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Ausgabe:

1899 Nr. 13

Spalte:

398-400

Autor/Hrsg.:

Chantepie de la Saussaye, P. D.

Titel/Untertitel:

Die vergleichende Religionsforschung und der religiöse Glauben. Vortrag, gehalten auf dem ersten religionswissenschaftlichen Kongresse in Stockholm am 31. August 1897 1899

Rezensent:

Troeltsch, Ernst

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 13. 39s

folgt, hat der Verf dies verkannt Die Kehrfeite dazu ; Schrift und deren Verfaffe- Indeffen ift das nur fchein-
i(l, dafs er wieder mit Frank die Dogmen, die ein philo- bar. Ich würde die eben ausgefprochenen Einwände
fophifch bedingter Ausdruck des chriftlichen Glaubens gegen Frank nicht erheben, ohne die Pflicht zu cm-
find, für die Glaubensrealitäten felber hält. pfinden, feine Theologie zugleich aus den geiftigen
Ferner hat er unter dem Einflufs Frank's fleh Strömungen verftändlich zu machen, aus denen fle entgeht
klar gemacht dafs objective Erkenntnifs' zweier- | ftanden ift, und ohne zu bezeugen, dafs fle für den
lei bedeuten kann' Gewifs ift, was wir im Glauben | evangelifchen Glauben und gegen die Repnfttnations-
erkennen — darin haben Frank und der Verf. theologie als folche im Geift ihres Urhebers gedacht war.
Recht — ein Inbegriff von objectiven Realitäten. Wer Alles das fällt aber dem gegenüber weg, der Frank's
das verneint verneint den Glauben felbft. Infofern theologifche Erbfchaft vorbehaltlos antritt. Nicht zwar
■R alfo die Erkenntnifs des Glaubens eine ,objective'. er — wir gehen alle von dem aus, was wir von unfern
Sie hört aber als Glaubenserkenntnifs niemals auf, in den Lehrern übernommen haben - wohl aber fein Unter-
durch den Glauben bezeichneten fubjectiven Beziehungen , nehmen wird von diefen Einwanden getroffen, ohne dafs
?u ftehen. Wer davon abfleht und in diefem Sinn ob- ihm Aehnliches wie Frank zur Seite fleht,
jective Erkenntnifs fucht, macht die unfichtbaren Reali- Beriin Kaftan.
täten des Glaubens zum Gegenftand einer Erkenntnifs, _

..... ----er— :a FW thut

derne Kultur. Vortrag auf dem erden religionswiffen-
fchaftlichen Kongrefs in Stockholm, gehalten am
2. September 1897. Mit Genehmigung des Verfaffers
aus dem Franzöfifchen überfetzt von Pfr. G. Sterzel.
Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1898. (52 S. gr. 8.)

M. —.80

Chantepie de la Saussaye, Prof. D. P. D., Die verglei-

Vor-

'aicn aes oiaubens zum ucgnww.
die nur der endlichen Welt angemeffen ift. Das thut

£rank auch durchweg. Einer fehlerhaften Combination Sabatier, Prof. Dekan Auguft, Die Religion und die mc-
über lej.ermxy.c her's folgend glaubt er durch Reflexion rfÄPnft KllltllP Vortrafr auf dem erften reli„ionswiffcn.
uoer die Wiedergeburt und ihre Gewifsheit die Ver-
ffewifferung des ganzen Dogmenkreifes nachweifen zu
k°nnen. Damit überträgt er naturwiffenfchaftliche Methoden
auf diefes ganz andere Erkenntnifsgebiet. Das thut
nun auch unfer Verf. fortwährend; dafs wir es im Glauben
Jd't objectiven Realitäten zu thun zu haben überzeugt
'"d", fetzt er in das Andere um, dafs wir hier eine vom

glauben, d. h. von den perfonlichen Beziehungen der *»«»Hto|ii» uc 10 oaua„«jv, -----_.,

RrkenntnifsabflrahirendeErkenntnifsmethode üben follen. chende Religionsforschung und der religiöse Glaube

Wie wenn ein Kind meinte, in der Erkenntnifs feines j trag, gehalten auf dem erften religionswiffenfchaft-
aters zu wachfen, indem es ihn logifch und kunftgerecht iichen Kongreffe in Stockholm am 31. Auguft 1897
aas Reich der Lebewefen einordnete und das für das Freihnrc ; r? 1 r n M^h,- tö^s "?ttt ,« c o'
t^nfich' des Vaters erklärte. Wachfen wird es in der 1 reibur§ B' *4 C B- Mohr' l898- (m, 36 S. gr. 8.)
Frkenntnifs des Vaters nur und, fo weit möglich, das M. —.60

ähniflch< erreichcn> wenn und indem es dem Vater immer Larsen, Pfr. Lic. H. Martenfen, Jesus und die Religions-
s.inhcher wird. Nicht anders bei der Gotteserkenntnifs. geschichte. Vortrag auf dem erften religionswiffen-

