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Ausgabe: | 1899 Nr. 1 |
Spalte: | 369-375 |
Autor/Hrsg.: | Hönig, Wilhelm |
Titel/Untertitel: | Richard Rothe. Sein Charakter, Leben und Denken. Zur Feier seines hundertsten Geburtstages dargestellt 1899 |
Rezensent: | Achelis, Ernst Christian |
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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 12.__37°
1 monte 184, 5. Wenn in den Handfchriften einige
ih0niequenz in Betreff diefer Formen herrfchte, fo wäre
dies f"anme zweifellos zu billigen. Ja man müfste
ah jU dann thun, wenn keine Confequenz beftünde,
der A -ein hoher Grad von Wahrfcheinlichkeit, dafs
|ja- "-ut°r im einen Falle die incorrecte Form gebraucht
ltn andern nicht. Aber weder das eine noch das
des7effindet ftatt" Es herrfcht hier lediglich ein Spiel
falh o tund d'e Handfchriften variiren in der mannig-
^ "R'ten Weife von einander. Man hat eben in der
ein -acne Endungen wie 0 und um, a und am, e und
Fehn menr unterfchieden. Daher find fie von un-
s udeten Abfchreibern ebenfo oft verwechfelt worden wie
ungebildeten Autoren. Da nicht feiten eine Hand-
Syftem Rothe's auf verhältnilsmäfsig kleinem Raum
vorzuführen und zu beurtheilen, bewundernswerth lichtvolle
Darftellung, die pietätvolle Würdigung des wunder-
famen und tieffinnigen Lehrgebäudes, das Rothe in
feiner Theologifchen Ethik dargeboten hat, nicht minder
das congeniale religiöfe Anempfinden an des Meifters
hohen Gedankenflug, — das etwa charakterifirt die
Schönheit des Werkes. Die Beurtheilung, welche die
Darftellung meiftens begleitet, ohne jedoch den Zufammen-
hang und den Flufs der Darftellung ftörend zu unterbrechen
, tritt an zwei Stellen (im 4. Abfchnitt) gefondert
auf, motivirt durch das Bedürfnifs des Lefers, die Be-
fonnenheit der objectiven Anfchauung gegenüber dem
kühnen Aufbau des Syftems nicht zu verlieren. Mehr
noch als die Darftellung ift die Kritik, die Holtzmann
an dem Syftem übt, warmer Bewunderung werth. Schärfe
und Feinheit des Gedankens ift bei dem Verfaffer felbft-
"*n ungebildeten Autoren, u» u.w.
'chrift die incorrecte Form bietet, wo eine andere die
5°,rrecte hat, aber alles ohne Confequenz, fo läfst fich
cnwerlich irgendwo mit Beftimmtheit fagen, dafs die 1 uuu r«uuai uu ^v.
jncorrecte Form vom Autor felbft gebraucht und darum verftändlich, ebenfo die völlige Beherrfchung des Gegen-
11 den Text aufzunehmen ift. Bei diefem Sachverhalt j ftandes und ein reiches Wiffen auch in den Gebieten,
aurfte der von Gildemeifter eingefchlagene Ausweg die dem fpeciellen Lehrberuf des Verfaffers ferner liegen!
mpfehlenswerth fein, die correcten Endungen, foweit fie j Aber dafs die Kritik trotz der gewichtigen und unwider-
_e,u handfehriftliches Zeugnifs für fich haben, in den , fprechlichen Gegeninftanzen, die geltend gemacht werden,
Aprt zu fetzen, aber durch curfive Schrift hervorzuheben. , dem Werthe des Meifterwerkes in vollem Mafse gerecht
f/,er im Intereffe der Sprachgefchichte die fehlerhaften j wird, ohne auch den wärmften Verehrer Rothe's irgend-
• ™ WiHfi-hen I wie zu verletzen, das ift lebhaften Dankes werth.
•*w im interelle der opraciigcioii.^..- ur;a,rrhpn
Schreibungen verfolgen will, findet ja im kntifchen
Apparat dafür das ausreichende Material.
Gaff: E. Schürer
Böttingen.
wie zu verletzen, das ift lebhaften Dankes werth.
Schüler Richard Rothe's im vollen Sinne des
Wortes, die nicht nur die Refultate feiner Speculation,
fondern auch den Weg, auf dem fie gefunden wurden,
dauernd fich angeeignet hätten, giebt es nicht und hat
es auch nie gegeben. Viele danken dem hochbegnadeten
Lehrer den Anftofs zu einer ewigen Bewegung, liebevolles
j ■<----A..r—u— m,„a«
' Holtzmann, H. J., R. Rothe's speculatives System. Darge-
ftcllt und beurtheilt. Freiburg i. B„ J. C. B. Mohr, I ff'"cl
•899 rXII ,roS r.r 81 M e 6o- treb M 660 Veviandnifs der Theologie und ihrer Aufgaben, Manche
2 II« , 1 U' 269 b- gr' 8-] 5 ' g auch ein wenig Märtyrermuth im Dienfie der erkannten
" H°nig, Pfr. Wilhelm, Richard Rothe. Sein Charakter,Leben Wahrheit; aber die Theologie, fo wenig fie auch der
u°d Denken. Zur Feier feines hundertften Geburts- J Speculation auf die Dauer wird entrathen können, wird
tages dargeftellt. Berlin, C. A. Schwetfchke & Sohn, doch voraussichtlich denselben Weg niemals wieder be-
_ ! treten, den Rothe eingefchlagen hat. Holtzmann hebt
I898. (227 S. 12.) " M. 2.
