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Ausgabe:

1899 Nr. 14

Spalte:

411-413

Autor/Hrsg.:

Boehmer, Julius

Titel/Untertitel:

Reich Gottes und Menschensohn im Buche Daniel. Ein Beitrag zum Verständnis seines Grundgedankens 1899

Rezensent:

Löhr, Max

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 14.

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zur Hand nehmen und auch eine Karte von der weiteren | lieh fein Eigenthum ift (daher ,fein Königreich') zuerft
u™?._H"?,.. r • , t befraSen- Ausgerüftetjniit diefen j Nebukadnezar, nachher noch manchem anderen; aber fie

Hülfsmitteln wird man dem erklärenden Texte des
Verfaffers fehr gut folgen können. Am meinen Freude
wird das Panorama denen bereiten, die Jerufalem mit
eigenen Augen gefehen haben; aber auch Andere werden
viel daraus lernen. Sieh da eine orientalifche Stadt, bei
der einzelne Giebeldächer unter zahllofen platten Kuppeldächern
wie erratifche Findlinge erfcheinen. Wie eng
find die Gaffen, wie feiten freie Plätze! Mächtig ragt die
Kuppel der Grabeskirche über dem Häufergewirre empor.
Faft nur zu hell hebt fich die marmorgetäfelte Plattform
der Felfenmofchee, der einfüge innere Vorhof, von dem
weiteren Tempelplatze ab. Lebhaft erinnert das Bild an
das Pfalmwort: ,Um Jerufalem find Berge ringsumher'
Pf. 125, 2. Deutlich erkennt man die höheren Berge von
Moab im öftlichen Hintergrund.

Wir befitzen Bilder von Jerufalem, die vom Oelberg
aus aufgenommen find. Sie zeigen, wie das Terrain von
Offen nach Weften auffteigt, fo dafs der Tempelberg die
tieffte Stelle einnimmt; aber die eigentliche Stadt laffen
fie viel zu wenig erkennen. Wir begrüfsen daher Hent-
fchel's Werk als eine fehr willkommene Ergänzung unferes
Bilderfchatzes von der heiligen Stadt, und zweifeln auch
nicht, dafs es in weiten Kreifen Anerkennung erwerben
wird.

Zürich. K. Furrer.

Boehmer, Pfr. Lic. Dr. Julius, Reich Gottes und Menschen-
SOhn im Buche Daniel. Ein Beitrag zum Verftändnis
feines Grundgedankens. Leipzig, A. Deichert, 1898.
(VII, 216 S. gr. 8.) M. 3.60

In feiner fehr befonnenen und fleifsigen Arbeit geht
Verf. aus von der Frage nach dem Grundgedanken des
Buches Daniel, über welches die, nach feiner Meinung,

noch fehlende Klarheit und Einflimmigkeit auf Grund ( „r. ^ VT1-1:""

der Exegefe und der Zeitgefchichte noch gewonnen (cap. 3), fo dafs feine .Verrücktheit' (gegen Reufs) 1

verbleibt auf die Dauer bei keinem, bis Gott zuletzt ein
unzerftörbares, ewiges Reich aufrichtet. Alfo um ein
Gottesreich handelt es fich in dem ganzen Buche. Der
bisher vertretene Gegenfatz zwifchen Weltreich und
Gottesreich mufs aufgegeben werden, S. 87. — Der Sinn
des 3. cap.: Das Königreich Gottes bleibt für die Er-
kenntnifs Nebukadnezars noch im Hintergrund und wird
lediglich aus cap. 2, als Nebukadnezar von Daniel kundgegeben
vorausgefetzt, ohne dafs es doch bisher Eindruck
auf den König gemacht hätte; N. erkennt aber den
höchften Gott nicht blos aus feiner Weisheit, fondern
auch aus feiner Macht; er erkennt ihn nicht blos an,
fondern preift ihn laut über allen andern Göttern; N.
nimmt nicht nur perfönlich Stellung zu ihm, fondern
verbietet auch feinen Unterthanen jegliche Läflerung
Gottes. Das 3. cap. ift eine Ergänzung zum zweiten;
eine felbftändige Bedeutung beansprucht es nicht, wenig-
ftens nicht in dem Mafse, wie cap. 2, 4, 6, S. 90. ■—
Der Sinn von cap. 4: N. erkennt das Königreich Gottes
an und zwar aus eigener Erfahrung, durch das perfon-
liche Erleben eines fchweren Gerichts Gottes veranlafst,
und ift voll Preis und Dank darüber, S. 74. Hier wird
eine innerliche Stellungnahme N.'s zum allerhöchsten
Gott begründet, die auf perfönlicher Erfahrung von dem-
felben beruht und des Königs ausdrückliche Anerkennung
für das Königthum Gottes zur Folge hat, S. 94. Der
Fortfehritt, den der Verf. bisher feftzuftellen verflicht
hat, läfst fich in cap. 5 nicht wohl aufdecken. B. mufs
darum, S. 101, erklären: Wenn auch cap. 5 im Fortgang
der Erzählung nichts Wefentlich Neues bietet, fo ift doch
der Fortfehritt gegen die vorhergehenden Capitel
im Allgemeinen unverkennbar. Belfazar macht nach
den gewaltigen Fortfehritten N.'s in der Erkenntnifs
Gottes wieder einen mächtigen Rückfehritt. Aber er
ftöfst doch keine Drohung gegen die Chaldäer aus wie
einft N. (cap. 2); auch nicht gegen die Diener Gottes

