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Ausgabe:

1899 Nr. 11

Spalte:

332-333

Autor/Hrsg.:

Krengel, Johann

Titel/Untertitel:

Das Hausgerät in der Misnah. 1. Teil 1899

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. II.

332

unterfcheidet Fr. S. 3 ff. 1) Cap 1—9, wovon 61—19 und
97—18 (ausgen. V. 11) Einfchiebfel fein follen, 2) 10—22us,
3) 2217-2422, 4) 2423—34, 5) 25—29, 6) 30, 7) 311-9,
8) 3110—31. Ein eingehenderes Studium von Kuenen's
Ünterfuchungen über d. Sprüche in feiner Einl. ins A. T.
III, S. 57—102 würde für die Einleitung von Fr.'s Com-
mentar nur von Nutzen gewefen fein. Auch eine Aus-
einanderfetzung mit Behnke's Bemerkungen über Pr 101
u. 251 in ZATW 96 S. 122 vermiffe ich bei Fr. Werthvoll
lind Fr.'s Ausführungen über die griech. und fyr. Prv-
Ueberfetzung. Für die Interpolation von LXX Pr 2611
weift Ryffel in Kautzfeh' Apocr. u. Pfeudep. S. 243
Sir 421 als Quelle nach. Warum wird von Fr. kein Wort
über das von I'estto abhängige Targum gefagt? Ein
Sündenregifler über Druckfehler, das ziemlich lang ausfallen
müfste, möge unterbleiben; hervorheben will ich
nur, dafs es S. 60 Z. 6 v. u. heifsen mufs ,die von Gott
gefchaffne Welt' ftatt ,die gefchaffne Welt Gott'.

Trotz all der bezeichneten Mängel von Fr.'s Arbeit
liehe ich nicht an zu fagen, dafs, obgleich fie dem Jefaja-
Commentar von Duhm und dem Richter-Commentar
von Budde, den beiden Perlen unter den bereits er-
fchienenen Bänden der Nowack'fchen und Marti'fchen
Sammlung nicht an Werth gleichkommt, fie doch im
Allgemeinen auch nicht unter das glücklich gefchaffene
Niveau der beiden Concurrenzcommentarwerke finkt.
Im Ganzen und im Einzelnen würde ich die Wildeboer-
fche Prov.-Erklärung der von Fr. vorziehen.

All das der Fr.'fchen Leiftung gefpendete Lob wird
der nicht vorenthalten, dem der heutige altteflamentliche
Commentar der Form nach als das non plus ultra
biblifcher Wiffenfchaft gilt. Ich kann diefe Anficht nur
wenig theilen. Ich will damit nicht fagen, dafs die drei
wiffenfchaftlichen modernen altteftamentlichen Commen-
tarwerke von Hirzel, Vandenhoeck und Siebeck auf
ihrem Titelblatt zwar andeuten, dafs fie kurz und handlich
fein wollen, in Wirklichkeit aber zum Theil ganz
ftattliche Wälzer find, oder von der Kunft, Kurzweil zu
bereiten, nur wenig Gebrauch machen — fondern ich 1
meine, dafs fie den Lefer zu keinem ruhigen und rationellen
Genufs des Inhaltes der einzelnen biblifchen Bücher
gelangen laffen. Hin und wieder ift ja durch zufammen-
faffende Ueberfichten dafür geforgt, dafs der Lefer über
den Inhalt gröfserer oder kleinerer Abfchnitte orientirt
ift — aber die Einzelexegefe ift ein Meer, in das Ströme
verfchiedenfter Färbung münden: dort eine Notiz zur
Rechtfertigung der Ueberfetzung, dahinter eine archäo-
logifche Bemerkung, dann Befprechung einer abnormen
grammatifchen Form, endlich eine fogenannte biblifch-
theologifche Erörterung, zuvor vielleicht eine Angabe
über ein Einfchiebfel oder eine Textcorrectur! So geht
das Vers für Vers, Capitel für Capitel, Buch für Buch!
Zur Beftätigung für das Gefagte lefe man 2—3 Seiten
irgendeines altteftamentlichen Comrnentar's der modernen
Richtung. Der heutige altteftamentliche Commentar ift,
mit alten Namen ausgedrückt, ein wenig bekömmliches
Mifchgebräu von Targum, Midrafch und Maffora! Das
Uebel läfst fich vielleicht befeitigen, wenn all das, was
zum formalen Verftändnifs eines Abfchnittes gehört unter
Anwendung ftrengerer philologifcher Grundfätze für fich
behandelt und dann der Inhalt unter Aufgeben der ato-
miftifchen und paraphrafirenden Worterklärung vom
religionsgefchichtlichen Standpunkt aus im organifchen
Zufammenhang erörtert wird. Zuweilen werden beide
Betrachtungsweifen in einander übergehen, principiell
wird fich die Trennung aufrecht erhalten laffen und gute
PTüchte zeitigen.

