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Ausgabe:

1899

Spalte:

193-196

Autor/Hrsg.:

Rohde, Erwin

Titel/Untertitel:

Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen 1899

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von D. Ad. Harnack, Prof. zu Berlin, und D. E. Schüret*, Prof. zu Göttingen.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 18 Mark.

N°- 7. i. April 1899. 24. Jahrgang.

kohde, Pfyche, 2. Aufl. 2 Bde. (Schürer). Baldenfperger, Der Prolog des vierten Evan

iku£vr' Gefchichte des Zinsfufses im grie- geliums (Holtzmann).

chif V. '• 1----- ^.....1.11.1.0 .... &-------- -----------r

(Sc]cn"romifchen Alterthum bis auf Juflinian Stang, Historiographia ecclesiastica (Jülicher).

Eine neue Handfchrift von Buch 1—6 der Apo-

flolifchen Conflitutionen (Neflle).
Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum
vol. XXXVIII: Filastrii hereseon Uber rec.

tene • Die Berufsbegabung der alt-

teltarnentlichen Propheten (Kraetzfchmar).
^ntilch-exegetifcher Kommentar über das Neue
leitament von Meyer, III. Abth. Die Apoftel-
gefchichte, 8. Aufl. von Wendt (Holtz- ! Marx (Jübcher).

ma»n). 1 Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum

vol.XXXIIII: Augustini epistulaerec.Goldbacher
, P. II (jülicher).
Vacandard, Leben des heiligen Bernard von
Clairvaux, deutfche Ueberf. von Sierp, 2 Bde.
(Deutfch).

Meyer, Wilh., Die Anklagefatze des h. Bernhard
gegen Abälard (Deutfch).

Steck, Die Piscatorbibel (Deifsmann).

Eckert, Der erziehende Religionsunterricht in
Schule und Kirche (Baflermann).

R°hde, Erwin, Psyche. Seelencult und Unfterblichkeits- Wickelung bildet, dafs er vielmehr gegenüber dem dufteren
glaube der Griechen 2. verb. Aufl. 2 Bde. Frei- ! Volksglauben eine geläuterte, man darf fagen: aufge-
burg B., j. C. B. Mohr, 1898. (VII, 329 und III, 436 S. JJ**« Anfchauung vom Wefen der Seele zur Geltung
gr o v 1 i/r , Jr i zu bringen fucht. Wahrend der Volksglaube den ab-

". '' m- 2°~' SeD- M- 22-— ■ gefchiedenen Seelen ein unheimliches fchädliches Wirken

Die erfte Auflage diefes bedeutenden, ebenfo geift- auf die Ueberlebenden zufchreibt, führt nach Homer die
ollen wie gelehrten Werkes ift 1890—1894 erfchienen, Seele nach ihrer Trennung vom Leibe ein kraftlofes
e'prochen von Dümmler, Theol. Litztg. 1890, 561—568 ] Dafein in der Unterwelt, von wo aus fle nicht mehr
n x^94. 601 f. Es war dem Verf. noch vergönnt, die 1 wirken, alfo auch nicht mehr fchaden kann. Rudimente
earbeitung und Drucklegung der zweiten Auflage zu '• des Volksglaubens find aber bei Homer noch mehrfach
"de zu führen. Faft unmittelbar darnach ift er aus dem j nachweisbar. — Auf dem Grunde des Volksglaubens von
v " gefchieden, nachdem fein Recenfent ihm bereits - einem Fortwirken der Seele ift dann die Vorftellung
/-■rangegangen war. So mag es nun, da der erfte Recen- Hefiod's erwachfen, dafs die Seelen der Menfchen des
urth u'S Pb'lologifcher Fachmann eine umfaffende Be- goldenen und filbernen Zeitalters nach dem Tode fort-
the .ng gegeben hat, dem Theologen geftattet fein, leben und fortwirken als Dämonen, d. h. als göttliche
Le 0.°gffche Lefer, die das Buch noch nicht kennen, zur j Wefen; die des goldenen im Dienfte des Zeus über die
^türe desfelben einzuladen. Es wird aus den letzten Erde wandelnd als Wächter der Menfchen, Recht und
cl ^nn'en nicht viele Werke auf dem Gebiete der J Unrecht beobachtend; die des filbernen in den Tiefen
^ alfifchen Alterthumswiffenfchaft geben, welche ein reli- j der Erde häufend; doch ift auch von letzteren nicht ge-
hionsgefchichtliches Thema in fo tief eindringender ge- i fagt, dafs fie fchädlich wirken (1,91—108). — Ebenfalls an
a"kenreicher Auftaffung, mit fo völliger Beherrfchung 1 den Volksglauben fchliefst fich der feit der Gefetzgebung
fs gelehrten Materiales und zugleich in fo fchöner, Drakon's (um 620 -Ä. Chr.) nachweisbare Cultus der
P "jBfch-anfchaulicher und anziehender Sprache zur Dar- Heroen an. Denn die Heroen find nicht depotenzirte
fu Hg bri"gen- Die Leetüre wird jedem der überhaupt Götter, fondern menfehliche Helden und zwar die Ahnen
r den Gegenftand Intereffe hat, reichen Genufs bereiten, der Familie, deren Seelen als wirkfam fortlebend ge-
Aufl Verzichte nier darauf, das Verhältnifs der zweiten dacht werden (I, 146—199). — Aber nicht nur den
fch uG zur erften mit peinlicher Genauigkeit zu be- Heroen, fondern den Seelen der Verdorbenen überhaupt
gebr Im Grofsen und Ganzen ift der Text derfelbe wird in der nachhomerifchen Zeit ein aufmerkfamer Cul-

