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Ausgabe:

1900 Nr. 2

Spalte:

42-44

Autor/Hrsg.:

Hallberg, L. Eugéne

Titel/Untertitel:

Sainte Mathilde 1900

Rezensent:

Preuschen, Erwin

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 2.

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Auguftins aus dem Nachbarhaufe eine donnis divina zu I
machen, jetzt befeitigt. Ebenfo ift eine kleine Anzahl
von anderen offenbar verderbten Lesarten jetzt gebeffert.
Anflatt noch einmal den Beweis zu führen, dafs die
Ueberlieferung von S im ganzen verhältnifsmäfsig fehr
wenig Werth befitzt, will ich ein Verfehen berichtigen,
das mir in der oben angeführten Ree. in diefer Zeitung
1898, S. 138 paffirt ift. Ich habe dort die Lesart 11,7,13
{45, 4 Teubner) pomeridianis für falfch und promeri-
dianis für richtig erklärt, während durch den Gegenfatz
zu matte Z. 6 pomeridianis als nothwendig erwiefen wird.
Mit einzelnen Hff. haben bereits die Mauriner das Richtige
eingefetzt. An fonftigen Verbefferungen weift die
neue Ausgabe noch eine Vermehrung der unter dem
Texte notirten Bibelftellen, fowie der fonftigen Tefti-
monien auf.

Darmftadt. Erwin Preufchen.

Marchal.Prof. AbbeG., Saint Jean Chrysostome (Antioche).
Paris, Ch. Poussielgue, 1898. (VIII, 232 S. 8.) Fr. 2.50

Es giebt auf dem Gebiete der griechifchen Kirchen-
gefchichte vielleicht überhaupt keine reizvollere Aufgabe,
als eine umfaffende Biographie des Chryfoftomus. Kein
Schriftfteller entrollt uns ein fo klares und lebensvolles
Bild feiner Zeit, der heidnifchen und chriftlichen Gefell-
fchaft, wie er; keiner gewährt uns einen fo tiefen Eindruck
in das religiöfe und kirchliche Leben, als er; feine
Predigten find eine Fundgrube für den, der die Sitten-
gefchichte der ausgehenden Antike fchildern will; und
der moderne Theologe wird fich angezogen fühlen von
der nüchternen und verftändigen Art, mit der er die
Texte der heiligen Schrift behandelt und ohne die alles
verderbende Allegorefe aus ihnen die unvergänglichen
fittlichen Wahrheiten entwickelt. Es ift befchämend, zu
fehen, wie gering die Theilnahme unferer Zeit für ihn
ift, wenigftens in Deutfchland. Was in den letzten Jahrzehnten
für ihn gefchehen ift, verdankt man in der Hauptfache
Frankreich.

Die vorliegende Biographie, die nur die Jahre feines
antiochenifchen Aufenthaltes umfafst, kann kein Erfatz
für den Mangel einer umfaffenden Darfteilung feines
Lebens fein. Zwar, wenn man den vorgedruckten Brief
des Bifchofs von Langres lieft, fcheint es, als ob hier
eine bemerkenswerthe wiffenfehaftliche Leiftung vorliege,
die das höchfte Lob verdient. Aber fchon die intro-
duction wird einen kritifch geftimmten Lefer mit einiger
Verwunderung erfüllen. Nach M. ift die textkritifche
Arbeit ein für alle mal durch die Benedictinerausgabe
erledigt, während doch die Herausgeber der zweiten Ausgabe
diefer Edition ihre Bedenken nicht unterdrücken
konnten über die leichtfertige Art, mit der in jener die
Texte zurechtgemacht waren. Die Chronologie ift durch
Stilting, der auf Tillemont fufste, in ähnlicher Weife erledigt
. Aufser diefen wird noch Ceillier, Boffuet und
Fleury genannt; die Biographie von G. Hermant (Menart)
foll eine populäre Darfteilung fein, obgleich fie doch mit
allem gelehrten Rüftzeug ausgeftattet und von Tillemont
reichlich benutzt worden ift. Aus neuerer Zeit kennt
der Verfaffer, abgefehen von einigen ephemeren Werken,
Differtationen u. f. w., die Biographie von Martin und
Puech; von deutfehen Arbeiten nennt er Neander,Perthes,
Kihn und ,/a Patrologie de jfoseph Virschi' (ebenfo wird
der Name S. 54 citirt). In den Noten kommt gelegentlich
Gafton Boiffier, La fin du paganisme und Batiffol,
Anciennes litteratures chretienncs vor. Die Antiquitates
Antiochenae haben nach S. VIII Max Müller zum Verfaffer
, der damit an Stelle von K. O. Müller in die Reihe
der Archäologen rückt. Aus Fabricius ift S. 33 n. 1 gar
ein myfteriöfer Falric geworden. Nach folchen Proben
der Erudition wird man die Erwartungen nicht fehr hoch
fchrauben. In der That hat das ganze Buch wiffenfehaft-
lich keinen Werth. Die Anmerkungen unter dem Texte

