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Ausgabe:

1900 Nr. 13

Spalte:

397-398

Autor/Hrsg.:

Schöne, Alfred

Titel/Untertitel:

Die Weltchronik des Eusebius in ihrer Bearbeitung durch Hieronymus 1900

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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397

Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 13.

398

Einwirkungen derfelben in der jüdifch-chrifUichen Kosmologie
und Eschatologie fich finden. Wenn diefelben
auch nicht fundamental find, fo fcheinen doch fporadifche
Einwirkungen ftattgefunden zu haben, was bei der jahrhundertelangen
Herrfchaft der Perfer in Syrien und
Kleinafien und der zweifellofen Verbreitung ihrer Religion
in diefen Gegenden nicht auffallend fit Cumont
glaubt z. B. Spuren folcher Einflüfse in der von James
(Texts and Studies ed. by Robinson V, 1, Cambridge 1897)
herausgegebenen Baruch-Apokalypfe nachweifen zu
können (S. 44 Anm. 4).

Göttingen. E. Schürer.

Schöne, Alfred, Die Weltchronik des Eusebius in ihrer Bearbeitung
durch Hieronymus. Berlin, Weidmann, 1900.
(XIII, 280 S. gr. 8.) M. 8. —

25 Jahre find vergangen, feit Schöne die Chronographie
des Eufebius in armenifcher und griechifcher
Ueberlieferung herausgab, und bereits vor 34 Jahren er-
fchien von ihm der zweite Theil des Eufebianifchen Werkes,
die Canones nach der armenifchen Ueberfetzung und
der lateinifchen Bearbeitung des Hieronymus. In dem
vorliegenden Buche hat der verdiente Forfcher die in
langer und mühevoller Arbeit gefundenen Refultate über
die Chronik des Eufebius und Hieronymus veröffentlicht
und fich dadurch den wärmften Dank aller Kirchen-
hiftoriker verdient. Zunächfl Hellt Schöne feft, dafs man
zur Grundlage für die Reconftruction der Canones des
Eufebius nicht die armenifche Ueberfetzung des Buches,
fondern die lateinifche des Hieronymus machen mufs.
Er unterfucht dann die handfchriftliche Ueberlieferung
der Hieronymus-Chronik, die aufserordentlich reichhaltig
und gut ift und die Heranziehung der indirecten Ueberlieferung
in den mittelalterlichen Weltchroniken entbehrlich
macht. Die Handfchriften der Chronik theilen fich
in folche, bei denen in der erften Hälfte der Chronik die
Textabfchnitte in zwei Columnen zwifchen je zwei verticale
Zahlenreihen gefchrieben find, und in folche, bei denen
die Schreibung des Textes von Anfang bis zu Ende einheitlich
durchgeführt und alle Textabfchnitte in eine Text-
columne zufammengedrängt find. Die ältefte handfchriftliche
Ueberlieferung beglaubigt das erfte Syftem als das
urfprüngliche, und diefe Einrichtung ift nach Schöne bereits
von Eufebius gewählt worden, nicht Hieronymus,
fondern der Armenier hat die urfprüngliche Anordnung
verändert. Schöne weift ferner nach, dafs die Chronik
nicht auf Rollenformat aus Papyrus gefchrieben war, fondern
die Buchform und das Pergament für fie bereits bei
ihrer Entftehung verwandt wurde, auch waren die vertical
nebeneinanderftehenden Zahlenreihen, die Regierungsjahre
der einzelnen gleichzeitigen Nationen, abwechfelnd
fchwarz und roth gefchrieben. In der erften Hälfte der
Chronik, wo die Textabfchnitte in zwei Columnen getheilt
waren, war die erfte, biblifche, rechts neben die Regierungsjahre
Hcbracorum gefchrieben, während die Pro-
fancolumne je nach dem Wechfel der zu gefchichtlicher
Bedeutung gelangenden Profanreihe an eine ihrer Zahlen-
columnen, zumeift an die vorletzte geknüpft wurde. Die
Notiz des Hieronymus in der Pracfatio der Chronik, dafs
er fein Werk dem Schreiber mit gröfster Schnelligkeit
dictirt habe, interpretirt Schöne dahin, dafs Hieronymus
zuvor durch den notarius das ganze Zahlengerippe aus
dem Griechifchen ins Lateinifche umfchreiben liefs und
dann die einzelnen kleinen Textabfchnitte dictirte, indem
er dem Schreiber die Zahlencolumne und von ihr das
betreffende Regierungsjahr bezeichnete, neben welches
der Textabfchnitt zu fchreiben war. Schöne unterfucht
dann den Text der Chronik und kommt zu recht inter-
effanten Ergebnifsen für die Textgefchichtc. Hieronymus
felbft hat den Text der Chronik im Laufe der Zeit geändert
und nicht unbedeutende Streichungen und Zufätze
daran vorgenommen. Die charakteriftifchfte Streichung,

