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Ausgabe:

1900 Nr. 2

Spalte:

638

Autor/Hrsg.:

Lewis, Agnes Smith

Titel/Untertitel:

Palestinian Syriac Texts from palimpsest fragments in the Taylor-Schlechter collection 1900

Rezensent:

Schwally, Friedrich

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Seite 1

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637

Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 23.

weichungen auf den S. 228—256 zufammengeftellt. Ich
glaube, dafs auch Hilgenfeld der Beweis für die Priorität
und Originalität von ß. nicht gelungen ift. Vielmehr fcheint
mir die Streitfrage über das Verhältnifs des a- und (3-
Textes durch die Arbeiten von Bernhard Weifs, Corfsen,
Wendt, befonders auch durch die Beiträge Harnack's zu
Ungunften des ß-Textes bereits entfchieden zu fein, zumal
da felbft ein Freund und Anhänger der Theorie B.'s,
Theodor Zahn, durch feine aufserordentliche umfichtige
und erfchöpfende Behandlung des Textes von Acta 15 der
Theorie, die er als Ganzes verteidigt, an dem entfcheidend-
ften Punkte den Todesftofs verfetzt hat. (Einleitung II 344ff.)
Ich glaube dafs jede weitere genauere Unterfuchung die
Entfcheidung nur noch mehr zu Ungunften des ß-Textes
verfchieben kann. — Wir haben im ß-Text eine fehr frühe
Recenfion des urfprünglichen Textes der Acta, deren
Abheilten und Tendenzen bis ins einzelne hinein nachweisbar
find.

Es wird fchwer fein, hier noch in aller Kürze neben
den bereits gemachten Beobachtung neue Beweife für jene
Thefe beizubringen. Ich weife nur noch auf einige Punkte
hin. — Noch nicht genügend fcheint mir bis jetzt darauf
geachtet zu fein, dafs die Zufätze des ß-Textes oft in
einer fehr fchlechten Verbindung mit dem übrigen Texte
flehen und fich fehr oft nur unter der Annahme begreifen,
dafs fie urfprünglich als Randgloffen neben dem Texte
ftanden. Ich nehme als Beifpiel 155. Hier lefen

ß. ct.
01 di vaQayYttH tttffif avxolg
clvaßcdveiv Jtgbq xovq jtgeö-

ßvxegovgE^avEOXTjoavXeyov- b^avEöxrjGav de xiveg

reg xiveg ctJtb xyg atgeot- xcbv ajtb xyg aigeoecog
cog xcbv PctgiOcdcov jcejiio- xcbv 'Pagiöcdmv xejiiGxev-
XEVxoxEg. xoxeg Xeyovxeq.

Hier erklärt fich der ß-Text fehr einfach durch die Annahme
, dafs die Worte ,ol de otagayyeiXavxeq avxolg
ävaßaivtiv Jigbgxovg Jtgeoßvxegovg' urfprünglich als Gloffe
am Rande ftanden. — Wer hier wie Blafs und Hilgenfeld
den ß-Text ohne Zeugen einfach korrigirt, fieht das freilich
nicht. Ebcnfo haben zu 152 die Gloffen jXeyev yctg
o IJavXog ue'veiv ovxmq, xadcbg eodöXEVGav duoyygit,öuevog'
und 01 de eX.yXvfröxeq ctjcb 'hgovGaXyp urfprünglich am
Rande geftanden. Durch die Einfügung der Gloffen in den
Text ift dann ein Satzungethüm entftanden, das Blafs
fowohl wie Hilgenfeld erft wieder gegen alle Zeugen zu-
rechtftutzen müffen, wenn fie es glaublich machen wollen,
dafs Lukas in Kladde oder Reinfchrift fo gefchrieben
haben könnte. — An anderen Stellen find die Gloffen
an verfchiedener Stelle in unferen Zeugen für ß in den
Text gedrungen (f. o.), auch ein Beweis, dafs fie ihr Da-
fein urfprünglich am Rande des Textes frifteten, (vgl. z.
B. gleich 152 öncog xgi&cböiv Eoiavxmv). Weitere Bei-
fpiele und Belege liefsen fich noch zu Dutzenden bringen.
1534 ift als Text auch einem fehr thörichten Redactor
kaum zuzutrauen. Es war Randgloffe. Auch folche
Notizen in ß, die ihres Inhaltes wegen einen originalen Flin-
druck machen wie 2427 xbv de IJavXov eiaöev Iv xygyöti
dia AgovGiXXav erweifen fich bei näherem Zufehen durch
ihre Umgebung als Randgloffe.

