Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1899 Nr. 9

Spalte:

274-276

Autor/Hrsg.:

Borgius, Eugen

Titel/Untertitel:

Aus Posens und Polens kirchlicher Vergangenheit 1899

Rezensent:

Cohrs, Ferdinand

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

273

Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 9.

274

die neuefte Zeit aus der falfchen Identificirung beider
Perfonen (ich ergeben haben. Noch kürzlich find fie in
dem Artikel Joh. Toltz' in der Allg. deutfchen Biographie
Bd. 38 zum Ausdruck gekommen, find auch noch zu
einer neuen Verwechfelung die Veranlaffung gewefen,
indem Enders in Luthers Briefwechfel (III 129 und IV
187 Anm. 6) die Schwierigkeit dadurch zu löfen meinte,
dafs er den Prediger Toltz und den Wittenberger ProfeiTor
Joh. Bernhardi für diefelbe Perfon erklärte.

Unterfuchungen über die alterte evangelifche Kate-
chismusgefchichte veranlafsten mich, über das Leben
des Joh. Toltz, der auch Verfaffer einiger der erften
evangelifchen Katechismen irt, mir Klarheit zu verfchaffen.
Einen kurzen Lebensabrifs von ihm (in den Mitteilungen
für deutfche Erziehungs- und Schulgefchichte VII 36off.)
leitete ich mit einem Ueberblick über jene Verwechfe-
lungen ein und fuchte fie klar zu ftellen.

Seltfamerweife hat zu gleicher Zeit der Herr Verfaffer
vorliegender Schrift, die als Inaugural-Differtation
der philofophifchen Fakultät Greifsvvald vorgelegen hat,
diefelben Unterfuchungen geführt, er vom Intereffe an
dem Domherrn Dölfch geleitet, über den fein Buch aufs
befte orientirt.

Er giebt einen Ueberblick über fein Leben, befpricht
feine Schriften und behandelt noch ausführlich feine
Stellung im Meffertreit.

Für die Lcbensgefchichte irt zahlreiches gedrucktes
und auch ungedrucktes Material aus dem Scheurl'fchen
Familienarchiv(German.Mufeum in Nürnberg) und namentlich
aus dem Erneftinifchen Gefammtarchiv in Weimar
zufammengetragen.

Zur Charakterirtik vonDölfch's literarifcherThätigkeit
wird zuerft feine Schrift gegen die Löwener und Kölner
Theologen befprochen, dann feine Disputationsthefen
auf Grund alter Drucke, einer von D. Kolde (Zeitfchr.
für Kirchengefch. XI 448 ff.) veröffentlichten Handfchrift
und des Uber Decanorum Facult. Theologicae Acad. Viteb.
(herausgegeben von C. E. Foerrtemann Leipz. 1838) aufgezählt
. Ungedrucktes Material hat hier dem Herrn Verfaffer
nicht vorgelegen.

Im Streit Luthers mit den Chorherrn vom Allerheiligen
-Stift über die Abfchaffung der Meffe nimmt
Dölfch durch fein Separatgutachten eine befondere
Stellung ein. Auch er votirt für Beibehaltung der Meffe,
zeigt aber doch im ganzen mehr evangelifches Verrtändnifs,
als feine Genoffen. Nik. Müller hat fein Gutachten in
der Einleitung zu Luther's De abroganda missa (Weim.
Ausg. VIII 405) fchon kurz erwähnt. Kropatfchek befpricht
es jetzt eingehend, weift die Herkunft mancher
darin enthaltenen Gedanken nach und giebt als Anhang
feines Buches einen Abdruck.

Namentlich aus feinem Verhalten im Meffertreit wird
das Urtheil über Dölfch gerechtfertigt, das Kropatfchek
in einem Schlufsabfchnitt ausfpricht: dafs es ihm an
Erkenntnifs nicht gefehlt habe, nur an Kraft, danach zu
handeln. Die Unentfchloffenheit, die uns auch fonrt in
feinem Leben entgegentritt, wird hier für ihn ganz be-
fonders verhängnifsvoll.

Efchershaufen (Brfchw.) Ferdinand Cohrs.

Borgius, I. Senior Konfirt.-Rat u. Pfr., Superint. Dr. Eugen,
Aus Posens und Polens kirchlicher Vergangenheit. Zum

350jährigen Jubiläum der fog. poln. Unität und der
drei älterten evangelifchen Gemeinden der Provinz
Pofen: Der Unitätsgemeinden zu Pofen (St. Petri), zu
Liffa (St. Joh.) und zu Lafswitz. Berlin, Wiegandt &
Grieben, 1898. (IV, 129 S. gr. 8.) M. 2._

Als nach dem fchmalkaldifchen Kriege unter Ferdinand
von Oertreich fchwere Verfolgungen über die böh-
j,-" mr oie manniglacnen Verwirrungen in uci ip«.^..^..-— , mifchen Brüder hereinbrachen, flüchteten Scharen von
*e'ormationsgefchichte verantwortlich zu fein, die bis in ihnen nach dem damaligen Grofs-Polen — der heutigen

er an einer einzelnen Frage zeigt, wie nüchtern und be-
f?nnen dle alte Kirche fich in der Sklavenfrage auf den
«oden der vorgefundenen Verhältnifse gertellt hat, alles
dem langfam aber ficher wachfenden Einflufs des chrift-
"chen Geiftes überlaffend (S. 116—159).

