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Ausgabe:

1899

Spalte:

706-708

Autor/Hrsg.:

Turner, Cuthbertus Hamilton

Titel/Untertitel:

Ecclesiae Occidentalis Monumenta Juris Antiquissima. Tom. I, fasc. 1, pars 1 1899

Rezensent:

Jülicher, Adolf

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Rahmani. Sodann erfährt man aus der Vorrede, dafs
■der moffulanifche Codex keineswegs ein Unicum ift. Das
Tefta ment exiftirt aufser in der fyrifchen auch in koptifch-
arabifcher, äthiopifcher und zum Theil in lateinifcher
Verfion. Syrifche Handfchriften find noch mehrere vorhanden
, offenbar aucli ältere. Die Parifer Handfchrift
Lagarde's, die allerdings nur einen Theil des Teftaments
enthält, i(f etwa 800 Jahre älter als die moffulanifche.
Noch wichtiger fcheint mir die Florentiner Handfchrift
zu fein, die Renaudot, La perpetuite de la foi V 573 f.
befchreibt. Der Fund am Tigris wird dadurch ftark herabgedrückt
; er hätte ebenfo gut oder beffer in mancher
europäifchen Bibliothek gemacht werden können.

Solche unliebfame Entdeckungen hat der Verfaffer
erft gemacht, nachdem er mit feinem vermeintlichen
Schatze nach Rom gekommen war, um ihn zu publi-
ciren. Mit glücklichem Temperamente mufs er fie fchnell
uberwunden haben; denn er tritt noch immer mit der
Miene eines Mannes auf, der ganz Aufserordentliches
bringt. Sein opulent ausgeftattetes Buch widmet er
Leo XIII., und auf den erften Blättern unterrichtet er
feine Lefer darüber, durch welchen glücklichen Zufall
feine Entdeckung in Mofful zuftande kam. Der Codex
wird dann ausführlich befchrieben, während die anderen,
mindeftens gleichwerthigen Handfchriften und Verfionen
mit kurzen Bemerkungen abgethan werden. Varianten
werden nur von der Ausgabe Lagarde und einer jungen
römifchen Handfchrift mitgetheilt; hinterher find die
Abweichungen der koptifch-arabifchen Verfion angefügt

die Apoftolifche Kirchenordnung, öuci4 utionen und
dem achten Buch der Apoftohfchen k. ^ ^ parifer
die Apoftolifchen Canones, alio erje Form
Handfchrift Lagarde's. Der 0«ateu>„„ftitl,rionen ab-

gegenüber secundär ift, womit es früheftens ins fünfte
Jahrhundert fällt.

Damit ift nicht gefagt, dafs das Teftament werthlos
ift; es hat manches Eigenartige. Intereffant ift die bedeutende
Rolle des weiblichen Diakonats; gegen folche
jiQtOßvziöeq jtQoxa&rjfievai wandte fich c. 11 Laodiced
ca. 360. Auch mag das Teftament für die Textkritik der
von ihm benutzten Schriften von Werth fein. Freilich
wird das Alles vermuthlich nur einen kleinen Gewinn
darftellen, der in keinem rechten Verhältnifs fleht zu der
Prätenfion, mit der das Buch in die Welt gefetzt wurde.

In den vorausgefchickten Prolegomena und den angehängten
Differtationen bemüht fich der Verfaffer, das
gerade Gegentheil von dem hier Ausgeführten nachzu-
weifen: dafs das Teftament älter ift als alle feine Verwandten
, und dafs es dem zweiten Jahrhundert angehören
mufs. Man kann an feinen Ausführungen manches
aussetzen: dafs er feine Lefer nicht genügend über die
Verwandtfchaftsverhältnifse orientirt, dafs er Wichtiges
überfieht und Unwichtiges breittritt, und dafs vielleicht
die ganze Beweisführung nicht genügend durchdacht ift.
Aber eins ift gewifs: die Gelehrfamkeit, die dabei zu
Tage tritt, ift fehr umfangreich. In gewandtem Latein
berichtet der geborene Orientale über griechifche, fyrifche,
koptifche und arabifche Texte, zeigt Belefenheit in deutscher
, englifcher und franzöfifcher Literatur über den
behandelten Gegenftand, und entwickelt nicht feiten viel
Scharffinn feinen Gegnern, befonders mir1) gegenüber.
Was für eine Fülle von wiffenfehaftlichem Intereffe und
Wiffen befitzt doch diefer katholifche Kirchenfürft! Was
worden. f • /• he ^ und N. T.; j ihm fehlt, wird Vielen feines Gleichen abgehen: Hifto-

Die Handfchrift enthält das 'y"' durch die fort- i rifche Schulung und eine fefte Anfchauung vom Werden
darauf folgt ein Oktateuch, deffen rJuc^ deft und rjje j der kirchlichen Formen und Inftitute. So macht es ihm
laufende Nummerirung der Bibel angT°,lamenr Buch 3 wenig aus, eine Kirchenordnung, die wahrfcheinlich jünger
~rften beiden Bücher enthalten das 1 g Auszüge aus ift als Ephraem, in die Zeit des Bardefanes zu verfetzen.

r" _ ^Lrtirutionen und | An feiner Leiftung aber wird man weniger Anftofs

nehmen als an der ungewöhnlichen Art, in der er fie zu
fruetificiren fucht.

