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Ausgabe:

1900

Spalte:

385

Autor/Hrsg.:

Procksch, Otto

Titel/Untertitel:

Über die Blutrache bei den vorislamischen Arabern und Mohammeds Stellung zu ihr 1900

Rezensent:

Wellhausen, Julius

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von ü. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schürer, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 13. 23. Juni 1900. 25. Jahrgang.

Prokfch, Ueber die Blutrache bei den voris-
lamiichen Arabern und Mohammeds Stellung
zu ihr (Wellhaufen).

Low, Gefammelte Schriften, V. Bd. (Schürer).

Strack, Das Blut im Glauben und Aberglauben
der Menfchheit (Schürer).

Schlatter, Das neu gefundene hebräifche Stück

des Sirach. Der Gloffator des griechifchen
Sirach (Smend).
Visme, Quelques traits du Jesus de l'histoire
(Lobstein).

Jacoby, Neuteftamentliche Ethik (Wendt).
Cumont, Textes et monuments figures relatifs

aux mysteres de Mithra, t. I: Introduction

(Schürer).

Schöne, Die Weltchronik des Eufebius in ihrer
Bearbeitung durch Hieronymus (Grützmacher).

Mi rot, La politique pontificale et le retour du
Saint-Siege a Rome en 1376 (Cartellieri).

Kampfchulte, Johann Calvin, feine Kirche
und fein Staat in Genf. 2. Bd. (Köhler).

Wimm er, Das Leben im Licht (Baffermann).

Procksch, Otto, Ueber die Blutrache bei den vorislamischen
Arabern und Mohammeds Stellung zu ihr. (Leipziger
Studien aus dem Gebiet der Gefchichte. Herausgegeben
von G. Buchholz, K. Lamprecht, E. Mareks,
G. Seeliger. V. Band, 4. Heft.) Leipzig, B. G. Teubner,
1899. (VII, 92 S. gr. 8.) M. 3.20

In diefer Abhandlung eines jungen Altenburger Theologen
ift der Stoff nicht blofs fehr fleifsig zufammen-
getragen, fondern auch mit einem refpectablen Aufwand
von geiftiger Anftrengung verarbeitet. Der Verf. geht
am Anfang hypothetifch von der durch W. R. Smith
{Kinship and marriage) formulirten und beinah zum Dogma
gewordenen Anficht aus, wonach der politifche Charakter
der Blutrache primär und der leidenfehaftliche
und religiöfe fecundär fein foll. Er zeigt aber, dafs
man damit bei den Arabern nicht durchkommt. Eine
Verwandtfchaft ohne Grade und eine darauf beruhende,
alle ihre Mitglieder gleichmäfsig verbindende, nachAufsen
feft abgefchloffene politifche Gemeinfchaft giebt es in
dem uns bekannten Arabien nicht. Die Verwandtfchaft
und die politifche Gemeinfchaft ift genealogifch abgeftuft;
die Grenzen find zwar nur fliefsende Uebergänge und
eine fefte Terminologie für die weiteren und engeren Verbände
ift nicht ausgebildet, aber eine Abftufung befteht
und ein Gegenfatz zwifchen den Extremen. Eine fo-
lidarifche Gemeinfchaft, die dem Einzelnen die Blutrache
aus der Hand nähme, befteht dagegen vor Muhammed
nicht. Auch was über das Verhältnifs der Gemeinde von
Medina, an deren Spitze der Prophet (tand, zum alt-
arabifchen Stammwefen gefagt wird, ift wohl durchdacht.
Die Bewerthung des von Muhammed inaugurirten Rechtes
und Staates fcheint mir aber nicht ganz gerecht. Für
feine Zeit hat er Grofses geleiftet; der Fehler war nur,
dafs es für alle Zeit gelten follte. Das ift der Fehler
der Theokratie; fie überfieht, dafs die Organifation der
Gemeinfchaft nichts Göttliches und Ewiges fein kann,
fondern wechfelnden menfehlichen Bedürfnifsen zu genügen
hat. Manchmal quält fich der Verf. noch etwas
mit Schwierigkeiten, die nur auf dem von ihm bereits
überwundenen Standpunkte von W. R. Smith entftehen.
Göttingen. Wellhaufen.

