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Ausgabe:

1899 Nr. 15

Spalte:

441-442

Autor/Hrsg.:

Nösgen, C. F.

Titel/Untertitel:

Die Aussagen des Neuen Testaments über den Pentateuch 1899

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 15.

442

Nosgen, Profeffor D. C. F., Die Aussagen des Neuen Testaments
über den Pentateuch. Berlin, Wiegand & Grieben,
^98. (III, 68 S. gr. 8.) M. -.80

d iynter Beachtung und Anerkennung des Anfpruchs
^es Herrn, der fchlechthin vollkommene Erkenner, Be-
under und Beurtheiler des Lebens aus und in Gott zu
'e'n. auf deffen Sendung Gott felber in der Leitung der
elt und befonders Ifraels alles fürforglich vorbereitet
at, mufs auch Jefu Stellung zum Pentateuch und der
1. rauch, den er von ihm gemacht hat, feitens der Theo-
J?'e und der Gefchichtswiffenfchaft gewertet werden'(13).
»yer in Jefus den abfoluten Inhaber des Geiftes aus
Ott fieht und anerkennt, der mufs in Jefu Urtheil das
ulegel der inneren geiftigen Einheit der Bücher Mofis
nd der der Propheten und der wahrhaft prophetifchen
laff ^Gr Penrateucnifchen Gefctzgebung finden und gelten
Pllen' (92). ,Die Art, wie das N. T. die pentateuchifchen
Zahlungen benutzt, indem es diefelben als Berichte von
rjtfachen behandelt, fällt aber noch ftärker ins Gewicht.
hl6011 keineswegs betrachten die neuteftamentlichenZeugen
erk ^'e- Vorgänge im Allgemeinen als für die Heils-
fo a ntn"'s und zur Stärkung des Glaubens geeignet,
ädern auch ebenfo deren einzelne Momente und deren
2arftellung' (96). ,Bei der abfoluten Normativität des
^eugniffes Jefu und feiner Apoftel über das, was aus Gott,
u °, s Wefen würdig und angemeffen und darum lauter
jjjjd wahr ift, kann die Beweiskraft deffen, was im N. T.
p er das Gefetz, die Gefchichte und die Herkunft des
entateuch bekundet ift, nicht beanftandet werden. Die
g' • • • • im wahrften Sinne aus dem Geift gefloffene
t ?Urtheilung des Pentateuch durch Jefus und feine Zeugen
felk au^s üehärffte jeder abfchätzigen Beurtheilung des-
p b<jn als Flickwerk fpäterer Jahrhunderte und als
j foduct eines die Höhe der prophetifchen Religion ver-
fei ^pPnden und aufgebenden Compromiffes mit diefen
g ? ''chen Anfchauungen entgegen. Das verbürgt die
A,.i . Station des Pentateuchs in feiner grundleglichen

Aut

'Jorität für die Erkenntnifs des Ganzen der göttlichen

(ß7N Son"enbarung, wie anders es zur Zeit auch fcheint'
hauf~~ *n andern Worten, die durch Reuss, Graf, Well-
Wärr ° Unc^ überwiegende Zahl der Forfcher gegen-
pe 'S vertretene religionsgefchichtliche Auffaffung des
bch s fteht in directem Widerfpruch mit der gött-

AnfA Autorität Jefu und der Apoftel, deren religiöfes
gepf- fn Segen- die Irrthümer der modernen Kritik aus-
läfst1 r w'fd. Ein fchlimmerer, verhängnifsvollerer Irrthum
Djer PJ1 *n der evangelifchen Theologie kaum denken.
mjrt erwechfelung der gottgewirkten, praktifch norden
(" fNatur des chriftlichen Heilsglaubens mit der
rjer .^fetzen geiftiger Arbeit unterworfenen Thätigkeit
relir,w "fchaftlichen Theologie, diefe Verkennung der
ApoJ° Bedeutung Chrifti, den der Kleinglaube der
pfg l0geten zum Gewährsmann für hiftorifch-kritifche
das ■ nerabwürdigt, diefer Mangel an Verftändnifs für
faitue'genthümliche Wefen der in der ftufenmäfsigen Ent-
Gotfp^ i!er Gefchichte fich vollziehenden Offenbarung
logjrcf' begründet einen den ganzen Betrieb der theo-
des r 1 n Arbeit fo verwirrenden Fehler, dafs im Namen
Und ubens und der Wiffenfchaft gleich nachdrücklich
ift ein^r^0" da£e&en Proteft erhoben werden mufs. Es
verQ e pefahr für den Glauben, wenn derfelbe mit Fragen
cefs <j wird- die dem in Betern Flufs befindlichen Pro-
Ifohn Cr Bieologifchen Erkenntnifs angehören; es ift ein
demnfi-aU^ Wiffenfchaft, wenn es ihr verboten wird,
frei i°ne"kundigen Thatbeftand der hiftorifchen Urkunden
zu Rgbs Angefleht zu fehen und der Wahrheit die Ehre
des y PS* Allerdings will Nösgen der bisherigen Kritik
fich f0' e'nen gewiffen Spielraum laffen, und er giebt
beite afafAZU C°nceffic>nen her, die ihm von ,gläubigerl
Gehülf Abfall vorgeworfen werden dürften. ,Welcher
der au nJ?.ei der Zufammenftellung des Pentateuchs Mofes,
Führer Israels ein vielgeplagter Mann allezeit