find in ihrer Allgemeinheit (z.B.: cf. Chrysostome,Homelies,
passim; Homelies, sur saint Mathieu, passim; cf. Chrysostome
, De Sacerdotio l. I.) völlig werthlos und beruhen,
wie S. 27 n. 2 verräth, allein auf der franzöfifchen Ueber-
fetzung der Werke. Sehr verwunderlich nimmt es fich
daneben aus, wenn Seiden, de diis Syris und Wilkins
opera omnia fogar mit Angabe der Katalognummer der
Bibliotheque Nationale citirt werden (S. 136 n. 1). Hätte
M. auf allen gelehrten Anfchein verzichtet und feine
Biographie befcheiden als ein für ein grofses Publikum
berechnetes Werk ausgegeben, fo hätte man ihm wohl
den Vorwurf mangelhafter wiffenfehaftlicher Ausrüftung
nicht erfparen dürfen, wohl aber feine recht gewandte,
lesbare und anfehauliche, oft etwas zu phantafiereiche
Darftellung loben müffen. Als folche wäre fie entfehie-
den verdienftlicher gewefen, als der langweilige Auszug,
den Perthes aus Neander's Werk geliefert hat. Mit den
gelehrt thuenden Anmerkungen aber foll ein falfcher
Schein erweckt werden und dagegen hat die Wiffenfchaft
die Pflicht zu proteftiren.

Darmftadt. Erwin Preufchen.

Allard, Paul, Saint Basile. (Les Saints.) Paris, V. Le-

coffre, 1899. (208 S. 8.) Fr. 2.—

Hallberg, L. Eugene, Sainte Mathilde. (Les Saints.)

Paris, V. Lecoffre, 1899. (XXXII, 176 S. 8.) Fr. 2.—
Broglie, Duc de, Saint Ambroise (340—397). (LesSaints.)

Paris, V. Lecoffre, 1899. (202 S. 8.) Fr. 2.—

Horn, E., St. Etienne, roi apostolique de Hongrie. (Les

Saints.) Paris, V. Lecoffre, 1899. (VIII, 197S. 8.) Fr.2.—
Joly, Henri, St. Ignace de Loyola. (Les Saints.) Paris, V.

Lecoffre, 1899. (VII, 227 S. 8.) Fr. 2.—

Von der im Jahrgang 1898 diefer Zeitung, Sp. 483 ff.,
von mir charakterifirten Sammlung von populären Heiligenleben
ift eine Anzahl weiterer Bände erfchienen,
von denen mir die oben genannten zur Befprechung
vorliegen.

1. Allard giebt in feiner Biographie eine gute Ueber-
ficht über die Ereignifse des Lebens und die fchrift-
ftellerifche Bedeutung des Bafilius. Von neueren Werken
hat er nach S. III nur wenige benutzt, er nennt nur
de Broglie, l'Eglise et [Empire romain au IV» siede und
den Artikel von Venables im Dict. of Christ, biography.
Im Uebrigen wollte er aus den Schriften des Bafilius, als
der beften Quelle felbft fchöpfen. Kritifche Unterfuch-
ungen wird man in einer für einen gröfseren Leferkreis
berechneten Biographie nicht erwarten und fie find auch
hier nicht zu finden. Die Chronologie ift nach den
neueften Unterfuchungen von F. Loofs ftellenweife zu
berichtigen. Im übrigen aber ift diefe Darfteilung des
Lebens eines einflufsreichen Theologen zu empfehlen, da
fie fich von den übertriebenen Tönen eines Panegyricus
auf den Helden, der andere in diefer Sammlung er-
fchienene Biographien auszeichnet, einigermafsen freihält
. Allerdings kommt die eigentliche theologifche Seite
fehr zu kurz; über die Bedeutung des Bafilius für die
Dogmenge'fchichte erfahren wir nichts. — Der erfte und
zweite Theil (S. Basile avant l'episcopat und L'episcopat
de s. Basile) find in der Revue de l'histoire 1898 (LXIV)
wörtlich abgedruckt, aus welchem Grund, ift nicht angegeben
.

2. Das Leben der hl. Mathilde hat E. Hallberg
gefchrieben. In welchem Geift und Sinn ergiebt fich
aus der Einleitung. Deren Hauptinhalt bildet eine leiden-
fchaftliche Diatribe gegen die böfe Kritik, die namentlich
in Deutfchland ,ceite officine attiree de toutes les hy-
potheses anli-religieuses et anti-sociales1, zu Haufe ift.

1 Speciell Jaffe wird heftig deswegen getadelt, weil er den
Nachweis geführt hat, dafs der Biograph der hl. Mathilde