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Ausgabe:

1900 Nr. 21

Spalte:

589-590

Autor/Hrsg.:

Brandenburg, Erich

Titel/Untertitel:

Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen. I: Bis zum Ende des Jahres 1543 1900

Rezensent:

Virck, H.

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589 Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 21. 590

Lagi betrifft, fo hätte ich allerdings, indem ich diefe
Notiz des Arifteasbriefes in meiner ,Gefchichte' III, 19 f.
wiedergab, die dem Arifteas gegenüber gebotene Referve
und Skepfis beftimmter zum Ausdruck bringen follen.
Das ift das Einzige, was ich zugeben kann. Das hätte
aber auch ohne Paul Meyer gefchehen können und follen.
Der,alte Standpunkt' wird alfo von den genannten
drei in der That höchft werthvollen Werken gar
nicht berührt. Er befindet fich nach dem Erfcheinen
derfelben ebenfo wohl, wie vorher, und zu einem dchweren
Kampfe' fich zu rüften, bieten diefelben keinerlei Veranlagung
. Umgekehrt aber haben die neueren Funde
und Forfchungen Willrich genöthigt, feine in dem
früheren Werke ausgefprochene Hypothefe, dafs die jü-
difche Diafpora in Aegpypten eigentlich erft mit Ptole-
mäus VI Philometor begonnen habe, zurückzunehmen
und anzuerkennen, dafs es fchon im dritten Jahrhundert
vor Chr. Juden in Aegypten gegeben hat, weil das die
Papyrus-Texte beweifen (S. 8, 107).

Es find demnach nicht die neueren Arbeiten auf
dem Gebiete der ägyptifchen Alterthumskunde, welche
das Fundament für die Hypothefen des Verfaffers bilden.
Sie fchöpfen ihre Kraft vielmehr aus einer in verhängnifs-
voller Weife regfamen Phantafie verbunden mit einer ftaik
antifemitifchen Stimmung. Das find gefährliche Eigen-
fchaften für den Hiftoriker; und den daraus erwachfenden
Gefahren ift W. auch diesmal wieder erlegen. Ich kann
nur in feltenen Fällen finden, dafs feine Aufhellungen
ausreichend begründet find. Von einem gewiffen Gefühl
der Unficherheit fcheint auch er felbft trotz der ficheren
Sprache nicht ganz frei zu fein. Er befchwichtigt das-
felbe in der Vorrede durch Berufung auf ein Wort von
Wilamowitz: ,Wer nicht blofs in dem Stande des fa-
muli Wagner beharren will, der mufs fein Subject in
die Schanze fchlagen, nicht blofs auf die Gefahr hin.

nener 1. Band von Seiten der Kritik durchweg die
wärmfte Anerkennung gefunden hat. Der I. Band der
Correfpondenz giebt die Belege für jene Biographie bis
zum Jahre 1543. Dabei find indefs die inneren Verhält-
nifse, die in der Biographie eine ausführliche Darlegung
erfahren haben, entfprechend dem durch den Titel angegebenen
Charakter der Sammlung entweder gar nicht
oder doch nur beiläufig berückfichtigt. Da die Biographie
auch in diefer Zeitfchrift befprochen ift, fo braucht Referent
auf den Inhalt und die Bedeutung der Correfpondenz
nicht näher einzugehen; er würde nur fchon Ge-
fagtes wiederholen können. Er begnügt fich daher, die
Abfchnitte anzugeben, in welche der Band zerfällt. Es
enthält Theil I: Actenftücke bis zum Regierungsantritt
des Herzogs Moritz (1529—1541 Aug. 18); II. Das Jahr
1541 (v. Aug. 18—Dez. 31); III. Das Jahr 1542. IV. Das
Jahr 1543. Vor jedem Abfchnitte fleht eine Vorbemerkung,
worin kurz der Hauptinhalt angegeben und auf die wich-
tigften Actenftücke hingewiefen wird. Von einer Zu-
fammenftellung der Ergebnifse aus den Documenten ift
Abftand genommen, da der Herausgeber diefe Arbeit
ja fchon in feiner Biographie geleiftet hat. Am Kopf
jedes Actenftückes ift auf die Stelle der Biographie hingewiefen
, wo es feine Verwendung gefunden hat. In einer
kurzen Einleitung giebt der Herausgeber Rechenfchaft
über die von ihm bei der Edition befolgten Grundfätze, namentlich
über die Abgrenzung des Stoffes, die wohl allgemeine
Billigung finden werden. Die fchon früher anderswo
in genügender Weife veröffentlichten Actenftücke find
der Raumerfparnifs wegen nicht wieder abgedruckt. Der
Herausgeber begnügt fich mit einem kurzen Regeft unter
Angabe der Stelle, wo das Actenftück in extenso zu
finden ift. Die äufsere Einrichtung des Buches ift die-
felbe wie in den kurz vorher durch die Kgl. Sächf. Com-
miffion herausgegebenen Berichten der Kurfächf. Rathes

