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Ausgabe:

1899 Nr. 14

Spalte:

423-424

Titel/Untertitel:

Theologische Arbeiten aus dem rheinischen wissenschaftlichen Prediger-Verein, Neue Folge ; 2.1898 1899

Rezensent:

Bossert, Gustav

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 14.

424

Theologische Arbeiten aus dem rheinischen wissenschaftlichen
Prediger-Verein. In Gemeinfchaft mit den übrigen

doch Hoft im felben Augenblick, er lege kein grofses
Gewicht auf das verfchwundene Exemplar der Artikel,

Vorftandsmitgliedern herausgegeben von dem zeitigen | "bei; deffen Verbleiben Ciarenbach in feinem dunklen
... , &_ ..» L. - _ ° D. . AT f 1 Kerker und all den Gemuthsfturmen der Haft und der

Vorfitzenden Prof. D. Kamphaufen. Neue Folge. TJnterfuchung keine fichere Auskunft zu geben wufste.
2. Heft. Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1898. (99 S. Wie leicht man Clarenbach's Worte verdrehte, zeigt Hoft

gr. 8.) M. 4.-

Das vorliegende Heft giebt drei Arbeiten. Lic. H.
Lietzmann fetzt fich S. 1—14 in der Abhandlung ,Zur
Menfchenfohnfrage' mit Schmiedel (Prot. Mon. H. 1898,
252—267 und 291—308) und Hilgenfeld (Berliner philo!.
Wochenfchrift 1897, Heft 49 S. 1520—25) über die Frage
der Aechtheit der Selbftbezeichnung Jefu als Menfchenfohn
aus einander. Ref. fteht kein Urtheil über diefe
Frage zu, da fie fein Arbeitsgebiet nicht berührt. Aber
der befcheidene Zweifel, ob unfere Kenntnifs des in
Galiläa gefprochenen Aramäifchen fchon fo genau con-
trollirbar ift, dafs man daraufhin die tiefeingreifenden
Schlüffe Lietzmann's wagen darf, wird erlaubt fein. Kamphaufen
hat auf einem dem Hefte beigelegten Zettel zur
Frage auf G. Dalman, Die Worte Jefu mit Berück-

felbft S. 52. Z. 12. Bei der Verweigerung des Voreids
de dicenda verdate hat Cl. gewifs die Erkenntnifs be-
ftimmt, dafs die Inquifitoren ihn über feine Glaubensbrüder
ausfragen würden, die er dann ernftlich gefährden
würde, während er felbft feine Lage etwas erleichtert
hätte. Carfted hat beim Abdruck die veraltete Interpunktion
, welche das Verftändnifs oft erfchwert, beibehalten
, aber offenbare Druckfehler des Urdrucks ver-
beffert, doch lieft man S. 44 Z. 19 in deliberate, S. 45
Z. 7 exscripturis. S. 52 Z. 15 saA?, S. 53 Z. 18 forsam
S. 54> Z. 22 poiissimum. Die Correctur S. 43 Z. 1 v. u.
exordiebatvx aus exordieb&l greift fehl; es ift exordiebaX
zu lefen.

Die letzte Arbeit über die evangelifche Gemeinde
Alpen in der Reformationszeit von Walter Bösken ift

Nabern. G. Boffert.

f.chtigung des nachkanonifchen jüdifchen Schriftthums zunäfft ™n Jocder Bedeutung. Aber die Lebensbilder
und der aramäifchen Sprache I, 199 (Leipzig 1898) ver- j aaUS dem ,Haufe dfer G™{c.y.™ Nuenar befonders von
wiefen Amalie, der zweiten Gemahlin des Kurfurlten Friedricli

I des Frommen von der Pfalz, und Magdalene von Bent-
Die zweite Arbeit S. 15-57 flammt von Prof. Bratke j heim! wie die Mittheilungen über die Gemeindeverfaffung,
und Divifionspfarrer a. D. A. Carfted. Prof. Bratke fchickt die Armenpflege und den Bau der Kirche, die nach
S. 15 eine kurze bibliographifche Vorbemerkung voraus; Bösken wohl eine der erftcn für reformirten Gottesdienft
es ift ihm namhch gelungen, eine bisher verfchollenc, j erbauten Kirchen am Niederrhein war, verdienen auch
Mi-57 abgedruckte Quellenfchrift über das Martyrium fonft Beachtung. Die Sitte ,den Blafum zujagen' S. 74
Ad. Clarenbach's, von der C. Kraft als Student einen j hätte eine Erläuterung verdient.
Druck in 40 gefehen hatte, in einem Druck 8° zu erwerben
. Es ift dies die Epistola Johannis Romberch
Kyrspensis Theologi atque diuini uerbi pracconis:

iiJt,f;JLDy0/rmem InSe™yncke^ Prafpositum R ,b Dr. theol. Philipp, Die Willensfreiheit und die innere

Xanctenensem etc. In qua narratur universa tragocdia ' 1 ' ' v

de incarceratione, examinatione, condemnatione, causis ac Verantwortlichkeit. Mainz, F. Kirchheim, 1898. (A,
rationibus mortis Adolphi Ciarenbach una cum Petro I 73 S. gr. 8.) M. 1.20

