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Ausgabe:

1900 Nr. 2

Spalte:

37-40

Autor/Hrsg.:

Holl, Karl

Titel/Untertitel:

Fragmente vornicänischer Kirchenväter aus den Sacra Parallela 1900

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 2.

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uns nur, etwa wie Barnes zur Chronik, die Ergebnifse
feiner Collationen mittheilen würde. Wenn andere diefem
Beifpiele folgen, würden wir rafcher und billiger zu der
fo nöthigen neuen kritifchen Gefammtausgabe des fyr.
Ä. Ts. kommen. Die forgfältige Correctur des fehr
mühevollen Druckes zeigt, dafs der Verfaffer genau zu I
arbeiten beftrebt ift; aber die englifche Unfitte, Mafforah
zu fchreiben, hätte er um fo weniger mitmachen follen,
als er daneben Jefaia drucken heifst. Aber freilich,
die durchgefehene Bibel verlangt ja fogar noch ,Paffah'.

Maulbronn. Kb. Neftle.

Holl. Karl, Fragmente vornieänischer Kirchenväter aus den
Sacra Parallela. (Texte und Unterfuchungen zur Ge- 1
fchichte der altchriftlichen Literatur. Herausgegeben
von Oscar von Gebhardt und Adolf Harnack. Neue
Folge. Fünfter Band, Heft 2. Der ganzen Reihe XX, 2.)
Leipzig, Hinrichs, 1899. (XXXIX, 241 S. gr. 8.) M. 9.—

Die neue Folge der ,Texte und Unterfuchungen zur
Gefchichte der altchriftlichen Literatur' hatte K. Holl
1896 würdig eingeleitet durch feine Unterfuchung über
die Sacra Parallela des Johannes Damascenus, über ihre
Ueberlieferung und über ihren Verfaffer und feine Quellen.
Nur eine Verbindung von ftaunensvverthem Fleifs, mufter- j
hafter Sorgfalt, hervorragender patriftifcher Gelehrfam-
keit und einem unermüdlichen Scharfblick hatten es dem
Verfaffer ermöglicht, über die urfprüngliche Befchaffenheit
und die fpäterenUmgeftaltungen jener impofanten Sammlung
von Bibel- und Väterftellen, deren eigentlicher
Name xa Ugd ift, eine Fülle von Licht zu verbreiten;
allerdings war durch ihn auch noch deutlicher geworden
, wie unzureichend trotz aller Verdienfte die
bisher alleinherrfchende Ausgabe von Lequien (bei Migne
P.gr. 95 f. blofs nachgedruckt) heifsen mufste. Jetzt theilt
nun Holl auf Grund feiner Collationen die Citate aus j
den vornieänifchen Vätern, welche für uns in den lequ
noch erreichbar find, vollftändig mit und erwirbt fich
dadurch ein neues grofses Verdienft um die patriftifche
Wiffenfchaft. Aufser einer Einleitung, die zuerft die
Hauptergebnifse der kritifchen Vorarbeit aus I 1 kurz
wiederholt und, foweit fie den Verfaffer und die Quellen
der €]toa betrafen, nach verfchiedenen Seiten hin ver-
theidigt, natürlich auch die bei der Edition diefer Texte
befolgten Grundfätze entwickelt (S. V—XXXIX), bietet
uns Holl 503 Fragmente, von denen allerdings verfchie-
dene doppelt, fogar — 32. 129. 298 — dreifach auftreten;
Citate aus Clemens Rom. und den Pfeudoclementinen,
Ignatius, Jüdin, Theophilus Antioch., Irenaeus, Clemens
AI., Hippolytus, Cyprian, Dionyfius AI., Gregorius
Thaumat., Athenodorus, Methodius, Petrus AI., zuletzt
noch Eufebius von Caefarea und Doctrina Petri. Holl
fcheidet, wenigftens in den gröfseren Abfchnitten, die
dazu Gelegenheit bieten, i. die geficherten Citate von 2. den
nicht nachweisbaren und zweifelhaften und 3. den unechten
; die letztgenannten find zum guten Theil, wie
z. B. alle bei Jüdin, wieder nachweisbar, nur eben als
anderen Autoren, Nilus, Chrys., Method., Clemens AI.
zugehörig. Die erde Claffe id an Zahl und Umfang
der Citate weitaus die gröfste, fie umfafst 312 Nummern,
die letzte 72, die mittlere 119, doch id dabei zu bemerken
, dafs von diefen 119 allein 23 auf Eufebius von
Alexandrien fallen, bei Judin 4 fehr umfängliche auf die
längft unter Judin'sNamen bekannte Schrift de resurrectione.
Bei Petrus Alex. S. 210 hat Holl das ficher anderswohin
gehörige (f. N. 502) Fragment 461 ohne Grenzbedimmung
neben 460, ein Fragment aus stegi tpvy.rjc, gefetzt; hält
er diefe Schrift vielleicht für dem Petrus untergefchobenr
Aber der Werth des hier Gebotenen hängt nicht von
der Claffe ab, in die ein Citat eingerückt wird, daher es
auch unerheblich ift, ob man in ein paar Fällen eine
andere Einweifung wünfehen würde — N. 454 z. B., ein

Citat aus der Schrift des Methodius gegen Porphyrius,
würde ich zu den geficherten rechnen —, wenn Citate
wie 388 .unverkennbar' von dem Areopagiten Dionyfius
herrühren, wie 389t. in einer Handfchrift auch ausdrücklich
diefem zuertheilt werden, würde ich fie fo wenig
wie die fchöne Sammlung des Eufeb. Alexandrinus unter
den zweifelhaften' Citaten bei Dionyf. Alex. bezw. Eufeb.
Cacfar. dehen laffen.

