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Ausgabe:

1898 Nr. 6

Spalte:

175-176

Autor/Hrsg.:

Bülow, Geo.

Titel/Untertitel:

Des Dominicus Gundissalinus Schrift von der Unsterblichkeit der Seele 1898

Rezensent:

Siebeck, Hermann

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Seite 1

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175

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 6.

176

zeichnend für Dindorf's Ausgabe ift der vom Verf. S. 38 ! chen Titels nichts anderesalsdieUeberarbeitungdes Gundif-
geführte Nachweis, dafs das zu IJavtainog (Dindorf III falinifchen Originals ausmacht. Diefer Nachweifs ift defs-
475, 6) beigefchriebene Scholion: arj. rbv avrov ötödö- '■■ halb von Bedeutung, weil er die Perfönlichkeit des G.
xalov von Dindorf (III 475, 2) in den Text gefetzt und [ unter die bedeutenderen Denker jenes Jahrh. (teilt, der
mit dem Citat Ps. 18, 7 verbunden worden ift. Die S. | nicht nur neben Alexander von Haies die arabifche peri-
38—40 aufgezählten und verbefferten Scholien von M2 | patetifche Wiffenfchaft in das chriftliche Abendland einrühren
nach dem Verf. vielleicht von Georgio Valla aus : führte, fondern auch verftand, aus der Verfchmelzung
Piacenza (f 1500), dem einfügen Befitzer von M, her. Ohne ariftotelifcher und neuplatonifcher Gedanken zu den da-
Werth find die Scholien von M3 und von geringem Werth j mals im Vordergrund flehenden fpeculativen Problemen
die in F (S. 40 f.). eingehendere Begründungen zu entwickeln. Der vorliegen-

Im vierten Theil (S. 41—45) hat der Verf. die in den Textgeftaltung der Schrift de immort. an. liegen zu
den Scholien citirten Schriftfteller alphabetifch zufammen- I Grunde zwei gute Parifer Handfchriften aus dem 13.
geftellt und, foweit es möglich war, die Fundorte der Jahrh., die fich in ihren unterfchiedlichen Vorzügen ge-
Citate angegeben. Der fünfte und letzte Theil (S. i genfeitig ergänzen, und zu denen als weniger erhebliche
45—48) enthält eine Charakteriftik und Beurtheilung j eine dritte Parifer und eine von Chartres aus dem 14.
der Scholien. Als Verfaffer der von Baanes feiner | kommen. Der Text der gleichnamigen Abhandlung des
(wohl in Uncialen gefchriebenen und etwa dem VI. oder Wilhelm von Auvergne, der bei fchwankenden Lesarten der
VII. s. angehörigen) Vorlage entnommenen Scholien ver- i Manufcripte als fecundäres Auskunftsmittel dient, ift der
muthet der Verf. einen chriftlichen Grammatiker oder , hiergegebenen editioprinceps des Gundiffalinifchen Werkes
Philologen des V. s., deffen Intereffe ,faft ausfchliefslich als Appendix beigefügt. Zu der Ueberfetzung des Aven-
den Nachrichten aus dem claffifchen Alterthum zuge- cebrol'fchen Fons vitae, die G. im Verein mit Johannes
kehrt' war, während Arethas (vielleicht ein Schüler des j Hispanus angefertigt hatte, finden fich in diefem mehr-
Photius) fich in den Scholien ,als Theologe und Philo- j fache Beziehungen, es tritt aber nunmehr ins Licht, dafs der
löge' ,gleichbewandert in kirchlicher wie profaner Litera- J Tractat felbft keineswegs, wie man bisher wohl vermuthet
tur' zeigt. Der Verf. vermuthet, dafs Arethas auch das 1 hatte, eine Art freier Reproduction des Avencebrol'fchen
von Dindorf I p. 408 sq. abgedruckte Gedicht elg xbv I Werkesift: Derlnhaltdeffelbendürfte, wenigflens in feinem
jtcuöaycoybv verfafst habe. Für eine künftige Biographie mittleren Theile, vielmehr auf eine arabifche Vorlage
jenes grofsen Erzbifchofs von Cäfarea müffen jedenfalls ; zurückgehn. Hinfichtlich der Abfaffungszeit läfst übrigens
feine Clemensfcholien als wichtige Quelle mit berück- i wohl der Umftand, dafs im Eingange der Schrift (S. 2,
fichtigt werden. ! 20; vgl. a. 109) die ariflotelifche doctrina logices mit Ein-

fchlufs desjenigen, was in den Analyticaposteriora fleht,
einfach als etwas Bekanntes vorausgefetzt wird, darauf
fchliefsen, dafs fie erft in der zweiten Hälfte des 12.
Jahrh. gefchrieben wurde, da vor 1130 von den beiden
Analytiken fchwerlich etwas bekannt war. Betreffs
des mittleren Theils deuten manche Inexactheiten in der
Sonderung der Argumente (z. B. 3, 21 ff. vgl. m) darauf
hin, dafs hier lediglich eine nicht fehr forgfältig gemachte
Compilation aus arabifchen Quellen vorliegt. Die von
Die vorliegende Abhandlung, zwar von geringem 1 G. mit einem ■ut ait Aristoteles" angeführte Definition
Umfang aber von reichem und werthvollem Inhalt und der Bewegung als des ,exitus de potentia ad actum conti-
klar und gewandt gefchrieben, giebt uns einen neuen i nuus et non subitus' (12, I2f.), die der Herausgeber (120
Beweis von der Sorgfalt und Gründlichkeit, mit welcher I Anm. 3) bei Arifi felbft nicht findet, liegt bei jenem in
der Verf. feine Collationen angefertigt hat und die Vor- j diefer gedrängten Faffung allerdings nicht vor, läfst fich
bereitungen zu feiner Clemensausgabe trifft. I aber aus den Erörterungen feiner Phyfik III, 1 und VI,

