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Ausgabe:

1899 Nr. 23

Spalte:

627-632

Autor/Hrsg.:

Jülicher, Adolf

Titel/Untertitel:

Die Gleichnisreden Jesu. 2. Teil. 2., neu bearbeitete Auflage 1899

Rezensent:

Holtzmann, Heinrich Julius

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 23.

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Methode, vermitteln welcher das ftatiftifche Material ge- , gefichts der jetzt vorliegenden Leiftung glaubt man es

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wonnen wurde, durchweg einverftanden. Aber im Grofsen
und Ganzen hat der Verf. den richtigen Weg eingefchlagen,
und beifpielsweife werden feine Nachweife des verfchie-
denen Verhaltens der Synoptiker zu LXX (S. 108. 162 f.),
des näheren Anfchluffes des Lucas an paulinifches Sprachgebiet
(S. 154 f. 160), der Vorliebe des Marcus für Doppelausdrücke
(S. 110 f.), der entgegengefetzten Stellung,
welche Matthäus und Lucas zu ihren Quellen einnehmen
(S. 91), der überwiegenden Einheitlichkeit des Sprachgebrauches
in beiden Lucasfchriften, incl. Wirbericht
(S. 143 f. 148 f.), der befonderen Dichtigkeit matthäifcher
und iucanifcher Redeformen in den beiderfeitigen Vor-
gefchichten (S. 8. 22), der von Matthäus befolgten Verkürzungsmethode
(S. 127 f.) und Zahlenmyflik (S. 131 Li
u. f. w. unumftöfslich bleiben. Gegen bekannte Nörge

dem Verf. unbedingt, dafs davon in diefer ,Frucht jahrelangen
Fleifses' beinahe nichts übrig geblieben, dafs Alles
fortwährender Um- und Neubearbeitung unterworfen
worden ift. Darum weift aber auch die heutige exege-
tifche Literatur nicht allzuviele Erzeugnifse auf, welche in
gleichem Mafse den Charakterzug des völlig Ausgereiften
tragen. Macht fchon der grundlegende Theil den Eindruck
einer mit Gefchick und durchfchlagendem Erfolg
bewerkftelligten Säuberung eines verwilderten Gartens,
fo folgt nun auf die Herftellung der ganzen Anlage die
forgfame Beftellung der einzelnen Anpflanzungen. Die
allgemeine Eintheilung des Stoffes richtet fleh nach dem
im zweiten Abfchnitte des erften Theiles (,das Wefen der
Gleichnifsreden Jefu') entwickelten Princip: alfo erftlich
einfache Gleichnifsfprüche (an Zahl 28 oder 27, da S. 251 »•

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leien, welchen fo mühevolle Arbeiten, die doch irgend ; dem Stück Luc. 14, 1—14 der Gattungscharakter ab

Einer einmal machen mufs, und bei welchen Vollftändi£
keit der Zufammenftellungen ein wefentliches Erfordernifs
ift, ftets ausgefetzt find, hat fleh der Verf. gleich von
Anfang an zu fichern gewufst (S. VII, 2. 44).

Strafsburg i. E. H. Holt /.mann.

erkannt wird), dann eigentliche Parabeln (21), endlich Bei-

fpielserzählungen (4). Sofern in diefen 53 Stücken, wenn

fie auch keineswegs ausreichen, ,um damit ein Syflem

der Lehre Jefu zu erbauen' (I, S. 152), doch immerhin

ein .unerfetzlicher Teil' derfelben enthalten und erhalten

ilt (S. 148), mufs eine rationelle Auslegung der Gleichnifse

vor Allem für unfer Wiffen von Jefu Leben und Lehre

Jülicher, Prof. D. Adolf, Die Gleichnisreden Jesu. I.Teil, fruchtbar werden, und eine folche Erwartung bewährt

rv /-1 • u • j ,..„„•„, „„,, . fleh in der That reichlich. Es fei nur verwiefen auf die
Die Gleichnisreden Jefu im allgemeinen. 2., neu be- v_____._,_______ . . - - •

. ~ * "., """" "T, »7 „ ! Kennzeichnung des Naturbodens der Anfchauungen Jefu

arbeitete Auflage. Fre.burg 1. B., J. C. . Möhr, 1899. (II)S. 3i6f. Dörfer Galiläas, kleine Leute des Mittelftandes),

auf die Ausführungen über das nicht blofs zukünftige,
fondern auch gegenwärtige Reich Gottes (S. 231. 4°3-
546. 5661. 569. 577), über das, den Gedanken einer Ent-
wickelung ausfchliefsende, dualiftifche Moment in Jefu
Weltanfchauung (S. 569), über feine Dämonologie (S. 239,
und fo manche andere gelegentliche Beiträge zum

Charakterbild
Jefu (S. 198 f. 213 f.). Der Meffias fteht zwar
fchon Matth. 12, 27, 28 = Luc. n, 19. 20 im Hintergrunde
(S. 231). Aber das ift Ausnahme. .Gerade dafs Jefu
Perfon fo feiten hervortritt in feinen Gleichnifsreden, dafs
er den Menfchen unmittelbar mit feinem himmlifchen
Vater zufammenführt, ohne fleh künfllich zwifchen hin-
einzufchieben .... ift uns ein Zeichen für die Treue der
Tradition in Bezug auf diefe Stücke und wirft zugleich
helle Schlaglichter auf die Art des Mannes in Lehre und

