Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1899 Nr. 7

Spalte:

198-201

Autor/Hrsg.:

Giesebrecht , Friedrich

Titel/Untertitel:

Die Berufsbegabung der Alttestamentlichen Propheten 1899

Rezensent:

Kraetzschmar, Richard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

197

Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 7.

198

zuheben ift die ftreng hiftorifche Würdigung der einzelnen
Zeugnifse nach ihrer Zeit und ihrem Charakter. Die Interpretation
ift mehrfach gefördert worden. So ift unzweifelhaft
die Auslegung der Columellaftelle (rer. rust., 3, 3,9)
ein Fortfehritt. Man fand in ihr mit Mommfen (Rom.
Gefch. I 8 843) eine Notiz über die landwirthfehaftliche
Rente; Billeter zeigt, dafs Columella vielmehr von dem
in kaufmännifchen Gefchäften üblichen Zinsfufs redet
(S- 183). Die in der Alimentarurkunde der Ligures
Baebiani feftgefetzten 2iL % werden von Billeter mit
Mommfen als halbjährige Zinfen erklärt. Mommfen's Anficht
wird durch die von B. angeftellte Vergleichung mit
anderen gleichzeitigen Nachrichten befehligt _ (S. 191)

werden, nur ift darauf zu fehen, dafs man nicht über den
Theilen das Ganze vergifst: in diefem Fall über einer
Gefchichte des Zinsfufses, das Zins- oder Credit-
wefen, deffen Symptome die Wandlungen des Zinsfufses
find. Damit, dafs man z. B. erfährt, der Seezins fei zu
der Zeit höher, zu jener niedriger gewefen, kann man
wenig anfangen: man verlangt über das Wefen des See-
zinfes unterrichtet zu fein; nur wenn man fein Wefen,
feine Gefchichte kennt, find jene Zahlen verftändlich.
Der römifche und griechifche Zinsfufs find ganz ver-
fchieden. Dafür findet man bei Billeter hundert Belege,
aber kein Wort über die Gründe diefer Verfchiedenheit,
keine Darfteilung der fpringenden Punkte des Zinswefen.

die Römer, wie die Griechen Zinfen berechnet haben,
brauchte er am Ende nicht zu fagen, aber es giebt eine
Menge allgemeiner Probleme, deren Behandlung man ver-
mifst. Diefe grundlegenden Dinge hätte B. in einem allgemeinen
Theil, etwa einer Einleitung, behandeln müffen.

Dafs dies nicht gefchehen ift, dürfte der einzige
Mangel des fonft vortrefflichen Buches fein.

Göttingen. A. Schulten.

ddelftle/er ^orS,ältigen Detailarbeit beruht dal Hauptver- 1 Gewiffe Elemente konnte der Verfaffer"vörau7fetzen"-"wie

enit des Buches. Um einige intereffante Einzelfragen *— ~- J:~ r'——1— T—r— 1-----1— —*. .ZT

nerauszugreifen, fo entfeheidet B. die Frage, ob das
Xh't Unciar!Um a's Ztnsmaximum fchon durch die
/. . ^afe'n wie Tacitus (Annal. 6,1s) oder erft durch die
ppf-l es Janres 357 v. Chr. wie Livius (7,1c) annimmt, ein-
K fei> dahin, dafs die Nachricht des Livius auf die
^rneuerung einer bereits in den Tafeln ausgefprochenen

Bafj?V,zu beziehen fei. Fenns unciarium bezeichnet
acn 13 ejne UHciat alfo ,,a vom as pro jahr r= gl,

be" "monatliche Frift fei nicht zu denken, da diefe nur
nn , enr-wickeltem Handel vorkäme wie im griechifchen

en(S-J59)-

Gr' u uch zerfäHt in fünf Theile: I. Der Zinsfufs in

IT nand Und Kleinafien bis um 2S° n- Chr-
fyja • ^er Zinsfufs in Aegypten zur Zeit der Ptolemäer.
keil" a n'cht recht ein, warum bei der Geringfügig-
bef jS Materials diefem ptolemäifchen Zinsfufs ein

ttt rer 1'heil gewidmet worden ift.
t,l / B>er Zinsfufs in Rom bis gegen Ende des erften
Jahrhunderts v. Chr.

V. Der Zinsfufs in der Kaiferzeit vor Juftinian.

v- Der Zinsfufs in der Zeit des Juftinian.
Arte n|]ernahb der einzelnen Theile find die verfchiedenen
furs ? der Zinfen unterfchieden: Kapitalifirungsraten, Zins-

beezi i»

ren, bei unficheren Anlagen, Verzugszinfen,
i?*« Wucherzinfen u. f. w. Die forgfältige Gruppirung

de« im uonerzimen u. 1. w. i^ic iuigiaiuKc uiupjjuu..6

A s Materials nach diefen Kategorien, verdient befondere

f/nerkennung. Beloch kommt oft, indem er z. B. Ver-

"fs'szinfen für gewöhnliche nimmt, alfo die einzelnen

Gattungen vermengt, zu falfchen Refultaten (f. Billeter

r- 301 f.). Natürlich findet fich diefe Eintheilung nicht bei

;,,."} Abfchnitt, da das Material vielfach nur für eine oder
zwei :- — ----- * •

Giesebrecht, Prof. D. Frdr., Die Berufsbegabung der Alt-
testamentlichen Propheten. Göttingen, Vandenhoeck 8z
Ruprecht, 1897. (III, 188 S. gr. 8.) M. 4.40