Flysteden nuper Coloniae exusti . . Anno MCCCCCXXX., Im jahre l893 bearbeitete der Verf. diefer Schrift

Carfted der die Verantwortung für die Genauigkeit des | mit Erfolg eine im Seminar zu Mainz geftellte Preis-
Abdruckes tragt, fchickt eine umfangreiche Einleitung I frage. Die Willensfreiheit und ihre modernen Gegner'
mit einer Ueberficht über die Quellenfchriften zur Ge- und legt nun eine weitere Bearbeitung desfelben Problems
fchichte des Martyriums Clarenbach's und P. v. Flyfteden, | mit behenderer Berückfichtigung des Zufammenhanges
den bisherigen Stand unferes Wiffens von jenem Er- j zwjfchen Willensfreiheit und Verantwortlichkeit als Inau-
eignifs und eine kntifche Beleuchtung des Neuen vor- i guraldiffertation der theol. Fakultät in Würzburg vor,
aus, was Joh. Hoft von Romberch, wie der Verfaffer ! wo er als Schüler Schelfs feine Studien fortgefetzt'hatte,
eigentlich heifst, in der Epiftola bietet, in welcher er , Die Arbeit verräth gute Kenntnifs der Literatur, philo-

rXd3%^XdeX y°™T5j^L? vT"*? f-'}^?^^ ZU f6'"' ^ fophifche Schulung und anerkennenswerthe DarftellungS

gäbe.

Der Verf. unterfcheidet eine dreifache Stellung zum
Freiheitsbegriff: den naturhaften Determinismus, der eine
blofs mechanifche Wirkfamkeit der Triebe und Gefühle
lehrt, den negativen Indeterminismus, der eine Urfach-
lofigkeit des freien Willensactes annimmt und z. B. von
Kant und Lotze vertreten wird, und den pofitiven Indeterminismus
oder die Selbftbeftimmungstheorie,
welche dem Wortlaute nach von vielen, der Sache naen
von wenigen vertreten wird und die Freiheit als urfäch"
licheSelbftbeftimmung auf Grund der Erkenntnifs eines
inneren fittlichen Werthes fafst (S. 35). In der letzteren
Formulirung des Begriffes glaubt der Verf. die Lofung
der Schwierigkeiten des Freiheitsproblems zu finden. Dms
es eine folche Freiheit giebt, geht aus der Thatfache des
Verantwortlichkeitsgefühles hervor, das aus dem Mechanismus
der Triebe, der Luft- und Unluftgefühle nicht erklärt
werden kann. Ein befonderer Abfchnitt bcfchäft'g

vertheidigt, der ihm in der ,Epistola Adolphi Clarenbacli
nuper Coloniae exusti e vineulis scripta ad R. P. F. Kirs-
pensem', aber doch kaum von katholifcher Seite, wie
Carfted S. 32 annimmt, gemacht worden war, wenn er
auch auf jener Seite viele Feinde haben mochte. Der
Gewinn für die Gefchichte des Martyriums, für das bisher
nur Quellen von evangelifcher Seite zu Gebote ftanden,
ift nicht unbeträchtlich. Ref. will es Rheinen, als ob
Carfted den apologetifchen Verficherungen Hoft's von
feinem freundlichen und rückfichtsvollen Verkehr mit
Ciarenbach etwas zuviel Gewicht beilegte. Allerdings
will Hoft suaviter in modo, was der Gefangene felbft anerkannte
, aber auch fortiter in re möglichfl: rafch Claren-
bach zum alten Glauben zurückführen. Wie ihm diefer
Triumph mifslingt, fchlägt er fofort andere Saiten an, er will
Cl. als Lügner bei feinen eigenen Glaubensbrüdern verdächtigen
. Geradezu ungeheuerlich ift die Behauptung,
Ciarenbach habe als Grundfatz ausgefprochen, einem
Gefangenen fei es erlaubt, zu feinem Vortheil fich der
Lügen zu bedienen. Ein folcher Mann ftirbt nicht als
Märtyrer.

Die ganze Erregung Hoft's über das Abhandenkommen
der 23 ketzerifchen Artikel mit der Aufhetzung ,

des Caftellans mufs als eine künftliche erfcheinen, um treffen. Der letzte Abfchnitt geht zum Gottesbegriff uD

fich mit den Ausführungen der bedeutendften Gegner de
Willensfreiheit und fucht zu zeigen, dafs mit der Freili-f.1
auch die innere Verantwortlichkeit falle und dafs dl

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Haupteinwürfe der Determiniften nur die Freiheit als U
fachlofigkeit, nicht aber die Freiheit im Sinne des Y^'
—^ „.uu c„lc KU111UIV.11C ciiv-iiciucn, um treffen. Der letzte Abfchnitt geht zum Gottesbegriff übe

Ciarenbach fittlich zu vernichten und zu verwirren; erklärt als der ,objectiven Vorausfetzung der inneren Veran