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Ausgabe:

1900 Nr. 14

Spalte:

418-420

Autor/Hrsg.:

Hehn, Johannes

Titel/Untertitel:

Die Einsetzung des hl. Abendmahls als Beweis für die Gotheit Christi 1900

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 14.

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(fides divinri). Das Zeugnifs des heiligen Geiftes für die 1 fchauung einverleibt ih, ift eo ipso göttlich gültig, mag
Schrift befiehlt in ihrer mit der Wirkung des heiligen j die gelehrte Forfchung das betreffende Lehrftück auch
Geiflcs identifchen, umwandelnden, bekehrenden Kraft ! als ein folches nachweifen, das fo oder anders fchon in
und Wirkung, wie fie im Glauben erfahren wird. Die 1 jüdifcher oder hellenifcher Weisheit eine Rolle gefpielt
Congruenz des objectiven Schriftzeugnifses mit der fub- hat' (34). — Die Auseinanderfetzung mit den Gegnern
jectiven Erfahrung, oder die Verwirklichung jenes in zeichnet fich überall durch einen würdigen Ton und eine
diefer vergewifsert das gläubige Bewufstfein fowohl über durchaus fachliche Behandlung des Gegenftandes aus.
die Göttlichkeit der Schrift, als auch über feine eigene Freilich begegnen dem Verf. zuweilen auffallende Ver-
Theogenefis. Diefe Vergewifferung erftreckt fich ebenfo i flöfse und Mifsverhändnifse, vor allem bei der Wieder-
über den göttlichen Inhalt der heiligen Schrift, jedoch ; gäbe und der Erklärung der von ihm bekämpften An-
nicht auch über den Umfang des Kanons. Catalogus fichten. Man lefe z. B. Haack's Urtheil über Herrmann,
librorum canonicorum non est articrdus fidei (Hollaz). S. 6—9; ,Das Verderben ift da, wenn man meint, dafs
In der Frage nach der Abfaffung und Kanonicität der man die Kundgebung Gottes, auf die der Glaube fich
einzelnen neuteftamentlichen Bücher mufs vielmehr zu gründet und auf die die Verkündigung fich bezieht, in
ihrer Selbftbeglaubigung in der Erfahrung des Einzelnen dem eigenen, durch einen unmittelbaren Verkehr mit
und der Kirche das hiftorifche Zeugnifs der Urkirche für Gott geweihten Innern auffuchen könne. Dann geht

ihre apoftolifche Abfaffung hinzukommen. Dem Worte
der kirchlichen Verkündigung eignet das testimonium spi-

man unter die marklofen Gehalten, die aus dem Gefäfs
ihres individuellen Lebens ewiges Leben faugen und andern

ritus sancti ebenfalls, aber nicht im Unterfchiede und ab- mittheilen wollen. Dann verwandelt fich die Selbltändig

gefehen von, fondern im Zufammenhange mit der Schrift', keit des evangelifchen Chrihen in die bewufste Selbh-

Soweit der Verfaffer. Die Methode und der Stand- genügfamkeit der harken Frommen, die ihre Unruhe

punkt desfelben erhellen zur Genüge aus den Thefen, in doch nicht bergen können, weil nun einmal Thatfachen

welchen er feine dogmatifche Unterfuchung zufammen-
gefafst hat. Trotz der Verherrlichung der altlutherifchen
Dogmatik (S. 28—29), welche ihn zu einfeitiger, nur in
fehr bedingtem Mafse richtiger Beurtheilung der refor-
mirten Kirche (26 f.) verleitet, will Haack die durch die
altprotehantifche Scholahik aufgehellte Lehre von der
Verbalinfpiration nicht einfach reprihiniren. In diefer Lehre

des Bewuftfeins, Erfahrungen des inneren Lebens zu
fchwach find, um die Lah des Glaubens zu tragen, der
über die Welt und über den natürlichen Menfchen hinaus
will'. Wer mag, fagt H., diefe Worte gefchrieben haben?
Kein anderer als Herrmann in feinem 1882 gehaltenen
Vortrage über ,Die Bedeutung der Infpirationslehre für
die evangelifche Kirche'. Freilich im Laufe desfelben

erblickt er vielmehr eine .keineswegs mit der von jeher hat er fie vergehen, und 1887 in feinem Vortrage über

