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Ausgabe:

1899 Nr. 19

Spalte:

546-548

Autor/Hrsg.:

Ernst, Viktor (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Briefwechsel des Herzogs Christoph von Wirtemberg. Erster Band: 1550 - 1552 1899

Rezensent:

Bossert, Gustav

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545 Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 19. 546

liehen Zufammenhanges an fpäterer Stelle (S. 124) gedenkt
. Wie wir durch jüngft veröffentlichte Briefe wiffen,
hat Eck's Eintreten für den Wucher ihm die Gunft Peu-

Dafs die Theologie des C. keine eingehende Würdigung
erfuhr, darf Sp., der Hiftoriker ift von Beruf, wohl nicht
verübelt werden, doppelter Dank gebührt ihm für die

tinger's erworben, der auf lak. Eugger's Rath bei der ausführliche Zufammenftellung der Werke des C. am

Univerfität Ingolftadt Eck Disputirfreiheit zu verfchaffen
fuchte; in demfelben Sinne ging man von Augsburg aus
den Papft an. Das Refultat war die Gewährung der
Disputirfreiheit aufserhalb Deutfchlands (cf. E. v.
Oefele: Briefe von und an Konrad Peutinger. Sitzungsber.

Schluffe feines Buches.

Sp.'s Werk hat auf katholifcher (cf. Schlecht H. J. G.
1898, S. 938 f., wofelbft einige Nachträge) und proteftan-
tifcher Seite (cf. Gefs, Kawerau a. a. O.) lebhaften Beifall
gefunden. Auch an diefer Stelle fei mit dem Ausdrucke

phil.-hift. Claffe. München 1898. II, S. 443 ff.). Und "wenn 1 des Dankes gefchloffen.
nun Cochläus gegen Eck auftritt, fo thut er es kaum als ■ Tübingen W tf • m

Verehrer des kanonifchen Rechts, fondern im Gefolge der
Nürnberger, bei denen wohl auch ein wenig Neid gegen
Augsburg mitfpielte (cf. Otto, S. 64 f.). — Ferner ift es
doch kaum angängig, die ungünftigen Aeufserungen des
Cochläus über Italien, fpeciell über Rom (cf. Otto, S. 101.
Kawerau in diefer Zeitfchr. 1886, S. 544) herab- oder
zu unterdrücken, und ftattdeffen einen zwar kunftgefchicht-
üch intereffanten aber doch letztlich dogmatifch voreingenommenen
— es läuft aus in eine Ausfpielung des
Mefsopfers gegen die proteftantifche Verföhnungslehre,
der aber Sp. nicht gerecht wird S. 40 — Excurs über
das Oratorium und Raffael zu bieten, der die Wirkung
Ro ms auf Cochläus illuftriren foll in einer Weife, für
die thatfächlich nahezu Alles und Jedes fehlt.

Bei diefer Sachlage ift es nicht befremdlich, dafs die
oft ventilirtc Frage: Wie wurde Cochläus zum Gegner
Luther's? von Sp. unzulänglich gelöft wird. Sp. läfst in

Briefwechsel des Herzogs Christoph von Wirtemberg. Im

Auftrag der Kommiffion für Landesgefchichte herausgegeben
von Dr. Victor Ernft. 1. Band: 1550—1552.
Stuttgart, W. Kohlhammer, 1899. (XLI, 9c» S.
gr. 8.) M. 10.—

Mit Recht hat fich neuerdings das Intereffe der
zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts kräftig zugewandt
. M. Ritter und G. Wolf haben die Zeit der
Gegenreformation behandelt. A. v. Druffel verdanken wir
die reiche Quellenfammlung .Briefe und Akten zur Ge-
fchichte des fechzehnten Jahrhunderts'. Nunmehr hat
auch die Kommiffion für württembergifche Landesgefchichte
für die Gefchichte jener Zeit eine ergiebige
Quelle mit Veröffentlichung des Briefwechfels des Herzogs
' ü7:"D" LT.f^ r „thpr einen inneren Chriftoph von Wirtemberg zu erfchliefsen begonnen,
dem Auftreten des Cochläus gegen L^ Bearbeitung ift in die Hände eines theologifch und

Aviefpalt zw.fchen .Juman.^ ?ei erbittert , hiftorifch gefchulten Schülers von Dietrich Schäfer, des

hfchem Gewiffen in ihm fein Ende nnaen, ici ciuiii«* , . n„^„nfpn v Frnft creleor welrW Her A„f
über I uther's Störung des humaniftifchen otium gewefen, Tubinger Docenten V. Ernlt gelegt welcher der Auf-
uoer i.uiner s otorung ues im tieffler Ueber- gäbe gewachfen ift, wie der nunmehr erfchienene erfte

in 'nnerer Selbftbefinnung habe land beweift. Bei der Bedeutung des hervorragenden

zeugung fich für den Kathohcsmus enncnieaen ^ci.a.e»/; 11.; . , r. . ,r ... . b„ n ,

