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Ausgabe:

1900

Spalte:

609-613

Autor/Hrsg.:

Goltz, Ed. Frhr. von der

Titel/Untertitel:

Eine textkritische Arbeit des zehnten bezw. sechsten Jahrhunderts. Herausgegeben nach einem Codex des Athosklosters Lawra 1900

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

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6og Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 22. 610

bezeugt werden. Ich will felbft die bekannte Notiz 1821 I Hrsg. von Oscar von Gebhardt und Adolf Harnack.
hier nennen, obwohl auch diefe mir fecundär zu fein Neue Folge, 2. Band, Heft 4, der ganzen ReiheXVII, 4.)

fcheint. Aber das kann an dem Refultat nichts ändern,
dafs die Gruppe DMOPh im Ganzen denfelben fecun-
dären Charakter zeigt, wie D allein oder DPh.

Ich befpreche endlich noch einige Stellen, an denen
D und MOPh beide vom «-Text abweichen, jedoch in
verfchiedener Weife. 1348 hält P. die Lesart eöoga&v
xbv d-ebv xal ijtiöxkvoav xm Xoym xov xvgiov in OMPh
für die primäre Lesart des /9-Textes. Aber es läfst fich
beweifen, dafs die Lesart von D und Trabanten ,ldoS,aOav
{iöt^avxo) xbv Xoyov xov &eov xal ejtioxtvöav' der /9-Text
ilt. Denn ein Charakteriftikum des Verfaffers von ß ift die
planvolle Unterfcheidung von {rtbg und xvgiog( — XgiOxog),
welche in diefer Variante zum Ausdruck kommt. Wenn
148 OPh. mg. im Uebrigen mit D die Wortftellung gegen-
über allen anderen Zeugen theilen, jedoch ev Avoxgoig.
das im D-Text wegen der vorhergehenden Interpolationen

Leipzig, Hinrichs, 1899. (116 S. gr. 8.) M. 4. 50

In der Bibliothek der Lawra des hl. Athanafius
hat v. d. Goltz einen fehr intereffanten und bemerkens-
werthen Minuskelcodex gefunden (Lawra 184 B 64
saec X) und das wiffenswerthefle aus diefem in der vorliegenden
Abhandlung veröffentlicht und befprochen. —
Die Handfchrift umfafst die Acta von 2 7 an — am Anfang
fehlen zwei Lagen, — die katholifchen Briefe und
die Paulusbriefe. Am Schlufs hat einft auch die Apoka-
lypfe geftanden, doch ift diefe fortgefchnitten.

Ihr Hauptintereffe erweckt die Handfchrift durch die
fich in ihr findende Vorbemerkung zu den paulinifchen
Briefen. Hier wird uns mitgetheilt, dafs diefelbe aus
einer fehr alten anderen abgefchrieben fei, die nach den
Homilien und Commentaren des Origenes hergeftellt fei.

jene Interpolationen nicht theilen, fo kann ich hier gegen
P. nur einen Beweis des fecundären Charakters von
OPh. mg. fehen. In 17 12 liegt der Anftofs, der dem Re

(cf. V. 6. 7) ausgefallen war, wieder einfügen, weil fie Der Schreiber habe fich felbft durch Vergleich mit den

Werken des Origenes davon überzeugt. Am Rande
habe er das Zeichen der AimXt} gemacht, wo diefer Text
mit dem zu feiner Zeit gebräuchlichen nicht überein-
dactor des /9-Textes Grund zur Aenderung gegeben hat, i ftimme. Den Römerbrief habe er felbft aus dem Com-

mentar des Origenes ausgefchrieben. — Am Ende der
Paulinifchen Briefe heifst es dann, dafs jenes alte Exemplar
folgende Unterfchrift gehabt habe:
Ao£a xm eXsTjUovi d-em a/tt/v

Aia xr/v ayajtnv xov ygioxov o uvayivmOxmv vjttgtvs>dobKm
xi)g auagxmXXjg ipVfflS xov ygäipavxog dpgal/i uovayov.
o deog IXaOili/xi /toi xm auagxmXm a/itjv.
Das find Alles Anzeichen dafür, dafs D den /9-Text | Hier beginnen allerdings fofort die Schwierigkeiten, v. d.
im Ganzen getreuer bewahrt habe als MOPh. In anderer Goltz fchlofs aus diefer Unterfchrift, dafs die Vorlage unferer
Hinficht find wieder die Stellen 18 8 und 1819 lehrreich. 1 Handfchrift von einem Mönch Ephraim gefchrieben fei,
Hier zeigt ein Vergleich von D mit MOPh, dafs die Zu- ' dafs alfo nur in der letzten Zeile der Schreiber der voroffenbar
in der hier vom Verfaffer der Acta mit Abficht
gegebenen Voranftellung der Frauen vor den Männern
(cf. Harnack, Sit/.ungsber. d. Berk Akad. 1900). Nur in
D, nicht in MO tritt die Ablicht der Aenderung deutlich
hervor. Auch 20 4 haben MO ficher einen fecundären
Text. Auch 1523 ift das xal jttpupavxeg in MOPh. mg.
vielleicht nur eine noch fpätere Erweiterung des /9-Textes,

fätzedes /9-Textes an verfchiedener Stelle in den urfprüng
liehen Text aufgenommen find. Derfelben Beobachtung
begegneten wir 152. Daraus wäre vielleicht zu fchliefsen,
dafs eine Reihe von Zufätzen des /9-Textes urfprünglich
als Gloffen am Rande geftanden haben.