(XI, 328 S. gr. 8.) M. 7.20

— Dasfelbe. Zweiter Teil. Auslegung der Gleichnisreden
der drei erften Evangelien. Ebd. 1899. (VIII, 643 S.
gr. 8.) M. 12.80

Die neue Auflage des erften Bandes kehrt mit der
Auffchrift ,Erfter Teil' wieder zu der Ankündigung vom
Jahre 1886 (,Erfte Hälfte') zurück, welche auf der neuen
Titelausgabe von 1888 weggelaffen worden war. Bezüglich
diefes erften Bandes, welcher die allgemeine Theorie
und Gefchichte der Gleichnifsauslegung enthält, können
wir auf die ausführliche Inhaltsangabe von Schürer verweilen
(Jahrgang 1886 diefer Zeitfchrift, S. 463—467) und
uns hier auf einige, die neue Auflage betreffende, Bemerkungen
befchränken. Ungeachtet der nicht unerheb

flehen Abftriche, welche der frühere Text jetzt (z. B. Leben' (I, S. 151). Er hat feine Zeit als eine grofse und
S. 48 f. 63. 72. 95 f. 120. 146 f.) erfahren hat, ift das neue eine neue empfunden (II, S. 444), und diefes Neuheits

Buch um einige Seiten umfangreicher geworden, was theils
in Auseinanderfetzung mit Veröffentlichungen, welche
die Zwifchenzeit gebracht hat (zumal mit Johannes Weifs,
Refch und Stockmeyer, gelegentlich auch mit Seydel,
A. Meyer, K. E. Neumann, Heinrici, Vogel, Runze,
Gerber und dem Unterzeichneten), theils in fachlichen
Bereicherungen (z. B. S. 39 f. betreffend den hebräifchen
Sirach und den griechifchen Henoch), ausführlicherer Begründung
(z. B. S. 51 f. 117 f.) und Exemplificirung (S. 84.
112 f. 116) feinen Grund hat. Am merklichften wird die
ergänzende Nacharbeit im Schlufscapitel, welches der
Gefchichte der Auslegung gewidmet ift, zumal auf den
letzten, die Gegenwart behandelnden, Seiten.

Deutlicher noch als in der erften Auflage hat der
Verf. das Refultat feiner Unterfuchungen formulirt in den
Worten: ,Nach der Theorie der Evangeliften find die
jiaQCtßoZai Allegorien, alfo uneigentliche, gewiffermafsen
der Ueberfetzung bedürftige Rede, in Wirklichkeit find
fie — refp. waren fie, ehe die Hand eifriger Ueberarbeiter
an fie kam — recht Verfchiedenes zwar, Gleichnifse,
Fabeln, Beifpielserzählungen, aber immer eigentliche Rede'
(S. 49, vgl. damit den gleichfalls neu hinzugekommenen
Abfatz, S. 193 f.). Der zweite Band will diefe Thefe durch
eingehende exegetifche Behandlung des ganzen, in den
Evangelien vorliegenden, Gleichnifsftoffes beftätigen, aber
ohne dafs die Pflichten des Auslegers der Theorie zu
liebe irgend welchen Abbruch erleiden follten. Der erfte
Entwurf hierzu war fchon 1886 fertig geftellt. Aber an-

bewufstfein fteht uns noch über feinem Meffiasbewufst-
fein (S. 199).

Sehr vorfichtig verfährt der Verf. bezüglich der Frage
nach den Quellenverhältnifsen, die er fleh faft nur von
Fall zu Fall zurechtlegt. Selbftverftändlich wird zwar die
,Ueberlieferungshypothefe' abgewiefen (I, S. 184), u0
ebenfo richtig werden die Synoptiker als ,trotz afle
Abhängigkeit von fchriftlichen Quellen ftark ausgeprägt/
Individualitäten' befchrieben (S. 195). Aber fo_ gew"=
auch Marcus gleich von Anfang als Quelle für Matthaus
und Lucas erfcheint (II, S. 6) und fich z. B. bezüglich
des Gleichnifses vom Weinberg auch gegenüber B. un
J. Weifs als ausfchliefsliche Vorlage der Seitenreferente
bewährt (S. 386. 389 f.), fo ift er doch ficher felbft (cß°£
eine fecundäre Schrift, und was er bietet, ift zuweilen
gar nur Conglomerat (S. 170) und Excerpt (S. 229). f/
fpielsweife hat er das Gleichnifs vom Senfkorn f<*
in feiner Vorlage gefunden (S. 570), und fo zweifellos
ganzen Gleichnifscapitel (I, S. 129 f.) fein Text urfpruj1^
licher ift, als derjenige des Matthäus und auch (g<j» u
B. Weifs) des Lucas (II, S. 514 f. 523 h 528), fo hat do^
fchon jene feine Quelle auch die Deutung des G1 e„0g.
nifses vom Säemann, und zwar in einer über die UT Pr eßJ.
liehe Einfachheit desfelben hinausgehenden Form, ,
halten (S. 5341. 537 f.). In der Regel freilich läfst 1
der Inhalt der von Marcus benutzten Quelle nicht .
näher beftimmen (S. 61. 5141. 526); fchon defswegen a _
nicht ihr Verhältnifs zu der ohnehin nicht feft beg