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Ausgabe: | 1899 Nr. 18 |
Spalte: | 524-525 |
Autor/Hrsg.: | Grundemann, R. |
Titel/Untertitel: | Missionsstudien und -Kritiken. Zweite Reihe 1899 |
Rezensent: | Wurm, Paul |
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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 18.
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hat dies unternommen in dem Bewufstfein, damit eine ftark die Beurtheilung der gefchichtlichen Quellen hier
alte Schuld der evangelifchen Theologie abzutragen, die j abhängig ift von der perfönlichen religiös-fittlichcn Steinen
für gewöhnlich zu vornehm von der Widerlegung
der oberflächlichen focialiftifchen Wiffenfchaft zurückhält
und über gelehrten Fachunterfuchungen vergifst, die fchenken will.
lungnahme zu der heiligen Perfon Jefu Chrifti, der man
auf focialiftifcher Seite die verdiente Beachtung nicht
höchflen Güter unferes Volkes mit geiftigen Waffen
gegen die unter dem Namen der ,Wiffenfchaft' auftretenden
focialiftifchen Angriffe zu vertheidigen. Köhler's Buch
tritt daher an einem höchft bedeutungsvollen Punkte in
die Reihe der Schriften ein, die es verfuchen, den ganzen
Dann geht der Verf. den einzelnen Verfuchen nach,
das Urchnftenthum gefchichtsmaterialiflifch aus den öko-
nomifchen Verhältnifsen der Zeit abzuleiten (S 62-147),
wobei anhangsweife auch die Stellung des Chriftenthums
evangelifchen Volkes zu ftellen.
Jedoch wendet er fleh in feiner Schrift nicht an die
weiteren Kreife des Volkes, fondern ,an die «Gebildeten»
aller Parteien, die focialdemokratifche nicht ausgefchloffen
felbftverftändlich nur an diejenigen, die fo viel Intereffe für
Abfchnitt widerlegt K. alle Verfluche der Socialiften, dem
Chriftenthum durch Nachweis radicaler Abhängigkeit von
Philofophie und älteren Religionsfyftemen den Charakter
der Selbflftändigkeit abzudrehen (S. 148—262). Auch
hier genügt es dem Verf., die genuine Originalität des
Chriftenthums klarzuflellen, während die Erörterung der
die Wahrheit und fo viel Selbflftändigkeit des Geiftes be j thatfächlich vorhandenen Beziehungen zu den anderen
fitzen, dafs ihnen die eigene gründliche Unterfuchung | Geiftesmächten natürlich eine allgemeine bleiben mufs.
einer für jeden Menfchen fo ernften Frage, wie die nach i Werthvoller als die Ablehnung einzelner literarifcher BeHerkunft
und Recht des Chriftenthums, der Mühe werth ' rührungen, fo richtig fle ift, Rheinen mir die kurzen princi-
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r w r 1 ■•, r u r piellen Ausführungen des Verf. zu fein, die da zeigen, wie
JJer Verl, halt lieh ganz fern von den üblichen Feh- i verfchieden der (Rift des Chrift enflinmc iH- x./-ir» rlpm der
lern der landläufigen Apologetik. Feft auf dem Boden
der gefchichtlichen Betrachtung flehend, vermeidet er die
verfchieden der Geift des Chriftenthums ift von dem der
griechifchen Philofophie, der jüdifchen Orthodoxie, des
Effäismus und Buddhismus. Klar und aufrichtig tritt
jedenfalls für Nichtgläubige immer werthlofe Heranziehung hier der Verf f;0
einzelner B.belftellen; auch verdeckt er die PrnhRmf ?! a a- c rden Ge,ft des Evangeliums Jefu Chrifti
?77-l78. S.a263trff.)fliChe ßUCh bietet (Vgl- S- 511 M7'
So erfüllt das Buch m. E. feinen Zweck vollkommen,
wie es den Gegner einer gerechten und wahrhaftigen
Parallelen aus Natur- und Geifteswelt, die immer das
Herz des Gläubigen mehr erbauen, als dafs fie bei dem Ungläubigen
Eindruck machten. Und bei aller religiöfen
Wärme argumentirt er doch nie von Empfindungen und
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W KUngCn 3US' nUr de" <4laubenden Chriften Antwort würdigt, fo deckt es feine Schwäche auf und
Werth haben, und folgt den Sätzen der Gegner ohne I kann uns warnen vor einer Idealifirung der Socialderno-
clielelben zu entftellen und zu carriciren. Die einfchlä- kraten. Denn fo gewifs das Buch gerade aus Liebe zu
ug|n /)oc'al1,ft,fchen Schriften von Kautsky, F. Mehring, unferem Volk gefchrieben ift, fo klar deckt es doch den
Ii. bauberlich u. a. find überall forgfältig herangezogen, feindlichen Gegenfatz auf, in dem tiefinnerlich die Führer
Die meift fehr inconfequenten, unklaren und fragmen- der Socialdemokratie zu Chriftus und deshalb auch zum
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t.irifchen Aeufserungen der verfchiedenen Gegner unter
wenigen principiellen Gefichtspunkten zufammenzufaffen,
die ihnen gemeinfamen Grundanfchauungen zu widerlegen,
war gewifs nicht leicht und man kann vielleicht fragen,
ob der Verf. durch feine Zufammenfaffung dem Gegner
nicht mehr Confequenz und Einheitlichkeit zutraut, als er
wirklich befitzt. Die Widerlegung ift aber überall eine
vollftändige, fofern fie den Mangel an Sachkenntnifs, die
Verworrenheit und Oberflächlichkeit der focialiftifchen
Ausführungen aufdeckt. Dagegen wird man in diefem
Zufammenhang nicht erwarten dürfen, dafs der Verf. die
von ihm berührten theologifchen Probleme alle vollftändig
und befriedigend erörtert. Zeigt er doch ohnehin eine
gute Beherrfchung der ganzen neuern theologifchen Literatur
, und ein nüchternes, ruhiges, wiffenfehaftliches Ver-
Chriftenthum ftehen. Jeder Compromifs wäre hier ei»
Verrath des Glaubens.