AuchaufeineReihedurchgehender kleiner und kleinfter
Eigenthümlichkeiten in Sprache und Stil bei den Zeugen
des ß-Textes wäre noch zu achten. Namentlich wäre
eine Unterfuchung des Gebrauches von 'lyoovg, XgiGxog,
xvoiog &e6g in D und Trabanten fruchtbringend. Ich
habe bis jetzt feftftellen können, dafs D und feine Begleiter
faft immer die volle Formel xvgiog Iyaovq XgiGxog
(ftatt l Xq.; xvgiog I; xvgiog Xg) bevorzugen. Wichtiger
ift die Beobachtung, dafs I) und die verwandten Zeugen
einen feinen Unterfchied zwifchen dem Gebrauche von
xvgiog (= Xgiöxbq) und freög machen. Bemerkenswerth
ift es ferner, dafs in den (3-Zeugen durchgängig die Partikel
xe vermieden und entweder durch de, xai erfetzt oder
ganz fortgelaffen ift. Dahin gehört auch die — wie ich

wohl nachträglich erwähnen darf — in meinem Seminar
undauf meineAnregung gemachte intereffanteBeobachtung
Lippelt's (bei Blafs, Lucae ad Thcoph. Uber prior p. Vif,
Neftle, Einführung in d. N. T.2 130, 203), dafs in den Acta
und im Lukasevangelium in D fich ftändig die Schreibweife
Imävrjq, in den übrigen Evangelien dagegen Icodvv?jg
findet. Der Schreiber von D hat alfo eine alte Vorlage
aufserordentlich genau wiedergegeben. Und es bleibt
möglich, dafs auch alle diefe kleinen Eigenthümlichkeiten
auf den Redactor des ß-Textes, auf den dann allerdings
auch der (3-Text des Lukasevangeliums zurückzuführen
wäre, zurückgingen. — Ich hoffe die hier gegebenen Andeutungen
noch einmal im einzelnen ausführen zu können,
und fo neue Beweife dafür vorlegen zu können, dafs der
/3-Text der Acta eine bis ins einzelne hinein ausgearbeitete
Recenfion des Textes der Acta ift.

Zum Schlufs mache ich noch auf Hilgenfeld's werthvolle
Zufammenflellungen im dritten Theile feines Werkes
,Actus apostolorum extra canonem reeeptum' ganz befonders
aufmerkfam. Nur Raummangel ift der Grund, wenn ich
nicht näher auf diefen Abfchnitt eingehe.

Göttingen. Bouffet.

Lewis, Dr. Agnes Smith, M. R. A. S., and Margart t
Dunlop Gibson, M. R. A. S., Palestinian Syriac Texts

from palimpsest fragments in the Taylor-Schechter
collection. London, C. J. Clay & Sons, 1900. (XXIII,
in S. m. 8 Taf. 4.) 10 sh. 6 p.

Die Handfchriften-Fragmente, von denen die vorliegenden
Texte copirt wurden, find alle Palimpfeftc.
Sie Mammen, mit Ausnahme eines Stückes, aus der
Geniza der Synagoge von Alt-Kairo, aus der fie
Dr. Schechter durch Vermittelung des Grofsrabbiners
erwarb, und befinden fich gegenwärtig in der Univerfitäts-
bibliothek von Cambridge. Vier kleinere Fragmente
find im Privatbefitz der Herausgeberinnen. Wir erhalten
durch diefe Veröffentlichung eine äufserft werthvolle Bereicherung
der paläftinifch-fyrifchen Literatur, nämlich
folgende Texte: Num. 22,17—22. 37b. «. 23,5. Deut. 31,3—14.
20—29. Pfalm. 118,10. 119,109. Jef. 50,4.5. Jer. 12,12—u.

12,17—13,4. 14»*—7- 29,32—30,0. 30,6b—10. 31,4—15. 85b

—32,2. 32,35b—39. 32,42—43. Ezech. 20,9—15 (edeff.). Hof.
14,4. Joel l,e. Joel 2, iob—20. Ev. Joh. 14,15—10. Rom.
5,0—9". II Cor. 3,2—4,10". I Theff. 3,1—13. 4,1—14. II Tim.
2,io—20. 22—20. Tit. 3,3b—12. — ,Crceds' S. 72 h — Vita
S. Antonii S. 98—105. — Unbekannte Texte S. 74—98.
Hiervon war bisher allein der Text von I Theff. 4,3—u
aus Anecd. Oxon. Semit. Series, Vol 1, part. 5 (1893)
bekannt.

Unter den 34 Fragmenten zähle ich 14, auf denen
über den paläftinifch-fyrifchen Texten Abfchnitte des
jerufalemifchen Talmud' gefchrieben find. Da die Textesüberlieferung
diefes Talmudes bekanntlich fehr fchlecht
ift, fo find die Blätter auch in diefer Beziehung für die
Wiffenfchaft von höchftem Intereffe.

Den hochgelehrten englifchen Frauen, welche faft
jedes Jahr die Wiffenfchaft mit einer werthvollen Publi-
cation befchenken, fei auch für diefe neue Gabe herz-
lichft gedankt.

Strafsburg i. E. Fr. Schwally.

Schlecht, Jofcph, Aidayij xcbv dcbdtxa djioGxoXcov.
Doctrina XII apostulorum. Una cum antiqua versione
latina prioris partis De duabus viis primum edidit.
Freiburg i. B., Herder, 1900. (24 S. gr. 8.) M. I.—

Prof. Schlecht in Freifing hat das Glück gehabt,
in dem Cod. Monac. 6264 (o/im Frisingen. 64) saec. XI.
eine vollftändige lateinifche Ueberfetzung der ,beiden
Wege' zu entdecken (fol. I02v — I03v) mit der Auf-
! fchrift ,De doctrina apostolorian1. Das Stück hat in dem