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Ausgabe:

1900 Nr. 7

Spalte:

205-207

Autor/Hrsg.:

Barnard, P. Mordaunt

Titel/Untertitel:

The biblical text of Clement of Alexandria in the four gospels and the acts of the aposteles 1900

Rezensent:

Dobschütz, Ernst

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 7.

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Ausgabe (1894) vorliegt {Basset, Les apocryphes ethiopicns,
traduits cn francais IX, 1899). — Die fyrifche Baruch-
Apokalypfe i(t durch Ryffel überhaupt zum erftenmale |
in's Deutfche überfetzt worden. Bis vor Kurzem war
man auf die lateinifche Ueberfetzung Ceriani's angewiefen,
zu welcher erft vor einigen Jahren die englifche Ueberfetzung
von Charles hinzugekommen ift {The Apocalypse
of Baruch 189/0). — Ryffel giebt aufserdem auch eine
deutfche Ueberfetzung der griechifchen Baruch-Apoka-
lypfe, welche James herausgegeben hat {Apocrypha Anec-
dota, Second Series 1897). Sie fcheint eine verkürzte
Redaction der dem Origenes bekannten Baruch-Apoka-
lypfe über die heben Himmel zu fein. Einen noch ftärker
verkürzten flavifchen Text hat Bonwetfch in's Deutfche
überfetzt (Nachrichten der Göttinger Gef. der Wiffenfch.
189)6). — Die Teftamente der zwölf Patriarchen
hat Schnapp überfetzt, der hch durch feine Monographie
von 1884 wefentlich um die Kritik diefes Apokryphums
verdient gemacht hat. Für die Ausfcheidting der chrift-
lichen Zulätze ift die armenifche Ueberfetzung wichtig,
da in ihr diefe chriftlichen Interpolationen noch einen
etwas geringeren Umfang haben, als in dem uns erhaltenen
griechifchen Texte. Leider hat Schnapp diefes
wichtige Material nur für die Hälfte der 12 Teftamente
verwerthen können, nämlich nur für diejenigen fechs, für
welche Conybeare Collationen mitgetheilt hat {Jewish
Quarterly Review VIII, 1896). Der armenifche Text ift
übrigens nicht, wie es S. 458 heifst, ,noch ungedruckt',
fondern feit 1896 in der von den Mechithariften herausgegebenen
Sammlung der Apokryphen gedruckt, wie
Schnapp aus meiner fonft von ihm benützten Gefch. des
jüd. Volkes 3. Aufl. III, 261 hätte erfehen können. —
Zum Teftament Naphthali's giebt Kautzfeh eine
deutfche Ueberfetzung des von Gafter herausgegebenen
hebräifchen Textes. In Betreff der Originalität diefes
hebräifchen Textes fprechen fich die Vorbemerkungen
S. 458 f. mit Recht fehr fkeptifch aus. Das ganze Werk,
aus welchem Gafter diefen hebräifchen Text entnommen
hat, liegt jetzt in einer von ihm angefertigten englifchen
Ueberfetzung gedruckt vor {Oriental Translation Fund,
New Series IV: The Chronicles of Jerahmeel, translated
by Gaster, London, Royal Asiatic Society 1899). Für die
Frage, ob der Verf. auch griechifche Quellen benützt
hat, find zu vgl. die Bemerkungen von Neubauer, Jewish
Quarterly Review XI, 1899, p. 364—386. — Den Schlufs
der Sammlung bildet das Leben Adam's und Eva's,
überfetzt von Fuchs (nach dem von Tifchendorf herausgegebenen
griechifchen Texte und dem von W. Meyer
herausgegebenen lateinifchen). Der Ueberfetzer hält auch
diefes Apokryphum für ein jüdifches Werk in chriftlicher
Ueberarbeitung; und nur unter diefer Vorausfetzung rechtfertigt
fleh die Aufnahme desfelben in unfere Sammlung.
So gewifs nun jüdifche Materialien hier zu Grunde
liegen, fo fraglich fcheint es mir, ob triftige Gründe
für die Annahme einer fchriftlichen jüdifchen Grundlage
vorhanden find. Immerhin ift auch diefe Gabe will- 1
kommen: lieber zu viel als zu wenig.

Für eine neue Ausgabe möchten wir empfehlen, die j
Namen der Bearbeiter nicht nur im Inhaltsverzeichnifs, ]
fondern auch an der Spitze jedes einzelnen Beitrages zu
nennen. Es find doch lauter felbftändige Arbeiten.

Göttingen. E. Schürer.

