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Ausgabe:

1900 Nr. 20

Spalte:

559-561

Titel/Untertitel:

Didascaliae Apostolorum fragmenta Ueronensia Latina 1900

Rezensent:

Achelis, Hans

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559

Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 20.

560

(Inhaltsbefchreibung S. 8—11). Ein ganz neues Problem,
foviel ich fehe, giebt das in der Hdfchr. fich unmittelbar
anfchliefsende Stück der Doctrine of Addai auf, das zwar
fchon feit 1864 in Cureton's Documents (S. 109) u. 1876 in der
Ausgabe von Phillips S. 46 f. gedruckt vorliegt. Denn noch
Niemand fcheint auf die Verfchiedenheit beider Texte
geachtet zu haben, die fich kaum anders erklären läfst,
als dafs hier zwei verfchiedene Ueberfetzungen eines und
desfelben, und dann wohl griechifchen, Originals vorliegen
. Nach Cureton S. 192 findet fich das Excerpt in
nicht weniger als 6 Hdfchr. des Britifchen Mufeums; ob
in allen in der von dem Phillips'fchen Texte abweichenden
Form, in der bei Harris S. 9 letzte Zeile 'pinntt
ftatt ("HtirYO zu lefen ifl? Für alles Weitere mufs auf
das Buch verwiefen werden. Die in der Vorede erwähnte
, auf diefe Stoffe fich beziehende Veröffentlichung
im Decemberheft der Contemporury Review habe
ich nicht gefehen. Die Ueberfetzung ifl, foweit ich fie
verglich, richtig; nur ift S. 28 Z. 7 hinter name, nicht
hinter thyself zu trennen; S. 37 Z. 1 princesses falfches
Explicitum (as it is writen in the law .... with many
other things), Z. 5 v. u. — h is covenant ftatt tlieir c. zu fetzen,
und S. 39 Z. I wird theplace named Diglath, wo der Araber
feine Schätze verborgen hat (f. über eine ähnliche Vor-
ftellung die oben genannten Apokalypfen bei Bouffet)
ein locus ,pseudouymusl fein.

Maulbronn. Eb. Neftle.

DidascaliaeApostolorum fragmentaUeronensia latina. Accedunt
canonum qui dicuntur Apoftolorum et Aegyptiorum
reliquiae. Primum edidit Edmundus Hauler. Fas-
ciculus prior: Praefatio. Fragmenta. Imagines. Lipsiae,
B. G. Teubner, 1900. (XIII, 121 S. gr. 8. m. 2 Pho-
totypien.) M. 4.—

Seinen fchönen Fund in Verona, über den ich fchon
einmal in diefer Zeitung 1896, Sp. 546L berichten durfte, legt
Hauler jetzt vollftändig vor; wenn er damals viel verfprach,
fo giebt er noch weit mehr. In der erften Ankündigung
war von einer lateinifchen Verfion der fyrifchen Didaskalia
die Rede gewefen; jetzt Hellt fich heraus, dafs der Ve-
ronefer Palimpfeft eine kirchenrechtliche Sammlung ift, die
hinter der Didaskalia noch die Apoftolifche und die
Aegyptifche Kirchenordnung enthält. Das Zeugnifs der
fehr alten, lateinifchen Handfchrift wird fomit von Wichtigkeit
für drei ältefte Kirchenordnungen, und dieZufammen-
fetzung des oberitalifchen Rechtsbuches eröffnet eine
Perfpective auf vielverhandelte Fragen über die älteften
Quellen des orientalifchen Kirchenrechtes. Auf die wich-
tigften Refultate fei hier, foweit es der befchränkte Raum
geftattet, kurz hingewiefen.

Die fyrifche Didaskalia — aus dem dritten Jahrhundert
— exiftirte bis jetzt nur in einer fyrifchen Handfchrift,
und der des Syrifchen nicht Kundige mufste fich mit
einer, auf ihren Werth viel angezweifelten, Reconftruction
in Bunfen's Analecta Ante-Nicaena II begnügen. Jetzt
haben wir neben dem Syrer den Lateiner, und können
aus beiden Ueberfetzungen uns den griechifchen Urtext
herflellen, den Pfeudo-Clemens in den erften fechs Büchern
der Apoftolifchen Conftitutionen bearbeitet hat. Nur der
Syrer ift vollftändig; vom Lateiner exiftiren ungefähr drei
Achtel des Ganzen; dafür ift er aber leichter verftändlich
und giebt den Griechen erheblich beffer wieder als der
Syrer. Kleine Lücken, vielleicht auch Zufätze, find auf
beiden Seiten zu conftatiren, aber fie find recht unbedeutend
. Weder hier noch da ift der Text überarbeitet;
es ift diefelbe Kirchenordnung, die in Syrien und in
Oberitalien gebraucht wurde, und an beiden Orten überfetzt
ift. Ihr Titel war, worauf Hauler hinweift, Aiöuyji
xcöv axooxoXmv, oder doch (vgl. XLV 8, XLVII 31)
Aiöcc/y) xa&oXixq. Das verdient alle Beachtung für manche
Anführungen der Doctrinae apostolorum. Hoffentlich aber

fühlt fich Niemand veranlafst, daraufhin den hergebrachten
und bekannten Namen der fyrifchen Didaskalia abzufchaffen.

