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Ausgabe:

1899

Spalte:

149-150

Autor/Hrsg.:

Bergmann, Wilh.

Titel/Untertitel:

Studien zu einer kritischen Sichtung der südgallischen Predigtliteratur des fünften und sechsten Jahrhunderts 1899

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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149

Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 5.

eifernen Zeiten für feine Pflicht, vor feiner bedrängten
Gemeinde zu ftehen und das Raubgefindel der libyfchen
Wüfte in die Flucht zu fchlagen. Und das gerade bewundern
wir an ihm. Wir wollen uns die liebenswerthe,
geiftesftarke Perfönlichkeit des ,reifigen Bifchofs' durch
die Auflegung einer Schablone, wie fie katholifcher An-
fchauung entfpricht, nicht verzeichnen oder verkümmern
laffen. Wie viel reifige Bifchöfe des Mittelalters, ja Päpfte
mit dem Schwert in der Hand könnten dagegen aufgeführt
werden, an deren kriegerifchen Neigungen bisher
kaum jemand fo ernftlich Anftofs genommen hat! Aber
freilich, fie waren keine Platoniker und vor allem nicht
verheirathet. ,Gewifs', fo lautet Fritz's Zeugnifs über
Synefios zum Schlufs, ,er war ein treuer Diener feiner
Gemeinde, wenn auch die Art feines Dienftes uns nicht
in allen Stücken gefallen will.' Ich bin entfchieden
anderer Meinung und der Ueberzeugung, dafs proteftanti-
fche Gefchichtsbetrachtung fich von fo einfeitiger Beurteilung
, wie ich Proben davon aus Fritz's Einleitung
gegeben, durchaus frei halten wird.

Wandsbeck. Johannes Dräfeke.

ihm vorliegender Brieffragmente des Fauftus auszufüllen.
Bei der Unterfuchung der handfchriftlich bezeugten Predigten
des Fauftus wendet fich B. zuerft den Fragen zu,
ob wir ein Recht haben in einem ,Faufti' oder .Fauftini'
der Ueberfchriften eine Verwechflung der beiden Namen
zu fehen, und ob ein blofses Faufti oder Fauftini als
handfchriftliches Zeugnifs für die Autorfchaft des Fauftus
von Reji angefehen werden darf. Er beantwortet fie
dahin, dafs die Möglichkeit der Verwechfelung beider
Namen zugegeben werden mufs, aber nur die Wahr-
fcheinlichkeit einer Identität des Fauftus und Fauftinus
mit dem Rejenfer Bifchof behauptet werden kann, und
dafs die Ueberfchriften noch kein handfchriftliches Zeugnifs
für feine Autorfchaft bilden. Man ifl alfo auf innere
Gründe für die Aechtheit der Predigten gewiefen. Mit
Recht macht B. hierbei auf die grofsen Schwierigkeiten
aufmerkfam. Ein ficheres Urtheil wird einmal bei den
Predigten dadurch erfchwert, dafs die Schreibweife eines
Autors fich oft nach Anlafs, Stimmung des Predigers
und Art des Auditoriums verfchieden geftaltet. Ferner
flammen die Predigten des Fauftus aus einer Zeit, in
der das Abendland eine normative Kirchenlehre befafs
und das Chriftenthum dadurch einen gewiffen charakte-
riftifchen Allgemeintypus gewonnen hatte; auch find viele
Predigten zeitgefchichtlich völlig farblos und man ift auf
fprachliche Indicien angewiefen, die unficher find; endlich
ift die Hauptfchwierigkeit, dafs aus der Reihe der unter
dem Namen Fauftus (Fauftinus) überlieferten Predigten
kein wenn auch nur befchränkter Grundftock von folchen
Predigten gewonnen werden kann, die unabhängig von
einander als fauftinifch' erwiefen werden können, mithin
eine fichere Bafis für weitere Unterfuchungen fehlt. Die
Refultate der Einzelunterfuchungen, foweit fie vorliegen,
find folgende. Von den 6 Predigten des Corpus Euse-
bianum N. 13, 26, 37, 42, 51, 62. ifl die erfte eine unge-
fchickte Bearbeitung eines möglicherweife fauftinifchen
Predigtfragments, die zweite ein Cento disparater Predigt-
ftücke, von denen die erften drei flark fauftinifches Gepräge
aufweifen, die dritte und die beiden letzten möglicher
Weife Werke des Fauftus. Für die vierte Predigt
verweift er auf die fpätere Unterfuchung des Corpus
Eusebianum. Die Predigten N. 23—31, die Engelbrecht
in feiner Ausgabe dem Fauftus beigelegt hat, find nach
Bergmann fämmtlich wenigftens in der Form, in der fie
vorliegen, nicht fauftinifch. Sie flammen zum Theil von
Caefarius von Arelate und das handfchriftliche Fauftini
weift nicht auf Fauftus von Reji, fondern den Abt Fauftinus
von Soiffons, den Redactor der Reden des Caefarius.