in der Kirche giltigen Anfchauung identifche Theorie,
deren Charakter mit dem deutlich vorliegenden Charakter
der heiligen Schrift nicht im Einklang heht, denfelben vielmehr
nur durch Gewaltfamkeiten erklären kann' (35—36).
Indeffen, wenn fich H. gegen das altprotehantifche Dogma
von der Theopneuhie kehrt, fo ih doch das Hauptgewicht
feiner Polemik gegen die moderne Theologie gerichtet.
Rothe (18. 20. 24—26 u. ö.), Ritfehl (17. 20—21. 47), Herrmann
(20—21. 26. 29 u. ö.) fordern in erfter Linie feine
Kritik heraus, was allerdings eine bedingte Zuftimmung
zu einzelnen Sätzen diefer Vf. (f. über Rothe 13—14,
über Herrmann 26) nicht ausfchliefst. Auch von Hof-
mann's Auffaffung der Offenbarung als .blofser Gefchichte'
(15 f., 57 f., 71), weih H. fehr behimmt zurück. — Blicken
wir auf den pofitiven Löfungsverfuch des Verf.'s, fo wird
man zuverfichtlich vorausfagen dürfen, dafs derfelbe den
confequenten Vertretern der alten Theologie ebenfo wenig
zufagen wird als der ,neuen Schule'. Die Befeitigung der
Lehre von der Infpiration wird bei allem Fehhalten der
Thatfache der Infpiration jenen als eine bedenkliche Con-
ceffion an den modernen Subjectivismus erfcheinen. Diefe
aber, die Anhänger der ,neuen Schule', werden den Grund-
fchaden, an welchem alle Ausführungen H.'s leiden, in
dem der Höhenlage der evangelifchen fiducia keineswegs
entfprechenden Glaubensbegriff aufweifen. Diefer unklaren,
halbkatholifchen Anfchauung enthammen Ausfagen wie
diefe: ,Eine Autorität, von welcher man fich nur in Freiheit
führen läfst, ih ein hölzernes Eifen, ein Widerfpruch
in fich felbh, da es im Begriff der Autorität liegt, dafs

,den Begriff der Offenbarung' lieh man vollends anders'.
— Es dürfte dem Verf. fchwer fallen, den Widerfpruch,
in welchen Herrmann mit fich felbh gerathen fein foll,
aufzuweifen und durch Texte zu belegen.

Strafsburg i. E. P. Lobhein.

Hehn, Prieh. Dr. theol. Johannes, Die Einsetzung des hl.
Abendmahls als Beweis für die Gottheit Christi. Von

der theol. Fakultät zu Würzburg gekrönte Preis-
fchrift. Würzburg, V. Bauch, 1900. (XIV, 270 S. gr. 8.)
.Vorliegender Beweis der Gottheit Chrihi aus der
Einfetzung des heiligen Abendmahls ih eine Bearbeitung
der von der theologifchen Facultät der Univerfität Würzburg
für das Jahr 1897 —1898 gehellten Preisaufgabe'
Das Mifstrauen, welches diefe Fragehellung leicht erwecken
könnte, rührt, nach der Verficherung des Ver-
faffers, aus der ,falfchen Vorausfetzung, als folle die
Gottheit Chrihi aus feiner Gegenwart im Sacramente
oder gar aus der Transsubhantiation bewiefen werden
Unfer Thema fagt aber, dafs die Einfetzungshandlung
n r uT AushangsPunkt der Unterfuchung dienen folP
Dielelbe fucht H. zu analyfiren, indem er .einen Gefichts-
punkt für ihr richtiges Verhändnifs zu gewinnen' be-
hrebt ih, ,um daraus dann feine Folgerungen für Jefu
rerlon zu ziehen. Von einem Cirkelfchlufs ih alfo keine
opur. D,e Handlung Jefu ih eine in das Gebiet der täg-
liehen Erfahrung fallende Thatfache, die ihre Erklärung
ch mich eben ihr gegenüber befcheide; dafs ich ihr zu- j verlangt wie jede andere Thatfache; wir prüfen nur ob

wo ihre Sätze und Gefetze mir zunächh noch nicht einleuchten
wollen. Allerdings ih fie mir dann zunächh in
diefem Punkte eine äufsere Autorität, zu welcher ich eine
mehr oder minder gefetzliche Stellung einnehme. Allein
eine folche Stellung hreitet noch fo wenig mit dem Wefen

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traue, fie weifs es beffer als ich; dafs ich ihr folge, auch ; ihre Iragweite über das Gebiet der natürlichen Erfahrung

hi n ausreicht oder nicht. Die Frage, auf welche hier
Alles ankommt, ih folgende: .Welche Bedeutung ih dem
in der Einfetzungshandlung Jefu geäufserten Selbhbe-
wulstfein beizulegen? Ih daffelbe rein natürlich-menfch-
j t, ärbar> lul es ein krankhafter Zuhand oder weih
des evangelifchen Glaubens, wie die neue Schule behauptet, I der Inhalt der Gedanken Jefu auf ein übernatürliches
dafs es vielmehr im Begriff des Glaubens liegt, Autoritäts- | göttliches Wefen hin?' Der Verf. ih von der Ueber-
glaube zu fein, Gott und feinem Werke mehr zu trauen j zeugung durchdrungen, dafs feine .Beweisführung fich
als Menfchen und auch als feiner eigenen vermeintlichen j durchaus auf hihorifcher Grundlage bewegt. Sie ih beErfahrung
und die Vernunft gefangen zu nehmen unter hrebt, die Bedeutung der Handlung Jefu Im lichte der
den Gchorfam Chrihi' (48). .Alles, was wirklich apohoh- j gefchichtlichen Entwickelung, im Lichte der alt- und
fcher, amtlicher Entwickelung chrihlicher Glaubensan- I neutehamentlichen Literatur und der des nachapoholi-