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Ausgabe:

1900 Nr. 12

Spalte:

374-375

Autor/Hrsg.:

Steude, Gustav

Titel/Untertitel:

Der Beweis für die Wahrheit des Christentums 1900

Rezensent:

Kaftan, Julius

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 12.

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fafst worden. Aber keinerlei Anhaltepunkte find für die
Annahme vorhanden, dafs der Verfaffer eine wirkliche
Kirchengefchichte, zur Fortfetzung der Werke des So-
krates, Sozomenos und Theodoretos, zu fchreiben beab-
fichtigt habe. Eine Schwierigkeit bieten noch die Patriarchenliften
, die nicht von Zacharias flammen und von
dem Syrer wohl in fein Sammelwerk eingefügt, aber
nicht von ihm verfafst find, fondern auf einen uns unbekannten
Autor zurückgehen; die mit der Frage nach
dem Autor zufammenhängenden Schwierigkeiten werden
aber noch dadurch vermehrt, dafs in die Liften zu ver-
fchiedenen Zeiten Einträge gemacht worden find.

Aufser diefen inhaltreichen und anziehenden Unter-
fuchungen Krüger's flammen von ihm noch die fachlichen
Anmerkungen, in denen eine grofse Menge bibliographi-
fchen und kirchengefchichtlichen Materiales zufammenge-
häuft ift (S. 293—387). Es fchliefsen fich daran die chrono-
logifchen Tabellen an: eine Indictionen- und eine Olympiadentafel
, eine Zufammenftellung der Jahre der Griechen
nach edeffenifcher Rechnung und Regententafeln über die
oftrömifchen Kaifer, die Päpfte und die Patriarchen von
Conftantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerufalem —
alle, foweit fie der von Zacharias Rhetor behandelten Zeit
angehören. — Von dem Ueberfetzer (lammen aufer den
textkritifchen Noten und dem Nachweife der Citate unter |
dem Texte noch ein Verzeichnifs der Textänderungen
(S. 275—292), Lexikalifches d. i. eine Zufammenftellung
feltener, meift aus dem Griechifchen entlehnter Wörter
(S. 393—395)und das Regifter der Eigennamen (S. 396—415).
Auch möge nicht unerwähnt bleiben, dafs aufser den
fchon am Anfange genannten Syriologen, die fich um die
Ueberfet7.ung verdient gemacht haben, folgende andere
Gelehrte zu den Anmerkungen beigefteuert haben: Diekamp,
Geizer, Haidacher, Krumbacher, Nau, Preufchen, Raufchen, [
Stade, Weyman und Wislicenus.

Zürich-Fluntern. V. Ryffel.

Nachwort. Seit diefe Befprechung niedergefchrieben i
wurde, ift eine zweite Ueberfetzung der Kirchengefchichte
des Zacharias Rhetor erfchienen. Sie trägt den Titel: I
The Syriac chronicle known as that of Zacliariah of Mi-
tylenc, translated into English by F. J. Hamilton, D. D.
and E. W. Brooks, M. A. (London, 1899) und bildet
einen Theil der ,Me(huen's Byzantine Texts', die J. B.
Bury, Fellow des Trinity - College und Profeffor des
Griechifchen an der Univerfität Dublin, herauszugeben
begonnen hat. Diefe neue Ueberfetzung läfst diefelben
oben erwähnten legendarifchen Stücke im i.und 2. Buche,
fowie den geographifchen Auszug aus Ptolemäus (S. 327,
Z. 25 — S. 336, Z. 13 des fyrifchen Textes bei Land) weg
und aufserdem noch dieCapitel 2, 3, 4und 5 des I.Buches,
welche Ahrens und Krüger bieten; dafür enthält fie das
von Guidi veröffentlichte Stück (eine Aufzählung der Bauwerke
der Stadt Rom), das das 16. Capitel des 10. Buches
bildet, und überdies auch noch Fragmente aus den Ca-
piteln 6—8, 9, 10 f., 12, 13 f., fowie eine Einfchaltung in
Capitel 4 des 10. Buches, welche die englifchen Ueberfetzer
z. Th. aus anderen Handfchriften (wie die Stücke
aus dem cod. Rom. bei Mai und aus dem cod. Mus. Brit.
bei Overbeck), z. Th. aber auch aus den von Zacharias
abhängigen Werken des fyrifchen Patriarchen Michael
(tIT99) und des Gregorius Barhebräus (f 1286) entnommen
haben. Von befonderem Werthe, auch für die Textkritik
der von Land veröffentlichten Texte, ift dabei dies,
dafs fie von dem Werke Michael's nicht blofs wie Ahrens
und Krüger den armenifchen Auszug, fondern auch eine
ungleich genauere, bis jetzt nur handfchriftlich vorhandene
arabifche Ueberfetzung verwerthen konnten. Aus Michael
und Gregor ergab fich u. A. auch die Verfetzung zweier
Blätter in der Haupthandfchrift, deren Entdeckung es
ermöglichte, die urfprüngliche Ordnung in den Capiteln
4 und 5 des 8. Buches wieder herzuftellen (f. S. 205,
Anm. 6 und S. 208, Anm. 6 der englifchen Ausgabe).

