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Ausgabe:

1898 Nr. 4

Spalte:

116-117

Autor/Hrsg.:

Schleiermacher, Friedrich

Titel/Untertitel:

Der christliche Glaubenach dengrundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt 1898

Rezensent:

Ritschl, Otto

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H5 Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 4. 116

durch Vorführung einer unendlichen Zahl von Einzelbildern
, fondern durch Sümmirung der Einzelheiten und
Hervorhebung charakteriftifcher Typen. Wie reich an

bliotk. de /' ec. des cliartes ßi [1893], 45—74) noch die
vorausgegangene Abhandlung Ehrle's im Archiv f. Lit.
u. Kirchengefch. des Mittelalters V, 565, die fich auch

folchen ift befonders die zweite Hälfte des 13. Jahrhun- mit diefer Handfchrift befchäftigt, dagegen nennt er
derts! Wie ift das Collegium damals zerriffen durch die j allerlei gleichgiltige Literatur. — Er kennt nicht die
grofsen Gegenfätze, die fich auf dem Boden Italiens be- fchö'nen reichhaltigen, namentlich aus vatikanifchen Archi-
fehdeten — ganz unmöglich fcheint es bisweilen, die Par- Valien gefchöpften Bemerkungen zur Frage des Confens-

teien zu einer Papftwahl zu vereinigen trotz des brutalen
Verfahrens der Einfperrung, das man, um nur zur Wahl
eines einheitlichen Oberhauptes zu gelangen, am Stuhle
Petri wie im Dominikanerorden den italienifchen Com-
munen nachahmte (vergl. Annal. Placcnt. Guelfi M. G.
SS. 18, 438 fr.). S. handelt zweimal vom Conclave, aber

rechtes und der Mitbefiegelung, des Titels und der Tracht
der Cardinäle, welche einft Garampi, diefer hochgelehrte
Cardinal und Archivar, in feiner Schrift Illustrazione di
un antico sigillo della Garfagnana 1759 p. 61 ff. gegeben
hat, daher auch nicht das wohl aus der Zeit Nicolaus' III.
flammende Carmen apologeticum veteris poetae adversus

er macht fich keine Gedanken über die Herkunft diefer 1 obtrectatores Romanae curiae interlocutoribus Gaiifrido et

Ordnung, und dafs fie zur Nothwendigkeit wurde durch j Aprile (gedr. Mabillon, Vetera Anal. ed. 2ap. 369—76,

die Schärfung der Gegenfätze unter den heiligen Vätern vergl. bef. p. 373—4), das ihm manchen ftimmungsvollc n

wird auch S. 140 nur, wer es fchon weifs, etwa heraus- Beitrag zur Würdigung des Cardinalcollegs in der zweiten

lefen können. Hälfte des 13. Jahrhunderts hätte bieten können. — Ed.

Im Hinblick auf das Unbefriedigende des Buches Winckelma nn hat in den Münchener Sitzungsberichten

wird man vielleicht zu erfahren wünfchen, worauf fich philof. philol. u. hiftor. Klaffe 1875 S. 345 eine Confifto-

nun eigentlich der Fleifs des Verfaffers, von dem fchon rialrede des Papftes Innocenz III. vom Jahre 1199 mitge-

die von Gelehrfamkeit (trotzenden Anmerkungen fprechen, theilt, nachdem wir den ihr entfprechenden päpftlichen

geworfen hat? S. theilt fein Buch in zwei Theile 1) die
Thätigkeit der Cardinäle, 2) die Stellung der Cardinäle.
Es liegt auf der Hand, dafs mit diefer Eintheilung wenig
gewonnen ift und der Verfaffer genöthigt ift im zweiten
Theile faft alle die Fragen wieder zu berühren, bezw. aufs
Neue zu erörtern, die er fchon im erften Theile behandelt
hatte. Die vielfältigen Verweifungen im zweiten
Theile bezeugen dies auf den erften Blick, Auseinander-
reifsung des Zufammengehörigen ift die leidige Folge.
Auch die weitere Gliederung in zwei Abfchnitte /Thätigkeit
der Cardinäle sede plena' (mit den Unterabtheilungen
bis 1100 und 1303) bezw. ,sede vacante1 wird man kaum
zweckmäfsig nennen können, da wir nun mit Beginn des
zweiten Abfchnittes wieder in die erften Jahrhunderte
zurückgeworfen werden. Ein drittes Mal müffen wir
dann im zweiten Theil uns durch den ganzen Zeitraum
von mehr als taufend Jahren führen laffen. {Eine brauchbare
Ueberficht über den Inhalt des Buches giebt M.
Schmitz in den Mittheilungen aus der hiftorifchen Literatur
XXV, 283—86 Berlin 1897.) Wie könnte auf diefe I Schleiermacher, Dr. Frdr., Der christliche Glaube nach
Weife^ein fcharfes Bild der verfchiedenen Perioden ent- den Qrundfätzen der evangelifchen Kirche im Zu-

ftehen. .__, fammenhange dargeftellt. Mit Begleitwort von Su-

Was die Einzelausfuhrung anbetrifft, lo wird jeder

Lefer unangenehm berührt werden durch die feitenlangen

Erlafs längft kannten. Die Publication hätte S. Anlafs
zu wichtigen Erörterungen bieten können; er hat fie
nicht gekannt.

