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Ausgabe:

1900

Spalte:

619-620

Autor/Hrsg.:

Müllendorff, P. Julius

Titel/Untertitel:

Der Glaube an den Auferstandenen 1900

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 22.

620

Religionsunterricht auf der Oberftufe auch praktifch bewährt
' (S. 9). Ob zur Behandlung diefer fcholaftifchen
Fragen der Religionsunterricht — felbft auf der Ober-
flufe — die geeignete Stelle ift, möchte Ref. ernftlich
bezweifeln.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Müllendorff, P. Julius, S.J., Der Glaube an den Auferstandenen
, gemeinfafslich begründet in fünf apologetifchen
Briefen an einen Freund. Regensburg, Verlagsanstalt
vorm. G. J. Manz, 190x3. (VII, 152 S. gr. 8.) M. 2.—

Diefe ,mit Approbation des hochw. bifchöflichen
Ordinariats Regensburg und Erlaubnis des Ordensobern'
veröffentlichte Schrift möchte ,in den Kranz von Ehrenrettungen
, der unterem Heiland und Erlöfer Jefus
Chriftus von katholifchen Apologeten geflochten wurde,
noch vor Abfchlufs des Jahrhunderts ein Sternchen einfügen
, das feiner nicht ganz unwürdig wäre'... ,Zu diefem
Zwecke haben wir verflacht, nach einigen allgemeinen
Erklärungen über den Glauben, die Beweife für die Auf-
erftehung des Herrn in nicht zu fchwer verfländlicher
Form niedcrzufchreiben und zwar in einigen Briefen zu-
fammenzufaffen, deren Gedanken geeignet fein dürften,
auch bei der ftrebfamen Jugend unferer Zeit den Glauben
an den Auferftandenen zu erhalten und zu beleben. Auf
Neuheit oder Gelehrfamkeit machen diefe Briefe nicht
einen befonderen Anfpruch; wir möchten fo viel als
möglich praktifchem Nutzen dienen'. Der erfte, als Einleitung
vorangefchickte Brief (1—34) handelt von der
,Glaubensgefinnung'. Der zweite fuhrt den Beweis für
wirkliche Auferftehung Jefu aus der Thatfache ihrer Verkündigung
(35—68). Im dritten erfcheint ,die Wahrhaftigkeit
der Evangelilten als Beweis für die Auferftehung
Jefu' (69—105). Der vierte erörtert ,die Treue der Evan-
geliften in ihren Berichten über die Auferftehung Jefu'
(106—135). Der fünfte befchäftigt fich mit dem .Zeugnis
Pauli für die Auferftehung Jefu' (136—150). In den
Schlufsworten fafst fleh Geilt und Methode des Ganzen
aufs Klarfte zufammen. ,Hat Gott den Menfchen eine
pofitive Offenbarung gegeben, fo mufs er fie durch offenbar
göttliche Zeichen erkennbar gemacht haben. Ein
klareres Zeichen dürfen wir nicht begehren, als die Auferftehung
desjenigen, den er in die Welt gefandt hat,
um fie zu bekehren und zu heiligen. Ift diefes Zeichen
gegeben, dann wird die Lehre, deren Göttlichkeit es beweift
, nicht nur durch ihre Uebereinflimmung mit der
Vernunft, die ebenfalls von Gott ift, fondern auch durch
eine Menge innerer und äufserer Merkmale ihre Göttlichkeit
beftätigen. Wo ift eine religiöfe Lehre auf Erden,
die fich auch nur von Ferne mit derjenigen meffen könnte,
die fich auf den Glauben an den Auferltandenen nützt? . .
Gott kann nicht Urheber des Irrthums fein. Glaube an
Gott, lieber Freund, und du wirft glauben an die Gottheit
feines Auferftandenen, glauben an feine Offenbarung,
glauben an eine Kirche, aufser welcher es keine Vereinigung
mit ihm geben kann'. Diefe Art der Apologetik
ift auch unter uns nicht ganz unbekannt, wenn auch zugegeben
werden mufs, dafs diefelbe in den Kreifen der
evangelifchen Kirche und Theologie nicht mit derfelben
Naivetät und Confequenz auftritt. Werden doch bei uns
die der fides historica et humana entnommenen Argumente
durch die Berufung auf die fides divina, auf das
testimonium Spiritus Sancti intemum bald geftützt, bald
durchkreuzt. Im Einzelnen liefsen fich intereffante Parallelen
zwifchen manchen Aeufserungen unferer Apologeten
und den Ausfagen der katholifchen Schriftfteller
ziehen. Dafs jene durch diefe häufig übertrumpft werden,
darf ich nicht verfchweigen. ,Wenn Paulus nicht alle
Erfcheinungen, von denen wir fonft wiffen, aufzählt, fo
iäfst fich daraus keineswegs fchliefsen, dafs er die nicht
erwähnten nicht für echt gehalten habe, fondern nur,
dafs er es nicht für zweckdienlich erachtet habe, fie hier

