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Ausgabe:

1900 Nr. 6

Spalte:

186-187

Autor/Hrsg.:

Meltzer, Hermann

Titel/Untertitel:

Das alte Testament im christlichen Religionsunterricht 1900

Rezensent:

Fay, Friedrich Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung. 1900. Nr. 6.

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lung der geltenden Beftimmungen des kanonifchen Rechts
und einer zeitgemäfsen Reform der kirchlichen Gefetz-
gebung Ausdruck. Insbefondere waren es die mit der
Vorbereitung des Concils betrauten Commiffionen, wie
die Disciplinarconfulta, die Confulta für das Ordenswefen,
die Commilfion für die Kirchen und Miffionen des Orients
und die kirchlich-politifche Commiffion, die fich mit der
Frage der Codification und Revifion faft aller Materien
des kirchlichen Rechts befchäftigten. Doch kam nur ein
Theil der Commiffionsentwürfe zur Verhandlung im Con-
cil felbft. Während desfelben würde von den Bifchöfen
wiederholt der Wunfeh nach einem novum juris canonici
corpus, einer revisio et reformatio juris canonici, einer nova
collectio canonum gut adhuc vigent, einem novus codex
Jiodicrnae praxi aecommodatus, einer codificatio totius juris
ecclesiastici ausgefprochen und eine grofse Anzahl von
Anträgen in diefer Richtung der Poftulatencommiffion
unterbreitet. Da das Ziel auf dem vatikanifchen Concil
nicht erreicht wurde, haben feitdem eine Reihe von
italienifchen und franzöfifchen Canoniften den Verfuch
einer Codification des kanonifchen Rechts gemacht oder
wenigftens Beiträge dazu geliefert; von ihnen verdient
das umfaffende Werk des Emanuel Colomiatti, Codex
Juris Pontificii seil Canonici, zu Turin von 1888—1898 in
4 Bänden erfchienen, befonders genannt zu werden. Von
dem althergebrachten Schema der fünf Bücher haben
fich diefe modernen Arbeiter mehr oder weniger emanci-
pirt. Was die eigene Stellung des Verf. zur Frage der
Codification des kanonifchen Rechts betrifft, fo fpricht

chenrecht für Katholiken. Was aber das Schlimmfle
an dem Buche ift, das ift ein Syftem von Abkürzungen
der Citate, das Einem die Benutzung des Buches im
höchften Grade erfchwert, ja Einen mitunter zur Ver-
zweifelung bringt. Zwar giebt der Verfaffer ein Verzeich-
nifs feiner Abkürzungen, aber wieviel Zeit und Mühe
koftet es, fich darin zurecht zu finden! Das Gleiche gilt
von den Regiftern. Durchweg ift der Raum in der raffi-
nirteften Weife gefpart worden. Verfaffer bemerkt wiederholt
, dafs fich die Druckerei diefem Sparfyftem nur
ungern gefügt habe. Wir bedauern diefe formellen
Mängel um fo mehr, als fie von der Art find, dafs fie
fich nicht, wie bei andern Büchern, um ihres Inhaltes
willen überfehen laffen; hier flehen fie der Benutzung
des Werkes geradezu im Wege, und es ift dem Recen-
fenten daher unmöglich, näher auf den Inhalt des Buches,
der eine beffere Form verdient hätte, einzugehen.

Leipzig. Rieker.

Meitzer, Dr, Hermann, Das alte Testament im christlichen
Religionsunterrichte. (Beiträge zur Lehrerbildung und
Lehrerfortbildung. Herausgegeben von K. Muthefius.
12. Heft.) Gotha, E. F. Thienemann, 1899. (127 S.
gr. 8.) M. 2.40

Als fehr zeitgemäfs ift es anzufehen, wenn die Einleitung
der vorliegenden Schrift fich mit der Frage be-
fchäftigt: ,Hat das A. T. im chriftlichen Religionsunterer
fich darüber am Schluffe feines verdienftlichen Werkes j richte überhaupt eine Stelle und welche?' (S. 1—12).

nur ganz kurz aus. Er bejaht die Bedürfnifsfrage, be- : Katzer gegenüber, der in der Behandlung desfelben
zweifelt aber den Beruf unferer Zeit zu einer fo grofs- 1 Judenchriftenthum erblickt, will der Verf. daran feftge-
artigen legislatorifchen Arbeit. Die gröfste Schwierig- halten wiffen; denn, fagt er mit Recht: ,Das Chriften-
keit eines Libcr Septimus liegt unferes Erachtens darin, thum ift nun einmal aus der israelitifchen Religion heraus-
dafs mit einer Codification des gefammten kanonifchen j gewachfen; Chriftus felbft verweift auf das A. T. und wir
Rechts eine Revifion veralteter, unzeitgemäfser, wider- j haben kein anderes pfychologifch gleich nahe liegendes