die auch Rufin (Apol. 2, 26) bezeugt, ift die des Abfchnittes,
der von der Römerin Melania, der Gönnerin Rufins,
handelte. Zum Jahre 373 hatte Hieronymus von feiner
Verehrung für fie öffentlich Zeugnifs abgelegt; als er mit
feinem Freunde Rufin in bitteren Streit gerieth, hat er
diefen Satz geftrichen. Zum Jahre 375 notirt Hieronymus
von dem Kappadozier Bafilius clarus habetur, fpäter in
Rom 382/83, wie Schöne annimmt, hat er einen Zufatz
gemacht, der fich in einigen Handfchriften findet, in denen
er ein abfprechendes Urtheil über Bafilius fällt: qui multa
contincntiac et ingenii bona uno superbiac malo perdidit.
Nachdem Schöne die für die Textgefchichte wichtigen
Zufätze und Varianten in ausführlicher Einzelunterfuchung
behandelt hat, ftellt er die Chronik in Beziehung zur Biographie
des Hieronymus und beftimmt als Abfaffungs-
jahr Ende 381 und als Abfaffungsort Konftantinopel. Im
letzten Abfchnitte wendet er fich noch einmal dem griechifchen
Original, den Canones des Eufebius, zu und gelangt
auch hier zu wichtigen Refultaten. Eufebius hat
nach ihm vielleicht beide Bücher, die Chronographie und
die Canones, ficher aber die Canones zweimal bearbeitet
und herausgegeben, das erfte Mal vor, das zweite Mal
nach Abfaffung feiner Kirchengefchichte und zweitens,
die ältere Edition des Eufebius ift vom Armenier überfetzt
, die jüngere von Hieronymus bearbeitet worden.
Daraus erklären fich die Verfchiedenheiten der Papft- und
Königsliften beim Armenier und Hieronymus. Hieronymus
hat fich aber nach Schöne weit enger an fein Eu-
febianifches Original angefchloffen, als man früher annahm
. —

Im Vorwort fpricht Schöne die Befürchtung aus,
dafs fein Buch nur wenig Lefer finden werde, da der
Kreis der diefen Fragen zugewandten Gelehrten nur klein
fei. Aber der anfeheinend trockene Stoff, der mit echt
wiffenfehaftlicher Energie Punkt für Punkt behandelt wird,
gewinnt in hohem Mafse das Intereffe der Lefer. Eine
Auseinanderfetzung mit den vielfach neuen Refultaten ift
natürlich an diefer Stelle unmöglich. Soviel ift aber ge-
wifs, dafs fie fich in der Hauptfache bei eingehender Nachprüfung
durchaus bewähren werden. Ueber manche Zufätze
und Textvarianten wird man allerdings anders als
Schöne urtheilen müffen; hier bieten fich noch andere
Erklärungsmöglichkeiten, oder man wird auch eingeftehen
müffen, eine einleuchtende Erklärung nicht zu wiffen. Am
meiften wird der biographifche Abfchnitt über das Leben
des Hieronymus bis zum Jahre 381 einer Kritik unterliegen
. Trotz der richtigen Erkenntnifs Schöne's, dafs
die Datirungen der Lebensabfchnitte und Schriften des
Hieronymus bei Vallarfi vielfach auf fchwachen Indizien
beruhen, hat er hier häufig genauere Zahlen gegeben,
als möglich find. Dies gilt von feiner Anfetzung des
Aufenthaltes des Hieronymus in Antiochien, der Chal-
cidifchen Wüfte und in Konftantinopel. Doch darüber
hofft fich Referent in feiner Biographie des Hieronymus
noch ausführlicher mit dem Verfaffer auseinanderfetzen
zu können. Jedenfalls enthält auch der genannte Abfchnitt
werthvolle Beiträge und beachtungswerthe Vermuthungen
für eine Biographie des Hieronymus.
Heidelberg. Grützmacher.

Mi rot, Leon, La politique pontificale et le retour du
Saint-Siege ä Rome en 1376. Paris, E. Bouillon,
1899. (XI, 199 S. gr. 8.) Fr. 7.-

Verf. hat nicht die Abficht, in erfchöpfender Erzählung
von all' den Gründen zu handeln, die 1376 das
Papftthum bewogen, feinen Sitz von der Rhone weg
wieder an die Tiber zu verlegen, fondern er will nur
das Verhältnifs des Papftthums zu den übrigen italieni-
fchen Mächten darlegen, wie es fich aus der Wiederher-
ftellung des Kirchenftaates durch Albornoz und der
Rückkehr Urbans V. nach Avignon ergab. Diefe be-
fchränktere Aufgabe ift recht gut gelöft. Ueberall find