Göttingen. H. Achelis.

u jnnalt von den Apoftolifchen Conftitutionen ac--
"g'g. Das Teftament befteht aus einer Apokalypfe,
u'e VOn Jefus nach feiner Auferftehung auf dem Oel-
erge gefprochen fein will (daher der Name des Tefta-
unn" iT^' d'e dann übergeht in eine ausführliche Liturgie
«na Kirchenordnung. Das Ganze hat die deutlichften
"erkrnale der nachconftantinifchen Zeit an fich; ich ver-
eile kurz auf die Befchreibung des Kirchengebäudes
häfli die Faftenvorfchriften 33. 35. 71. 135, die Sab-
«atrilieiligung 35. 67. 101, das Weihwaffer 49, das Vir-
g|nitätsgelübde 127, das Erbrecht 137. 143. Noch be-
aimrnter als alle Einzelzüge, die ja einer alten Kirchen-
y/ünung Später hinzugefügt fein könnten, weift auf diefelbe
eit die ganze Art, wie Alles und Jedes vorgefchrieben
'f11 und für nichts Spielraum gelaffen ift, fodafs fich ioiff.
°gar Gebete aufgezeichnet finden, die die Witwe für

,,Cn allein fprechen foll.

Nähere Beftimmungen laffen fich treffen auf Grund
'"er üterarifchen Unterfuchung feines Verhältnifses zu
ljerwan^.ten Schriften, die ebenfalls in den kirchenrecht-
p nen Sammlungen der Orientalen erhalten find. Die
Ziehungen find fo eng, dafs in der ganzen Publication
nur wenig Neues zu lefen ift. Der Anfang der Kirchen-
Drdnung I ig—22 ift identifch mite.33—38 der arabifchen
226 ffka"a (deutfcn bei Funk> Apoftolifche Conftitutionen,
j,. "•); in c. 23 tauchen Anklänge an die ägyptifche
""chenordnung auf (herausgegeben in den Texten und
j "terf. VI 4 S. 51 ff.), die fich im folgenden fo fehr mehren,
ls von I 38 ab bis zum Schlufs das Testamentum und
Ie j^gyptifchc Kirchenordnung parallel laufen, hin und
■oder aber daneben die Canones Jlippolyti und Apoft.
onft. VIII benutzt find. Wenn nun auch die junge ara-
1 che Didaskalia wohl das Testamentum ausgefchrieben I j.hres Autors ;„ bed<
na», fo kann doch darüber kaum Zweifel beliehen, dafs .wen" auch »erflS, 1S S*** Die tt^ZT~

der ägvptifchen Ktrchenordnung und thren Verwandten | t&S^ « ^ÄX^**Ä5«

Rahmani wohl ^ *£3!5SS?abee"

Turner, Cuthbertus Hamilton, A. M., Ecclesiae Occiden-
talis Monumenta Juris Antiquissima. Canonum et con-
ciliorum graecorum interpretationes latinae. Post
Christophorum Justel, Paschafium Quesnel, Petrum et
Hieronymum Ballerini, Joannem Dominicum Manfi,
Franciscum Antonium Gonzalez, Fridericum Maaffen
edidit. Fasciculi primi pars prior. Canones qui
dicuntur Apostolorum secundum interpretationes Dio-
nysii Exigui duas. Nicaenorum patrum subscriptiones
in quinque classes secundum interpretationum diversi-
tatem distinetae. Oxonii e Typographeo Clarendo-
niano, 1899. (XVI, 96 S. gr. 4). 10. 6 Sh.

Ein englifcher Gelehrter, der fich durch eine Abhandlung
über einen alten wichtigen Codex mit kirchenrechtlichem
Inhalt (f. The Guardian, 1895 p. 1921 ff.) als einen
Sachverftändigen auf dem Gebiete des jus canonicum
erwiefenhat, beginnt hier die älteften Urkunden des Rechts
der abendländifchen Kirche in zuverläffigeren Texten,
als wir bisher befafsen, zu veröffentlichen. Zunächft ift
von dem erften Bande nur eine Hälfte erfchienen, die zweite,
die in etwa zwei Jahren fertig geftellt fein foll, mufs aber

1) Ich habe hier Rahmani mehr zugeftanden als nöthig war. Die
Corrccruren, die er S. XXI A. 2 und XXVIII A. i an meiner Ausgabe
der Ägyptifchen Kirchenordnung, d. h. an der von Prof. StcindorlT in
Leipzig hergeftellten Ueberfetzung aus dem Koptifchen, vornimmt, find
wie mir Rahlfs mittheilt, alle falfch und laflen die koptifchen Kenntnifsc

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