Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1900 Nr. 8

Spalte:

236-239

Autor/Hrsg.:

Krumbacher, Karl

Titel/Untertitel:

Umarbeitungen bei Romanos. Mit einem Anhang über das Zeitalter der Romanos 1900

Rezensent:

Dräseke, Johannes

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

235 Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 8. 236

Geschichte der Marienverehrung ift diefer Abfchnitt in- kommt, ift damit noch nichts entfchieden. Wenn H.
ftructiv. Befonders der Nachweis einer Beziehung des weiter Recht hat, dafs in dem Kanonverzeichnifs des

Cultus der Dea Syria im fyrifchen Hierapolis zu der
Hera-Urania-Maria des R. G. verdient hervorgehoben zu
werden. Ob in diefem Synkretismus, wie der Verf.
S. 185 betont, die Superiorität des Chriftenthums aus

Sacramentarium Galhcanum ftatt Sacramentonini uno:
Secretormn uno zu lefen fei und dafs mit den ,Secreta'
eben die Acta Pauli gemeint feien, fo wäre damit eben für
Südgallien zwar die Aufnahme in den Kanon, aber doch

drücklich anerkannt wird oder nicht, ift fchliefslich irre- ' auch ein Bewufstfein von dem apokryphen Charakter
levant und die Verwerthung des R. G. auch für die Auf- J der Acta Pauli der in der Bezeichnung secretorum liegt,
laffung der Aberciusinfchrift, wie Harnack fie gegeben, conftatirt. Und das ift auch beim Verf. der Coena anzubleibt
in jedem Falle zuläffig. Bei der Wertheinfehätzung ! nehmen, fo dafs die Behauptung Harnacks, fo wie fie
diefer wunderfamen Art damaliger Vermittelungstheologie ] S. 17 formulirt ift, ,dafs der VerfafiTer jene Acten als
füllte man nicht vergeffen, wie fehr auch heute noch j heilige Schriften wie die andern angefehen und benutzt,
ganz fremdartige Gedankenreihen und aufserchriftlichen ' ferner dafs er bei feinen Lefern diefelbe Kenntnifs und

Autorität der Acten der Thekla vorausgefetzt hat', einer
leichten Modification bedarf. — Zum Schlufs weift H.
darauf hin, wie Raban fpäter diefe unbiblifchen Beftand-
theile und Namen aus der Coena entfernte, weil feine
Zeit das ,Unbiblifche' in einer fonft biblifchen Schrift
nicht vertrug. ,Der Biblicismus balancirte die Märtyrerliteratur
'. Mit diefer charakteriftifchen Bemerkung fchliefst
zu entfeheiden. Br. bringt aber einleuchtende Gründe j die wieder nach vielen Seiten anregende kleine Abhandfür
die Annahme, dafs der Verf. am Ende des 5. Jahr- | lung, in welcher H. im beften Sinne des Worts wieder
hunderts nicht lange nach Philippus v. Side, deffen Werk j feine meifterhafte Fähigkeit zeigt, zu fehen, wo Andere
er benutzt, gelebt und geschrieben hat. [ nichts fehen.

Zum Schlufs fügt Br. noch ausführliche und gründ- | Deyelsdorf i. Neuvorpommern. Ed. von der Goltz,
liehe Regifter bei über Abkürzungen, hteranfehe Paral-

Äutoritäten entlehnte Machtfprüche nolens volens wohl
gemeinten apologetifchen Verbuchen zur Stütze dienen
müffen. Der Synkretismus des julianifchen Zeitalters ift
dem unferer Zeit in Vielem verwandt, fo verfchieden das
äufsere Geficht ift. Man lefe nur die Charakteriftik, die
Br. auf S. 251 ff. von dem Verfaffer giebt. Die Frage
nach der Zeit der Abfaffung ift nicht mit Beftimmtheit

lelen, Eigennamen, Ltxikalifches und Grammatikalifches

Stellen und Sachen. Br. hat alfo das geleiftet, was grade Krumbacher, Karl, Umarbeitungen bei Romanos. Mit ei-

bei entlegenen, weniger beachteten Schriften doppelt
wünfehenswerth ift, dafs die Textherftellung fowie die
äufsere und innere Kritik mit allen zu Gebote flehenden
Mitteln fo vollftändig ausgeführt ift, dafs die Arbeit

nem Anhang über das Zeitalter der Romanos. München
, G. Franz in Komm., 1899. (156 S. gr. 8.)

