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Ausgabe:

1900 Nr. 16

Spalte:

463

Autor/Hrsg.:

Geissler, Joh.

Titel/Untertitel:

Die litterarischen Beziehungen der Esramemoiren 1900

Rezensent:

Löhr, Max

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463

Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 16.

464

Tripitaka find dürftig. Die religiöfe Pehlewi-Literatur
liegt bereits in 5 Bänden der Sacred Books vor. Eines
ift S. 537 angegeben.

Ich wünfche trotz aller Ausflellungen dem Buche in
feinem Kreife recht viele Lefer. Es wird in feiner Art und
gerade bei der ihm infolge der oben befprochenen Theorie
eignenden weiten und milden Auffaffung des Heidenthums
den Blick vieler Theologen beträchtlich erweitern. Ich
bedaure nur, dafs eine fo eigenfinnig fich vordrängende
Theorie auch hier auf diefem eigentlich neutralen Gebiet
die Arbeit hüben und drüben zu trennen droht. Zu
diefer Theorie zwingt auch den in feiner Stellung zur
Schrift anders geftimmten Theologen eigentlich nichts,
als nur eine mifsverftandene Gedankenreihe des Paulus.
Paulus, auf den fich Orelli mehrfach beruft, lag in Rö 1.
nichts ferner als eine religionsgefchichtliche Theorie auf-
zuftellen; er gab fein Urtheil über die hellenifche Heidenwelt
, die er allein kannte.

Göttingen. - Bouffet.

Geissler, Realgymn.-Lehr. Joh., . Die litterarischen Beziehungen
der Esramemoiren insbefondere zur Chronik
und den hexateuchifchen Quellenfchriften. Programm.
Chemnitz, 1899. (46 S. 4.)

Unter den Eframemoiren (E) verfteht Geissler S. 4
Efr. 7, 27—10, 44. Neh. 7, 6—10, 40. 13, 1—3 mit Ausnahme
der darin enthaltenen Liften Efr. 8, I—14. 10,
18—44. Neh. 7, 6—73a. 10, 1—28. 12 (foweit zu E gehörig
), S. 5.

Diefe Memoiren find bezüglich Sprache und Inhalt
auf ihr Abhängigkeitsverhältnis zur Chronik und den [
hexateuchifchen Quellenfchriften geprüft. In einer fehr I
fleifsigen und durch ihre befonnenen Schlufsfolgerungen
fich auszeichnenden Unterfuchung kommt G. zu dem
Refultat, dafs der Chronift (Ch) allerdings in^ E ftark |
retouchierend eingegriffen habe, und zwar in Efr. 7—10
mehr als in Neh. 7—10, S. 12, daneben aber ein ftarker,
directer literarifcher Einflufs cfes Dt., des Jeremias und j
der deuteronomifchen Schriftfteller unverkennbar fei,
S. 20. Ein derartiger, unbeftreitbarer Einflufs feitens
P, wenigftens P« und Ps, auf E ift nicht wahrzunehmen, j
S. 22; mit JE zeigen fich nur ganz vereinzelte Berührungen,
S. 14. Die Memoiren entflammen alfo einer Zeit, 2. Hälfte
des 5. Jahrhunderts, wo JE, D und wohl auch noch Ph,
aber noch nicht das priefterliche, eben aus Babylonien
herübergebrachte Gefetz die Denk- und Schreibart eines
jüdifchen Schriftftellers beeinflufsen konnte, S. 24.

Was den Inhalt betrifft, fo verräth E eine Bekannt-
fchaft mit der Gefchichtsüberlieferung aller drei Schichten
des Pentateuch, JE, D und P, S. 28. Aus diefem zweiten
Theil feiner Arbeit ift am bemerkenswerthaften der Nachweis
, S. 34f., dafs das Neh.8—10(10, 30) publicirte Gefetz
ph _±_ pg gewefen fei. Das eben eingeführte Gefetz hat auf
die Sprache noch keinen Einflufs geübt, hier überwog
noch lange die deuteronomiftifche Ausdrucksweife, S. 46.

Breslau. Max Lohr.

Wildeboer, G., De Tijdbepaling van het Boek der Spreuken.

(Verslagen en Mededeelingen der Koninkl. Akademie
van Wetenfchappen, Afdeeling Letterkunde, 4. Reeks
Deel III.). Amfterdam, J. Müller, 1899. (S. 233—265.)

Verf. kommt auf Grund formeller Argumente, S. 8,

deze zijn in hoofdzaak van lexicographischen aard, und
materieller, S. 9ff., i° de tnonogamie 2° het outbreken van
strijd tegen afgodendienst, 30 het univcrsalisnu 4° het in-
dividualisme, 50 de afhankclijkheid onzer wijzen van Wet en
Profeten, 6° het karakter dezer chekamim, zu folgender
Zeitbeftimmung: in elk geval na de Ballingschap, dus in
de Perzische periode. Het wil mij voorkomen, dat wij

ons bepalen moeten tot de tweede helft der Perzische periode
wat de oudere verzamelingen betreft, en tot het begin
van den Griekschen tijd wat de eindredactie aangaat.

