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Ausgabe:

1899

Spalte:

234-235

Autor/Hrsg.:

Schlatter, Adolf

Titel/Untertitel:

Die Kirche Jerusalems vom Jahre 70-130 1899

Rezensent:

Schürer, Emil

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233 Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 8.

worden find. Eine zufriedenftellende, wahrhaft pofitive Schlatter,Prof.D.A.,DieKircheJerusalemsvomJahre70—130.

Würdigung derfelben wird wohl noch folange auf Geb
warten laffen, bis die beftimmten hiftorifchen Verhält-
n"se, aus denen heraus fie geboren find, ficherer und
aeutheher erkannt werden. Wir verzichten auf jedes
nähere Eingehen, um zuletzt noch mit einigen Worten

johanneifchen Theologie zu gedenken,
d f ~ve^'3e 'ft unter dem Gefichtspunkte entworfen,
als das 4. Evangelium als Gefchichtsquelle werthlos fei,
was nicht ausfchliefst, dafs es in einem oft conftatirten
r fTa/ifchen Verhältnifs zu dendreiandern fleht. Ebenfo
i'h t ™ dem ^aunnismus eine literarifche Vorftufe der
J n- lheologie, und zwar fowohl was die einzelnen
ormulirungen deffelben, als was feine treibenden Gedanken
und letzten Zielpunkte betrifft, welche in der
]juuen Lehrweife als Ferment fortwirken. Das Evange-
I ,S'lt nämlich in erfler Linie als eine Lehrfchrift, in
lieh u ^wigkeitsgedanken in eine gefchichtlich-finn-
zu n.e Hülle gekleidet werden. Der wefentlichfle und
fond ^hwierigfte Factor zur Beurtheilung des be-
Stel]eren Charakters diefer Lehrfchrift liegt in ihrer
, u"£ zum Judenthum, wodurch die anderen Fragen
z pern Verhältnifs des Evangeliums zum Heidenthum,
lifch ^/^kr^us, zum Alexandrinismus und zum katho-
v'on H '^cntnum fchon mit bedingt find, wie fie auch
Gan ZU emem a's .allgemeiner Theil' bezeichneten
die Znn zu^ammengefafst werden. Er vertritt energifch
juL^PPelfeitigkeit der joh. Theorie in Betreff des
j_ «enthums: das pofitive Verhältnifs des Schriftftellers

ausgemachte

(Beiträge zur Förderung chriftlicher Theologie. Herausgegeben
von A. Schlatter und H. Cremer. Zweiter
Jahrgang 1898. 3. Heft.) Gütersloh, C. Bertelsmann
1898. (90 S. gr. 8.) M. 1.60.

Da es dem Verf. ,durch mancherlei Erwägungen verboten
erfchien, mit der üblichen Gleichmütigkeit an der
damaligen Kirche Jerufalems [d. h. der vom J. 70—130
n. Chr.] vorbeizugehen', fo ftellt er zunächft ,die Angaben
der Rabbinen über die jüdifche Kirche' zufammen
(S. 7—21). Uneingeweihte werden meinen, dafs diefes
Material von ihm felbft gefammelt fei. Es mufs daher
gefagt werden, dafs fich alles Wefentliche auch bei Deren-
bourg, Histoire de la Palestine (1867) findet. Z. B.
Schlatter S. 8 —10 Derenbourg p. 360, Schi. S. 10 f.
= Derenb. 362, Schi. S. 11—14 = Derenb. 357—360,
Schi. 14 f. = Derenb. 363, Schi. S. 15 = Derenb. 363 fq.
u. f. w. Das einzige Neue von einigem Belang ift, dafs
Schi, zu einigen Stellen aus Talmud und Midrafch auch
die Parallelen in der Tofephta berückfichtigt hat. Den
Namen Derenbourg's zu nennen, hat er aber nicht nöthig
gefunden. — Was die Sache angeht, fo war es nicht
Gleichgültigkeit, wenn man bisher aus diefen rabbinifchen
Ueberlieferungen nicht viel Capital gefchlagen hat. Denn:
1) die Gefchichten find zum Theil durch fo fpäte Quellen
bezeugt, dafs fchon dadurch ihr hiftorifcher Werth fehr
fraglich wird, 2) die Vorausfetzung, dafs Minivi überall
die Judenchriften bezeichne, ift ficher falfch (f. Theol.
Litztg. Nr.6 Sp. 168f.); an manchen der benützten Stellen

durch jene rabbinifchen Ueberlieferungen nicht viel mehr
als was felbftverftändlich ift: dafs Juden und Judenchriften
fich feindlich gegenüber ftanden und hie und da in Berührung
mit einander kamen.