Barnard, P. Mordaunt, M. A., The biblical text of Clement
of Alexandria in the four gospels and the acts of
the apostles. Collected and edited by B. With an
introduetion by F. C. Burkitt. (Texts and Studies.
Vol. V. No. 5.) Cambridge, University Press, 1899.
(XIX, 64 S. gr. 8.) Sh. 4--

Mit dem Neuen Teftament des Clemens von Alexandrien
hat fleh die Porfchung neuerdings wiederholt be-

fchäftigt. Das merkwürdige Problem einer im Umfang
wie in der Werthung von allen fonftigen fo ftark abweichenden
Sammlung hl. Schriften, wie fie der ,Kanon'
des Clem. Alex, bietet, hat die verfchiedenften Deutungen
gefunden. Barnard behandelt ein fcheinbar geringeres
Problem, das aber in Wahrheit erft die folide Bafis für
die Beantwortung des anderen fchafft: Geftalt und Gebrauch
des neuteftamentlichen Textes bei Clemens.

Nach einer in den Texts and Studies vielfach befolgten
, anerkennenswerthen Methode fleht er feine Aufgabe
darin, dem Lefer das Material möglichft vollftändig
und überflchtlich vorzuführen. Nach der Reihenfolge im
Neuen Teftament geordnet folgen hier alle Citate, Benutzungen
und Anfpielungen aus Evangelium und
Apoftel-Gefchichte (die anderen Theile hat Barnard
leider ausgefchloffen) in dem vollftändigen Texte des
Clem. Alex. Nur bei Anfpielungen ganz allgemeiner Art
ift die Fundftelle bei Clem. Alex, ohne Text genannt.
Barnard hat fich nicht mit den vorhandenen Ausgaben
begnügt; er hat die fämmtlichen Bibelftellen in den wichtigeren
Codices felbft verglichen und theilt deren Varianten
in einer eigenen Columne mit. Eine zweite Columne giebt
praktifch und knapp die bei Tifchendorf, ed. VIII. crit.
maior, vorzunehmenden Zufätze und Verbefferungen.
Diefe Ausgabe wird als dem Lefer zur Hand auch vorausgefetzt
bei dem die unterfte Stelle einnehmenden, fehr
knapp gehaltenen textkritifchen Apparat, der die wich-
tigften Uebereinftimmungen mit anderen Zeugen hervorhebt
. Für die leichte ürientirung des Lefers ift fchon
beim Abdruck der Texte durch fehr praktifche Zeichen
geforgt: wo ficher Bibeltext im Unterfchied von freier
Wiedergabe vorliegt, ift Sperrdruck angewandt; mehr
oder minder bedeutfame Varianten find durch ftärkere
oder fchwächere Unterftreichung, Stellungsvarianten durch
punktirte Linien, Ausladungen durch A markirt.

Barnard gebührt für diefe mühfame und forgfältige
Arbeit voller Dank. Ich wüfste nicht, wie man das Material
beffer hätte darbieten können. Nun erft kann man
wirklich fichere Beobachtungen über den Bibeltext und
Bibelgebrauch bei Clemens machen. Da fällt zunächft
auf, wie reichlich Clemens die Evangelien benutzt, wie
wenig im Verhältnifs die Apoftel-Gefchichte. (Diefer
Punkt würde durch Heranziehung der anderen, zum
Neuen Teftament des Clem. Alex, gehörenden Schriften
noch klarer geworden fein.) Sodann, wie frei Clemens den
Text behandelt, trotz offenbar genauer Kenntnifs einer
feften Textform. Nur feiten wird dasfelbe Wort an mehreren
Stellen gleich citirt. ,Faft mutwillig fcheint er oft
an die Stelle der evangelifchen Worte fynonyme Ausdrücke
zu fetzen' (Zahn, GNK. I. 1, 174 A. 1). Eben hierin
aber tritt drittens die Graecifirung deutlich hervor. Wer
meint, das Evangelium als populären Niederfchlag alexan-
drinifcher Religionsphilofophie erklären zu follen, der kann
hier lernen, wie dann das Evangelium ausgefehen haben
müfste. In der That zeigt fich hier nur der durch die
gefammte Entwickelung der fynoptifchen Tradition wie
die Textüberlieferung jedes einzelnen Evangeliums hindurch
deutlich wahrnehmbare Hellenifirungsprocefs in
feiner Vollendung. (Auf folche Stilverbefferer, nicht auf
Urheber apokrypher Evangelien glaube ich auch Strom.
IV.64) zuMt. io9: oigrivtg xmv utxaxilrtvxoiv xa tvayytXia
deuten zu follen. Von bewufster Textcorrectur braucht
[itxay()aq>£iv — IsiavoQihovod-at Plutarch, sröig ötl xbv vtov
scoirinaxmv axoveiv 12, Bernardakis I 8i7; ebenfo fteht
(itxajcoulv in der Gloffe des cod. B zu Heb. i3).

Damit ift fchon gefagt, welche Stellung 67m.
Alex, in der Textgefchichte des Neuen Teftaments zukommt
. Von dem verwafchenen antiochenifch-byzan-
tinifchen Texte hat er noch nichts; es find meift höchft
charakteriftifche LAA. Aber fo gewifs wir erwarten dürfen
, darunter einzelnes Gute und Echte zu finden, fo
müffen wir doch Alles mit Vorficht aufnehmen. Wenn
| Clem. Alex, unter den Zeugen für eine LA erfcheint,