■ aus den perfonlichen Beziehungen loslolen heilst lie e. . T, . . _ ,, , ° ,
S<*ltch verändern. Es wird dadurch principiell ein dem 1 fchaftlichen Kongrefs in Stockholm, gehalten am
Rauben entgegengefetztes unfrommes Verhältnifs zum j 3- September 1897. Mit Genehmigung des Verfaffers
S^genftand eingenommen. Diefes Quidproquo ift eine j aus dem Dänifchen überfetzt von Pfr. Dr. G. Sterzel.
2? grofsen (objectiven) Unwahrheiten, an denen Frank's I Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1898. (32 S. gr. 8.)
'heologie krankt. Aber freilich ift fie für ihn unent- M — 60

>ehrlich. Denn wenn das halsbrecherifche Unternehmen, -.

^as 'n einem ganz anderen geiftigen Zufammenhang ent- Soderblom, Pfr. Nathan, Die Religion und die sociale Entstandene
Dogma aus der frommen Erfahrung des evangel. 1 Wickelung. Vortrag auf dem erften religionswiffen-
briftcn abzuleiten, glücken foll, fo mufs irgendwo der | fchaftlichen Kongrefs in Stockholm, gehalten am
foDhirTLang oV°m Plauben fubtilcn theologifch-philo- 3r_ Auguft 1897. Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1898.
^Pnifchen Speculation gemacht werden, der aber doch m VU ^ 8 'J .T V

Jlcht foll gemerkt werden dürfen. Das gefchieht unter j ^ ^ S- §r- 80 160
npf 9evife der Objectivität der Glaubensrealitäten, die 1 Der Stockholmer religionswiffenfchaftliche Congrefs
e.,t: Recht behauptet, aber mit Unrecht zum Vorwand gehört mit zu den bedeutfamen und erfreulichen Zeichen
ner dem Glauben entgegengefetzten Erkenntnifsweife der Zeit, infofern er einen der Verfuche ruhiger und
senornrneri wird. fachlicher Verftändigung über die religiöfe Lage bedeutet

zu .ndüch bleibt gegen den Verf wie gegen Frank und damit das Vorhandenfein einer von allen kirchlichen
fie -kinnern' dafs d'e Methode des Schriftgebrauchs, die Befonderheiten unabhängigen Gemeinde darftellt, die die
. üben, völlig willkürlich ift. Diefe aus dem Zufammen- Probleme als offene anerkennt und im gemeinfehaftlichen
einn£ geriffenen Schriftftellen, die dem Text nach Bedarf Suchen fleh verbunden fühlt. Wie würde Rieh. Rothe
In £.enjgt werden, läfst man fleh in einer Predigt gefallen. > über eine folche unkirchliche Vereinigung fleh gefreut
h c,ne theologifche Erörterung dagegen gehören fle nicht, haben! In der That find auch die Themata fo gewählt,
njrr ?,n ai'fs Ganze gerichtetes gefchichtliches Verftänd- dafs in ihnen die brennenden Hauptfragen zur Befprechung
vir, der Schrift ift hier am Platz. Denn wir müffen den kommen,
o glichen Inhalt der Schrift zu ermitteln fliehen und die
^ ntt nicht fagen laffen, was uns pafst. Aber freilich
D0r,°; d!e Fiction aufrecht erhalten werden, dafs das

kommen.

Sabatier behandelt in der bekannten eleganten
und lichtvollen Weife die allgemeine Lage, die Frage
nach dem beflehenden und auf der beftehenden Grund-

rj°£rn' die Fiction aufrecht erhalten werden, aais uas

GUuhp den Inhalt der durch die Scnrift normirten läge fleh weiter entwickelndem Verhältnifs von Religion
dann !,"sRewifshe't des evangelifchen Chriften bildet, und moderner Kultur. Er giebt hierbei eine Zufammen-
ein Sei v die Scbrift unter das Dogma gebeugt und faffung der Grundgedanken feiner Esquisse d'une philo-
gewählt werden, der das unter der soplue de religion, über die ich mich bereits an anderem
aufeell 5™ beforgen geftattet. Nur wird dadurch nicht Orte (Deutfche L. Z. 1898, Nr. 19) ausführlich ousffC
^Tothwe i"', dafs der Schriftffebrauch falfch ift, und die 1 fprochen habe. Seine Auffaffung entfpricht dem Neu-
^heolo1 " ' ihn {o 7U geflalten» eben auch ge8cn die ' kantianismus der deutfehen Theologie, nur mit flarker

Nu8'6 -7'fll8t' fur die er eine Nothwendigkeit ift. Zurückdrängung der bei diefer noch vorwiegenden kirch-

"ach L1 "cnten fleh diefe Bedenken alle dem Anfchein liehen Intereffen und in Folge deffen ftärkerer Verföh-
;hr gegen Frank, als gegen die vorliegende I nung von Religion und Kultur, die fleh Sabatier in der