Der zweite Theil diefer Abhandlung ift eine ausführliche
Auseinanderfetzung mit den beiden Recenfenten
von Wildeboer's Commentar zum Spruchbuch in Marti's
Sammelwerk, nämlich mit Wolf Graf v. Baudiffin in Theo!.
Lit. Zeitg. 1898, Sp. 186 ff. und Karl Siegfried in Deutfche
Lit. Zeitg. 1898, Sp. 1545 ff. Jener nimmt nach des Verf.'s
Anficht ein zu hohes Alter an, indem er den Grundftock
von 10, 1—22, 16, auch von 25, 1—26, 16 für vorexilifch
erklärt; diefer geht ihm zu weit hinab.

Breslau. . , Max Lohr.

Resch, D.Alfred, Die Logia Jesu. Nach dem griechifchen
und hebräifchen Text wiederhergeftellt. Ein Verfuch.
Leipzig, Hinrichs, 1898. (XXXII, 301 S. gr. 8.) M. 10.—

Refch bietet in dem vorliegenden Werk die Zufam-
menfaffung und die Refultate feiner umfangreichen Vorarbeiten
, die er namentlich in den ,Agrapha' (Texte u.
Unterf. V4) und den , Aufserkanonifchen Paralleltexten
zu den Evangelien' (Texte u. Unterf. X) niedergelegt hat.
Nachdem ich mich in diefer Zeitfchrift mit fämmtlichen
umfangreichen Veröffentlichungen R.'s — die Agrapha
ausgenommen — eingehender auseinandergefetzt habe,
wird es gerechtfertigt erfcheinen, wenn ich über das ab-
fchliefsende Werk nur ein kurzes Referat bringe. Das
Schlufswerk fleht und fällt natürlich mit den Vorarbeiten.

R. giebt in dem Werk eine Reconftruction des Ur-
evangeliums und eine Ueberfetzung desfelben in die von
Refch angenommene Urfprache desfelben, das Hebräifche.

In der Evangelienkritik und der Reconftruction des
Urevangeliums fchliefst R. fich eng an die Forfchungen
und Refultate von Bernhard Weifs an. Mit Weifs ift er
überzeugt, dafs die ,Logia' (den Namen will R. beibehalten
), nicht nur eine Redefammlung, fondern ein voll-
ftändiges Evangelium mit Gefchichtserzählung waren.
Mit Weifs nimmt R. ferner an, dafs das Marcusevangelium
in Gefchichtserzählung und Aufbau des Ganzen
bereits abhängig von den Logien waren. Mit Weifs verbindet
er mit diefer Hypothefe die Zweiquellentheorie
und hält den Marcus für den Matthäus und Lukas gegenüber
relativ urfprünglichen Gefchichtserzähler. Mit Weifs
theilt er auch das eigenthümlich fchwankende Verfahren,
mit dem er bei der Reconftruction der Logia bald dem
Marcus vor Lukas und Matthäus die Urfprünglichkcit
zugefteht, bald wieder in Matthäus und Lukas eine reinere
Bewahrung des Urevangeliums annimmt. Alles was im
Lauf der evangelienkritifchen Verhandlungen an Bedenken
gegen B. Weifs vorgebracht ift, könnte man auch
gegen Refch vorbringen. Es ift hier nicht der Ort, darauf
näher einzugehen.

Auch in den Einzelheiten lehnt fich Refch nach eigener
Angabe (XX) an B. Weifs bei der Reconftruction des Urevangeliums
an. — Nur bevorzugt er noch entfehiedener
als jener fowohl hinfichtlich der Anordnung des Ganzen
als auch im Einzelnen als Quelle das Lukasevangelium.
Ferner verziert R. fein Urevangelium mit allen den aufserkanonifchen
Evangelienfragmenten, die er als echte Ueber-
bleibfel des Urevangeliums eruirt haben will. Er hat der
Vollftändigkeit wegen diefe Fragmente auch da aufgenommen
, wo er hinfichtlich ihrer Echtheit zweifelhaft war.
Dadurch hat R. nun freilich, anftatt das urfprüngliche zu
liefern, fehr oft einen durch fpäte und fpätefte Zufätze
verderbten Evangelientext geliefert.

An einem Punkte geht R. noch entfehieden über
B. Weifs hinaus, nämlich in der Annahme, dafs die Logia
auch einen Bericht der Leiden und des Todes, der Auf-
erftehung und gar der Himmelfahrt des Herrn enthalten
haben, und dafs diefe Quelle fich bis in das erfte Capitel
der Apoftelgefchichte hinein erftreckt. So fchliefsen die