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Ausgabe:

1899 Nr. 10

Spalte:

305-308

Autor/Hrsg.:

Krumbacher, Karl

Titel/Untertitel:

Studien zu Romanos 1899

Rezensent:

Dräseke, Johannes

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Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 10.

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finder auf diefem Felde id. Es bedarf noch vieler, vieler
Einzelvorarbeiten, ehe auf dem tief zerklüfteten, metrifch
und fprachlich gleich fchwierigen, wenig bekannten, z. Th.
faft noch unangebauten Gebiete vorwärts zu kommen ift.
Kr. hat a. a. 0. S. 69—71 davon eine lebendige An-
fchauung gegeben. Aus diefem Grunde hält er die Zeit

Krumbacher, Karl, Studien zu Romanos. München, G.
Franz in Komm. 1898. (200 S. m. 1 Phototypie. gr. 8.)

Wer wufste noch vor wenigen Jahrzehnten in theo-
logifchen und philologifchen Kreifen etwas von dem

Kirchenliederdichter Romanos? Pitra's 1876 zu Paris er- _ &7,----......------~

fchienener erlter Band feiner Analecta Sacra, worin er ! noch mcht für gekonimen, mit feiner Romanos-Ausgabe
zuerft 29 Gedichte des Romanos herausgab, fcheinen in hervorzutreten. Ihr Gelingen wird durch vorbereitende
diefer Beziehung ziemlich unbeachtet geblieben zu fein Arbeiten, wie es eben die Studien find, die er uns vor-
und mehr noch — zum Glück, wie weiter unten hervor- ; gelegt hat, um fo ficherer gewahrleidet Er hat in ihnen
zuheben fein wird — feine im Jahre des Papftjubiläums, einige für die Textbehandlung grundfatzhch wichtige
1888 veröffentlichten Cantica sacra, ex codicibus mss. metrifche Fragender Löfung^entgegenzuführen fich be-
monasterü S. Ioannis in msnla Patmo zuerft ans Licht müht und zur Erläuterung diefer Unterfuchungen die
gezogen, die mit der verheifsungsvollen Auffchrift ge- Beigabe em.ger zugleich als Proben feiner zu erwarten-
fchmuckt ünchSancins Romanus vcterum metodorüm den knt.fchen Ausgabe des Romanos dienender Texte
Pnnccps. Die Kunde hörte wohl mancher damals, jedoch ' für zweckdienlich erachtet Ich billige die es Verfahren
'hm fehlte der Glaube Und das war im Hinblick auf j durchaus und erblicke in den Texten insbefondere einen
die philologifch unglaublich mangelhafte Leiftung Pitra's fchönen, verheifsungsvollen Anfang von jener,
nicht befonders zu verwundern. Erft Krumbacher war I Die Schrift zer allt ,n 3 Ab^
es> der auf ganz andere d. h. viel breitere handfchrift- Studien (S. 44—113), II. Texte (S. 114-201), III. Com-
hche Grundlage gedützt und mit weit umfaffenderer fprach- ' mentar (S. 202-265).

«eher, philologifcher Bildung ausgerüftet und deshalb zu In den metnfehen Studien (I.) fetzt f.ch Kr. natur-

fachgemäLem Urtheil in diefen Fragen ganz hervor- gemafs vielfach mit den drei genannten Vorgangern aus-
«wK ta fcto^ScC d. byl Litteratur' einander. Im Befonderen ift dasin der 1. ,Der Hirmus

('S. ixz-^S^^I^lh^mäM, die/en grofsen, | To» vovv d^epd^^ überfchriebenen^ der Fall. Das
ab"- L ■ ■ "

"der bisher verborgenden' Dichter thatfächheh zuerft in
d'e Gefchichte des griechifchen Schriftthums eingeführt
^t- Er nennt ihn a. a. O. den gröfsten Dichter des
hyzantinifchen Zeitalters, ja er erhebt f.ch, aus1 vertrau-
teßer Sachkenntnifs heraus, zu der kühnen Prophezeiung,
d.'c Litteraturgefchichte der Zukunft werde Romanos
Reicht als den gröfsten Kirchendichter aller Zeiten
In ihm erfcheint ihm die griech.fche Hymnen-
d'chtung in ihrer höchden Vollendung. Was den Lefer
der Dichtungen des Romanos immer aufs neue wieder

Zu ihm wird zurückkehren laden und was felbd feinen .„ „_-. .—,-. --ö-ö--- -•»•

umfan„ - La u ";„P„ „nzerftörbaren Reiz ver- durch ehe zu hohe Anfchauung von der kundvollen

mtangreichden Hymnen einen aus- I Harmonie und Gefetzmäfsigkeit der Hymnendichtung

StUnHd mVeKr"S"*0*S w 3"e Reihe von Unregelmäfsfgkeiten für zu andöfsig und

nr>t, das id nach kr. (a. a. U. ö. 317». » F* verletzend erklärt, um in die Sammlung der für jene

Dichtung in Betracht kommenden Gefetze Aufnahme
finden zu können. Kr. felbd id, durch Meyer's zu darre
Regelmäfsigkeit bedimmt und in feinen Fährten befangen,
lange in die Irre gegangen und hat fich vergeblich bemüht
, der eigenartigen Dichtung durch Textbefferungen
und fondige Mittel beizukommen. Dafs Meyer zu der
von Kr. nunmehr auf vielen Umwegen gefundenen und

