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Ausgabe:

1899 Nr. 3

Spalte:

81-83

Autor/Hrsg.:

Baumgartner, M.

Titel/Untertitel:

Die Philosophie des Alanus de Insulis 1899

Rezensent:

Siebeck, Hermann

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 3. 82

die Krummacher mit Recht als eine Zeit allgemeiner
literarifcher Verödung gekennzeichnet hat. — Ich habe
mich auf ein blofses Referat, der O. Bardenhewer gewidmeten
, verdienftvollen Schrift befchränken können,
da die wohl begründeten Forfchungsrefultate, die Diekamp
in eindringlicher, mühevoller und vorfichtiger Unter-
fuchung gewonnen hat, in allen wefentlichen Punkten
volle Zuftimmung verdienen. Nur fcheinen mir die Fragmente
der Chronik, die die jtagaaraasig enthalten, ficher
echt zu fein. Im übrigen möchte ich nicht durch Aus-
ftellungen an weniger wichtigen Einzelheiten den Dank
abfchwächen, der ihm für feine Arbeit gebührt.

Heidelberg. Grützmacher.

Baumgartner, Dr. M., Die Philosophie des Alanus de In-
sulis, im Zufammenhange mit den Anfchauungen des
12. Jahrhunderts dargeftellt. [Beiträge zur Gefchichte
der Philofophie des Mittelalters, hrsg. von C. Baeum-
ker u. G. Frh. v. Hertling, II. Bd., 4- Heft.] Münfter,
Afchendorflf, 1896. (XII, 145 S. gr. 8.) M. 5 —

Die wiffenfchaftliche Perfönlichkeit des Doctor universalis
, Alanus von Ryffel, den fchon J. E. Erdmann den ; -------, „. „............

Bedeutendften unter den Summiflen des 12. Jahrhunderts 1 festzulegen, welche (wenigftens für den Gebildeten) un-
orn*„„t u„.. -.n u:„u^ i-,^f, wipHprholter. namentlich auf | mittelbare Evidenz haben, um darauf ein umfaffendes

Alanus den Abfchlufs einer Entwicklungperiode innerhalb
der Scholaftik felbft, d. h. der vor ihrer durchgreifenden
Ariftotelifierung. Und dies namentlich auch
hinfichtlich der Frage vom Verhältnifs des Wiffens zum
Glauben, in der er eine Vermittelung zwifchen Abälard
und Anfelm vertritt (37).

Der Hauptwerth der ganzen vorliegenden Unter-
fuchung befteht meines Erachtens in der forgfältigen
Aufweifung des Begriffsapparates, mit dem noch das 12.
Jahrhundert arbeitete. Man erkennt deutlich, welche der
nachher aus Ariftoteles zu intenfiver Wirkung kommenden
Begriffe (und in welcher Formulirung) die Denker
des 13. Jahrhunderts bereits vor fich hatten, und inwieweit
der Boden für die Aufnahme des Neuen in diefer
Richtung vorbereitet war. Die Darftellung felbft bezieht
fich im erften Abfchnitt auf die Logik und Erkenntnifs-
lehre; im zweiten auf die Ontologie, in den beiden folgenden
auf Kosmologie und Pfychologie; im letzten auf
die Lehre von der Gottheit. Von befonderem Intereffe
ift dabei unter Anderem der Hinweis auf das, worin
Alanus (in der Methode) wirklich felbftändig ift, die
Durchführung nämlich einer Art von mathematifch-de-
ductiven Verfahren. Es kommt bei ihm namentlich zu
dem Verfuch, den Begriff des Axioms in die Theologie
einzuführen, d. h. beftimmte oberfte Sätze im Einzelnen

-.^u^uuncu uiiici ucm ' entlicn auf mittelbare Evidenz haben, um darauf ein umtallendes

pnannt hat ift b.sher trotz w.ederh^o^ n Glaub'ensinhalts (mit Einfchlufs der

Grund des bei M.gne gedruckten Matena^ , >' deffelben foweit dies überhaupt möglich ift),

Charakterifirungen (von Haurea^ (28 f.). ,Wir werden lebhaft an das von

haftigkeit, die recht vielen Jherar.fchen Geftalten^ le.nes | ^ feiner Ethik eingehaltene Verfahren erinnert'

. * . _ . . *, 1 i,t r 11- itt! .

. eitalters anhaftet, wenig herausgetreten. In der vor
legepden Unferfuchung wird er uns endlich nach den
verfchiedenen Seiten feines Wefens und feiner Stellung
ln eine greifbarere Nähe gerückt, und zwar an der Hand
neuer handfchriftlicher Quellenftudien und unter forg-
aitigerer Scheidung des Echten von dem Untergefcho-
oenen Der Verf. giebt und benutzt jedoch abfichtlich
unachft nur die endgiltigen Refultate diefer For-
mnungen, foweit fie in fein Thema, die umfaffende und
metnodifc.h durchgeführte Gefammtdarftellung der philo-
Phifchen Doctrin des Alanus mit Berückfichtigung ihrer
Quellen und Motive, einfchlagen.