Low, Leopold, Gesammelte Schriften. Herausgegeben von
Immanuel Low. V. Band. Szegedin, L. Engel 1900.
(261 u. XXIV S. gr. 8.) M. 3.50

Mit diefem fünften Bande kommt die Ausgabe der
gesammelten Schriften Leop. Löw's zum Abfchlufs
(vgl. die Anzeige der früheren Bände Theol.-Lztg.
1891, 273. 1893, 251. 1899, 42). Er enthält zuerft eine

Bibliographie der zahlreichen Schriften und Abhandlungen
Löw's in deutfeher und ungarifcher Sprache
(S. I —19). Darauf folgt der Plan und die eingehende
Dispofition der von Low beabfichtigten umfaffenden Arbeit
über das Synagogenwefen des Älterthums (S. 21—36).
Zur Ausführung ift leider nur der erfte Abfchnitt gekommen
über ,das Synagogengebäude' (abgedruckt Bd.
IV, S. I—71, aus der Monatsfchr. für Gefch. und Wiffen-
fchaft des Judenthums 1884). Welche reiche Belehrung
wir über alle Seiten des Synagogenwefens empfangen
hätten, wenn das Werk zur Ausführung gekommen wäre,
zeigt der nun mitgetheilte Plan im Zufammenhalt mit
der begonnenen Ausführung. Nur einen geringen Er-
fatz gewährt der Umftand, dafs mit der Dispofition zugleich
auch Collectaneen, Quellen- und Literaturnachweife
gegeben werden. Immerhin ift auch diefes Rohmaterial
für den F"achmann von Werth. — An dritter Stelle erhalten
wir Nachträge und Berichtigungen zu den in den
früheren Bänden abgedruckten Arbeiten, theils von Low
felbft, theils von deffen Sohn, dem Herausgeber (S. 37
bis 93. vgl- die Notiz S. 21). — Den Hauptinhalt des
Bandes bilden Briefe aus den Jahren 1841—1871 (S. 95
bis 224). Sie find aber fämmtlich nicht, wie man erwarten
follte, von Low, fondern an Low gefchrieben,
und zwar von folgenden Verfaffern: Mannheimer, Jakob
Auerbach, Daniel Pillitz, Gebr. Kunewalder, Gotth.
Salamon, Ignaz Einhorn, L. Stein, Zacharias Frankel,
Hirfch Faffel, Geiger, Holdheim, Graetz, G. Brecher,
W. Weffely, Ad. Jellinek, J. M. Joft, L. Kompert, B. Beer,
R. Kirchheim, L. Dukes, M. Hefs, M. Rappoport, Kaempf,
A. A. Wolf, Derenbourg, L. della Torre, L. Adler,
A. Wiener, Zunz (diefer als letzter nur mit einem kurzen
Dank für eine ungarifche A bhandlung). Die Briefe behandeln
vielfach brennende Fragen und bieten in ihrer Gefammt-
heit ein reiches Material zur Gefchichte des modernen
Judenthums. — Den Schlufs bilden Regifter zu den
fämmtlichen fünf Bänden (Namenregifler, Sachregifter,
hebräifches Regifter). — Der Herausgeber hat durch die
Veranftaltung diefer Gefammtausgabe feinem Vater ein
würdiges Denkmal gefetzt.

Göttingen. E. Schürer.

Strack, Prof. Dr. D. Hermann L., Das Blut im Glauben und
Aberglauben der Menschheit. Mit befonderer Berück-
fichtigung der ,Volksmedizin' und des jüdifchen
Blutritus'. 5. bis 7. Auflage. 12.—17. Taufend. (Neubearbeitung
derSchrift,Der Blutaberglaube'.) München,
C. H. Beck, 1900. (XII, 208 S. gr. 8.) M. 2.50

Gegen den Aberglauben, dafs die Juden Chriftenblut
zu rituellen Zwecken gebrauchen, ift Strack bereits zweimal
mit dem ganzen Rüftzeug feiner umfaffenden Ge-

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