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Ausgabe:

1899 Nr. 3

Spalte:

75-77

Autor/Hrsg.:

Tischendorf, Constantinus de

Titel/Untertitel:

Synopsis Evangelica 1899

Rezensent:

Weiß, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 3.

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Vielleicht ermöglicht unfere Evangelienhandfchrift aber
auch eine locale Fixirung diefes Schrifttypus: wenigftens
gehört fie zu der von A. Ehrhard, Die griechifche Pa-
triarchalbibliothek von Jerufalem, Rom. Quartalfchrift 1891,
behandelten Gruppe von Handfchriften, welche fich auf
eine Collation mit den alten auf dem h. Berg zu Jerufalem
befindlichen Exemplaren berufen. Ift auch in vielen
Fällen diefe Bemerkung nur aus der Vorlage übernommen
, fo dürfte fie doch für die älteften Glieder der
Gruppe, und zu diefen gehört unfere Handfchrift zweifelsohne
, Entftehung in der Nähe jener Mufterexemplare
vorausfetzen. Dürfen wir danach diefe ja ficher orien-
talifchen Handfchriften genauer in Palaeftina localifiren?

Jena, 5. Nov. 1898. von Dobfchütz.

Heineke, Reinold, Synopse der drei ersten kanonischen
Evangelien mit Parallelen aus dem Johannes-Evangelium,
bearbeitet von H. 3 Theile. Giefsen, J. Ricker, 1898.
(Lex. 8.)

I. Das Markus-Evangelium mit den Parallelen aus dem Lukas-
und Matthäus-Evangelium. (VIII, 120 S.) M. 3.—. — II. Das
Lukas-Evangelium mit den Parallelen aus dem Matthäus-Evangelium.
(VI u. S. 123—166.) M. 1.20. — III. Das Matthäus-Evangelium mit
Parallelen aus dem Lukas-Evangelium nebst zwei Anhängen: Die
Urmarkus-AdyiCC-stellen des Matthäus-Evangeliums. Verzeichnis der
Johannesparallelen. (V u. S. 169—196.) M.—.80.

Tischendorf, Conflantinus de, Synopsis Evangelica. Ex

quattuor evangeliis ordine chronologico concinnavit,
brevi commentario illuftravit, ad antiquos teftes denuo
recensuit. Editio septima, novis curis auctor et emen-
datior. Lipsiae, H. Mendelsfohn, 1898. (LXIV,
184 S. gr. 8.)

Die neue Heineke'fche Synopfe zeichnet fich durch
grofse Sorgfalt und Durchdenkung der Aufgabe aus. Sie
bietet erheblich mehr als alle bisherigen Synopfen und
fucht das Problem von den verfchiedenften Seiten aus
zu illuftriren. Die Hauptfchwierigkeit bei einer fynop-
tifchen Tabelle liegt darin, dafs wegen der vielfachen
Abweichungen in der Reihenfolge namentlich der Rede-
ftoffe des Mtth. und Lk. der Faden eines Evangeliums
nur auf Korten der Anordnung der anderen innegehalten
werden kann. Ohne Zerreifsungen des Zufammenhanges
geht es nicht ab. Wer aber nicht nur einzelne Perikopen
in Einzelheiten mit einander zu vergleichen wünfcht,
fondern den Gefammtautbau der ganzen Evangelien, der
wird nie befriedigt werden durch eine Synopfe, welche
an dem Faden eines Evangeliums aufgereiht ift, da dann
in den Neben-Columnen die Stücke immer in geftörter
Ordnung erfcheinen. Diefem bis zu einem gewiffen Grade
unvermeidlichen Uebelftande hat nun Heineke durch folgende
Anordnung abzuhelfen gefucht. Er zerlegt den
gefammten Stoff in drei Theile. Im erden legt er den
Gang des Markus zu Grunde und giebt eine Parallelentafel
für alle die Perikopen, die bei allen dreien, oder bei
Mk. Mtth. oder bei Mk. Lk. erhalten find; natürlich wird
auch alles Sondergut des Mk. mitgetheilt. Von dem
Sondergut des Mtth. und Lk. dagegen nur kleine Zwifchen-
rtucke, welche fich in den Zufammenhang des Mk. ein-
fchieben, wie z. B. das Gefpräch Jelü mit dem Täufer
(Mtth. 314 f.), die Weisfagungsnachweifungen des Mtth.
(z. B. 1217-21), Petrus auf dem See (Mtth. 1428-31) u. f. w.
Warum wird nicht die Synagogenfcene in Nazareth (Lk. 4)
oder Petri Fischzug (Lk. 5) abgedruckt, die doch zur
Vergleichung wichtig find? Gegen den Schluss hin wird
der Mtth. Lk. Stoff reicher, z. B. fo lange Stücke wie
Zakchäus, die Gleichnifse von den Arbeitern im Weinberg,
von den anvertrauten Pfunden, letzteres fogar nach Mtth.
und Lk. werden nicht gefpart. Hiermit ift unfer Haupt-
Defiderium fchon bezeichnet: eine Synopfe kann nicht
verfchwenderifch genug ausgeftattet fein. Der allen