Alanus hatte für feine Zeit eine fehr vielfeitige Bil

yf*•■--- ------- ------- —o---------

(31). In der Art, wie Alanus das Wefen und die Wirkung
der Natur (als Gefammtergebnifs) fchildert, fieht
der Verf. eine Verfchmelzung von Ideen Platon's und der
Stoiker, zu denen neupythagoreifche Zahlenmyflik hinzugetreten
fei. In Wahrheit liegen hier wohl einfach neu-
platonifche Nachwirkungen vor. Ueberhaupt hätte der
Einflufs namentlich des fpäteren Neuplatonismus auf die
in Rede flehende Speculation mehr im gefchloffenen
Zufammenhange behandelt zu werden verdient. Auf
feine Rechnung kommt z. B. die Lehre, dafs die Natur
,in treuer Verehrung der reinen Ideen des Nous den
werdenden Organismen ihre Species einprägt' (79); ferner

i * 1 » * t-1. 1TT.T__ J . _ [.__

„auc _ ~ K-n„e7 und Verehrer I ^^XE^^^S^ä^t
dung. Er war befonders ein ^« un feiert ^ die hier noch

römifcher Dichtung, und felbft als Dichter g >bftanz" fei) ^ des ^efens von Leib

nicht minder berühmt als akademifcher Lehrer. p ^ , walteude fchar e ^ch.edenheit ^
als Philofoph betrachtet erfche.nt er (^6 M ^ | und Seele: dazu erreichbaren Erkenntnifs

geprägter VVeife als ein ong-aler D^ negat,ve adaqua^ ^ ^

ftandigkeit liegt mehr in der umuo" *? dialektifchen , «°"es' me „nd anderes mehr. — Zu der Lehre

der Probleme "und in der Wirkung fernes dia ^ I^^^^nd^m naturalis, welche für
Talents, das er namentlich be. Boeth.u "J^g nfaU vom spinhisammaThierfeele eine Haupt-
Poitiers gefchult hat. Der Verf. hat * « ftJS^S^ der Zufammenhang diefer

zu Haureau) von den Myuikerr, ttU*«»**^ g ike der rolle fpielt ift dem V«L n ^ pneumalehre der
kennzeichnet ihn (^ÄS«S der Schule I TJggf J*: der fehr ^ be Zu

vorwiegend in den Bahnen des rui en ausgehenden antiKen rnyiioiug Ouellen der mittelalterlichen

von Chartres ß«h bewegt.^^Stt^*}^ iZ^SJ'J dem 1 J JaShundert gefagt ift verweife
Gedankenbewegung, die feit per w"« ariftotelifch- riycnoiogie vor <a j ± Johannes Damasce-

derts die chrifthehe Specu at.on m t der a ^ ^ Ergänzung (n^ auf meine

arabifchen in Berührung bringt,■ f.^" ^ (fundifalvi nus und daneben a™b^f^ der Philofophie

(11), obfehon er Conftantinus Af»cna"^ Uber de ! Ausfuhrungen im ^J^^^gen von Baumker
kennt und benutzt. .Ueberweg s Annahme, a ^ { ff und d auf d»e Bemerkung ver_
c««M habe auf die DarfteUu»f^t^ jed« Begrün- ebd V, 557 J Den leeren «gg^gj^ als Unter-
wefenthehen Einflufs ausgeübt, ihm .die breitete: Lehre von^<^f ^g^t a^c. « 94

dung' (ebd.). Hiervon ^^^P^nEntr tagen ^j^ftlS^ LuCa gefchöpft fe n. -
we, verzweigten Fäden einerJ™*™^^ (14). Augu- ^V^L^JS^Ibhem Intereffe ift unter Anderem
Wickelung wie >r1 einem Punkte ^ f Schriftenkreis, J^JggSSeBtoduiig, dafs die begrifflichen Poti-
ScotüsdEr!ren^ ^ei Alanus vielfach durch

bcotvis Engena una n t feits u. A. Kaac v. Stella Pol,,mik gegen den manichaifchen Dualismus der

Z ^Sem^S^^ ^ ^ &efonhdCrd "urS Kl£2Z btdingf und; ferner (gegen Haureau) der Nach-
" d,e b ht, Vorgänger: aufser Bernhard una dlfs Alanus die Ideen nicht als felbftan-

TfyÄei0 P ^STA^SSt gerade ! dige WeFenliten aufserhalb des göttlichen Geiftes, fon-
Mit diefer vielfeitigen Fühlungnahme aber MW« g