Werthvolles Neue enthalten alle Abtheilungen in
erfreulicher Fülle. Einen Schriftdeller Athenodor mit
einem Werk jityl ißgaidfiov, offenbar den Bruder des
Gregor. Thaumat., hat H. mit 3 Fragmenten S. 161 erft
entdeckt; nicht geringeres Intereffe verdient das Stück
aus Cyprian's ep. 64, deffen griechifcher Text doch wohl
aus einer Ueberfetzung von Hieronymus' adv. Pelag.
dämmen dürfte. Von Methodius de autex. find Abfchnitte,
die bisher nur in flavifcher Ueberfetzung vorlagen, wie
Ni 439, 440, nun im Urtext vorhanden, aber ganz unbe-
reichert bleibt fad keiner der genannten Autoren. Doch
auch in den Fällen, wo für einen fchon bekannten Text
nur ein neuer Zeuge erdeht, liegt der Werth diefer
Publication auf der Hand. Nicht als ob die Sonderlesarten
der '/epa a priori oder auch nur überwiegend den
Vorzug vor den bisher verbreiteten verdienten, aber in
vielen Fällen wird, und keineswegs blofs in Kleinigkeiten
, der echte Text jetzt erft gewonnen: fo N. 361
ein finnlofes dxQißiq in dxQißtc, N. 154, 18 ein drp&dgxro
in aepgadzep verbeffert, N. 229, 2 ein unentbehrliches fitj
vor otagetdegyszai, N. 227 eine ganze Zeile nachgeliefert.
Oefters erhält auch eine gute Conjectur älterer Herausgeber
, wie bei Irenaeus, nunmehr die handfehriftliche
Beftätigung.

Freilich überläfst Holl das Emendiren, überhaupt
die Verwerthung feiner Fragmente für endgiltigc Text-
conftitution grundfatzlich feinen Lefern, höchftens leitet
er durch richtige Interpunction wie S. 38,52 ff. (Juftin de
resurr. 2) zur Entfernung beliebter Irrthümer an; fonft
ift feine Edition mit peinlicher Strenge auf Sparfamkeit
eingerichtet; wo nur eine Handfchrift vorliegt, wird diefe
mit allen Fehlern abgedruckt und dadurch die Beigabe
eines Apparats überfiüffig gemacht, wo mehrere, da
wählt H. für feinen Text unter den Varianten nicht die
an fich wahrfcheinlichfte, fondern die, aus der fich die
übrigen am leichterten erklären laffen, und verzeichnet
im Apparat die Abweichungen trotz aller Knappheit
der Anlage klar und gewiffenhaft. nur ohne Pedanterie.
Bei der Zuverläffigkeit, mit der Holl feine Collationen
gefertigt und der Genauigkeit, mit der er die Druck-
correcturen beforgt hat, ift dies Syftem wohl praktifch.
es erhält im Leier auch das Bewufstfcin wach, dafs
ihm blos eine Vorarbeit für fpätere Textausgaben geboten
werden foll. Aber da doch auch Holl ein Menfch
bleibt, bei dem Schreib- oder Druckfehler, wenn auch
noch fo vereinzelt vorkommen, z. B. S. XIX n. 3 Barrocc.
ft. Barocc, S. 232 Migne 86, 172B ft. 96, S. 237b bei
usiCpv dy. 2i4 ft. 414, im Apparat zu N. 156,8 dyevijToq
ft. dytvvijxoc — nach S. 172 und 235a läfst cod. K auf
l75> 5° c'n to vor ex yvydjc fort, worüber der Apparat
zu der Stelle aber fchweigt —, da auch bei ihm Un-
gleichmäfsigkeiten in der Orthographie begegnen, die
| nicht von feinen Handfchriften abzuhängen icheinen, z. B.
ein JtugtxXvom N.466,2 neben dnxXvdiu N. 107, 208, fo hätte
man bei ganz auffallenden Fehlern doch gern einen ausdrücklichen
Verweis auf die Handfchrift refp. auf den
gewöhnlichen Text, z. B. N. 147,4 bei ngorplgeiv ftatt des
j ficher auch von Joh. Dam. gewollten xgodcplgecv (vgl. Z. 6)
oder wenn N. 495, 16, 21, 36, 45 p) yoßnd-ete. p) troßijirjjs,
PI cpoßrid-elq einander abwechfeln.

Ein wenig bequemer hätte Holl mit etwas mehr Aufwand
an Raum feinen Lefern die Verwerthung feines
Materials machen können. Im Identificiren der ver-
ftreuten Fragmente hat er fo Grofses geleiftet, dafs ich
I auch nicht einen Nachtrag zu machen wüfste, aber