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Ausgabe:

1899 Nr. 14

Spalte:

416

Autor/Hrsg.:

Landgraf, Gustav

Titel/Untertitel:

Novatians Epistula de cibis iudaicis 1899

Rezensent:

Grützmacher, Georg

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Seite 1

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415

Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 14.

416

Chafe in feiner die Verdienfte des Buches fonft faft über- Novatians Epistula de cibis iudaicis. Herausgegeben von

fchwänglich anerkennenden Anzeige in The Critical Review
7, 1897, 341—352, vgl. 34s). Man wird fehr häufig an
Carlyle erinnert. Auch bei dem Weifen von Chelsea mufs
man fich erft an den Stil gewöhnen; ja, trotz allem, was
feine Bewunderer fagen mögen, wage ich zu behaupten,
dafs nicht wenige Lefer fich an diefen Stil nie gewöhnen
werden. So ift auch Benfon's Stil nicht ohne Manier.

Guflav Landgraf und Carl Wey mann. (Aus: Archiv
für lateinifche Lexikographie und Grammatik. XI. Jahrg.
2. Heft.) Leipzig, B. G. Teubner, 1898. (S. 221 bis
249 gr. 8.) M. 1.20

Die Schrift de cibis iudaicis, die zuerft in der Ter-
tullianausgabe des Johannes Gangneius vom Jahre 1545

Dafür finden wir auch manchen Satz und manche längere ais Werk Tertullians gedruckt wurde, liegt in einer neuen
Darlegung, die uns mitreifst. So gleich die Einleitung über Ausgabe vor, die wir den beiden Philologen Landgraf
Karthago und feine Gefellfchaft. Sie ift offenbar mit und Weymann verdanken. Sie haben ihrer Ausgabe den

grofser Liebe und genauefler Sachkenntnifs gefchrieben
Hat doch der Erzbifchof noch in höheren Jahren eine
Reife nach Nordafrika gemacht, um die Topographie zu
ftudiren. Abfchnitte, wie den über Cyprians Martertod,

einzigen Codex, in dem fie noch handfchriftlich vorhanden
ift, einen Codex aus dem Klofter des hl. Petrus zu Corbie
zu Grunde gelegt. Der Codex enthielt aufserdem noch
die Schrift des Philaster de haercsibus, die lateinifche

,der Geburtstag' überfchrieben, lieft man mit Spannung ; Ueberfetzung des Barnabasbriefes und eine altlateinifche
und nicht ohne Bewegung. j Verfion des Jacobusbriefes und befindet fich jetzt in

Die Anglikamsmen, die m der Beurtheilung Cyprians ! Petersburg. Neben diefer guten Handfchrift benutzten
und des Episkopats hervortreten, frören den deutfehen die Herausgeber die alterten Ausgaben, die fchon er-
Kntiker vielleicht weniger als die englifchen und amen- wahnte des Gangneius, des Gelenius von 1550 und des
kanifchen Nonconformiften. Ich wenigftens habe gefunden, t Pamelius von 1579, die auf für uns verfchollenen Hand-
dafs der Erzbifchof von Canterbury den Bifchof, oder fchriften ruhen. Pamelius hat zuerft den Novatian als
fagen wir ruhig den L-rzbifchof von Karthago, congenial Verfaffer der Epiftel erkannt und Harnack machte auf

darzuftellen vermochte. Aber hier liegt die wiffenfehaft-
liehe Stärke des Buches nicht. Sie wird man und werden
grade auch deutfehe Gelehrte in den theilweife vortrefflichen
und höchft eindringlichen Erörterungen über Einzelfragen
, befonders literarifche, fuchen und finden.
Manches ift ja veraltet: einer längeren Belehrung z. B.
über die Echtheit von de dominica oratione bedürfen wir
heute nicht mehr. Unangenehmer ift fchon, dafs man
öfter die Auseinanderfetzung mit neueren Arbeiten ver-
mifst. Zwar mit Otto Ritfehl kommt der Erzbifchof oft
hart genug an einander, und die Bemerkungen, die er
gegen R.'s Interpolationshypothefe bei Firmilian's Brief
gerichtet hat, treffen das Ziel (S. 377—386). Dagegen

den Codex Corbeiensis, in dem die Schrift noch handfchriftlich
vorliege, aufmerkfam. Die neue Ausgabe ift,
wie dies bei den beiden verdienten Gelehrten nicht anders
zu erwarten war, eine durchaus muftergültige und mit
philologifcher Akribie gearbeitet. Der beigegebene
Commentar bringt die fprachlichen Parallelen aus dem
fonftigen Nachlafs des fchismatifchen Bifchofs in grofser
Vollftändigkeit. Wir bedauern nur, dafs die Herausgeber
eine genaue Vergleichung Novatians mit den anderen
beiden älteften lateinifchen Kirchenvätern Tertullian und
Cyprian fich noch vorbehalten haben. Durch die gege-
benen Parallelen wird es über allen Zweifel ficher
geftellt, dafs die Epiftel eine original lateinifche Schrift

