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Ausgabe:

1899 Nr. 13

Spalte:

392-393

Autor/Hrsg.:

Gelzer, Heinrich

Titel/Untertitel:

Sextus Julius Africanus und die byzantinische Chronographie. 2. Theil. 2. Abtheilung. Nachträge 1899

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 13.

392

kann. Einer befonderen religiöfen Dispofition bedurfte regend fcheinen mir hier namentlich z. T. die Ausführungen
es nicht. Wie es auch um die Bedeutung diefer Un- J über die Bedeutung der Taufe für das Bewufstfein der
mittelbarkeit des Geiftes flehe, ich denke, eine Unter- ; Gläubigen. Von der Nothwendigkeit, die Taufe in ihren
fuchung wie die vorliegende follte es denn doch ge- ; Wirkungen von der Annahme des Evangeliums felbft
radezu als eine Hauptaufgabe betrachten, die religiösen , in diefer Art zu (ondern, hat mich M. freilich nicht über-
Vorausfetzungen der Leute, an die P. fich wandte, zu ] zeugt. Indeffen mufs ich weitere kritifche Bemerkungen

ermitteln oder, falls nichts Greifbares zu gewinnen ift,
recht ausdrücklich klarzuftellen, welche Lücke für die
Erkenntnifs der feelifchen Vorgänge unausgefüllt bleibt.
Es zeigt fich hier befonders deutlich, dafs der Verf. mehr

hier unterdrücken. Ebenfo kann ich mancherlei Bedenken
, die ich u. a. gegen die innere Folgerichtigkeit
leiner Deductionen, gegen feine exegetifchen Erörterungen,
befonders die Art, wie er aus eineinen Worten und

pfychologifch-doctrinär als hiftorifch-realiftifch verfährt. : Stellen bewehr, oder gegen die Auffaffung von Begriffen
Auch pfychologifch waren die Vorgänge in einer Welt, ; wie Sündenvergebung, ,Sterben mit Chriftus' vorzubringen
wo es nicht nur jüdifche Propaganda, fondern Myfterien ; hätte, nicht entwickeln. Für falfch d. h. für eine höchftens
und religiöfe Fragen, Bedürfnifse, Senfationen mancher j halbwahre Anfchauung halte ich die Meinung, der Ur-
Art gab, doch etwas komplicirter, als er glaubt. fprung der paulifchen Terminologie liege durchweg in

Der Erfolg der. Predigt war eine an der ficheren ; den concreten Erfahrungen der damaligen Chriften.
Bezeugung der Auferweckung Jefu primär fich entzün- Den Zweifel an der Ergiebigkeit des geftellten

dende, nicht intellectuell vermittelte, fondern unmittelbar | Themas, mit dem ich das Buch zur Hand nahm, hat
aufblitzende, impulfiv, inflinctiv hervorbrechende Ge- die Leetüre reichlich beftätigt. Indeffen hat fie doch
wifsheit voll Freude, Enthufiasmus, ja Leidenfchaft. Er zum Theil auch die Erwartung erfüllt, es werde immer-
fchlofs fich ab in perfönlicher Unterwerfung unter die hin nicht ohne Werth fein, auch einmal unter dem hier
göttliche Autorität und Gnade mit Verzicht auf alle bis- verfolgten Gefichtspunkte die Paulusbriefe zu betrachten,
herigen Ruhmestitel. Wie es aber zu diefer Wirkung kam, : In einigen präcifen Sätzen das haltbare Neue der Unter-
ift damit nach M. noch nicht begriffen. Es wird auch weder j fuchung auszudrücken, will freilich nicht gelingen. Damit
durch den Charakter des Evangeliums noch durch den wird nicht verkannt, dafs fie viel Richtiges, wenn auch
der Boten wirklich verfländlich. Da jede ihrem Wefen 1 in kräftig einfeitiger Beleuchtung, enthält. In feinem
nach allem andern heterogene Erfcheinung dem menfeh- 1 fupranaturaliftifchen Realismus befitzt der Verf. jedenfalls
liehen Geifte nur durch unmittelbare Erfahrung vermittelt ' ein Element der Congenialität mit Paulus, das ihn für die
werden kann (193), kann die Erklärung nur in einer ! Erfaffung mancher feiner Gedanken wie des ganzen
(freilich nicht näher definirbaren) unmittelbaren Einwir- J Geiftes feiner Predigt in gewiffer Richtung befonders
kung Gottes liegen. Die Beobachtung' (!S. 194, vgl. ; disponirt. Die Pfychologie des Buches enthält manches
178ff.) des P., dafs mit ihm die perfönliche Energie 1 Feine und gereicht, wenn nicht dem Hifloriker, doch dem
Gottes auf den Plan trat, hat alfo feften Boden. Diefe j Seelforger zur Ehre, der fich hier auf das hiftorifche Ge-
fupranaturale Spitze feiner Darlegung verficht M. mit j biet begeben hat.

