der Landes-Rabbinerfchule in
Budapeft. Für das Schuljahr 1898—1899.) Buda-
peft 1899. (IV, 123 S. gr. 8.)

Mit der vorliegenden, von ihm noch zum Druck vorbereiteten
, aber erft nach feinem Tode veröffentlichten
Schrift war der vor Jahresfrift einer ungewöhnlich viel-
feitigen und umfaffenden literarifchen Thätigkeit im
beften Mannesalter entriffene Verfaffer wieder zu dem
Arbeitsgebiet zurückgekehrt, dem feine erften wiffenfchaft-
lichen Leiltungen angehörten und von dem er fich eine
Zeit lang abgewandt hatte, um fich Specialftudien aus
dem Bereiche der Gefchichte der Juden im Mittelalter
und in der neueren Zeit zu widmen. Die poftume Schrift
enthält Studien über die Philofophie des Salomon ibn
Gabirol (Avicebron), die neuerdings in Folge der vortrefflichen
Edition des Föns vitae, welche wir Clemens
Baeumker verdanken, die Aufmerkfamkeit auch nichtjüdi-
fcher Gelehrter in erhöhtem Maafse auf fich gelenkt und zu
Unterfuchungen, befonders auf ihre Beziehungen zur chrift-
lichen Scholaftik des Mittelalters hin, Veranlagung gegeben
hat. Wie es von einem Manne wie Kaufmann nicht anders
zu erwarten war, hat die Gabirolforfchung durch diefe
Schrift nach mancher Richtung hin eine dankenswerthe
Förderung erfahren, die es uns umfo fchmerzlicher bedauern
läfst, dafs die noch fo vielfach lückenhafte und
der Aufklärung bedürftige Gefchichte der jüdifchen Re-
ligionsphilofophie fortan der Mitarbeit diefes ebenfo geift-
vollen wie durch feine erftaunliche Kenntnifs der jüdifchen
Literatur ausgezeichneten Gelehrten entrathen foll.

Der Schwerpunkt der Kaufmann'fchen Schrift liegt
in der Veröffentlichung der im Codex 607 der Günzbourg'
fchen Bibliothek in St. Petersburg, wie im Codex 849
der Parifer Nationalbibliothek und im Codex 2234 der
Oxforder Bibliothek, enthaltenen Fragmente einer hebr.
Ueberfetzung der pfeudoempedokleifchen Schrift über
die ,fünf Subftanzen', auf deren Bedeutung für die Er-
kenntnifs der Gabirolfehen Philofophie fchon der im dreizehnten
Jahrhundert lebende, durch feine zahlreichen
religionsphilofophifchen Schriften bekannte Schemtob
ben Jofef ibn Falaquera hingewiefen hat im Vorwort
zu feinen hebräifchen Auszügen aus Gabirols .Lebensquelle
', die von Salomon Münk entdeckt und herausgegeben
{Melangcs de Philosophie Juive et Arabe, Paris
1859) den erften Anftofs zur Erforfchung der bis dahin
völlig unbekannten Gabirolfehen Philofophie gegeben
haben. Nach der zu grofser Wahrfcheinlichkeit erhobenen
zufammenzubringen fei. Zwai würde ja Cap. 9 kaum ] Vermuthung Kaufmann's ift auch die Ueberfetzung der

von jemand vermifst werden; aber wirkliche Widerfprüche : hierveröffentlichtenFragmentederpfeudoempedokleifchen
finden fich nicht (vgl. Heinrici 2941.) und xavyüpai Schrift auf Schemtob ibn Falaquera zurückzuführen. Der