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Ausgabe:

1899 Nr. 21

Spalte:

588-590

Autor/Hrsg.:

Klein, E.

Titel/Untertitel:

Aus der Schatzkammer heiliger Väter. 1. - 3. Heft 1899

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 21.

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Nero, während es thatfächlich das fechfte ift. Verbeffert
man diefen Fehler, der auch noch andere chronologifche
Irrthümer Eufeb's aufklärt, fo kommt man auf das Jahr
60 ftatt auf 55. Diefesjahr war als das II. des Agrippa
das den Quellen des Eufeb fchon ficher überlieferte und
darf auch aus anderen hiftorifchen Erwägungen für das
Jahr des Amtsantrittes des Feftus gelten. (S. 16—36.)

Ehe nun der Verf. von diefem Punkte aus weiter
rechnet, weift er in einer dritten Unterfuchung nach, wie
erft im Jahre 258 durch eine von Bifchof Sixtus veran-
ftaltete Apoftelfeier der 29. Juni der Ehrentag des
Paulus und Petrus geworden fei, während früher der
22. Februar als Tag des Märtyrertodes gegolten hatte.
Galt doch der 18. Januar als Tag der Thronbefteigung
des Petrus und wenn nun der Chronograph von 354 für
Petrus grade 25 Jahre 1 Monat und 8 Tage rechnet, fo
kommt man nach röm. Kalender vom 18. Januar gerade
auf den 22. Februar, ein Tag, der uns bei Silvius Pole-
mius (448) überliefert ift. Dies ift alfo das Datum, an
welchem bis zur Mitte des 3. Jahrhunderts noch das
Martyrium des Paulus zu Rom gefeiert wurde. (S. 37—46.)

Nun kehrt E. zu dem gewonnenen feften Punkte,
dem Jahre 60, zurück. Nach Act 27,9 war das grofse
Faden, alfo der Verföhnungstag (c. 25. September), vorüber,
als Paulus feine Seereife antrat. Es war alfo im Herbft
des Jahres 60. Bis zur Ankunft in Malta verging ungefähr
ein Monat. Der dortige Aufenthalt dauerte 3 Monate
alfo bis c. 25. Januar 61; von dort bis Puteoli dauerte
die Reife 13 Tage, von dort weiter bis Rom noch 4—
6 Tage. Darnach fand die Ankunft in Rom c. am 12. Februar
61 ftatt. Blieb Paulus dann volle 2 Jahre (Act 28,30
öiexiav oXrjv) in freier Gefangenfchaft, fo führt das bis
zum Jahre 63 und da der Verf. die zweite Gefangenfchaft
für unmöglich hält, bis zum 12. Febr. 63. Setzt man
auf diefen Tag die Verurtheilung des Paulus und zählt
die 10 Tage hinzu die nach römifchem Recht zwifchen
Urtheil und Strafvollziehung verftreichen mufsten, fo er-
giebt fich der 22. Februar 63 als der Todestag des
Heidenapoftels. Für Petrus bleibt es aber bei der Ueber-
lieferung, dafs er ein Opfer der Neronifchen Verfolgung
geworden fei, nur dafs diefe auf 64 nicht auf 67 anzu-
fetzen ift. Dadurch wird es dann wahrfcheinlich, dafs
Paulus und Petrus überhaupt nie gemeinfam in Rom
weilten, fondern dafs letzterer erft auf die Nachricht
vom Tode des Paulus nach Rom kam, um dann nach
einer fehr kurzen Wirkfamkeit ein Opfer Neros zu werden.
(S. 47-66.)

Bis zum Jahre 60 refp. 61 wird man den Berechnungen
des Verf. gern folgen, da er uns recht befriedigend
Auskunft giebt über die Entftehung der falfchen
Jahresangaben 55 und 67 und das Jahr 60 als das 11. Jahr
des Agrippa als auf fehr alter Berechnung beruhend —
Verf. weift auf Juftus von Tiberias hin — nachweift.
Desgleichen wird man ihm nur beipflichten können, dafs
der 22. Februar nach der älteften Tradition als Todestag
des Apoftels galt. Dagegen wird feine Fixirung des
Jahres 63 auf Widerfpruch ftofsen bei allen, die aus bekannten
Gründen eine zweite Gefangenfchaft des Paulus
annehmen zu müffen glauben. Jedenfalls bringt Erbes
hier kein wirkliches beweifendes Gegenargument und
feine Berechnung der Tage bleibt, fo intereffant fie ift,
doch eine recht unfichere Sache. Wenn die Tradition,
dafs Paulus und Petrus gemeinfam ftarben, bis auf Diony-
fius von Korinth zurückgeht, fo wird man diefes Zeug-
nifs nicht fo leicht verachten dürfen. Freilich läfst fich
dann der 22. Februar nicht gut mit der Neronifchen
Verfolgung vereinigen. Diefe Punkte werden in Anknüpfung
an die Erbes'fchen Unterfuchungen neuer Erörterungen
bedürfen. Nähme man z. B. den 22. Februar
64 als gemeinfamen Todestag der Apoftel, fo bliebe auch
noch Raum für die fpanifche Reife und eine zweite,
freilich kurze Gefangenfchaft im Jahre 63.