Mittel zur Einführung in das Chriftenthum' (S. 9). Hieraus
ergiebt fich von felbft die Stelle, die ihm im Religionsunterrichte
anzuweifen ift. ,Es ift die Vorbereitung auf
das N. T., gehört alfo als Vorftufe vor diefes' (S. 9).
Nachdem auf der Unterftufe der Volksfchule ,mit ein-
fachften Jefusgefchichten im Anfchluffe zunächft an die
Geigel, Reg.-Rath a. D. F., Reichs- und reichsländisches ! chriftlichen Fefte begonnen ift' (S. 10. 11) ,kann ruhig

fpruchsvoller Rechtsfätze verbunden werden müfste, und
dafs gerade zur letzteren an mafsgebendtr Stelle keine
Geneigtheit zu finden fein wird.

Leipzig. Rieker.

Kirchen- und Stiftungsrecht. Bandla; Gemeinfamer Theil
(128 S.) Band It>: Reichsländ. u. franz. Kirchenrecht
für Katholiken, verglichen namentl. mit Belg.,
Luxemburg, Holland und den Rheinlanden. (176 S.)
II. Band: 1) für Proteftanten, 2) Israeliten, verglichen
namentlich mit Belgien, Luxemburg und Holland.
(XVI, 144 S.) (gr. 8.) Strafsburg, F. X. Le Roux & Co.,
1898— 190a M. 15.—

Es ift fchwer, diefem Buche gerecht zu werden. Auf
der einen Seite mufs anerkannt werden, dafs darin, wie
in allen Arbeiten des Verfaffers, ein grofses, zum Theil
entlegenes und fchwer erreichbares Material angefammelt
ift. Auf der anderen Seite aber vermifst man alles, was
zu einem brauchbaren Buche gehört. Vor allem ift unklar
, was der Verfaffer hier behandeln will. Nach dem
Titel erwartet man eine Zufammenftellung der reichsrechtlichen
und in den Reichslanden geltenden Beftim-
mungen auf dem Gebiete des Kirchen- und Stiftungsrechts.
Verfaffer berückfichtigt aber auch das niederländifche,
belgifche und luxemburgifchc Kirchenrecht. Ferner
weifs der Recenfent nicht, ob er das ganze Werk vor
fich hat oder nur ein Bruchftück davon. Das Buch ift
in Lieferungen erfchienen: zuerft die erfte Lieferung des
erften (gemeinfamen) Theiles, dann Band II (reichsländi-
fches und franzöfifches Kirchenrecht für 1) Proteftanten,
2) Israeliten), hierauf die Schlusslieferung des erften Theiles
(bezeichnet als Band Ia); endlich vor Kurzem Band Ib,

m zweiten Jahre die Patriarchengefchichte geboten werden,
im dritten die mofaifche und Richterzeit, im vierten die
Königsgefchichte, im fünften der Prophetismus, im
ftchften und fiebenten das Leben Jefu, im achten die
Apoftel-und Reformationsgefchichte'(S. 110). Bedenken
erregt die Behandlung des Prophetismus im fünften
Jahre der Volksfchule; aber der Verf. weift die Einrede,
,das fei zu fchwer', unter Berufung auf felbftgemachte Erfahrungen
zurück. Es mag fein, dafs die Sache gelingt,
wenn tüchtige Lehrer und tüchtige Schüler fich begegnen;
aber im allgemeinen wird, weil ftets mit dem Durch-
fchnitte gerechnet werden mufs, die Einrede Recht
behalten.

Auf die Einleitung folgen die drei Hauptabfchnitte
der durch Inhalt und Form gleich fehr feffelnden Schrift.
De--fte Abfcnnitt befpricht: ,die hiftorifche und päda-
gog'fche Bedeutung der Patriarchenerzählungen' (S. 13—
36); der zweite giebt die .Gefchichte des Volkes Israel
"acb den Ergebnifsen der neueren altteftamentlichen
Wiltenfchaft' (S. 37—90); der dritte erörtert ,die Behandlung
der Gefchichte Israels im Religionsunterrichte'
(S. 91 —116). Da überall zunächft nur die Volksfchule
ins Auge gefafst ift, fo befchäftigt fich der Schlufs noch
mit den höheren Lehranftalten (S. 117—119), worauf Sach-
und Stellenregifter (S. 120—127) folgen.

Wenn auch der Referent den Standpunkt des Verfaffers
nicht theilt und namentlich die Erzvätergefchichten
nicht vollftändig in das Gebiet der Sage (S. 17) verweifen
mochte, f0 kann er doch nicht umhin, anzuerkennen.

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enthaltend das reichsländifche und franzöfifche Kir- 1 dafs die ganze Brochüre von fchöner Begeifterung für