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Ausgabe:

1899 Nr. 6

Spalte:

185

Autor/Hrsg.:

Monrad, J.

Titel/Untertitel:

Die menschliche Willensfreiheit und das Böse 1899

Rezensent:

Ritschl, Otto

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Seite 1

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j§5 Theologifche Literaturzeitung. 1899. Nr. 6.

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fchwächften Punkte zu faffen. Zutreffend erfcheint mir liehen Gefetzmäfsigkeit des menfehhehen Wollens doch
befonders der Nachweis, dafs diefe Weltanfchauung mit immerhin von einer relativen Freiheit zu reden. Diese
ihrer letzten Annahme von der Befeelung der Atome ift in dem Mafse vorhanden, als gegenüber den blofs auf
im Grunde gar nicht Monismus, fondern Dualismus ift Genufs gerichteten Begierden der fpontane Ihätigkeits-
(S. 80 f), und gegen die mechanifche Entwicklungslehre trieb ausgebildet worden ift, deffen ftarkfte Erregung die
entfeheidend das Argument, welches von den .hervor- Begeifterung ift. Indem der Verf. die Bilanz zwifchen
ragenden Exemplaren der Gattung Mensch'hergenommen den beiden Arten von Freiheit zieht, wird es deutlich,
wird. In diefem Sinne wird im 3. Vortrag ,die wiffen- dafs er felbft die determiniftifche Auffaffung vertritt.
fchaftlicheUnhaltbarkeitdermoniftifchenWeltanfchauung' Auf dem Grunde des abfoluten Freiheitsbegriffs beruht
erwiefen, nachdem zuvor in den beiden erften Vorträgen 1 eine nur .negative' Moral, die alle Anfpruche des natur-
ihre Unzulänglichkeit auf dem religiöfen und dem litt- ' liehen Willens verneint. Diefen Zwiefpalt zwifchender Natur
liehen Gebiet dar^ethan worden ift. des Menfchen und feinem fittlichen Ideal hat dasChriften-

ö r» p-ff 1 1 thum, obgleich es die intuitive Erkenntnifs der Untrei-

001111 u- Kltlcnl- | heit zur Vorausfetzung hat, am fchroffften verkündet.

j Der Verf. dagegen fieht es auf eine ,pofitive' Moral ab,
Monrad, f Prof. M. J., Die menschliche Willensfreiheit und in der es darauf ankommt, die Thätigkeitstriebe zu
das Böse. Autorifirte Ueberfetzung aus dem Nor- j cultiviren und daneben die Begierden, hauptfächlich durch
wegifchen von O. von Harting. Leipzig, A. Janffen,
1898. (64 S. gr. 8.) M. 1.20

Der Verf. ift weit entfernt fich einzubilden', dafs er

LUIHVUV.il Uli LI UullLuv... w.u..

die Wirkungen der Kunft, zu veredeln. Schliefslich ftellt
er das ethifche Ideal des .vollkommen gefunden Menschen
' auf, ,das, wenn nicht im Bereich der Wirklichkeit,
fo doch in dem der Möglichkeit liegt, weil es im Einsen
bleibt',
lgerichtig,

und der Vorzug der determiniftifchen vor der indeternn-
niftifchen Anficht tritt aus den Darlegungen des Verf.
deutlich hervor. Allerdings fehlt dem hier vertretenen
eandpunkt aus ein Streiflicht uöer aieie w^uugv. 1 Determinismus jeder religiöfe Hintergrund. Denn der

hat'enrFann' die fo lange meine Gedanken, belchaltigt Verf felbft macht fur fejne dgene Weltanfchauung von
<«. Diele gewifs mehr für die Befcheidcnheit, als für reiigiöfen Gedanken keinerlei Gebrauch. Er vertritt in

rlahmrrefchiedenen j ,w Ha„ntrarllP den Standounkt von Nietzfche, wenn

Der Verf ift weit entfernt (ich einzuDiiaen, ucu= v.. , fo docn m dem der mogncnKeii uegi, wen li
in vorliegender Abhandlung über die Willensfreiheit und 1 klang mit den von der Natur geftellten Bedingung
Böfe .eine befriedigende Löfung bringen oder alle , Die Gedankenentwickelung ift ficher und fol

1 ,, .' 7 . &. .. . AU°.( r„„«. ~r r-h fnhlte _____1 j_. ir______a^. ^^(■o-unlniftfr-hpn vnr der 11

das tsoie ,eine belnedigencie Goiung uiw.gL... r-— ----
Dunkelheiten befeitigen könnte. Aber', fagt er, tu«lte
den Drang im Herzen, noch vor meinem Abfcheiden
den Verbuch zu wagen, ob ich vielleicht von meinem
Standpunkt aus ein Streiflicht über diefe wichtige Sache

hat'- Diefe Wwifs mehr für die Befcheidcnheit, als tur ; religiöfen Gedanken keinerlei Gebrauch. Gr vertritt m
das Selbftveftrauen des inzwifchen dahingefchiedenen j der Hauptfache den Standpunkt von Nietzfche wenn
Verfaffers fprechende Erklärung bezeichnet immerhin ] auch gewiffermafsen in gereinigter und veredelter Gefell
eine Phafe in der Entwicklungsgefchichte der ,ab- ftalt SfJ ueht er auch Religion und Chriftent
frvU.L. Lr.naie ,. UCI, , „,n.T„ Häift-p br net der I M;„,„„u'c ,,„rt c^Unnenhauer's Brille. Und

ithum durch

fofV e'ne rnale ,n der cniwn,Mu.,SJf,ww..

