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Ausgabe:

1898 Nr. 5

Spalte:

141-145

Autor/Hrsg.:

Keller, Ludw.

Titel/Untertitel:

Grundfragen der Reformationsgeschichte 1898

Rezensent:

Bossert, Gustav

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I4i

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 5.

142

from that painted by Dante or Michelangelo' (S. 289). I für feine Perfon und Stellung beklagt ( orwort S. I),
Lecture X giebt werthvolle Bemerkungen über die pri- mufste Gegnern gegenüber 1) den leifeften Mifston der
mitive gefellfchaftliche Verfaffung der Araber (und an- j Gehäffigkeit meiden, 2) mit peinlicher Gewiffenhaftigkeit
derer Semiten) und fchildert die allmähliche Umbildung j die Ausfagen feiner Gegner wieder geben, 3) durfte er

derfelben in die islamifche Theokratie.

Wohlthuend berühren uns überall die Ruhe, Unbe
fangenheit und vornehme Gefinnung des Verfaffers gegen

niemals unbegründeten Verdacht äufsern, und 4) mufste
er beweifen, dafs er feine Gegner verftand. Aber in
allen diefen Beziehungen läfst K. viel vermiffen. Zu I)

über feinem heikein Ge^enftande. Dazu ftimmt auch die 1 In Gehäffigkeit geblattet er fich völlige Freiheit. (Vgl.
Sprache Eine gewiffe"behagliche Breite war durch die S. 45 den Ergufs gegen Nathufius: ,In der That ift es
Zuhörerfchaft und den Charakter der Vorlefungen nöthig wohl für die Herde, zu deren Weidung N. berufen ift,
geworden Mag der Verf. in geringen Einzelheiten zu ; beffer, dafs fie „diefe Ketzer" nicht kennen lernen', die
weit gehen; im ganzen ftimme ich ihm darin bei, dafs : anzügliche Frage S. 23 Anm. ,Wer ift Lezius?' ,die fchwei-
vieles, was anfänglich jüdifch erfcheint, im Grunde chrift- '■ gende Verachtung', mit der er bisher H. Haupt und K.
licher' Einflufs ift vor allem die ernfte asketifche Welt- j Müller behandelt habe S. 27, die Vergleichung feiner
anfchauung die in der mekkanifchen Periode des Pro- j Gegner mit Kindern, welche die Sterne bei Tage nicht
pheten vorhergeht die in Medina von Mohammed felbft ! fehen und fagen: fie find nicht da.) Zu 2) S. 26 foll
zurückgedrängt würde, aber in einigen feiner älteften : Lüdemann Keller die Abftammung der Täufer etc. von
und treueften Anhänger fortlebte und uns fpäter als ! altchriftlichen Gemeinden behaupten laffen, während L.
Sufismus entgegentritt. von der .Vorftellung der Brüder' redet. S. 30 Z. 16 läfst

H. Grimme's kühne und haftige Conftruction ift S. : er H. Haupt etwas anderes fagen, als er DLZ 1897 Sp.
4 m. E. noch zu milde abgefertigt worden. Den 40 1 576 wirklich gefagt hat. Zu 3) Wer will denn Keller
Jahren, die als das Alter der Berufung Mohammed's an- 1 das Recht der Kritik an Luther und den Reformatoren
gegeben werden (S. 13) flehe ich völlig skeptifch gegen- wehren? S. 7. Nur Gefpenfterfurcht kann aus Haupt's
über, es ift m. E. eine biblifch-fymbolifche Zahl, und Worten in der DLZ a. a. O. Sp. 577 ,die, wie ich hoffe,
gefchichtlich werthlos, übrigens auch ohne grofse Con- j unbeabfichtigte Wirkung' herauslefen, als follte der preu-
fequenzen. Zu S. 64 = Koran Ii, 42 ift zu bemerken, fsifche Staatsarchivar politifch verdächtigt werden, weil
dafs tan/ihr nicht .Quelle' bedeutet, fondern nur verfchic- 1 er fich um .Demagogen' annehme, während K. felbft H.
dene von der Geftalt eines Kochofens hergenommene | Haupt wegen feiner Mitarbeit an der theol. Realencyclo

Uebertragungen erleidet. Gegen die arabifche Herkunft
des Ausdrucks fitnn' habe ich mich fchon ZDMG 1897,
317 ausgefprochen. Das berührt aber nicht das hohe
Alter des arabifchen Volksglaubens.

Ich unterfchreibe gern die aus der Erfahrung genommenen
Sätze des Verfaffers (S. 317):

Every one who has been admitted to intimaey with
Moliammedans will testify that nun are not rare among

pädie und wiffenfehaftlichen Organen der evgl. Kirche
verdächtigt S. 27.