Halle a/S. Georg Beer.

Rückert, Prof. Dr. Karl, Die Lage des Berges Sion. Mit

einem Plan. (Biblifche Studien. Unter Mitwirkung
von W. Fell, J. Feiten, etc. herausgegeben von Prof.
Dr. O. Bardenhewer. 3. Band. 1. Heft.) Freiburg i. B.,
Herder, 1898. (VII, 104 S. gr. 8.) M. 2.80

Die ,Zion-Frage', die hier wieder einmal behandelt
wird, ift ein recht fprechender Beweis dafür, welche Verwirrung
entlieht, wenn man eine fpäte und fchlechte
Tradition nur deshalb, weil fie fpäter die herrfchende
geworden ift, zur Führerin nimmt und darüber die alte
und echte Tradition vernachläffigt und zu Gunften jener
umdeutet. Die alte, d. h. die gefammte vorchriftliche
Tradition, hat unter dem ,Zion' den örtlichen Höhenzug
Jerufalems verftanden, auf deffen nördlicher Erhebung
der Tempel, und auf deffen füdlicher Erhebung die
Davidsftadt lag. Noch im erden Makkabäerbuch ift es
abfolut deutlich, dafs der Zion der Berg ift, auf welchem
der Tempel lag, alfo der örtliche (I. Makk. 4,37.311. 5,51.
7,33. 14,27). Und es giebt keine Stelle im alten Teftament,
welche für Zion = Wefthügel fpräche, wohl aber manche,
welche den Sprachgebrauch des erften Makkabäerbuches
beftätigen. Erft nachdem der Zufammenhang mit der
jüdifchen Tradition verloren gegangen war, hat man in
chriftlicher Zeit, wie es fcheint feit dem 4. Jahrh., den
Namen Zion für den gröfseren weltlichen Hügel gebraucht
. Diefer Sprachgebrauch ift dann der herrfchende
geworden und hat bis in die neuefte Zeit herein viele
Forfcher irregeführt. Auch Rückert nimmt fich noch
diefer Tradition an und verwendet viel Gelehrfamkeit
darauf, fie zu vertheidigen. Ich habe aber nirgends
Gründe gefunden, welche geeignet wären, die bei den
neueren unbefangenen Forfchern mit Recht herrfchend
gewordene Anfchauung zu erfchüttern. Der einzige fefte
Standort für Rückert ift eben die ,Tradition'. Nach ihr
werden alle Angaben des Alten Teftamentes und der
vorchriftlichen jüdifchen Literatur gedeutet. Bei vielen
ift dies ja wegen ihrer Unbeftimmtheit möglich. Aber
eben nur möglich, nicht nothwendig. Und es giebt andere,
wo nur künftliche und gezwungene Exegefe zu dem ge-
wünfehten Ziele führt. Ganz befonders gilt dies von den
angeführten Stellen des I. Makkabäerbuches, die bei
Rückert erft ganz am Schlufs, nachdem das Refultat fchon
vielfach gefichert zu fein fcheint, behandelt werden (S. 98 bis
102). Hier foll ,Berg Sion' nicht in urfprünglicher Bedeutung
, fondern in entfernter Ableitung flehen. Es heifse,
wie fchon in ähnlichen Stellen des Alten Teftamentes,
nichts anderes als ,heiliger Berg', weil Zion der Berg und
die Stadt Gottes war. Zu diefer künftlichen Deutung
wären wir nur dann berechtigt, wenn für die herkömmliche
Meinung ganz andere Gründe vorlägen, als that-
fächlich der Fall ift.

Wenn Rückert als Urheber der neueren Theorie
Cafpari (Stud. und Krit. 1864) bezeichnet, fo ift dies
infofern richtig, als fie erft durch ihn zur Geltung gelangt
ift. Sie ift aber fchon durch Olshaufen vertreten (Zur
Topographie des alten Jerufalem 1833).

Göttingen. E. Schür er.

Krengel, Dr.Johann, Das Hausgerät in der Misnah. I.Teil.
Frankfurt a. M., J. Kauffmann, 1899. (VI, 68 S. gr. 8.)

M. 2.5°

Da die gefetzlichen Vorfchriften der Mifchna in der
mannigfaltigften Weife auf die Gewohnheiten des tägliche"
Lebens Bezug nehmen, enthalten fie eine Fülle antiqua-
rifchen Materiales, aus welchem fich der Culturzuftand
Paläftinas im erften und zweiten Jahrhundert nach Cht
erkennen läfst. Zur Sammlung und Verwerthung diefes
reichen Materiales find erft befcheidene Anfänge gemacht
Hervorzuheben find die beiden Arbeiten von Riege1"
(Verfuch einer Technologie und Terminologie der Hano-