fympathifcher Entfchloffenheit: er nennt es nach den j Breslau W Wrede

Grundfätzen der caufalen Methode ,geradezu unwiffen-
fchaftlich' (200), den übernatürlichen Factor zu leugnen |

und nennt es feige (202), bei einem Räthfel flehen zu Geizer, Heinrich, Sextus Julius Africanus und die byzantinische
bleiben. Ueber diefe Confequenz liefse fich nun viel- Chronographie. 2. Theil. 2. Abtheilung. Nachträge,
leicht ffreiten wenn des Verf. Vorderfätze, nicht nur die , Leipzig, J. C. Hinrichs, 1898. (III. u. S. 428-500 gr. 8.)

oben beleuchteten, fondern auch die von der abfoluten r 0 ' J _

/Unmittelbarkeit' der Gewifsheit und der abfoluten Hete- ' '

rogeneität der Verkündigung und der Verfaffung der Statt der Sammlung der Fragmente des S. Julius

Hörer erwiefen wären. Thatfächlich liegt die Sache Afrikanus, die den Schlufs von Gelzer's bekanntem Werke
wohl fo, dafs das Intereffe an diefer Confequenz ihn (vgl. darüber diefe Zeitung 1880, 278 ff.; 1885, 423 ff.)
unbewufst verleitet hat, die paulinifchen Ausfagen über hatten bilden follen und die nunmehr für die Berliner
Evangelium, Predigt und Glaubensgewifsheit fo einfeitig Kirchenväter-Ausgabe beftimmt find, erhalten wir von
auszubeuten, wie er es gethan hat. Vielleicht könnten dem kundigen Verfaffer eine Ueberficht über die Leiftun-
ihm Analogien der Religionsgefchichte am bellen zeigen, gen der fyrifchen und armenifchen Chroniften. Von
dafs man bei der Entftehung unmittelbarer Gewifsheit Syrern kommen zwei in Betracht: der 1199 als antioche-
nicht zu fchnell glauben darf, die fuprajiaturale Wirkung nifcher Patriarch vom monophyfitifchen Ritus geftorbene
,conftatirt' zu haben. Mar Michael der Grofse, gewöhnlich Michael der Syrer

Der letzte Abfchnitt behandelt das allmälige Werden ; genannt, und der in der erflen Hälfte des 13. Jh. lebende
des neuen Lebens in feinen verfchiedenen Stadien. Mit ; Neftorianer Mar Salomon, Metropolit von Perat-Maisan
dem Glauben war eine Loslöfung vom ganzen bisherigen {al-Basrä). Ueber Michael, den wichtigeren der beiden»

Dafein, ein Umflurz aller Werthe gegeben, begleitet von

deffen Chronik wegen der zahlreichen darin verarbeiteten

dem Hochgefühle einer ungeahnt herrlichen Wendung älteren Schriftfteller von grofser Bedeutung ift, handelt
und einer intenfiven Spannung auf das Ende (vgl. die G. am ausführlichflen. Die Kenntnifs feines Werkes
treffenden Bern. S. 219). In diefem Proceffe ift zunächft , können wir, da das fyrifche Original zwar noch exifhrt'.
noch alles impulfiv und intuitiv, die Objectivirung des aber von feinem Befitzer, einem chaldäifchen Bifcho*
Erlebens durch das Denken und alle weiteren Schritte ) (Rahmani von Aleppo), der es (1889) nach Rom gebracht
der Erkenntnifs folgen erfl nach. Neben der Entftehung
der Gewifsheit ift aber als ein zweiter befonderer Vorgang
mit eigenen bedeutfamen Wirkungen die Taufe zu
betrachten. Sie ift der ,Durchbruch' des neuen Lebens,
bedeutete (um nur einiges hervorzuheben) active Selbft-
entfeheidung für Gott und als finnenfälliger Act einen
entfeheidenden Halt für das Bewufstfein, weiter als Handlung
am Menfchen effective Befreiung von der Sünde
(1. Ko. 6U), wenn auch nicht Sündigkeit, objective Versicherung
der Sündenvergebung, endlich Vermittelung
des (fupranatural zu verftehenden) Geiftesempfanges und
Einfügung in den Lebensorganismus der Gemeinde. An-

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hatte, wieder nach Syrien zurückgefchleppt worden Ju»
vorläufig nur aus den armenifchen Ueberfetzungen ode
richtiger Bearbeitungen fchöpfen. Wir befitzen zwf
folche Bearbeitungen; eine längere von V. Langlo,s
nach zwei Handfchriften von S. Lazzaro 1868 ins n"'J,n'
zöfifche übertragen, und eine meiftentheils verkürzende»
gelegentlich auch ausführlichere, nur armenifch in ejne
1841 zu Jerufalem erfchienenen Ausgabe veröffentlich •
Wie frei die Bearbeiter verfahren find, zeigt G. an defh
Abfchnitt vom Tode Adams bis zum Fall der Söhne
Seths. Weiter notirt G., dafs das Britifche Mufeum 1«
1891 eine die armenifche Verfion an Vorzüglichkeit v/e