hat er z B. Harnack's neuefte Auffätze kaum berück- ; und ;hr Verfaffer mit dem von detrinitate, de spectaculis

de bono pudicihae und den Briefen 30 und 36 der
Cyprian'fchen Brieffammlung identifch ift. Weymann
hat auch befonders auf die Berührungen Novatians fflft

fichtigt. Vermutlich war der ,the mi.xed cup' überfchriebene
Abfchnitt über die Frage nach dem Gebrauch des Waffers
beim Abendmahl (S. 289—295) längft gedruckt, ehe der

Auffatz von Harnack erfchien Indeffen hatte Benfon Seneca hingewiefen, ich möchte folche nicht leugnen
fich mit ihm, wenn er gewollt hatte, in den Appendices aber fehr ftark fcheint mir diefer Einflufs des Epiftolo-
auseinanderfetzen können, fo gut wie er es mit dem ■ graphen Seneca auf den erften chriftlich-römifchen Autor
Auffatz Über Sixtus II als Verfaffer der pfeudoeyprianifchen j von Epiftein nicht zu fein. Ein Ausdruck Novatians
Schrift ad Novatianum gethan hat (S. 557-564), um ; z B wie instruere eruditos verglichen mit dem Ausdruck
. J^L3^ eruditum docere berechtigt kaum, von Nachahmungen
Novatians zu fprechen. Die Sachpaiallelen
aus der patriftifchen Literatur liefsen fich noch vermehren,
doch haben hier die Herausgeber ausdrücklich auf Vollftändigkeit
verzichtet. Inhaltlich bietet die Epiftel Novatians
nicht viel Originelles, aber die ftraffe Verknüpfung"
aus der chriftlichen Ueberlieferung überkommener

Gedanken
charakterifirt den nüchternen abendländifche'1
Theologen. Der ganzen Schrift merkt man an, dafs die
Auseinanderfetzung über die jüdifchen Speifen aus keinem
praktifchpolemifchenlntereffe gegen diejuden entfprungen
ift. Novatian deutet die jüdifche Speifegefetzgebung xX
Anfchlufs an Philo, den Verfaffer des Barnabasbriefes und
andere ältere Kirchenväter allegorifch und bezieht, was
über die reinen und unreinen Thiere gefagt ift, auf dm
Tugenden und Lafter der Menfchen. Er empfiehlt aDe^
obwohl den Chriften alles erlaubt fei zu effen, ernft Uö«
energifch ein asketifches Leben in Speife und Trank-
Zum Schlufs ficht er fich aber doch zu einer wichtigen,
durch die Zeitumftände bedingten Befchränkung feineS
theoretifch völlig freien Standpunktes in der Speifeftage

undcontra zurückzuweifen. Uebrigens wachen wirDeutfche
zwar eiferfüchtig darauf, dafs in ausländifchen Werken auch
unfere kleinen gelehrten Späne fofort verarbeitet werden,
und man hat uns in diefer Beziehung verwöhnt. Umgekehrt
find wir gar nicht fo rafch bei der Hand: wie
mancher Artikel erfcheint in England oder Amerika, von
dem wir fpät oder gar nicht Kenntnifs nehmen. Ich
möchte Benfon aus der Nichtberückfichtigung Harnack's
und anderer deutfehen Arbeiten neueften Datums keinen
Vorwurf machen, wenn doch fogar — allerdings unverzeihlicher
Weife — Leimbach in feinem mit Literaturangaben
reichlich verfehenen Artikel Cyprian in der
neuen Auflage der Realencyklopädie Harnack's Schriften
(fogar die über de aleatoribus und trotzdem Hilgenfeld's
Ausgabe erwähnt wird) mit völligem Stillfchweigen bedenkt
! An Benfon's Cyprian wird auch unfere gelehrte
Arbeit nicht vorübergehen dürfen. Ich mache noch befonders
auf die werthvolle Abhandlung über die Bifchofs-
liften der Cyprianifchen Synoden (S. 565—572) und die
Bifchoffitze der Synodalen vom I.September 256 (S.573

6pIO)au/mer7^ genöthigt, er warnt vor dem Effen des Opferfleifcr.es-

(Romifche Katakomben, Umgebung von Karthago, das | fr£uln u dafs wjr m)n wicder dne1 intereffante

proconfularifche Afrika und Num.dien), woran man fich j aitchriftliche Schrift in muftergültiger Ausgabe bcfitz.cn
bei uns ein Mufter nehmen follte. und rchiiefSen mit dem Dank |egen beide Herausgeber-

Giefsen. G. K

ruger.

Heidelberg. Grützmacher.