fondern mit der ficheren Zuverficht, im Drang nach ! Hans v. d. Planitz und wird allen Anforderungen, die man
Wahrheit jämmerlich zu irren'. Diefe Zuverficht hat heut zu Tage an derartige Veröffentlichungen ftellen

fich in Willrich's Buche nur zu fehr erfüllt. Wer aber
auf den Fauftifchen Flug verzichtet und fich das be-
fcheidenere Ziel fteckt, Irrthum möglichft zu vermeiden
und das hiftorifch Wahrfcheinliche zu ermitteln, der
braucht fich darum noch nicht als famulus Wagner ein-
fchätzen zu laffen. Als folcher würde ich übrigens noch
bemerken, dafs der Gau auf griechifch vouöq heifst, nicht
vöfioq, wie W. conftant fchreibt (S. 24 zweimal, 58, 61
zweimal, 114), und dafs von einem Subftantiv fehr wohl
zwei Genitive in verfchiedener Beziehung abhängen können,
wie jeder Theologe aus dem Neuen Teftamente weifs
(Winer's Grammatik 7. Aufl. § 30, 3 Anm. 3), dafs man
alfo 01 rmv siQoyövmv avrov Maxaöovojv ßaöilelq fehr
wohl überfetzen kann: ,die Makedonen-Könige feiner Vorfahren
', was W. S. 129 mit übel angebrachtem Hohn gegen
mich (Gefch. III, 407) beftreitet. Der Präfect von
Aegypten, welchen Philo in Flaccum § 10,f Mang. II,
527 sq. erwähnt, heifst zwar nicht Mäyvoq Magiuoq, wie
unfere Philo-Texte haben, aber auch nicht ManiusMaximus,
wie W. S. 40 fchreibt, fondern M. Magiiis Maximus, wie
ich aus Paul Meyer, Heerwefen etc. S. 145 gelernt habe
(f. die Infchrift von Aeclanum in Unter-Italien, Corp. Inscr.
Lat. IX n. 1125).

Göttingen. E. Schürer.

darf, vollauf gerecht. Durch reichliche Anmerkungen
und ein ausführliches Regifter wird die Benutzung aufser-
ordentlich erleichtert. Ein befonderes Verzeichnifs giebt
Auffchlufs über die in den Anmerkungen abgedruckten
und vorher nicht veröffentlichten Briefe.

Weimar. H. Virck.

Brandenburg, Erich, Politische Korrespondenz des Herzogs
und Kurfürsten Moritz von Sachsen. Erfter Band. (Bis
zum Ende des Jahres 1543.) Leipzig, B. G. Teubner,
1900. (XXIV, 761 S. Lex. 8.) M. 24.—

Harnack, Prof. Dr. Adolf, Das Wesen des Christentums.

Sechzehn Vorlefungen, vor Studierenden aller Fakultäten
im Winterfemefter 1899/190x3 an der Univerfität
Berlin gehalten. Leipzig, J. C. Hinrichs, 1900. (IV,
189 S. gr. 8.) M. 3.20; geb. M. 4.20

Der gelehrte Erforfcher des chriftlichen Alterthums
und der kirchlichen Lehrentwickelung tritt in diefen Vorlefungen
über das Wefen des Chriftenthums vor den
weiten Kreis der Gebildeten unter den evangelifchen
Chriften. Er will als Gefchichtsdarfteller reden, nicht als
Apologet oder als Religionsphilofoph. Die urfprüng-
liche Erfcheinung des Evangeliums und feinen wahren
Inhalt will er zum Verftändnifse bringen und daran meffen,
was fich feit den Tagen der Apoftel als Clmftenthum
entwickelt hat, in der altkatholifchen Kirche, i n den
beiden grofsen katholifchen Kirchen und im Proteftantis-
mus. Aber die Gefchichtsdarftellung wird von felbft zur
Apologie. Denn fie kommt aus einer begeifterten Ueber-
zeugung und ift in begeifternden und ergreifenden Tönen
ausgefprochen. ,Die Religion ift es, die dem Leben
einen Sinn giebt; die Wiffenfchaft vermag das nicht'
(188); — ,die chriftliche Religion ift etwas Hohes, Einfaches
und auf einen Punkt bezogenes: Ewiges Leben

Die Kgl.SächfifcheCommiffion für Gefchichte konnte
keine geeignetere Perfönlichkeit für die auf ihre Kotten mitten in der Zeit, in der Kraft und vor den Augen
gedruckte Correfpondenz des Herzogs und Kurfürften 1 Gottes' (172); — ,das Chriftenthum hat nichts Statuta-
Moritz von Sachfen finden, als den Verfaffer der Bio- rifches und Partikulariftifches; es ift alfo die Religion
graphie Moritz' v. Sachfen, deren vor 2 Jahren erfchie- i felbft' (41). Aus diefem Wefen des Evangeliums kommt