werden mufs, S. 2. Das fei nur möglich durch eine er- Allgemeinen abgenommen hat. — Einen weitaus inten-
neute Unterfuchung zweier wichtiger Grundbegriffe, näm- ; fiveren Fortfehritt bildet cap. 6. Hier ift bei Darius die
lieh .Königreich Gottes' und .Menfchenfohn'. Erkenntnifs des wahren Gottes und feiner Königsherr-

Nacheiner längeren Ausführung über die Entftehungs- fchaft in Herz und Gewiffen von vornherein begründet;
zeit des Buches, S. 11-30 - Zeit Antiochus'IV S. 28 - es bedarf keiner Vermittlung Daniels, keiner Ankün-
und über die Perfon des Verf 's, S. 30 - 55 _ der j digung und Mahnung desfelben, wie in fämmtlichen vor-
wow ein Schriftgelehrter, aber gleichzeitig .Träger und hergehenden Capiteln, S. 102 f. — Für Daniels Stellung
Ueberbnnger wirklicher Gottes-Offenbarung zu fein, fich im Weltreich bietet cap. 6 den Schlufsftein- N hatte ihn
bewuist ift' S. 36 — folgt eine Skizzirung des Grund- über die Provinz Babel gefetzt 2,48; cremäfs 5 2Q folfte
gedankens des Buches: Der erfte Theil (cap. i_6) weift er der Dritte im Königreich fein. Nun follte er dem-
Unmöglichkeit nach, dafs das Univerfalreich, wenn nächft Herrfcher über das ganze Reich werden, 6, 4-
es auch bisher fo gefchienen habe, auf die Dauer den j Hier wird in der That der Gedanke auf die höchfte Höhe
HeidenTZugehoren könne; auch fei jenes ja nur durch | gefchraubt, wie fchon in alten Zeiten ein Israelit in Wahr-

Israels Hilfe und um Israels Willen, zur Vorbereitung auf
die Zukunft, die Israel allein gehöre, möglich gewefen.
Der zweite Theil (cap. 7—12) zeigt, dafs vielmehr Israel
in dem längft im himmlifchen Hintergrund vorhandenen

heit die Welt regierte oder doch beinahe regiert hätte,
S. 105. —

Die Gottfeindhchkeit der Heiden macht es unmöglich
, dafs fie zur Erkenntnifs des allerhöchften Gottes

Menfchenfohn dazu prädeftinirt fei,"Träger der Welt- I kommen und Träger feiner Königsherrfchaft auf Ef<w"
herrfchaft zu werden und ein ewiges Königthum Gottes werden. Sie werden darum verworfen; Israel wird u
auf Erden zu verwirklichen, S.6o. Vgl. auch S. 87. 106 u.ö. I Nachfolger des letzten heidnifchen Reiches und d
Diefem Grundgedanken dienen die einzelnen Capitel: ! dauernde Träger von Gottes Königsherrfchaft, S. y2
Der Sinn von cap. 1 ift: Daniel, der Jude, wird auf feine Man wird den Ausführungen des Verf.'s gewifs m

Aufgabe vorbereitet, den heidnifchen Weltherrfcher zu 1 Intereffe folgen, aber zum Schlufs fich doch nicht .
lenken und zu leiten und durch die von Gott gefchenkte friedigt fühlen. Die ähnliche Formel in 2, 37 und J,
Weisheit und Kraft die Zügel des Weltregiments in die ; genügt nicht, um den bisher feilgehaltenen G5Sc.n.' „
Hand zu nehmen, S. 65. — Der Sinn von cap. 2: das : zwifchen Weltreich und Gottesreich als einen irrtliu
Königreich Gottes, Gegenftand und Ziel der Verkündigung • liehen erfcheinen zu laffen. Dazu kommen Einzelne!
Daniels, wird von Nebukadnezar als ,Geheimnifs' aner- ' gegen die Gefammtauffaffung B.'s wie die: Ift der-in
kannt, ohne dafs er Stellung dazu nimmt, nur erkennt ; des erften Capitels wirklich die Vorbereitung Dan ^
er für den Augenblick Gott die oberfte Stelle in der darauf, die Zügel der Weltregierung in die Hand
Götterwelt und über allen Königen zu, S. 71. Weltreich nehmen, und nicht vielmehr ein Beifpiel von Gclet, ,
und Gottesreich einander gegenüber zu Hellen, entfpricht treue zu geben, das den Lefern als Vorbild dienen 10 ^
weder der Stelle 2, 37—45, noch dem ganzen Aufbau Ferner: Cap. 5 ift eine verhängnifsvolle Untcrbreci
des Buches; Gott giebt die Weltherrfchaft, die wefent- | des Fortfchrittes in der Darftellung, die der Verl. >