! dreien gemeinfame Stoff wird um fo deutlicher hervor-

! treten, je vollftändiger das in den Mk.-Faden eingefchaltete
Sondergut hervorgehoben wird. Wächft dies fo an, dafs

I dadurch der Ueberblick über den Gang des gemeinfamen
Ur-Evangeliums verloren geht, fo mag man fich auf
kurze, aber deutliche Hinweifungen befchränken. So
hätte z. B. auf S. 25 hinter dem Gleichnifs vom Senfkorn
das Gleichnifs vom Sauerteig nach Mtth. folgen follen,

| während Mk. hier eine Lücke zeigen würde; dagegen
mufste das Gleichnifspaar Senfkorn und Sauerteig bei

j Lk. zwar auch hier flehen, aber entweder am Rande oder in
Parenthefe oder mit anderem Druck, um deutlich zu zeigen,
dafs Lk. zwar auch dies Paar hat, wie Mtth., aber in ganz
anderem Zufammenhang. Dann erft würde deutlich hervortreten
, wie Mtth. das erfte Gleichnifs mehr nach Mk.,
das zweite wie Lk. bietet. Unfer Verf. hat, um den That-

I beftand zu veranfchaulichen noch zwei andere Tabellen
(auf S. 155 und 190); das ift löblich, aber umftändlich.

1 Ferner — warum läfst der Verf. nicht auf Mtth 1335 (S. 25)
die Deutung des Unkrautgleichnifses in extenso folgen?
Raum genug war vorhanden. Nicht fehr deutlich find

! Hinweifungen wie z. B. auf S. 19, wenn zu Lk. 819 be-

I merkt wird: Mk. 425 (Aufmunterung zum Verftändnifs);
das foll heifsen: hier folgt bei Lk. das, was bei Mk. 425
fleht. Dankenswerth, dafs dies überhaupt notirt wird,
aber die Sache wird auf diefe Weife nicht anfchaulich.

I Im zweiten Theil wird nun der Lukasfaden zu Grunde
gelegt und die dazu gehörigen Mtth.-Parallelen mitgetheilt
, während auf die Mk. Mtth.-Parallelen nur ver-
wiefen wird. Nachdem z. B. die Capp. 1 und 2 in extenso
abgedruckt find, folgt: ,Der Täufer Mk. i,-G. Lk. 3t-6.
Mtth. 3,-0 S. 3.' Wer an der Hand des Luk.-Evangeliums
interpretirt, mufs zum I. Theil zurückblättern. Dann
folgt wieder in extenso die Bufspredigt des Täufers mit
der Matth.-Parallele und die Standespredigt ohne Parallele;
dann die Hinweifung auf den Stärkeren, wo wieder Mk.
dazu kommt, und eine Hinweifung auf S. 4. Warum hier
nun nicht noch einmal den ganzen Text? Die Wiederholung
würde fich lohnen durch die gröfsere praktifche
Brauchbarkeit. Denn bei dem Blättern geht die An-
fchauung verloren. Die Bergpredigt wird wohl niemand
nach Lk. lefen, fondern nur nach Mtth., und es ift gut,
dafs fie im 3. Theil noch einmal nach Mtth. (mit den
Lk.-Parallelen) wiederkehrt. Der dritte Theil giebt
alfo den Mtth.-Zufammenhang, alles Sondergut in
extenso, aber auch einzelne Reden, die fchon bei Lk. vorkamen
. Diefe Zerlegung in drei Theile, d. h. eigentlich
die Aufftellung von drei fynopt. Tabellen an der Hand
je eines der drei Evangelien ift ein anzuerkennender Verbuch
, die Schwierigkeit zu heben. Aber freilich — es
mufs noch mehr gefchehen. Die Verweifungen muffen
auf das befcheidenfte Maafs reducirt und fo viel in
extenso mitgetheilt werden, als irgend möglich. Keinerlei
Wiederholungen, keine Verfchwendungen find zu fcheuen.
Dafür verzichten wir gerne auf die Johannes-Parallelen,

I die am Rande mitgetheilt find, ferner auf den Anhang I:
Die Urmarkus-Ao/za-Stellen des Matth.-Evangeliums. Das
find unnöthige Belaftungen.

Die Anordnung der Columnen ift diefelbe wie bei
Veit, nämlich nicht neben, fondern untereinander mit
blofser Hervorhebung der Abweichungen z. B.

j Lk. stüg 6 axoXvcov xr]v yvvcüxa avzov xal yafiäjv exeqccv

Mtth.......................

Lk. uoiyEVEi

| Mtth. staQExxbg Xoyov jtoQvüag jioleI uvxrjv.....fttjvcu

Wenn man fich an die Methode gewöhnt hat, ift

J fie fehr deutlich und man orientirt fich rafch. Zuerft
freilich wird man kopffcheu. Wortumftellungen werden
durch das Zeichen angedeutet, nicht immer klar; z. B.
ift auf S. 12 nicht zu erkennen, ob bei Lk. zu lefen ift

] 0 vlbg xov avVQOJStov et-ovoiav e%ei oder i^ovoiav b vibg
xov avdgujjxov lyEi. Vor dem Gebrauche des Buches
ift die Eintragung der nicht wenigen Berichtigungen'