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Ausgabe:

1900 Nr. 10

Spalte:

304-307

Autor/Hrsg.:

Conybeare, Fred.

Titel/Untertitel:

The key of Truth 1900

Rezensent:

Preuschen, Erwin

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303 Theologifche Literaturzeitung 1900. Nr. 10. 304

fprechen zu muffen — vgl. auch S. 91 Z. 2 the body of
Joseph ftatt Jesus —, und ich erwähne lieber noch einige
fachliche Notizen, die mir auffielen. Neu war mir z. B.
die in beiden Stücken fich findende Vorftellung, dafs
Jakob die Himmelsleiter auf dem Berg Gilead gefchaut
habe, und dafs die Siegel am Grab Jefu bei der Auf-
erftehung unverletzt blieben. Neu die Verlegung der
Auferweckung des Jünglings von Nain und der Sendung
der zwei Jünger, die Ananias und Stephanus waren, vor
die Taufe, der drei Verfuchungen durch den Teufel auf
den elften, zwanzigften und letzten der 40 Tage, die
Verweifung auf das Kanawunder bei der Aufforderung,
die Steine in Brot zu verwandeln. Die Frauen am Grabe
find vier Marien (die Mutter Jefu, die Mutter des Kleo-
phas, die Schweffer des Lazarus, die (erfte, wirkliche)
Frau Jofephs) undPerogitha (,das Vögelchen'), die Schweffer
der Jungfrau Maria. Simon Kananäus heifst fo von dem
Neft (1p), das er in feiner Kindheit ausnehmen wollte.
Maria wird nach der einen Faffung 52, nach der andern
121 Jahre alt, war nach der erften bei der Verkündigung
14 nach der zweiten 30. Die drei Marienfefte, das erfte
am Freitag nach Weihnachten, die andern 15. März und
15. Auguft find hauptfächlich wegen der Saat, der Ernte
und des Herbftes zu feiern. Bei aller Hochfehätzung
der Jungfrau findet fich nur der Ausdruck Chriffotokos,
nie Theotokos. Die Stammbäume der Evangelien werden
fo ausgeglichen, dafs Heli die Frau XlnDN feines kinderlos
verftorbenen Bruders (bezw. Neffen) Jakob heirathet.
Der Stammbaum wird fo angegeben: David—Salomo—
Eleazar—Matthan—Jakob einerfeits, David—Nathan [=
Matthan?]—Matthath—Heli andererfeits. Aber auch Jo-
nakir (= Jojakim), der Mann der Dina [= Hanna], der
Vater der Maria, ift ein Sohn Matthans, alfo Bruder
Jakobs. Endlich gilt Maria nach dem Gefetz als Tochter
des Priefters Zadok (und feiner Frau Simei). Jofeph und
Maria find alfo mit einander eng verwandt. Da Budge
nicht darauf verweift, mag angeführt werden, dafs nach
Salomo von Basra XfiOtf nicht die Frau, fondern die
Mutter des Jakob und Heli ift, des erften von Matthan des
letzteren von Melchi.l) — Auch die chronologifchen
Daten find lehrreich. Die Verkündigung hat ftatt um
3 Uhr am Sonntag den 31. Adar 303 Alexanders; der
Cenfus fällt ins Jahr 304 Alexanders; das Feft der Magier
war am 25. des erften Kanun, am Fefttag der Geburt
Chrifti; die Taufe am 6. des zweiten Kanun 334, die
Hochzeit zu Kana am 9., die erfte Verfuchung 11 Tage
fpäter, die letzte am 20. Schebat, die Kreuzigung um
9 Uhr am PTeitag, den 30. Adar 336, dem entfprechend

Conybeare, Fred. G, M. A., The key of Truth. A manuel
of the Paulician church of Armenia. The Armenian
text, edited and translated with illustrative documents
and introduetion. Oxford, Clarendon Press, 1898.
(CXCVI, 201 S. gr. 8.) Sh. 15.—

Bei einem Aufenthalt in Edzmiacin i. J. 1891 wurde
Conybeare auf ein in der Patriarchatsbibliothek aufbewahrtes
Buch aufmerkfam gemacht, das den Titel ,Wahr-
heitsfchlüffel' führte und aus paulicianifchen Kreifen flammen
füllte. Eine Durchficht des Inhaltes fchien ihm diefe
Meinung zu beftätigen. Da die Zeit zur Abfchrift nicht
mehr ausreichte, erbat er fich eine folche von den Vätern,
die ihm durch Galuft Ter Mkrtfchian geliefert wurde.
Auf ihr beruht der vorliegende Druck, dem der Herausgeber
eine fehr ausführliche Einleitung, eine Ueberfetzung,.
fowie verfchiedene Appendices mit allerlei zur Erklärung
der Schrift und für die Gefchichte der Secte wichtigem
Material beigegeben hat.