So könnte ich noch lange fortfahren mit Aufzählung
von fchmerzlichen Lücken. Ich will fchliefsen, indem
ich die merkwürdige Behauptung (213), das Philipp der
Schöne im Kampf gegen Bonifaz fich .unverkennbar an
den Wortlaut' einer Auslaffung Friedrichs II. .angelehnt
habe', etwas niedriger hänge. Das Factum wäre ja in-
tereffant genug. Leider aber ift es nicht richtig. Ueber-
cinftimmend ift nur das Citat aus Ev. Matth. 16, 18 und
die Bezeichnung der Cardinäle als Nachfolger der Apoftel,
daneben fleht aber gar vieles nicht Uebereinftimmende.
— Man wird das Buch ja nicht ganz entbehren können,
aber fich immer feinen durchaus lückenhaften und ein-
feitigen Charakter gegenwärtig halten müffen.

Marburg. K. Wenck.

lateinifchen Quellenauszüge. Namentlich in den erften

perint. Prof. D. Förfter. 2 Thle. in 1 Bande. Unveränderter
Abdruck der 2. vom Verf. Überarb. Ausgabe.

Partien ift das Buch auf diefe Weife eine Sammlung (Bibliothek der Gefammtliteratur Nr. 1027 —1038.)

von Materialien, von deren eigener Durcharbeitung uns
der Verfaffer keineswegs überzeugt. Hätte er doch im
Anhang eine Sammlung von Quellenftellen gegeben, wie
z. B. v. Schulte in feinem Buche ,die Stellung der Con-
cilien, Päpfte und Bifchöfe'. Weiterhin erörtert der Verfaffer
in einer oft recht elementaren Weife die allmäh-

Halle a S., O. Hendel, 1897. (VIII, 404 u. VIII, 455 S.
m. Bildnis 8.) M. 3.— ; geb. M. 3.25

Während die vor einigen Jahren in der Bibliothek
theologifcher Klaffiker (Bd. 13—16) erfchienene Ausgabe
von Schleiermacher's Glaubenslehre im Ganzen

liehe Ausdehnung der päpftlichen Machtvollkommenheit I M. 9,60, alfo faft doppelt foviel, wie daffelbe Buch im
und des päpftlichen Machtbereichs, der Kreuzzugsidee ; Antiquariatsbuchhandel koftet, beträgt der Preis des vor-
u. f. w., um dann jedes Mal daran zu knüpfen, in welcher liegenden Neudrucks nur M. 3. Die Verlagshandlung
Weife die Cardinäle an den Gefchäften betheiligt wurden, fcheint alfo der Anficht zu fein, dafs das klaftifche Werk
Eine Fülle von Literaturangaben über oft fehr neben- noch immer guten Abfatz findet. Und das ift eine fehr
fächliche Fragen wird ausgefchüttet, dagegen kennt der j erfreuliche Erfcheinung. Ob es indeffen in demfelben

Verfaffer fo manches nicht, was er recht eigentlich hätte
benutzen müffen.

Ich will nur einiges Wenige hier erwähnen: Von
nicht geringer Wichtigkeit für feine Unterfuchungen war

Mafse heutzutage auch ftudirt, und gerade von den
jungen Theologen ftudirt wird? Wenn dies aber bei
weitem nicht mehr in dem Umfange gefchieht, wie es zu
wünfchen wäre, fo fehlt nun noch jede Ausrede der Art,

der Ordo Romanus XIV, den Mabillon, Mus. Rai. II, 243 i dafs das grofse Buch zu theuer oder zu fchwer zu erherausgegeben
hat. Die Abfaffung wird einer hochin- 1 langen fei. Und den Thaler, für den es jetzt zu haben
tereffanten Perfönlichkeit Jacob Stefanschi, genannt Gae- j ift, follte kein Student und Candidat fich fcheuen, für den
tani, Cardinal von 1295 —1341, zugefchrieben, aber der Erwerb eines folchen Standard work der Theologie auszugeben
. Es ift jedenfalls beffer angelegt, als viel höhere
Summen, für die unfere Studenten fich manche andere
Bücher von weit geringerem inneren Werth mit Vorliebe
anzufchaffen pflegen. Möge alfo'die neue Gelegenheit zum

Text Mabillon's ift interpolirt und über die Autorfchaft
beftanden Zweifel. Sie find befeitigt mit Hilfe einer
Avignonefer Handfchrift, die den urfprünglichen Text
/ewährt. Sägmüller S. 51 kennt weder die Abhandlung von

Labande, le ceremonial Romain de Jacques Cajitan (ßi- billigen Erwerb eines gediegenen Befitzes von vielen be-