Was foll man aber fagen zu den unredlichen Ma-
chenfehaften, welche Keller K. Müller und Haupt zu-
fchreibt, jenem .unberechtigte Ausnutzung v. K.'s Forfch-
ungsergebnifsen' S. 27, diefem obendrein noch ,Weg-
drängung von Keller's Schriften' S. 23? Diefe Verdächtigung
ift fo fchwerer Art, dafs fie nur der allerfchärffte,

them who live in the fear of God, who strive to do His lückenlofefte Beweis rechtfertigen könnte, und ihn ift

will, and whose kindness and benevolence are the ontwor-
king of sincere faith in Hirn. Für den Verfaffer kühne
Worte inmitten einer durch die Tagespreffe gegen den
Islam gehetzten Gefellfchaft.

Jena. K. Völlers.

Keller, Ludw., Grundfragen der Reformationsgeschichte.

Eine Auseinanderfetzung mit litterarifchen Gegnern.

(Vorträge und Auffätze aus der Comenius-Gefellfchaft. I evangelifchen Glaubensüberzeugung zu beobachten ift',

Keller fchuldig geblieben. Zu 4) Wenn Keller Ref. be-
fchuldigt, dafs er mit der Befprechung von Lüdemann
.Reformation und Täuferthum' 1897, Nr. 9, wie das dem
Ref. völlig unbekannte und fernftehende deutfehe Pro-
teftantenblatt 1897 Nr. 6, einen Streit der Gelehrten auf
die Gaffe tragen wollte, fo hat er nicht ruhig gelefen.
Ref. hat die hiftorifche Frage völlig den Gelehrten über-
laffen, aber den füllen, frommen Kreifen, wie z. B. der
.Philadelphia', in welchen ,ein bedenkliches Ermatten der

5. Jahrgang. 1. und 2. Stück.) Berlin, R. Gaertner, | ^lbftbef.nnung über das uberwiegend betonte Heilig-
V ° * äc q ' ' M , ' ungspnncip empfohlen. Aber auch die beiden Anklage-

1897. (IV, 40 b. gr. 8.) m. 1.50 punkte MüUer ux können nur aus vöiiigem Mifs-

Nur mit innerem Widerftreben folgt Ref. dem Auftrag
, die kleine Schrift Keller's zu befprechen, in welcher
er fich erft gegen Lüdemann, H. Haupt und K. Müller
in Breslau und fchliefslich gegen Nathufius, wie gegen

verftändnifs feiner Aufftellungen hervorgegangen fein.

K. fagt S. IV: ,Diefe Gegner wollen nicht den Frieden
, fondern den Kampf: nun gut, fo follen fie ihn
haben.' Aber die Gereiztheit läfst K. die Eilfertigkeit

den Ref. wendet, denn der Ton, den Keller anfehlägt, feiner Rüftung für den Kampf überfehen. Oder ifts
ift fo perfönlich gereizt, dafs K. nicht mehr feinen Geg- 1 nicht Eilfertigkeit, wenn S. II Z. 1 u. 2 v. u. als Stück
nern, fondern fich felbft fchadet, ohne die Sache felbft des erften Hauptftücks in Luther's Katechismus citirt
zu fördern. wird: Was mufs ich thun, dafs ich feiig werde? etc.,

Ref. wird ftets anerkennen, 1) dafs K. mit warmem I wenn S. 19 nicht bemerkt wird, dafs .innere Verwandt-
Herzen fich um Verfolgte angenommen, 2) dafs er man- 1 fchaft der vorreformatorifchen Secten' etwas wefentlich
ches unbekannte und vergeffene Material ans Licht ge- | anderes ift als ,ein innerhalb der evangelifchen
zogen und die Forfchung neu angeregt hat, 3) dafs die 1 Welt ununterbrochener Entwicklungsgang und
Kritik ihm gegenüber mehrfach zu weit gegangen ift. ! eine gefchichtliche Continuität von einer das 16.
Vgl. die Proben ultramontaner Polemik S. 4 und das Jahrh. weit überfteigenden Dauer, fo dafs das
Urtheil des Ref. über Lüdemann in diefer Ztfchr. 1897, ! Licht des Evangeliums keineswegs mit Luther
Col.251. Auch Nathufius war nicht berechtigt, K. fchlecht- ] in die Welt gekommen ift' S. 2? Eile mag es fein,
weg einen Baptiften zu nennen (Die chriftl.-focialen wenn K. ganz entgeht, wie er fich völlig in die Hand

Ideen der Ref.-Zeit S. 166), obgleich auch Ref. K.'s
Wiege früher in mennonitifchen Kreifen fuchen zu müffen
glaubte.

Aber ein Mann, der S. I und 6 mifsgünftige Urtheile
Sybel's und Pufendorf's über die theologifche Kritik anfeiner
wiffenfehaftlichen Gegner liefert, welche feine alt-
evangelifchen Gemeinden für echte Kinder des Mittelalters
, für Nebentriebe der katholifchen Kirche oder
,Mönche ohne Kappen' erklären, indem er felbft fagt
S. 16: Kennzeichnend für fie ift der Begriff der Gemeinde,

führt und fich über .Anzapfungen'von grofser Tragweite I der Kirchenbegriff. Ihr ganzes Streben concentrirt