blieb, fich bedient hat, in welcher Weife das Buch von
ihm angelegt ift, welche feltene Documente, deren Vorhandenfein
in abstracto heutzutage nicht mehr in
Zweifel gezogen werden kann, Mofes bei der Abfaffung
benutzt hat, wie viel Rückficht von ihm dabei auf den
Sprachgebrauch einzelner Theile des israelitifchen Volkes
oder gewiffer Berufskiaffen bei verfchiedenen Stücken
genommen ift, darüber ift in jenem Zeugnifs des A. T.
nichts gefagt, und konnte um feiner ganzen Art willen
gar keine Auskunft erfolgen. Möglichkeiten der und
andrer Art find deshalb nicht von vornherein als unannehmbar
ausgefchloffen' (68). Diefe Möglichkeiten zu
unterfuchen ift das einzige Gefchäft, welche die im Frohn-
dienft der Dogmatik flehende Wiffenfchaft treiben darf;
fie hat fich dabei in den ,Schranken' zu bewegen, welche
die ,Geifteskritik' ihr gezogen hat. In feiner Vorrede bemerkt
der Vf. ,es handle fich bei dem hier erörterten
Problem in vieler Hinficht um weit mehr als blofs um
literarkritifche Fragen'. In der That, die Zukunft der
Theologie und der evangelifchen Kirche ift hier im
Spiele: es frägt fich nur, wer ihre Sache fördert und wer
fie preisgiebt oder zerftört.

Strafsburg i. E. P. Lobftein.

Führer, Dr. Jofeph, Forschungen zur Sicilia sotterranea.

Mit Plänen, Sectionen und anderen Tafeln. (Abhandlungen
der K. bayer. Akademie der Wiff. L Thl.
XX. Bd. IB. Abth.) München, G. Franz in Komm.,
1897. (192 S. gr. 4. mit 14 Tafeln.) M. 12.—

Schon früher habe ich gelegentlich auf die aufser-
gewöhnlich erfolgreichen Arbeiten Führer's in der Sicilia
sotterranea hingewiefen, die er 1891/2 als deutfeher Stipendiat
begonnen und auf einer zweiten Reife im Jahre
1894/5 fortgefetzt hat (vgl. Th. Lztg. 1896, 573 f.). Hier
liegt jetzt der Hauptertrag derfelben in einer vorläufigen
Publication vor, der in einiger Zeit ein abfchliefsendes,
gröfseres Werk folgen foll. Schon die vorliegende Arbeit
ift mit Dank zu begrüfsen, da fie eine allfeitige Darlegung
des gefammten Denkmälerbeftandes enthält, und dank
der peinlichen Genauigkeit der hier niedergelegten Beobachtungen
zu erwarten ift, dafs die vorläufige Arbeit
in mehr als einer Beziehung abfchliefsende Refultate
geliefert hat. Führer's fchwere wiffenfehaftliche Art, die
ihn keinen Fufs vorfetzen läfst, folange der andere nicht
auf feftem Boden fleht, die gern zehn Beweife für einen
giebt, auch wo es fich um verhältnifsmäfsig gleichgültige
Dinge handelt, kann fich bei folchen Arbeiten in glücklicher
Weife bethätigen; fie fcheint auch in befter Harmonie
geftanden zu haben zu dem ganz anders befchaf-
fenen Naturell des achtenswerthen Localgelehrten dort,
Dr. Paolo Orsi, Director des Museo Nationale in Syrakus,
der fich bei den Ausgrabungen der Katakomben oft den
Anordnungen des gelehrteren Deutfchen unterordnete
und deffen Vemuthungen beftätigen half. Ihm ift daher
die vorliegende Publication ,in Verehrung und Dankbarkeit
' gewidmet.

Es ift ein grofses und im Wefentlichen unberührtes
Arbeitsfeld, das Führer vor unferen Augen öffnet. Er
fpricht von nicht weniger als 70 unterirdifchen Begräbnifs-
ftätten, Katakomben und Familiengrabkammern, in der
Nähe von Syrakus; die gröfstentheils erft in den letzten
Jahren durch Orfi oder von ihm felbft entdeckt wurden.
Noch bedeutender find die neuen Funde innerhalb des
alten Stadtgebietes, unter denen fich feit 1895 auch eine
Catacomba Führer befindet. Man kommt zu einer richtigen
Schätzung diefer Entdeckungen, wenn man erwägt,
dafs die Zahl der unterirdifchen Grabftätten in der Umgegend
Roms kaum gröfser ift, wenn auch die römifchen
die fyrakufanifchen an Gröfse wie an Reichthum des Inhalts
bei Weitem übertreffen. Hinter diefen grofsen

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