Die wichtigften der aufS.4—18 von Pott befprochenen

liegenden Handfchrift rede. Zahn (Theol. Litt.-Bl. 1899
Nr. 16) meint, dafs die ,alte' Handfchrift bereits mit dem
erften diiijv gefchloffen habe, demgemäfs Ephraim der
Schreiber unferer, aus dem zehnten Jahrh. flammenden
Handfchrift fei und vielleicht derfelbe wie der Schreiber
der Ariftoteleshandfchrift Vitt Marc. 201 a. d. J. 954.

Varianten find damit erledigt. Ich kann nun nicht finden, ; Dem gegenüber hält v. d. G., wie er mir brieflich mit-
dafs Pott durch die weitere oft willkürliche Scheidung und theilt, an feiner Auffaffung — m. E. mit Recht — feft,
Beurtheilung von I und II, die er p. 28—40 vornimmt, ; weil bei Zahn's Auffaffung in der alten Handfchrift dann
feine Pofition irgend wie verbeffert. Es fehlt alfo um nur die Unterfchrift öbga xm iXttjuovi &sm d/t!/v ge-
zufammen zu faffen jeder Grund, in dem, was dieForfcher . Banden habe, und diefe Unterfchrift doch der Mittheihing
bisher als /9-Text bezeichnet haben, zwei Stufen der Ent- nicht werth gewefen fei.

Wickelung, deren eine MOPh, deren andere D (Ph) reprä- Es wird alfo dabei bleiben, dafs der Mönch Ephraim

fentiren würde, zu unterfcheiden und zwifchen beiden j der Schreiber der Vorlage unferer Handfchrift war.
einen Werthunterfchied zu machen. Damit fallen alle wei- Eine andere Schwierigkeit macht <!ie Unterfchrift

teren Vermuthungen über das Verhältnifs der erften Stufe zum Epheferbrief: aJtb xmv dg xi/v Jtgbg 'Eipeoiovg epego-
des 0-Textes zur ,Quelle A' der Acta. Die Correcturen utvmv xpumv (nämlich des Origenes) dvxpvtyvmoov rj
des /9-Textes zeigen fich in ihrer gleichförmigen Art in , ejciOxoXr'j. Mit Recht verbeffert v. d. G. in dvxaveyvmol)'//
dem gefammten Texte der Acta, nur in den Redeftücken J und weift darauf hin, dafs diefer Schreibfehler aus dem
weniger als in den Erzählungen. j Verlefen einer Majuskelfchrift (CW= entftanden fei.

Auch der Verbuch Pott's, wenigftens einen gröfseren Dann müfste alfo diefe Bemerkung fchon in der Vorlage
Theil der /9-Texte zu retten, ift fehlgefchlagen. Doch hebe ' unferer Handfchrift geftanden haben. Und dies liefse
ich noch hervor, dafs P. eine, wie mir fcheint, fehr wich- j weiter darauf fchliefsen, dafs auch eine Reihe anderer
tige Beobachtung macht, wenn er den gloffatorifchen , Bemerkungen am Rande der Handfchrift, fo die Angabe
Charakter eines grofsen Theiles der Lesarten des ß Textes der Tomoszahlen des Origenes am Rande, ferner das

hervorhebt. Die Annahme freilich, dafs diefe Gloffen
einer fremden Quelle entflammen, wird fich in den weitaus
meiften Fällen nicht als ftichhaltig erweifen. Aber
hier und da mögen dem Redactor des /3-Textes noch
einige originale Notizen zur Verfügung geftanden haben.

Göttingen. Bouffet.

Goltz, Paft. Lic. P£d. Frhr. von der, Eine textkritische
Arbeit des zehnten bezw. sechsten Jahrhunderts. Herausgegeben
nach einem Codex des Athosklofters Lawra.
Mit einer Doppeltafel in Lichtdruck. (Texte und Unter-
fuchungen zur Gefchichte der altchriftlichen Literatur.

hier und da fich findende Zeichen JJ und anderes fchon
aus der Vorlage unferer Handfchrift flamme.

Anders erklärt Cor fsen (Gött.Gel. Anz. 1899, S.665—680)
diefen Thatbeftand. Er ift der Meinung, dafs die Schlufs-
bemerkung zum Epheferbrief und die Vorbemerkung zu
den paulinifchen Briefen von demfelben Verfaffer flammen
, dafs aber unfere Handfchrift nur eine genaue Ab-
fchrift einer älteren Handfchrift fei. Wir hätten alfo
nach Corfsen drei Inftanzen: 1. unfere Handfchrift aus
dem zehnten Jahrhundert, 2. den Archetypus unferer
Handfchrift, 3. die Handfchrift des Ephraim. Corfsen
nützt feine Meinung durch den Hinweis darauf, dafs
fich auch in der Vorbemerkung ein finnlofer Interpunktionsfehler
finde. Doch halte ich die von Corfsen