Verdiend, das Vorhandenfein einer bedimmten Anzahl
von Freiheiten, die Kr. S. 75—79 näher kennzeichnet,
zuerd klar erkannt und durch eine Reihe von Beifpielen
nachgewiefen zu haben, gebührt W. Chrid (Ant/ioi. gr.
carm. Christ. Ups. 1871, S. LXXV f. XCVIII—CI). Trotzdem
find feine Anflehten und Ergebniffe lange unbeachtet
geblieben. Pitra insbefondere hat durch eine Unzahl
willkürlicher und häufig fprachlich ganz unmöglicher Textänderungen
, wie das zumal in feiner verunglückten Jubiläumsausgabe
hervortritt, eine eingebildete Regelmäfsigkeit
herzudellen verfucht. Meyer dagegen hat, verleitet

glänzende dramatifche Steigerung, die kein' «gg«^
*eiderhaft wie er begriffen und du'chÄ
,VeJ>re, bei keinem byzantinifchen Dichter fon« ^
^hrende Vorzüge rühmt Kr. Romanos ™?™h^n£™
Gedankenreichthum, die oft unübertreffltche ^
kehkeit feines Ausdrucks, feine vol1 e «nd ke ™W>™
hehler Gefchraubtheit und kienter Volks^

gleich fernhaltende Sprache, und dies alles veredeK^un ^ ^ Recht ^ ^ Schlüffel zur Lofung vieler
n die feinde Beleuchtung gehoben durch das man s . Schwier}gkeiten, bezeichneten richtigen Erkenntnifs, ,dafs
faltige und kundvolle rythmifche Gefuge von . , ^ innerhalb desfelben Gedichtes gewiffe Verfe h.n-
erft haben wir eine volldändige Ausgabe des Ko^ , fichtlich der Silbenzahl und des Baues in vermiedenen
au' Grund aller vorhandenen Handfchr.ften, befonder vorkommen dürfen' (S. 83), nicht gelangt ift,

patmifchen zu erwarten Und das wird w den | find h tfachiich die von ihm benutzten

^affliches Ereignifs erden R^S«/el^„^^ ! Texte Pitra's fchuld, die von diefem fo willkürlich gedieh
haben fchon längd nach diefer Ausgabe ausge | find deren f unvollftandig und

[chaut v- -w. ungenügend id, dafs das Erwachen falfcher Anfchauungen

auf diefem Gründe durchaus erklärlich id. Mit Fug hat

■er _ • .- ** "

dä*a*' Kr> hat aber wohl daran gethan, folch unver-
wm üfem Drängen bisher nicht nachzugeben. Gut Ding

pT^'gen, aber in einfeitig klaffifche Vorurtheile verrannten j Kr. in diefem Zufammenhange auf die jüngd von U. v.
^üologen, deren Verhalten dem byzantinifchen Schrift- | Wilamowitz - Möllendorff (Gött. Gel. Anz. 1898, Nr. II

Will fP Stangen uisiier mini ncn.iiz.ugi.L,<-ii. ^...t
fah' le haben. Auf die grofse Menge der arbeits

na1"!!1 gegenüber ich bei verfchiedenen Gelegenheiten | S. 140) beobachteten Fälle regelwidriger Wechfelfolge
chdrücklich zu rügen Veranlaffung nahm, haben die | bei Bacchylides verwiefen und mit befonderem Nachdruck
s ofsen, auf die griechifche Kirchendichtung bezüglichen j auf die Hauptmerkmale aufmerkfam gemacht, nach denen
Y°e'ten von Pitra, Chrid und W. Meyer, wie Kr. in feiner die metrifchen Freiheiten des Dichters von den willkür-
U°rbemerkung' (S. 69) klagend hervorhebt, fo wenig ; liehen Aenderungen eines Bearbeiters oder den durch die
f "druck gemacht, fo wenig ihnen Anfporn und Auf- , fchriftliche Vervielfältigung herbeigeführten Verderbniffen
d derung gebracht, datt den entlegenden Winkeln und zu unterfcheiden find. Der inhaltreichde Abfchnitt der
8eringfügigften Gegendänden des klaffifchen Alter- Studien fcheint mir der erde zu fein. Den zuvor fchon
rng.^^.Theilnahme und Fürforge zu widmen, endlich ein- j genannten Hirmus betrachtet Kr. auf Grund zweier Lieder,
Geh' Bearbeitung und Durchforfchung des riefigen [ einmal der .Verleugnung Petri', nach Pitra von Kr.
WelH teS der in ihren Hauptwerken unzweifelhaft der 1 (S. 114—134) auf befferer Grundlage herausgegeben, und
in a deratur angehörigen griechifchen Kirchendichtung ■ ,Der keufche Jofeph. III', von Pitra leider mit völliger
Lan ingnff zu nehmen, dafs thatfächlich Kr. in deutfehen ' Verkennung des metrifchen Aufbaus der Strophe und
aen bislang fad der einzige Bahnbrecher und Pfad- | fchlimmer Textmifshandlung veröffentlicht, dann von Kr.