• ^ossermann, Prof. D. Heinrich, Richard Rothe als praktischer
Theologe. Denkfchrift des praktifch-theolo-
S1 chen Seminars in . Heidelberg zur hundertjährigen
Wiederkehr von Rothe's Geburtstag am 28. Januar
,899- Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1899. (III, 102 S.
gr- 8-) M. 1.6b
Richard Rothe's Briefe an einen jungen Freund, mit erklären-
en Anmerkungen zu feinem hundertften Geburtstag
' ^"sgegeben. Heidelberg, O. Petters, 1899. (IV,
38 S. gr. 8) M. 1.—
u9e|, Otto, Richard Rothe als spekulativer Theologe.
-angenfalza, H. Beyer & Söhne, 1899. (III, 47 S. gr. 8.)
UeG H.. Richard Rothe als akademischer Lehrer. Vor-
rag- Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1899. (39 S. gr.8.)
7. Tr M' ~-n
^oeltsch, Prof. D. Ernst, Richard Rothe. Gedächt-
Srede, gehalten zur Feier des hundertften Geburts-
agcs in der Aula der Univcrfität. Freiburg i. B.,
8. £ ■ K M°hr, 1899. (43 S. gr. 8.) M. -.80
mner' L'C' Dn Pau1' Ricnard Rothe- Ein theolo-
^> ches Charakterbild. Berlin, Reuther und Reichard,
(77 S. gr. 8.) M. 1.20
re'chqeDleSchrift Holtzmann's ift wohl ohne Frage die
?•> den und fchö"fie aller Gaben, die der Erinnerung
'°gie 2 n°chverehrten Meifter der fyftematifchen Theo-
ath 28 |* nundertften Wiederkehr feines Geburtstages,
anVernuar l899> gewidmet find. Die vornehme und
uchts der fchwierigen Aufgabe, das fpeculative
irCLCIl, ViV.11 vvv/vi. v. ~ — b-------
jedoch mit Recht hervor, dafs Rothe's fpeculative Er-
gebnifse, ob fie auch zur Zeit unter anderen Strömungen
zurückgedrängt find, zu einem guten Theil noch eine
Zukunft haben, und er unterläfst es nicht, befonders
in der Darfteilung der moralifchen Gemeinfchaft und
Pflichtenlehre, auf diefe Zukunft hinzuweifen.
Es ift ein Unterfchied zwifchen der erften und zweiten
Ausgabe der Theologifchen Ethik Rothe's. Kühner ift
der Gang der Speculation in der erften Ausgabe. Rothe
ift es felbftverftändlich, dafs von feinem Ausgangspunkte
aus das ganze phyfikalifche und ethifche Weltgebäude
mit logifcher Nothwendigkeit fich entfaltet, fich fo entfalten
mufs, wie er es entwickelt und darftellt. In ge-
wiffer Weife ift diefer kühne Zug in der zweiten Auflage
abgefchwächt, die Reflexion ift, wenn man will: ftörend,
eingetreten. Aber die Reflexion bringt Wahrheitsmomente
ans Licht, die fich nicht abweifen laffen, fo fchädi •
gend fie auch auf den Anfpruch des Syftems wirken,
die logifche Confequenz des fpeculativen Urdatums zu
fein. Die Erkenntnifs macht fich geltend, dafs das fpecu-
lirende Subject die reiche Gottes- und Weltkenntnifs
mitbringt, welche die Tüchtigkeit zum Speculiren, d. h.
das Ineinanderfallen des Gottesbewufstfeins und des
Selbftbewufstfeins, vorausfetzt, dafs daher der Inhalt des
fpeculirenden Subjectes, deshalb auch das Ergebnifs der
Speculation, andere fein müffen auf evangelifchem und
etwa auf römifch-katholifchem Boden. Es fcheint mir,
dafs die von Holtzmann gegen das Ineinanderfallen
des Gottes- und des Selbftbewufstfeins geltend gemachte
Inftanz, dafs die Entftehung des Gottesbewufstfeins
nicht auf das Selbftbewufstfein, fondern auf das Welt-
bewufstfein zurückgehe, die Pofition Rothe's nicht trifft.
Mit vollem Recht dagegen nimmt Holtzmann die an
manchen Wiederholungen leidende Darftellung Rothe's
in der Güterlehre und in der Tugendlehre in Anfpruch;
das höchfte Gut und die Tugend werden zuerft als ab-