Der zweite Theil der Erbes'fchen Unterfuchungen
j behandelt die Gefchichte der römifchen Grabkirchen und
: Denkmäler beider Apoftel. In genauer Auseinander-
fetzung, zumal mit römifchen Archäologen, kommt Erbes
zu dem Refultat, dafs bis Mitte des 3. Jahrhunderts beide
Apoftelgräber ad catacumbas d. h. an der Appifchen
Strafse bei S. Sebafiiano gezeigt wurden, während die von
Cajus erwähnten xriöncua nicht die Grabftätten, fondern
die Siegesftätten der Apoftel waren. Von dort wurde
Paulus im 3. Jahrhundert auf das Grundftück der Lucina
I an der oftienifchen Strafse gebracht, um fo in der Nähe
j feiner Siegesftätte zu ruhen — da wo dann fpäter die
I Paulusbafilika entftand. Petrus dagegen blieb nocli bis
zur Vollendung der Petrus-Bafilika, die erft unter Con-
; ftantin ftattfand, ad catacumbas und wurde erft dann in
] diefe an feiner Siegesftätte, dem Vatikan, gebauten Kirche
geführt. Diefe, mit reichhaltigem Material geführte Unterfuchung
, ift in fich abgefchloffen und darf wenigftens
[ auf proteftantifcher Seite überall auf Zuftimmurg rechnen.
Die ganze Arbeit verdient den lebhafteften Dank der
Theologen und Archäologen zumal durch die Klarheit,
die fie uns bringt für die Beurtheilung der älteften Paulus
- und Petrus-Ueberlieferungen.

Aufser diefer gröfseren Erbes'fchen Unterfuchung
bringt das Heft noch 2 kleinere Unterfuchungen. Ad.
[ Harnack macht uns mit dem Ketzerkatalog des fyrifchen
Bifchofs Maruta von Maipherkat (f c. 420) näher bekannt
nach einer von G. Braun edirten Handfchrift der Propaganda
. Er giebt uns den Text in deutlcher Sprache,
begleitet von kurzen Anmerkungen, aufserdem zur Ver-
gleichung den interpolirten arabifchen Text, wie ihn
Abraham Echellenfis lateinifch mittheilte. Maruta fchil-
dert 15 Härefien. Ueber die Manichäer, Borborianer, Bar-
j defanilten, Pauliner, Arianen, Eunomianer, Macedonianer
und Katharer erfahren wir aus ihm nichts wefentlich
Neues. Dagegen macht er uns über Sabbatianer, Simo-
nianer, Marcioniten, Kukianer, Daizaniten, Montaniften
und Thimoteoniften und eine namenlofe Secte intereffante
Angaben.

K. G. Goetz weift nach, dafs die Schrift Cyprian's
ad Donatum nicht ein Brief, fondern ein Dialog ift, dem
in dem gegenwärtig üblichen Texte der Anfang fehlt-
Diefer ift aber wieder zu erkennen in dem bei Härtel
erft Bd. III, S. 272 als epistula Donati edirten Stück,
welches einige Handfchriften als einen Anfang neben
dem andern bringen. Die Ausführungen von Goetz find
durchaus überzeugend: darnach begann alfo die Schrift
Cyprian's mit den Worten des Donat zur Einleitung des
Gefprächs: Credo te retinere, Cypriane (sanctissime
fpäterer Zufatz) quae nobis fuerit apud oratorem garru-
Utas, unus sensus, una cogitatio, individua lectio, quarr
non et in divina lectione ita animis roboramur ? aut nou
ea Semper nobis fuit cogitatio sicutpromittebas ut stund
crederemus. Daran fchliefst fich dann der bisher übliche
Anfang: Bene admones. Donate carissime. Nam et pro-
misisse me memini als Antwort des Cyprian wohl an.
Wer die klare Goetz'fche Ausführung lieft, kann fich nur
wundern, dafs diefer einfache Sachverhalt nicht früher,
auch nicht von Harte], erkannt worden ift.

Deyelsdorf in Neuvorpommern. Ed. von der Goltz.

Klein, E , Aus der Schatzkammer heiliger Väter. 1.—3. Heft-
Berlin, Buchhandlung der Berliner Stadtmiffion, 1899-(8-)

ä M. —3°

I. Der Brief an den Diognet. Ueberfetzt von Pfr. E. Kle»n-
(22 S.) — 2. Märtyreracten I. Ueberfetzt von Pfr. E. Klein. (25 S)
— 3. Ignatiusbriefe I. Ueberfetzt von Pfr. E. Klein. (24 S.)

Wie uns der Verf. im Vorwort fagt, hat er fich dl«
Aufgabe geftellt, ,aus der Schatzkammer der heilige"
Väter unferes Glaubens, vor allem aus den Tagen de
älteften chriftlichen Kirche die fchönften Schriften, dt«