Und en> wenn auch im Einzelnen Vieles ergänzt ift tus gewidmet in regelmäfsig wiederkehrenden Spenden
Pp^jabweichende Anflehten, die fich mittlerweile geltend und^ Opfern. Es foll dadurch das unheimliche gefpen-

uflagen eine kurze Ueberficht des reichen Inhaltes unter den Vorftellungen Homers unvereinbar ift und auf dem

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2lerVorhebung des für Theologen befonders Intereflanten Boden derfelben nicht erwachfen fein kann, leben vorhome-

1 geben verfuche. rifche Vorftellungen und Sitten wieder auf. — Während

..B-s ift ein breiter Ausfchnitt aus der griechifchen dem Seelencult zwar die Vorftellung von einem wirkfamen,

es g'onsgefchichte, welchen Rohde uns vorlegt. Denn aber nicht die von einem feiigen Fortleben der Pfyche

WeM?rben d'e mannigfaltigen Anfchauungen dargeftellt, nach dem Tode zu Grunde liegt, kommt letztere zum

Wäh das Wefen der Seele, ihr Leben und Wirken Ausdruck in den Myfterien von Eleufis (I, 278—300).

de f 'Bres Waltens im Leibe und nach dem Verlaffen In denfelben handelt es fich nicht um eine Geheimlehre,

fieS en betreffen. Die Umfchau ift eine fo weite, dafs fondern um eine geheim gehaltene cultifche Handlung:

Th zfUWeue" vom Gegenftande abzufchweifen fcheint. die dramatifche Darfteilung der Gefchichte vom Raub

Y f Bichlich hängt doch alles damit zufammen, mag der der Kore, dem Irren der Demeter und der Wiederver-

wer er nun über Ekstafe und Mantik, über Begräbnifs- einigung der Göttinnen (I, 289). Wer an diefen Myfterien

ü^len und Todtencult, über Dämonenglaube und Zauberei, theilnahm, durfte frohe Hoffnungen für das Leben im

__er^ Je"feitige Vergeltung und Unfterblichkeit fprechen. Jenfeits haben (I, 290). Da die Theilnahme Jedem frei-

Eicht der bPitze ftebt Homer (I, I—67). Aber Rohde ' ftand, der ritual rein war, fo kann man nicht fagen, dafs

Dicht-ZU ze'8en> da^s d'efer> d-h. der grofse unbekannte moralifche Antriebe daraus hervorgegangen find,' wie

fäno welcher den Grund zu den homerifchen Ge- auch von einer allgemeinen Vergeltung und einem all-

gen gelegt hat, keineswegs den Anfangspunkt der Ent- gemeinen Gerichte darin nicht die Rede war

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