Die von Kolde fKirchengefch Studien, H. Reuter ge- Furften und feiner vielfeitigen, nimmer raffenden Thatig-
widme? S 10 f n REaaOl in aller Vorf.cht, von keit im Intereffe des Proteftantismus (Vgl. meinen Art.
Kalkoff (Stud u KrltiSgS S 686 f.) in aller Schärfe Chriftoph Herzog von Württemberg R. E. 43, 57 ff.)
vertretene Au'ffaffung ' das treibende Motiv für C. fei | war im Voraus auch für die Kirchengefchichte jener Zeit
vertretene Aultallung das; tre.o Manches zu erwarten. Fallen doch in Chriftophs Zeit die

ab gMZ WannSo^ darin zuftS dem von Kolde ! letzten Verfuche der kirchlichen Einigung des ganzen

ab Man..Jin"SP:^ zukommt, deutfehen Volkes und, nachdem diefe Verfuche f.ch in

mitgeteilten Briefe eine narrnioiCTe g ganz ohne I Trient 1552 und in Worms 1557 als völlig ausf.chtslos

fpringenden Punkt mit Weldige-Cremer (S. 17) in Luthers
Polemik gegen die Papftgewalt fehen müffen. Nur fo
begreift es fich m. E., dafs C. Herbft 1519 — offenbar
in Folge der Leipziger Disputation, deren Thefe 13 un

Gefammtproteftantismus. Aber das, was Ernlt nun wirklich
zu bieten vermag, überrafcht durch die Fülle des
erhaltenen Quellenmaterials. Während Kluckhohn vom
Briefwechfel Friedrichs des Frommen von der Pfalz

mittelbar die Papftgewalt berührte — die erfte leife (1559—I578) nnr zwei Bände zu geben vermochte, wird

Mahnung an Luther fchickte (Otto, S. 117), dafs er an
der captivitas babylonica fchwerften Anftofs nahm, aber
andererfeits über Luther's Abkanzelung der Löwener
hch freut und gegen die Dominikanermönche für Luther
Partei nehmen will. Das Alles geht über Humaniften-
denkart nicht hinaus. Aber völlig ift damit C.'s Ueber-
Wtt noch nicht erklärt. Die ungeheuere Leidenfchaft-
hchkeit feiner Polemik und noch September 1521 die
Drohung, wieder Lutherifch werden zu wollen (S. 95),
Deweifen nur zu deutlich, dafs auch wenig edle Motive
hht unterliefen, als welche unfehwer aus dem ganzen

Vharakter des C. Neid, Ehrgeiz und Liebe zum Gelde Beruf a]s Her»iio«ÄK. j"""S"r,"

u:a__:, nerausgeber der Briefe, fondern auch al

der Chriftophs für die Zeit von 1550—1568 5—6 Bände
umfaffen; enthält doch der erfte Band, der vom 6. Nov.
1550 bis Ende 1552 geht, allein 900 S. mit 888 Nr. und
das in fcharffichtiger Scheidung von Wichtigem und
Unwichtigen, aber mit kurzer treffender Erläuterung und
kritifcher Beleuchtung unter Benützung einer weit-
fchichtigen, vielfach bisher ganz überfehenen Literatur.
Das Ergebnifs der Quellen fafst Ernft nach der in den
Publicationen aus preufsifchen Archiven üblichen Weife
in einer fchönen gründlichen Studie in der Einleitung
S. I—XLI zufammen, mit welcher er nicht nur feinen

flch ergeben. Sp. ift an anderen Stellen felbft nicht blind
gewefen für diefe Schwächen des C, fie können, will man
"icht mit Gefs auf eine Erklärung verzichten, fchlechter-
dings für die Verftändlichmachung des Gefinnungswechfels

Hiftoriker darthut.

Der erfte Band verfetzt den Lefer in die kritifche
Dage des Haufes Württemberg und damit der evan-
gelifchen Kirche des Landes. Jetzt erft tritt die unge-

des C nicht entbehrt werden. Vielleicht auch in der mein fchwierige Aufgabe des Herzogs Chriftoph bei feinem

Schlufsbetrachtung hätten diefe Schattenfeiten des C. Regierungsantritt ins volle Licht. Es galt feinem Haus

ftärker betont werden können, ähnlich etwa wie Kolde das fchöne Land, welches König Ferdinand ,das Herz

(R- E. a. a. O.) es gethan hat. — Auf Anderes z. B. hier Deutfchlands' nannte, und dem Volke den von ihm auch

und da zu fcharfe Beurtheilung Luther's gehe ich nicht j in der fchweren Zeit des Interims treu bewahrten Glauben
eim Die Behauptung, auch die Proteftanten hätten fich 1 der Reformation zu erhalten. Ferdinand und feine Räthe
yfir Ketzerverbrennung ausgefprochen (S. 110) ift jeden- fchienen auf Grund eines Felonieproceffes gegen Ulrich
fifils nicht Lutherifch. Das hat Murner felbft zugegeben wegen Iheilnahme am Schmalkaldifchen Krieg wodurch
(Eine chriftliche und briederliche ermanung etc. Bl. Dij.) | er den ihm im Kadauer Vertrag 1534 aufgezwungenen