Diefe neuefte Veröffentlichung Krumbacher's kündigt
nicht noch einmal in Angriff genommen zu werden j fich fchon durch den Titel als eine Ergänzung oder Weiterbraucht
. Theologen und Philologen dürfen dafür dank- '< führung feiner auf den gröfsten Hymnendichter der grie-
bar fein. chifchen Kirche bezüglichen ,Studien zu Romanos' an,

Ad. Harnack führt uns in der kleinen Unterfuchung,
die er dem Hefte noch beigiebt, drei andere auf den erften
Blick noch werthlofere und obfeurere Literaturproducte
vor. Sie tragen den Namen Cyprians, die erfte von ihnen

die ich im vorigen Jahre an diefer Stelle (Nr. 10 vom
13. Mai, Sp. 305—308) zur Anzeige brachte. Die Ergänzung
ift eine doppelte, einmal eröffnet fie der Text-
beurtheilung und -Geftaltung neue, ungeahnte Gefichts-

die jCoena1, ift aber nicht einmal unter die Suppofiticia : punkte, fodann bringt fie aus den dem zur Veranfchau-
der Hartel'fchen Cyprianausgabe aufgenommen. Keines- lichung der in der handfchriftlichen Ueberliefei ung des
falls können die Coena und die ihr angefügten Orationes Romanos zu beobachtenden Umarbeitungen mitgetheilten
dem dritten Jahrhundert angehören. Aber da die hand- , Texte entnommenen Anfpielungen auf Zeitereigniffe Neues
fchriftliche Ueberlieferung auf einen Archetypus des 1 und, wie es fcheint, endgültig Abfchliefsendes über die
7. Jahrhunderts zurückführt, find die Stücke trotz ihres ', Lebenszeit des Romanos. Ueber den erfteren Theil in
einfältigen Inhalts der Beachtung werth. Harnack's fcharfer der Weiterführung der .Studien zu Romanos' können wir,
Blick weifs auch in dem geiftlofen lateinifchen Küchen- . weil diefelbe wefentlich philologifches Gepräge trägt,
vocabularium, das die Coena bietet, Werthvolles zu ent- uns kürzer faffen; dagegen verdienen die in einen Anhang
decken. Von der Beobachtung aus, dafs alle die dort i verwiefenen Ausführungen ,Ueber das Zeitalter des Ro-
kochenden, fpeifenden, trinkenden, fich fetzenden und ' manos' (S. 142—-152) ganz befondere Beachtung. Nach-
fchvvatzenden Perfonen ausfchliefslich den kanonifchen dem Krumbacher in einer ,Vorbemerkung'(S. 3—11) das
Schriften A. und N. T. entnommen find, weift H. die , Verhalten feiner bereits in meiner Anzeige der .Studien'
einzige fcheinbare Ausnahme bei den Namen des Paulus, (a. a. O. Sp. 305—306) genügend befprochenen Vorgänger
der Thekla, des Hermokrates, der Triphaena und ; in der Kirchendichtungs- bezw. Romanos-Frage noch
des Onefiphorus nach. Namen und Angaben find an einmal kurz beleuchtet hat, greift er, unter Hinweis auf
diefen Stellen den Acta Pauli entnommen, die der Verf. I die in feiner Gefch. der byz. Litt. 2 S. 685 ff. gegebene
alfo als heilige Schriften wie die Andern vorausfetzt Zufammenftellung der bis jetzt bekannten allgemeinen
und benutzt. Einige Wendungen finden fich nur in den Thatfachen , auf einige Einzelunterfuchungen in feinen
von C. Schmidt entdeckten koptifchen Acta Pauli un- .Studien zu Romanos' zurück. Deren Hauptergebnifs
mittelbar nach der Thekla-Gefchichte wieder. So bringt befteht in der durch forgfältige Beobachtungen und Ver-
uns die Coena eine Beftätigung, dafs die Stücke des neu- j gleichungen begründeten Thatfache, dafs der von Krum-
entdeckten koptifchen Textes wirklich zufammengehören ; bacher gefundene Cod. Vindob. (V) und Pitra's eng da-
und die alten Acta Pauli repräfentiren. H. weift dann mit zufammengehöriger Corsin. (C) nebft einigen in Grotta
weiter nach, dafs der Verfaffer der Coena fowohl als Ferrata gefchriebenen Handfchriften eine umgearbeitete,
der Orationes ein füdgallifcher Dichter Cyprianus im verkürzte Faffung der Dichtungen des Romanos bieten,
5. Jahrhundert war. — So wichtig nun auch die That- der, trotz mancherlei Verfchiedenheiten unter fich, die
fache ift, dafs diefer die Acta Pauli in gleicher Weife 1 im Often gefchriebenen Codices mit ihrer längeren Faffung
mit den kanonifchen Schriften benutzt, fo wird vielleicht 1 als eine gefchloffene Gruppe gegenüberftehen. Wir haben
nicht Jeder fo ftark, wie Harnack es thut, diefen That- ! damit alfo ein ähnliches Verhältnifs, wie wir es von den
beftand urgiren. Braucht doch das Schweigen über die j Lukanifchen Schriften in deren erweiterten römifchen
lukanifche Apoftelgefchichte neben der Acta Pauli keines- ; Faffung gegenüber der kürzeren antiochenifchen befon-
wegs ein tendenziöfes zu fein. Ueber die Nuance der ders durch Blafs's Unterfuchungen in den letzten Jahren
Werthfehätzung der Acta Pauli, auf die es hier an- kennen gelernt haben. Nun enthüllt aber die Aufdeckung