In den folgenden fünf Abfchnitten (S. 21—68) behandelt
Schi, die Bifchöfe der jerufalemifchen Kirche,
welche Eufebius Hist. eccl. IV, 5 aufzählt. Er fieht darin

zu der jüd. Religion^'urkunde darf ,als eine

oaene gelten'. Daneben eine principielle Loslöfung vom 1 ift wahrfcheinhch von diefen gar nicht die Rede, 3) auch
p T- und vom Gefetz eine Hintanfetzung der Privi- j wenn wir diefe Bedenken fallen laffen, fo erfahren wir
legien des Judenthums,''ein Bewufstfein um die Neuheit 1
üer chrift. Religion, u. f. w. wie folches von den be-
janilten jüdifchen Prämiffen aus unbegreiflich erfcheint.
d'Cr r?Ietet willkommene Aufklärung die Hypothefe von
auf h flufs des jüdifch-helleniftifchen Alexandrinismus
rirk« " Lvangeliften. Die Neuerungen werden als folge-
pSSF Ableitungen aus dem Gedanken des Logos an-

p'ehen. Die Einzelbehandlung der johanneifchen An- ! nicht monarchifche Bifchöfe, fondern Presbyter mit
lchauUnge welche in überfichtlicher, kunftvoller Weife autoritativem Anfehen (S. 30 f.). Ueber fünf unter den

fünfzehn (refp. nach Jakobus noch 14) Männern, welche
Eufebius nennt, glaubt Schi. Näheres ermitteln zu können.
1. Symeon der Sohn des Klopas, der Nachfolger des
Jakobus, ift darum befonders wichtig, weil fein Vater
Klopas ein Bruder Jofeph's, des Pflegevaters Jefu war, er
felbft alfo ein Vetter Jefu (Eufeb. III, 11). Klopas ift
auch identifch mit dem Emmaus-Jünger Kleopas Luc. 24,18
und mit Klopas, dem Mann der Maria Joh. 19,25. 2. Juda
Juftus heifst zwar bei Eufeb. IV, 5 nur lovözoz und
III, 35 ,ein Jude Namens Juftus' (lovöalög xig ovoua
'lovöxog). Da aber Epiphanius haer. 66,20 dafür 'lovöag
hat, fo hält Schi, lovöag 'lovözov Judas Sohn des Juftus'
für die richtige Form; und dadurch wird die Möglichkeit

Unter rp~"', ".L1,-1,c ,u uwwv»...------, -

,foteri0i le. beiden Rubriken einer ,theologifchen' und
zahlre: PS'^hen Hemisphäre' gegliedert werden, liefert
ftelltPriCr>e "elege für die im allgemeinen Theil aufge-

g? «efichtspunkte.
lyfe of}etLP'fcheMcifterfchaftH.'sin der begrifflichen Ana-
verführen.Pa.rt 'n d'eH2m letzten Capitel in ihrer ganzen
der paift- t Gröfse- Nicht als ob <ie in der Zeichnung
entfDnViV cnen Theologie geringer wäre: aber dafelbft
Apoftej ffer dialektifche Aufwand den Anfätzen des
Verwanrif 1 er ^ent 'n emer gewifien inneren Wahl-
ferem n ila^ mit dem bftoffe, weshalb auch nach un-
ganzCn Aa/'urhaltcn der Paulinismus die Glanzpartie des
bef0ri. Werkes bildet. In der übrigen Literatur, und
daf= AtTS ln der johanneifchen, ift die Gefahr viel gröfser, pefchaffen
ductio, s conftruetive Verfahren des Verf. der Repro-.juftus Barfabas fi„d
felbft p-der Ideen und der Abfichten der Schriftfteller wähntÄ

vi5,ntraß thue" Man wird vielerorts fragen müffen, Beiname Barfaha/w ldernt,fi1cir?n- D^ gemeinfame

.. :u„„ Ttf^tM; %: ™™e Barfab^bezeichnet fie als Angehörige derfelben

r/p* Vlel v°n den Deutungen H.'s in ihren Gefichtskreis
getreten ift, wie viel abfeits liegt. Was fich aber,
Diff abgefehen, an Vergleichung, Combination und
ymerenzirung der in den neut. Schriften enthaltenen
rOntellungen leiften läfst, das ift bei H. gefchehen.
Ar,ütn, welches auch die weitere Entwickelung der Dis-

cinl "Pienes aucn die weitere .ciiivii.is.Liuiig >-■>-.
nir ? fein mag> fo oft zu den von den kommenden Ge
wilÜ 0nen gehandhabten neuen Mafsftäben als Ergänzung

. '"Oer rlno U___:ct__vr_:__Co.j:..™ ,1«, „o,,f e:PUriftPn

Familie. 3. Matthias, nach Eufebius der achte in der
Reihe, ift nach Schi, identifch mit dem Matthias, deffen
jiaoaööoHg von Clemens Alexandrinus öfters citirt werden.
Dafs man bisher auf diefe Combination nicht gekommen
ift, wird von Schi, fehr fcharf getadelt. .Alles andere
mag Matthias fein, Gnoftiker, Fälfcher pp., nur nicht
Lehrer von Jerufalem; denn Jerufalem war ja nichts, und
wenn dort etwas von Chriftenthum exiftirt haben follte,

, der neut. Schriften müfste es ja ebionitifch gewefen fein und für die Kirche
^ttutrttf ^SS^rl!u^«S^ vorliegende Lehrbuch bedeutungslos' (S. 35 . 4- Johannes von Jerufalem,
3ls ^^^^t^gl^S! Hilfsmittel der fiebefte bÄ des Eufebius, alfo etwas alter
ZürückprPSfi. umcnalzDare3' u" c s als Matthias, ift kein anderer als der Presbyter

«greifen muffen. - Johannes, von welchem Papias uns fo werthvolle

Wersen. Bälden 1 perger. Traditionen erhaiten hat. Dafs man diefen immer in

Kleinafien gefucht hat, ift wieder ein fchlimmes Zeugnifs für

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