Das Buch giebt uns aber zugleich ein Mufter, wie
man keine Mühe fparen follte, geduldig dem Gegner zu
antworten, wo man nur wahrhaftes Suchen nach de
Wahrheit vorausfetzen darf.
Deyelsdorf, Neuvorpommern. Ed. v. d. Goltz.
Grundemann,Paft.D.R., Missionsstudien und-Kritiken. Zweite
Reihe Gütersloh, C. Bertelsmann, 1898. fXII, 252 S.
Sr'8-> M. 3.60; geb. M. 4-4°
HK Ucnd eLn nüchternes- ruhiges, wiffenfchaft! hes Ver- I undlShW«^
ftandnifs und einen gefunden Takt in der Unterfcheidung ; öftmd ivt
von ,Ergebn,fsen' und ,Hypothefen'. So darf S^f - ReifWfondern befchäftigt fich auf den 31 erften
weife feine refervirte Haltung in der Darfteilung der
Evangehenkritik ebenfo wie der altteftamentlichen fetik
gemeffen an der hier geftellten Aufgabe, als mufterhaft
gelten. Dafs er in den Anmerkungen den Lefer auf eine
Seiten mit der Kritik, welche feine Darftellung erfahre»
hat, wobei er einzelnes klarer ausfpricht, in der Hauptfach
e aber keine Einwendungen gelten läfst. Der Ilaup1'
theil der vorliegenden Schrift befchäftigt fich mit derri
hei mathlichen Miffionsbetrieb: wie eine elementare
grofseReihe theologifcherHülfsquellen hinweift, betrachtet Miffionskenntnifs unferem Volke am bellen beigebracht
der Verf. mit Recht als einen wefentlichen Beitrag zur
Löfung feiner Aufgabe.
Auch die Gefichtspunkte, unter denen der Verf. feine
mannigfaltigen Auseinanderfetzungen mit dem Gegner
geordnet hat, dürfen als glücklich gewählt gelten. Voran
Hellt er ein Capitel über ,die Bedeutung der Perfon Jefu
Chrifti für die Entftehung des Chriftenthums' (S. 9—61).
Hier fcheiden fich von vornherein die Geifter. Die Oberflächlichkeit
, der nöthige Mangel an Sachkenntnifs, wie
gewöhnlich mit Anmafsung verbunden, und vor allem
die innere Verftocktheit, das Nichtverftehenwollen, der
fittliche Gegenfatz gegen Gott, treten fchon hier im focialiftifchen
Urtheil fcharf hervor. Der Verf. zeigt, wie
- — — ------- —o ttes-
werden könnte in der Schule, in Kindermiffionsgoi
dienften, in einem der Hauptpredigt angehängten Miu")
bericht und in Miffionsftunden. Auch die Miffionsga"^
werden eingehend befprochen. Es wird mit grofser Klar
ausgeführt, wie die Miffion, nachdem fie aus dem eng g
Kreife des Pietismus herausgewachfen und als Au'g^^
der ganzen Kirche immer mehr erkannt worden ift) . <e
eine andere Behandlung in der heimathlichen ^cva,e^e0
erfordert als in früheren Jahrzehnten, und wie dadurch ^
geiftlichen Amte allerdings neue fchwierige Aufgabe
wachfen. Alles wird fehr gründlich unterfucht und g
definirt, bisweilen gar zu fubtil. Die Theilnahme °J?.£jlga
meinden am Miffionswerk ift bekanntlich im vvelth