Die Handfchrift, die das Buch enthält, ift fehr jung.
Sie ift 1782 in Taron gefchrieben. Leider ift fie ftark
verftümmelt. Nach f. 29 find 24 Blätter, nach f. 55 find
4 Blätter, fpäter noch einmal ein Blatt, dann zwei Blätter,
dann wieder ein Blatt (im Ganzen 32 Blätter) heraus-
geriffen. Ferner ift am Ende noch eine Lücke, die einen
Theil der Nachfchrift betroffen hat. Abgesehen von
diefen gröfseren Verluden find an zahlreichen Stellen
einzelne Worte oder ganze Zeilen ausradirt. Trotzdem
läfst fich die Anlage und der Charakter des Werkes
noch mit einiger Sicherheit erkennen, fo dafs ein Urtheil
über die intereffante Schrift, die unfere Kenntnifs vom
Wefen diefer orientalifchen Secten in erfreulicher Weife
erweitert, immerhin noch möglich ift.

Der Inhalt gliedert fich folgendermafsen. Nach einem
kurzen Monitum an den Lefer beginnt eine längere Aus-
einanderfetzung über die Taufe. Die Tendenz diefer Ausführungen
fafst zutreffend die Ueberfchrift zufammen:
,Ueber die hl. Taufe unferes Herrn Jefus Chriftus, die
wegen der Gläubigen und Bufsfertigen eingefetzt wurde
und nicht wegen der Katechumenen, Unbufsfertigen und
Ungläubigen, und nicht wegen der Unreinen, wie es deutlich
ift aus dem heiligen und verehrungswürdigen Leben
Johannes des Täufers' u. f. w. Die Abficht ift, nachzu-
weifen, dafs die Taufe nur bei Gläubigen vollzogen
werden darf; denn Johannes predigte zuerft und taufte
dann; Jefus hat am Ende feines Wirkens erft die Taufe
eingefetzt (c. I). Jefus felbft war bereits 30 Jahre alt,
als er die Taufe empfing (c. 2). Nicht anders war auch

Auferftehung 1. April. Der Tod der Maria bei dem oben | die Sitte der erften Chriften, die die heilige allgemeine

angegebenen Alter von 52 und 121 Jahren nach der einen
Recenfion im Jahr 342, nach der andern 394 Alexanders.

Noch fei angeführt, dafs die Vergleichung beider
Recenfionen auch fprachlich fehr lehrreich ift und der
Druck der beiden Bände von Holzhaufen in Wien fchön,
doch in Kleinigkeiten nicht fo fauber ausgeführt wurde,
als man wünfehen möchte. Aus den angehängten Anzeigen
wird man nicht klar, was als Band 2 und 3 der
Serie zählt, der diefe Bände angehören. In I find die
gleichfalls von Budge herausgegebenen und überfetzten
,lachenerregenden Gefchichten des Barhebräus', von denen
neuerdings die Ueberfetzung unter dem Titel Oriental
wit and wisdotn auch gefondert erfchienen ift (f. Lit.
Centralbl. 1900, 5. Sp. 241).

Maulbronn. Eb. Neftle.

11 Vgl. hiezu jetzt Zahn, Forfchungen VI, 26g, und zu der Gefchichte
von dem Chriftusbild v. Dobfchütz, Chriftusbilder 280** ff.

Kirche darftellen (c. 3). Der gegenwärtige Brauch der
Kirche flammt vom Teufel, und auf die Lehre bezieht
fich das Wort Joh. 8, 44. Jefus aber hat diefe teuflifche
Verfuchung zurückgewiefen durch Faften und Beten
(c. 4, 5). Seitdem hat fich der Teufel an die Jünger Jefu
herangemacht (c. 6), von denen manche abgefallen
find (c. 7). Eine Zufammenftellung der Geftalten, in
denen der Teufel erfchienen ift, fchliefst fich c. 8 an.
Damit endet der erfte Abfchnitt, den ein Gebet an Jefus
befchliefst: ,ü mein füfser Herr Jefus Chriftus, wir verehren
, wir bitten Dich, wir rufen Dich an, wir fuchen Dich,
Deine allmächtige Herrfchaft, der Du fitzeft zur rechten
Deines Vaters [des Schöpfers], tritt ein und fprich für uns
Sünder jetzt und in der Stunde unferes Todes. Amen!'
Die Dispofition des Folgenden ift nicht mehr zu erkennen,
weil hier mehrere grofse Abfchnitte weggeriffen find. Zu-
nächft werden die zwölf verfchiedenen Erfcheinungsformen
des Teufels näher erläutert, wobei auf die kirchlichen
Bifchöfe und catholici, fowie auf die Einfiedler, ,die Ge-
müfe und Pflanzenkoft lieben und die . . . (ein Wort
ift hier wegradirt) und das Faften bewahren', ein paar
Seitenhiebe abfallen (c. 9). Im FVolgenden war wohl, wie
der Herausgeber mit Recht vermuthet, die Kirche mit
ihren Einrichtungen noch weiterhin einer ftrengen Kritik