Bergmann, Realfchul-Oberlehr. Mag. theol. Wilh., Studien
zu einer kritischen Sichtung der südgallischen Predigtliteratur
des fünften und sechsten Jahrhunderts. Theil I:
Der handfchriftlich bezeugte Nachlafs des Fauftus
von Reji. (Studien zur Gefchichte und Theologie der
Kirche, hrsg. von N. Bonwetfch u. R. Seeberg. I. Bd.
Heft4.) Leipzig, Dieterich, 1898. (VIII, 331S. gr.8.) M.7.—
, Der Verfaffer knüpft feine Unterfuchungen über die
^Udgallifchg Predigtlitcratur an die Ausgabe der Schriften
g s -vauftus von Reji, die 1891 im Wiener Corpus
fin 21 von Auguft Engelbrecht erfchienen ift (f. Recen-
den h °n Jülicher, Theol.Litztg. 1892, Sp. I30ff.) Neben
de st> eiden dogmatifchen Hauptfchriften de gratia und
Pre ••ntH sancto fowie den Briefen find in diefem Bande 31
UncjCl2ten des Fauftus von Engelbrecht herausgegeben
■yy. damit die erften altchriftlichen Predigten, die in der
cner Ausgabe einen Platz finden. Bergmann ift nun
brCl,Zy- dem Refultat gekommen, dafs die Studien Engelecht
s über den homiletifchen Nachlafs des Fauitus
du'lfi" Fortfehritt in der Durchforschung des bisher fo
bed Gebietes, fondern einen bedenklichen Rückfehritt
unH6 j*en" K. glaubte in der Durlacher Sammlung, die 22,
dip. dem Sogenannten Corpus Eusebianum, das 74 Pre-

Voyen enthält, zwei Sammlungen fauftinifcher Predigten von oomons, aen rveuauiui

heilia» ZU haben" Dagegen haben fchon A. Koch, Der 1 Auch1 von den 11 Predigten der Durchlacher Sammlung
gelebt fauftus, Stuttgart 1895 S. 33fr. und vor allem der laßt fich nach B. nur von N. 2 und 8 ein möglicherweife
§ 4"L enedictiner Morin, Revue BenZdictine 1898 I taultmifcher Urfprung behaupten. Endlich find die drei
g iy n. Einwände erhoben. Diefem Proteft fchliefst fich j Predigten, die fich im Appendix zum 5. Bande der

öm!Üj lndem er feine Unterfuchungen folgendermafsen 1 rVlaurinerausgabe Auguftins finden, nicht ächt. _ Es ift

nt„. Horn Namen des | natürlich völlig ausgefchloffen, im Einzelnen fich mit'den

----e-t.----r.:..it_,__

ordnet: \ Unterfuchung der unter dem Namen
Fauftus überlieferten Predigten, 2) des Corpus ^<*%™£

,, 7"" uuerneierten rreuigLcn, «1 ^ -- x a«.lo«-»

3 des homiletifchen Nachlaffes des Caefarius von Arelate

4 der Durlacher Sammlung. Nur der erfte Iheü der

Unterfuchung liegt in dem vorliegenden ßanaev . , meffen Wenn ef z ß glaubt behaupten zu können,

f ergmann geht von dem geficherten Nachlais des 1, dafs Fauftus in einer Predigt ftatt der beiden quandoquidem

von Reji aus, der uns in den dogmatifchen Schriften de | . & ... J_. :u---ix..c-

AufftellungenBergmann'sauseinanderzufetzen; feine Unterfuchungen
find mit grofser Umficht, Nüchternheit und
Befonnenheit geführt, nur fcheint er mir den fprachlichen
und ftiliftifchen Erwägungen zu viel Beweiskraft zuzu-

— ^v^ji jus, uer uns w «»•»•---------- . ,. ..

£*-«tia und de spiritu sancto und in 9 Br'efen ™i&£,
Alle anderen Schriften, die man dem Fauftus zugefchr.eben
H find entweder als ficher unächt zu «weifen, .oder
lhr fauftinifcher Urfprung bleibt dahin geftellt. Dahin
gehören der Tractatus de symbolo, das Breviarmm fidei
adversus Arianos, der Uber testimomorum fidei contra

das erfte Mal natu, das zweite Mal das ihm geläufige
dum gefetzt hätte, fo flehe ich einem folchen Beweife
fkeptifch gegenüber. Dann aber beurtheilt er mir auch die
Predigten zu fehr nach logifchen Anforderungen,die wir an
moderne Predigten zu Mellen gewöhnt find, und fcheidet
als Interpolationen Gedankengänge aus, die fehr wohl
^^^f^ASÄ d« Conflictus | einem weniger logifch denkenden Redner zugetraut werden
Arnobi,■ /',/ , r ^^^t^f^J^tidZ et uno das können. Jedenfalls hat er fich durch feine mühevolle
ÄÄäÖ de cm Mus -d gelehrte Arbeit um Aufhellung des dunklen Gebietes
'^W^X^mcf^Tundl der Ausgabe Engel- der altchriftlichen Predigtliteratur ein großes Verdienft
brecK'fiJS in tÄmnStWfl Fauftus, fondern erworb« und wir fehen feinen weiteren abfchliefsenden
ei" Cento aus recht disparaten Stücken; ein unbekannter j Publ.cat.onen mit Spannung entgegen.
Autor hat den ungefchickten Verfuch gemacht, die Lücken ! Heidelberg.

Grützmacher.