anzuführen, ohne Zweifel, weil er das Zeugnifs weniger
bekannter Perfonen und der Frauen für weniger geeignet
hielt, den Glauben an den Auferftandenen zu beftätigen.
Hat ja doch, wahrfcheinlich aus eben diefem
Grunde, keiner der Evangeliften die Erfcheinung
erwähnt, die der Auferftandene feiner Mutter
aller Wahrfcheinlichkeit nach zu theil werden
liefs' (139—140). ,Ein Ungläubiger unteres Jahrhunderts
foll (ich geftehe hierfür keinen Text eines Autors anführen
zu können) auf den Bericht Matth. 28, 2 fich
fiützend: ,Und fieh', ein grofses Erdbeben entftand'
(bevor die Frauen zum Grabe kamen), gefchi ieben haben,
bei diefem Erdbeben habe fich der Felfen unter dem
Leichnam gefpalten und fei diefer in den Tiefen des
Spaltes verfchwunden! Das fei (fagte man mir) die foge-
nannte ,Erdbebentheorie' zur Erklärung der Auferftehung
des Herrn! Einer Widerlegung ift diefer Unfinn nicht
würdig. Ein grofser Spalt ift bis auf den heutigen
Tag an der Stelle der Kreuzigung, nicht aber an
der des heiligen Grabes zu fehen (l2l).' Die meift
in den Fufsnoten angeführten Einwendungen der Gegner
fertigt der Verf. kurzer Hand ab: ,fie werden Deiner
Wifsbegierde, wie bedauerlich die Irrthümer auch fein
mögen, eine unterhaltende Nahrung bieten. Man wünfeht
ja auch mit Recht zu erfahren, was heute die Nicht-
katholiken, namentlich unfere getrennten Brüder in
Deutfchland, lehren und mit welchen Ideen das ,evan-
gelifche' Volk von feinen Führern genährt wird. Trete
ich diefen zuweilen mit einer gewiffen Schärfe entgegen,
fo gilt diefes nur ihren Behauptungen, nicht ihrer Perfon;
das Urtheil über diefe mufs ich demjenigen überlaffen,
der fie einft richten wird' (3). In der That ift die Polemik
überall mafsvoll und durchaus fachlich gehalten. Uebrigens
kehrt M. die Spitze feiner Angriffe weniger gegen Harnack
78—79, Carriere 109—118, Dreyer (40—41. 80), Längin
(54. 109) als gegen Renan. ,Wundere dich nicht, lieber
Freund, dafs ich mich mit diefem franzöfifchen Apoftaten
fo viel abgebe; hat er fich auf Straufs, Paulus, Baur u.f. w.
geftützt, fo flehen wiederum die deutfehen Ungläubigen
der Neuzeit ganz auf feinen Schultern und haben mit
ihrer Vifionenhypothefe kaum etwas anders geleiftet, als
jener. Was fie gefchrieben haben, ift nach meinem Dafürhalten
für das glaubensmüde Publikum nicht einmal
fo verführerifch, wie die fchon längft ins Deutfche überfetzten
Werke Renan's' (118). Der ,praktifche Zweck',
den der Verf. zu erreichen hofft, läfst fich felbftverftänd-
lich nur im Schofse der Kirche verwirklichen. ,Auf
den Flügeln der Ueberzeugung von der wirklichen Auf-
I erftehung Chrifti hat der chriftliche Glaube feine Siegesbahn
durch die Welt zurückgelegt. Auch unfer Glaube
beruht auf diefer Ueberzeugung. Sie mufs den Mittelpunkt
auch heute bilden, in welchem alle, die aufrichtig
an Gott glauben, fich zur Anerkennung der einzigen,
von Gott gegründeten Kirche die Hände reichen. Möchte
es bald gefchehenl'

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Berichtigung.

Herr Profeffor Schürer erweckt auf S. 588 des laufenden Jahrgangs
diefer Zeitung feinen Lefern die Vorftellung, ich hätte mit Berufung auf
die Erwähnung der Kopffteuer den Brief des Demetrios I an Jonathan für
eine Fälfchung aus rönüfeher Zeit erklärt, obwohl jene Steuer garnicht einmal
deutlich darin genannt werde. Ich hätte in die Stelle L Makk. 10, 29:
fiphjfu nüyzuq zovg 'iovSalovq and zü>v <pd(Ht>v xal zijq zijxtjg zov
htitq xal and zä>v ateipävwv' einen Erlafs der Kopffteuer hineininterpretiert
. So leichtfinnig bin ich nicht gewefen; Herr Profcffor Schürer
hat einmal überfeheu, dafs ich auf S. 53 meiner Judaica ausdrücklich
darauf hingewiefen habe, man müffe den ftark verdorbenen Text diefes
Briefes in I. Makk. 10, 25—45 durch den belferen bei Jofephus ant.
XIII, 48—57 ergänzen, zweitens, dafs bei Jofephus in § 50 die Steuer
vnh() XB(pa).rjg ausdrücklich genannt wird. Es wäre mir nicht eingefallen,
] dem Demetrios L einen Erlafs der Kopffteuer zuzufchreiben, weil ein
folcher in dem Brief des Antiochos III. bei Jofephus ant. XII, 142 vorkommt
.

Göttingen. Hugo Willrich.