Das vorliegende Buch von Giefebrecht gehört zu
den erfreulichften Erfcheinungen auf dem Gebiete der
israelitifchen Religionsgefchichte während der letzten
Jahre und ift ein Werk, das man nur aufs dankbarfte
begrüfsen kann. Mit einer in hohem Mafse anzuerkennenden
und felbft von einem fo ausgefprochenen Gegner
wie Ed. König (Theol. Ltbl. 1898, S. 185) rückhaltlos
anerkannten Unparteilichkeit, mit einer erfchöpfenden
Gründlichkeit, die manchmal fogar faft an Breite grenzt,
mit tiefem Erfaffen der in Frage kommenden Probleme
hat der Verfaffer hier einen Stoff behandelt, der für jeden
modernen Theologen von der gröfsten Wichtigkeit ift.
Denn wenn es richtig ift, dafs das Hauptverdienft der
modernen altteftamentlichen Kritik darin befteht, das
rechte Verftändnifs der Propheten herbeigeführt und ihnen
die ihnen gebührende Stellung in der israelitifchen Religionsgefchichte
angewiefen zu haben, fo mufs die Frage,
wie diefe Männer zu ihren Weisfagungen gekommen find,

dVei jener Kategorien ausreicht. Eine vollftändige Analyfe von centralfter Bedeutung fein, und doch find gerade

Ter. einzelnen Kategorien war möglich für das aus den darüber die Anflehten fehr getheilt, und je nach dem

"Ichriften gut bekannte attifche Zinswefen des IV. Jahr- theologifchen und philofophifchen Standpunkte der Be-

nunderts und für die Zeit Juftinians auf Grund der treffenden die Urtheile darüber recht verfchieden. Das
JNovellen.

f ,.-^as Buch ift genau das, was der Titel fagt, eine Ge-
n 1 chte des Zinsfufses, nicht mehr und nicht weniger,
er Verf. hat kein Syftem des antiken Zinswefens
di a" Wollen. Allgemeinere Erörterungen, etwa über I handelten Problemen nicht vorübergehen dürfen, ohne fich
n^ u der Zinsberechnung, über die einzelnen Zinsarten, j über fie volle Klarheit verfchafft zu haben,
j acr» denen doch die hiftorifche Darftellung eingetheilt Das Buch hat feine Entftehungsgefchichte. In feinem

bei!1" dgl- m- findet man nicht Das vorliegende Buch Commentare über Jeremia (1894) hatte Giefebrecht

desvdelt alfo nur einen Theil des HauPtthemas' ?egen Abr. Kuenen's Anficht über die Propheten

, s Zinswefens. Bei der gewaltigen Fülle befonders Stellung genommen und gefagt: ,Wenn Kuenen, der alles

vorliegende Werk von Giefebrecht ift vorzüglich geeignet
, Klarheit über diefe fchwierige Frage zu bringen,
und fei darum hier aufs angelegentlichfte empfohlen, vor
Allem den Theologieftudirend en, die an den darin be-

j .'"^wcicns. oei uer gewauigen j." uiic uciunutu
fich lnfcbriftlichen Materials ift heute eine Neigung,
1 mit einer hiftorifchen Sichtung desfelben zu be

dies (sc. die Gefchichtlichkeit des c. 27—29 Erzählten)
anerkennt, dennoch in 2815—17 Schwierigkeiten findet, fo

|. ugen, unverkennbar. Während man früher in der j beruht dies doch wohl nur auf dem dogmatifchen Vor-
nir°rterung des Allgemeinen zu viel that, befchränkt j urtheil, dafs ein Prophet keine fpeciellen Prädictionen
alan fich heute zu fehr auf die Statiftik; aber ebenfowenig
f man das römifche Staatswefen mit einer Gefchichte
Zin-T Wandlungen erfchöpft, kann eine Gefchichte des
ftarrv Ses c'ne folche des Zinswefens erfetzen. Die
•m tiffhe Sichtung des Materials darf nie Selbftzweck,

-. aus-

lprechen dürfe, die nachher in Erfüllung gehen'. Als
Vertheidiger von Kuenen trat fein Leidener College
9^ort.m_die Schranken, der ziemlich gereizt erwiderte

(Theol. Tijdfchr. 1894), und deffen Entgegnung Giefe
fonH"'w'c olcntung des Materials dari nie oeiDiizwecK, 1 brecht veranlafste, nun feinerfeits die gefamte An-
biet mufs Vorarbeit fein zur Gefchichte, welches Ge- j fchauung Kuenen's von dem Wefen der Prophetie
loci -aUCh imrner- Die antike Wirthfchaftsgefchichte ift kritifch zu beleuchten und daraufhin zu unterfuchen, ob
dief m den -^"mngen und freudig mufs jede Arbeit auf fie vor einer vorurtheilslofen und unparteiifchen Kritik
lern Neuland der Alterthumswiffenfchaft begrüfst Stich hielte. Er that dies in der Abhandlung Grund-