Von der Apoftolifchen Kirchenordnung ift im Lateiner
das letzte Drittel c. 18—30 erhalten, was als eine befondere
Gunft der Ueberlieferung anzufehen ift, da für die erfte
Hälfte der Schrift, die unfelbftändig, also auch minder
wichtig ift, bis jetzt die Zeugen zahlreicher waren; vgl. PRE
I3 730ff. Für den zweiten Theil, die eigentliche Kirchenordnung
, wird jetzt der Lateiner ein Hauptzeuge, der
freilich auffallend wenig Neues bringt, aber darum gewifs
nicht weniger willkommen ift. Da der griechifche Urtext
vorhanden ift, ift die Art des lateinifchen Ueberfetzers
hier am beften zu ftudiren.

Die Aegyptifche Kirchenordnung war bis dahin nur
koptifch und äthiopifch herausgegeben; beide Verfionen
find ins Deutfche überfetzt in den Texten und Unterf.
VI 4. Im Lateiner ift etwa die Hälfte übrig geblieben,
auch hier gerade die wichtigeren Theile. Manches wird
dadurch klarer; fo ift S. 134 a. a. O. d-rjQmv in frvo-sov zu
verbeffern, und dadurch wird der Zufammenhang erft
verftändlich. Nachdem fchon neulich durch das Testamen-
tum Jesu Christi, das im Wefentlichen eine Bearbeitung
der Aegyptifchen Kirchenordnung ift, die Aufmerkfamkeit
wieder auf diefe für die Gefchichte des Gottesdienftes
allerwichtigfte Urkunde gelenkt wurde, kommen jetzt
durch den Lateiner Einzelheiten von allgemeinerem In-
tereffe zu Tage, welche die Kirchenordnung wohl für
immer der Vergeffenheit entreifsen werden. War fchon
aus dem Testamentum zu entnehmen, dafs die Tauffragen
in der koptifchen Verfion (a. a. O. S. 96fr.) überarbeitet
find, fo fchliefsen fie fich im Lateiner LXXIII 2ff. noch
enger als im Testamentum an das altrömifche Symbol
an. Aus der Vergleichung der verfchiedenen Texte ift
fein urfprünglicher Wortlaut zu entnehmen, und Kundigere
als ich werden hierauf vielleicht wichtige Schlüfse bauen
können. — Beim Abendmahl der Neophyten LXXIV
werden Allen drei Kelche gereicht, einer mit Waffer,
einer mit Milch und einer mit Wein, und bei der eucha-
riftifchen Feier der Gemeinde LXXI 10ff. werden aufser
dem Brode — allerdings nur eventuell — Käfe und Oliven
dargebracht, gereicht und genoffen. Dafs manche alt-
chriftliche Gemeinfchaften Artotyriten waren, wufste man
fchon; die Oliven find neu. Brod, Käfe und Oliven aber
ift die Nahrung des armen Mannes. Wird man den bekannten
Ausdrücken Juftin's, dem üioxtqiov vöaxoq xal
XQÜfiaxoq und dem zweimal wiederholten ccqxoq xal oivoc
xal vöo3Q nicht am erften gerecht, wenn man zwei Kelche
annimmt, einen mit Waffer und einen mit Mifchwein?
Kann diefer Brauch, den es doch nun einmal gegeben
hat, vielleicht gar etwas beitragen zur Erklärung des
doppelten Bechers Lucas 22? Aber mag man auch diefe
Fragen mit Nein beantworten; für Alle, welche meinen,
dafs fich die Euchariftie aus gemeinfamen Mahlzeiten entwickelt
hat, bei denen es noch andere Speifen und Getränke
als Brot und Wein gab, vermag die Aegyptifche
Kirchenordnung ein wichtiges Argument zu liefern.

Diefe drei Kirchenordnungen umfafst der alte Codex
in Verona. Er gleicht in feiner Zufammenfetzung den
Apoftolifchen Conftitutionen, allerdings mit einer Ausnahme
, da diefe an Stelle der Apoftolifchen Kirchenordnung
die Didache aufgenommen haben. Bei der
griechifchen Vorlage des Lateiners ging die Gleichheit
noch weiter. Das Uebergangscapitel LXVII 30 ff. fagt,
dafs vorherging eine Abhandlung über die Charismen, die
jetzt im Lateiner fehlt. In den Conftitutionen aber fleht
an eben der Stelle (Hippolytus) IJeni xan-iö/iaxaiv, und
auch das Uebergangscapitel felbft hat in tonst, ap. VIII 3
Verwendung gefunden. Ueberhaupt ift ja in den Conftitutionen
Alles von Pfeudo-Clemens gleichmäfsig übergangen
und erweitert, während der Veroncnsis die alten
Urkunden im urfprünglichen Wortlaut neben einander
Hellt. Er ift alfo — mit der einen bezeichneten Ausnahme
— die Vorlage des fyrifchen Fälfchers und Hellt