Jena. Paul Koetfchau. *rS. "yfchwer ableiten Der inhaltlichi bedeutendfte

iheil des ganzen Iractats ift entfchieden das letzte

An kleineren Verfehen find mir bei genauer Nachprüfung
der Stellen folgende aufgefallen. S. 16 Z. 5 v.
o. 1. cpcoxixjjv (und wohl auch vorher cpcoxixbvX); Z. 7
v. o. fragt fich, welches yeyovbv; S. 19 Z. 7 v. u. ift hinter
419, 9 einzufügen: (von zftgg. an); S. 30 Z. 4 v. u. 1.
124,4 ftatt 124,5; S. 33 Z. 3 v. o. 1. 437, 33—37; Z. 16 v.
o. fragt fich, welches rb; Z. 20 1. döovg; S. 41 Z. 13 v.
o. ift das Fragezeichen wohl hinter dvayivcöctxeig zu
fetzen; Z. 19 v. o. 1. 441,4.

Bülow, Dr. Geo., Des Dominicus Gundissalinus Schrift von Drittel, worin der Autor augenfcheinlich auch am felb-

.„„ ,,__t„„ui:„ui,„:* j„„ c„„i„ u a „u-i r u- ftändigften verfährt. Die Erörterungen z. B. über die

der Unsterblichkeit der See e. Hrsg. und pmlofophie- Tr. fa . , tt u.iu..i,a j.. c. .1. t n

Eigenart und Unvergleichbarkeit der fynthetifchen Be-

thätigung des Intellect, die aus einer Mehrheit von Vor-
ftellungen Einheit des Gedankens fchafft (31, 21 ff.),
haben, wenn man durch die Umhüllung mit dem fpeci-
fifch fcholaftifchen Begriffsapparat hindurchzufehen verlieht
, auch heute noch ihre Bedeutung. Die Bemerkung
(29, 11 f.), dafs der Intellect, der die geiftigen und körperlichen
,Formen' zu feinen Objecten hat, eben deswegen
in fich felbft inintelligibilis fei, erinnert an die Kant-

gefchichtlich unterfucht. Nebft einem Anhange, enthaltend
die Abhandlung des Wilhelm von Paris (Auvergne
) De immortalitate animae. [Beiträge zur Ge-
fchichte der Philofophie des Mittelalters, hrsg. von
C. Baeumker u. G. Frh. v. Hertling, II. Bd., 3. Heft.]
Münfter, Afchendorff, 1897. (VII, 145 S. gr. 8.) M. 5.—
Dominicus Gundiffalinus ift in der Gefchichte der mit

telalterlichen Philofophie bekannt hauptfächlich als einer j Schopenhauer'fche Lehre, dafs das reine Subject der Er-
von denjenigen Gelehrten, welche im zwölften Jahrhun- I kenntnifs als folches nicht felbft Object der Erkenntnifs
dert fich durch Uebertragung ariftotelifcher Werke aus ! fein könne.

dem Arabifchen ins Lateinifche verdient machten. Von 1 Giefsen H Siebeck

feinen eigenen philofophifchen Schriften ift die Abhandlung
De unitate als erftes Stück der hier bezeichneten Sammlung

von Correns (f. Theol. Lit.-Z. 1892, No. 15), zwei andere Zwingliana. Mittheilungen zur Gefchichte Zwingiis und
ganz oder theilweife von Löwenthal und M. Pelayo {Hist. der Reformation. Herausgegeben von der Vereinig-
d. I heterod.esp 1 691 f.) herausgegeben worden. Die fur das Zwinglimufeum in Zurich. 1897. 2 Hefte,

bedeutendfte derfelben aber, die in der vorliegenden Pub- 1 . , , ° „ , „,

lication dargebotene und behandelte Schrift de immor- Zunch- Z^cher u. Purrer, 1897. (40 S. gr. 8.) M. 1.50
talitate animae war ihrem Hauptinhalte nach bereits unter Was Buchwald mit dem nicht verwirklichten Vordem
Namen eines anderen, nämlich des Wilhelm von Au- fchlag einer Zeitfchrift für Lutherforfchung und Nie.
vergne bekannt, betreffs deffen nun Bülow einleuchtend Müller mit der Gründung des Melanchthonhaufes in
zeigt, dafs das unter feinem Namen vorhandene Werk glei- Bretten beabfichtigten, das haben die praktifchen Züricher