Verf"' lP,hiloroPhi°-. I" de r elften Hälfte bringt der ! Niet'ZSche»s'^ Brille. Und daher hat

dem Din artr Au-seinafderfet[-ufg m,t Kants Jf*g vo.n er auch keinen Blick für den Unterfchied des mönchifchen
züge ?ergHanÄ ""vi ?*l Ü T £ c r 1 I asketifchen Ideals, von dem öfters die Rede ift, und de?

te" 8 a H S Metaphyhk vor, um fo den rech- ' f f j Ziele'gerichteten Ethik des Proteftantismus,

Phi'oS ^ f" gew'n,nen-.ffDann e^k lt ine" ' die überhaupt nicht ins Auge gefafst wird. Aber vieE
b. "'°Philchen Freiheitsbegriff, zum Schlufs giebt er I. . , . f „ r r , , .,,&, & , . . .

b f eine «wdhr hB,eftrahchttungdd!r sBchre-1 ä isjzg^™*™* des Altru,smus ""•

freilich f Nre,"ung 'find d'e Wahlfreihe.t und das Bote, , ' Jede determiniftifche Weltbetrachtung begünftigt nun
Moment31!, ,Ch 1" veiTch,edener We,fe, faufhrabre"i von vornherein eine pfychologifch zutreffender! aä
GoSfi dfnknothwendige Bedingungen dafür, dafs der dem geiftigen Werden des Menfchen und feiner

S?|!daank5' d'e Ide?lKrfC elTi niorle S Willensbildung. Diefer Vortheil kommt auch den Dar-
»eiche taT "m' ^^'^iti^^rht ^ ' le^n deS Verf' zu ftatten< in de"en fich vieles Rieh-

S^^TSI «*< fi"det- Dennoch find feine pfychologifchen Aus

ld 'hn 7,u einem willenlofen Werkzeug in Gottes Hand
achen wollen, engen gerade damit Gottes Allmacht ein
lxnd,nehmen ihr die fchönfte Krone, ihre Macht, freie

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führungen zu allgemein gehalten und zu wenig gründlich
. Sie verrathen kein genügend tiefes und umfaxendes
Eindringen in die pfychologifchen Fragen. Diefer
Mangel rächt fich aber vor allem darin, dafs ein funda-

v00 nehmen ihr die fchönfte Krone

rhefen in Gottes eigenem Bilde hervorzubringen' (S. 62). 3^ V°r u^a c1" —

ha"delt es f.cn, indem man den freien Willen an- I ^fne^Th.V"^ ZW'fchnn den Beg'erdo" ""d den
Sennt oder leugnet wirklich darum, Gottes Allmacht : £££ 1 "atigkeitstrieben conftru.rt, und darauf die ganze
„f.0110 Kronen zu geben oder zu nehmen? Und ift ^j^1«* .w'fd-1 Zwar will der Verf., indem er
!ft vielmehr die Frage nach dem freien Willen zu- ^ " atigkeitstneb als oberftes f.tthches Princip auf-
S»Chft rei" Pfycholo|ifch zu erledigen, und dann | -f«ä«1 f«J'cht ausfchliefsen da dies
v P "ach einer folchen Entfcheidung der Thaifrage, unter "reS[?e%Ideal wuade> r°ndej;n er " " fie do' °h

X^ausfetzung der hierbei gewonnenen Refultate, die , "Z^^ft^Tu^ ^ er felbft darauf
nrage nach deren ethifcher und ferner auch religiöser j ™' '™s« ™ wirklichen Leben Niemand mit völliger Con-

lequenz fich dem .negativen' oder dem .pofitiven' Princip,

Ueutung auf zuwerfen?

fowie der Verf. beide auffafst, anfchliefse. Aber er hat

O Ritfeh). es nirgends deutlich gemacht, wie die pfychologifche

^JXX^ — Grundlage feines .pofitiven' Princips, jener Gegenfatz

Wa„ , . . - .. „.x ,,„H R-cpGmäcciakeit in zwifchen Thätigkeitstrieben und Begierden, fich im con-

Wagner, Dr. Friedrich, Freiheit und GesetzmassigKeit ^ j dwelcher Sicherheit beftimmen

Hen menschlichen Willensakten. Eine phiiosopniicnt hätte es doch yor allem übrigen be.

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Abhandlung. Tübingen, H. Laupp, 1898. (I1I.JI5 b. | durft Aber thatföchlich jft diefe Aufgabe auch unlösbar
. Denn Thätigkeitstriebe und Begierden find nicht
zwei Kräfte oder Gruppen von Kräften, die, jede für
fich, nebeneinander in einem Menfchen vorhanden und
wirkfam find. Sondern fie greifen ftets ineinander über.
Wenn er fich die Freiheit abfpricht'. In jenem Falle wird Eine vollzogene Thätigkeit wirkt auch zurück auf die
eine abfolute Freiheit angenommen, die als Wunder künftige Aeufserung der Begierden, und die Erfüllung
wirke und nur als .Glaubensfatz' anzufehen fei. Im an- | von Begierden übt ebenfo Einflufs auf die ferneren Dis-
deri1 Falle ift unter der Vorausfetzung der ausfchliefs- pofitionen zur Thätigkeit. So aber umfafst jeder der

gr. 8.) M- 2-8°

r Der Verfaffer fragt nicht, ,ob der menfchliche Wille
ffei ift oder nicht', fondern ,wie der Menfch die Welt
anfieht, wenn er fich frei glaubt, und wie er fie autialst

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