Was aber noch weit wichtiger ift — die englifchen
Herausgeber haben die Ausgabe Land's nochmals mit
dem Texte der Handfchrift vergleichen können, und es
hat fich dabei herausgeftellt, dafs die deutfchen Syriologen
wohl in fehr vielen Fällen durch Conjectur den richtigen
Text, den auch die Handfchrift beftätigt, gefunden haben,
dafs aber natürlich doch noch manche Stelle unklar geblieben
ift, wo der Fehler nicht dem Texte der Handfchrift
angehört, fondern diefe einen korrekten, allfeitig
befriedigenden Text bietet; wie z. B. S. *2S Z. 10 ff., wo
durch die richtige Lefung oi-s-l? erft die Periode ver-
ftändlich wird (ähnlich z. B. auch S. 7, Z. 31fr.; S. 53,
Z. 26; S. 64, Z. 10 f.; S. 93, Z. 15, wo der ,unfchöne' Abel
dadurch befeitigt wird). Auf eine weitere Vergleichung
der beiden Ueberfetzungen einzugehen, ift hier nicht
meine Aufgabe.

Steude, Lic. E. Guftav, Der Beweis für die Wahrheit des

Christenthums. Ein Beitrag zur Apologetik. (Beiträge
zur Forderung chriftlicher Theologie. Herausgegeben
von A. Schlatter und H. Cremer. Dritter Jahrgang.
1899. 5. Heft.) Gütersloh, C. Bertelsmann. (VIII,
148 S. gr. 8.) M. 2.40

Beweisobject ift nach Steude die Wirklichkeit der
überfinnlichen Welt, diefe fo verftanden, wie das Chriften-
thum uns fie erkennen lehrt. Beweismittel kann daher
nur eine wunderbare Thatfache fein, die in die Welt
unferer Erfahrung hineinragt und jene Wirklichkeit verbürgt
. Man kann es nun mit den Wundern der Natur,
des Geiftes und der Gefchichte verfuchen, wie denn alle
diefe Wege in der Apologetik betreten worden find.
Steude unterwirft fie einer Prüfung und findet, dafs die
beiden erften Wege nicht zum Ziele führen, wohl aber
bei diefen Beweisverfuchen fich Thatfachen ergeben, die
eine Verwerthung im indirecten Beweis zulaffen. Ein
directer Beweis ift dagegen nur aus dem Gefchichts-
wunder zu führen, in welchem der Urfprung der chrift-
lichen Religion liegt, aus der wunderbaren Erfcheinung
Jefu Chrifti, der durch feine Sündlofigkeit, feine Wunder^
thaten, feine Auferftehung als der Sohn Gottes erwiefen
ift. Die Meinung des Verf. bei diefem Urtheil geht dahin
, es laffe fich gefchichtlich-objectiv die Thatfächlichkeit
diefer wunderbaren Erfcheinung beweifen und darauf hin
allen, die fie doch ablehnen, nachweifen, dafs fie nicht
den Thatfachen folgen, fondern dogmatifchen Voraus-
fetzungen und Vorurtheilen. So der directe Beweis des
Chriftenthums! Ihn zu unterftützen dient ein indirectes
Beweisverfahren, in welchem gezeigt wird, dafs auch die
moderne Wiffenfchaft als Wiffenfchaft nichts enthält,
was mit dem chriftlichen Glauben in Widerfpruch fleht.

An meinem Theile vermag ich diefen Erörterungen
nicht zuzuftimmen. Der Verf. täufcht fich m. E.
über das, was fich in diefer Sache mit gefchichtlichen
Beweifen erreichen läfst. Das Urtheil über die Perfon
des Heilandes wird ftets von den Vorausfetzungen abhängen
, die einer mitbringt, bei den Gegnern des Chriftenthums
fo gut wie bei uns, die wir in ihm die Wahrheit
erkennen. Das, was Gefchichtsforfchung ift und zu
leiften vermag, bringt nothwendig mit fich, dafs es fich
fo verhält. Deshalb fcheint mir, was Steude als
Beweismittel anfleht, zum Beweisobject zu gehören und
ein directer Beweis überhaupt ausgefchloffen zu fein.
Den giebt es nur als Beweis des Geiftes und der Kraft,
der in der Predigt und durch perfönliches Zeugnifs geführt
wird, nicht mit wiffenfchaftlichen Mitteln. Ent-
fprechender Weife lege ich den entfcheidenden Werth auf
das, was der Verfaffer den indirecten Beweis nennt. Am
liebften würde ich fagen, es handle fich um eine neue
Form, unfere chriftliche Erkenntnifs mit aller uns fonft
fich aufdrängenden Erkenntnifs zu einem Ganzen zu-
fammenzufchliefsen. Denn das ift doch die Sache, dafs