Auch der fünfte Vortrag über die ,Gefchichte des
sonntags vornehmlich in der alten Kirche' kann das
volle Intereffe eines weiteren chrirtlichen Leferkreifes in
^nlpruch nehmen und dazu mithelfen, die Einficht zu
verbreiten, wie wenig gefchichtliches Recht eine gefetz-
,'che Auffaffung des Sonntags oder eine Verwechfelung
oesfelben mit dem jüdifchen Sabbath hat, wie verfchic-
oene Dinge auch gefetzliche Sonntagsruhe und chriftliche
onntagsheiligung find und wie thöricht es wäre, letztere
enen, die vom Chrirtenthum nicht innerlich berührt find,
ZUm Gefetz machen zu wollen (S. 160—208).

Die Einführung diefes principiellen Fehlers in die
Kirche, das Evangelium auch denen, die nicht daran
glauben, zum Gefetz zu machen, charakterifirt Zahn in
em fechsten Vortrag über .Konrtantin den Grofsen und
dle Kirche' (S. 209—237).

Die beiden letzten Vorträge greifen in fchwierigere
nd umftrittene Fragen ein; fie find auch in einem weniger
ruhigen Tone gehalten als die vorgenannten. Der über
jGlaubensregel und Taufbekenntnifs' in der alten Kirche,
acht zu zeigen, dafs beide dasfelbe find. Während der
. erf einerfeits meint, dafs das Tauffymbol jahrhunderte-
ang nie vollrtändig und buchrtäblich aufgezeichnet wurde,
°" es doch wieder nicht nur dem allgemeinen Inhalt
ach, fondern auch der bertimmten, wenn auch nicht ganz
uchftäblich gleichmäfsigen Form nach mit der Glau-
oensregel überhaupt identifch fein. Hier bleibt m. E.
*jlrie Unklarheit, aus der uns Zahn's Erörterung nicht
"^ausführt (S. 233—270). — Mehr als ein ,quid pro quo'
geeint mir der letzte Vortrag über ,die Anbetung Jefu im
eitalter der AporteP zu enthalten, vor allem da, wo er das
' m Namen Jefu beten' oder deinen Namen anrufen' ohne
eueres mit dem ,zu ihm beten' gleichfetzt. Ueberhaupt
"Jacht fich der principielle dogmatifche und biblifch-
jO'ogifche Standpunkt des Verfaffers fo charaktervoll
sehend, dafs feine Ausführungen überhaupt nur für den
Jleweiskraft haben, der diefe Prämiffen theilt. Wer in
g 'elem anders denkt, wird auch die neutertamentlichen
ti -,n> die Zahn benutzt, anders gruppiren und beur-
j le|len oder das unbeftreitbar Thatfächliche pfycho-
^gifch anders erklären. Immerhin kann auch diefer
fo°rtra^ ^ann s dazu dienen, zum Nachdenken über diefe
emfte und für jeden Chriften wichtige Frage anzuregen,
j j^01 Schlufs giebt Zahn höchft dankenswerther Weife
, deutfeher Ueberfetzung einige der älterten uns er-
ahenen chrirtlichen Gebete und eine geiftliche Rede
^ er die Arbeitsruhe am Sonntage. Der Anhang mit
^n zahlreichen in diefer Auflage reich vermehrten und
erarbeiteten Anmerkungen wird insbefondere denFach-
Zf?0' 'ntercmren> der die Grundlagen der Darftellung
nn's im Einzelnen nachprüfen will,
^yelsdorf in Neuvorpommern. Ed. von der Goltz.

r°Patscheck, Friedrich, Johannes Dölsch aus Feldkirch,

rrr->f. in Wittenberg. Ein Beitrag zur Reformations-
gefchichte in ihren Anfängen. Diss. Greifswald, J. Abel,
l898. (96 S. gr. 8.) M. 1.50

/tjs L. von Seckendorf legt in feinem Comvienfarius
Donivf* aP°l°g- de Lutheranismo Ind. I No. XXI dem
eine rn Jon- Dölfch in Wittenberg, der namentlich als
Und d°r Von Joh-Kck auf Luthers Bannbulle Gefetzten
Qu aus dem Meffertreit Luther's mit den Wittenberger
rneift ren bekannt geworden irt, eine Schrift des Schul-
halb r-rs Und Predigers Joh. Toltz bei. Er fcheint des-
Rpf Ur die mannigfachen Verwirrungen in der fpecielleren