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Ausgabe:

1898 Nr. 3

Spalte:

85-86

Autor/Hrsg.:

Kutter, Herm.

Titel/Untertitel:

Clemens Alexandrinus und das Neue Testament 1898

Rezensent:

Krüger, Gerhard

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Seite 1

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85

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 3.

86

Kutter, Lic Pfr. Herrn., Clemens Alexandrinus und das Neue fing fich um einen fichern Kanon zu bemühen'. Ich kann

' ' .... TT ' , , „ r;or=0r, T RiM^r 1807 1 diefe Unterlaffung fo fchhmm nicht finden wie Kutter.

Testament. Line Unterfuchung. G.efsen.J. Richer 1897. Aber fin fdbft ^ ^ dgr angebHchen wm_

(IV, 152 S. gr. 8.) ™L 3- | kürlichkeit der Bezeichnungen dem Klemens ein ziemlich
Eine neue Arbeit über diefes Thema fcheint über- i grofses Maafs von Confufionsgabe zu, die dem kritifchen
flüffig zu fein. Nachdem Zahn fich in feiner Kanons- ! Betrachter jetzt fehr gelegen kommt. Im Allgemeinen,
"■efchichte an verfchiedenen Orten darüber verbreitet ' urtheile ich, war die Frage der verfchiedenen Werthhatte
und feine Aufhellungen durch Harnack critifirt fchätzung der neuteftamentlichen (auch nach K. ohne 2
und in vieler Beziehung angefochten worden waren, hat 1 Petr., 3. Joh. und Jak, und mit Ker. Petr., Apok. Petr.,
zuerft IL Eickhoff in einem Programm der Königl. , Didache) und der übrigen altkirchlichen Schriften durch
Domfchu'le zu Schleswig 1890, das nicht genug beachtet ! Daufch genügend erledigt; ja, weil die Thatfache der
worden ift, und nach ihm P. Daufch (Freiburg i/B. 1894) Annäherung von Acta und Apok. Joh. in der Werthin
feiner Habilitationsfchrift vom Neuen Teftament bei ; fchätzung an Schriften wie Barn., 1 Klem. nicht ausKlemens
gehandelt. Daufch mufste fich von E.Kloster
mann in der Deutfch. Lit.-Ztg. (1895, 1285—88) fagen
laffen, dafs er von Zahn's Werk, das einen geradezu
dämonifche n Einflufs auf ihn geübt habe, in unerlaubter

reichend gewürdigt ift, finde ich hier fogar einen gewiffen
Rückfehritt, der auf Rechnung des neuen Weges kommt,
den Kutter gehen wollte.

Auch in dem zweiten Theile feiner Schrift, in dem

Weife abhängig fei, während Harnack in diefer Zeitung gegenüber dem erften, heuriftifch gearteten, ein fyftema-
(1895, 307 k) das zwar nicht direct beitritt, aber doch , tifches Verfahren beobachtet wird, fteht Kutter zu fehr
Daufch das Lob zubilligte, dafs er den Klemens felbft im Bann feiner Thefe und fchiefst insbefondere mit feinen
fleifsig ftudirt und Zahn's Aufftellungen forgfältig er- : Bemerkungen über das Verhältnifs der jcagäöoOig sxxh/-
wogen und kritifch geprüft habe. Dies Urtheil ift rieh- otaörix?'] zur jtagäöoöig rov xvgiov mehrfach über das
tig. Auch Kutter erkennt es an, wenn er S. 2 fchreibt, Ziel hinaus. Zwar hat neuerdings auch Kattenbufch
dafs die Frage nach der Werthfehätzung der neutefta- , in der intereffanten Abhandlung über .Symbol und Glau-
mentlichen Schriften durch Klemens und andere damit I bensregel bei Clemens von Alexandria' (Apoftolifches
zufammenhängende Fragen von Daufch ,mit Gründlich- Symbol II, 1, i02fT. bef. 130fr.) energifch darauf hinge

keit und Gefchick zu einem gewiffen Abfchlufs gebracht
worden' feien. Wenn er dennoch die Arbeit noch einmal
aufnimmt, fo gefchieht es, weil er einen anderen
Weg zu ihrer Löfung gehen will. Er meint nämlich,
man habe in den bisherigen Unterfuchungen zu grofsen
Werth auf die Bezeichnungen gelegt, die Klemens für
die von ihm citirten Schriften bereit halte, befonders alfo

wiefen, wie fehr Klemens doch ,Schrifttheologe' fei, was
übrigens auch Daufch nicht leugnet. Aber das ift eine
— übrigens fchwierige — Frage für fich. Die Art, wie
K utter eine fpeeififeh verfchiedene Werthfehätzung der
Jtagäöooig rov xvgiov und der Jtagäöooig txxXrGia<irixi
auf Grund feines Princips von der fpeeififchen Autorität
der Apoftelfchriften conftruirt, ift jedenfalls nicht Überauf
das Wort ygaq»), deffen Tragweite für Klemens fich doch | zeugend. Er kann fie felbft eigentlich nur rechtfertigen
nicht ermeffen laffe. Es fei fehr wohl denkbar, dafs Klemens ; vermöge feines Kanons von den ungenauen Bezeichnungen
in der Wahl feiner Ausdrücke ungenau und forglos ver- I (S. 117 N. 1). Befonders der Thatfache, dafs Klemens
fahren fei, während er doch eine fefte innere Stellung i die Auszeichnung der vier Evangelien aus der nagäöoOig
gegenüber den Schriften befeffen habe. Dafs er einen j IxxhjOiaörixr'i motivirt, fteht er ziemlich rathlos gegen-
Unterfchied in der Werthfehätzung zwifchen feinen kirch- über (S. 105). Auch fchreibt er felbft: ,Die Gemeinde

liehen Quellenfchriften machte, fei richtig; er verfahre
aber dabei nach fettem Princip, und dies Princip fei darin
zu finden, dafs alle apoftolifchen Schriften in ihrer Eigen-
fchaft als eigentliche ygacpal xvgiaxui der übrigen kirchlichen
Litteratur in fpeeiftfeher Differenz gegenüberftehen.

Der Verfaffer weifs, dafs das Gebiet, auf welches er
fich wagt, gefährlich ift und der Willkür und blofsen
Muthmafsung eine reiche Ausbeute bietet. In der That

weifs durch irrthumslofe Zwifchenglieder ihre jcagäöoOig
an die xagaöoOig rov xvgiov geknüpft' (S. 148). Und
jedenfalls kann ich nicht finden, dafs Kutter mit feinen
Sätzen den Schlufsfatz der Abhandlung von Daufch
widerlegt hat: ,In diefer theologifchen Erkenntnifslehre
finden wir unfehwer die Elemente der noch heute in der
katholifchen Kirche geltenden Principien'. Die Elemente
: mehr hat ja Niemand behaupten wollen. Bereitbin
ich nicht der Meinung, dafs der Stab, der er uns in willig erkenne ich an, dafs Kutter fehr forgfältig
die Hand giebt (übrigens ift er nicht ganz fo neu und j gearbeitet hat und dafs feine Abhandlung durchaus felbft

ungebraucht, wie es dem Verf. erfcheinen möchte), eine
feftere Stütze ift als andere. Verfagt er uns feine Hülfe
doch gerade in kritifchen Momenten. Man lefe, was
Kutter über die Apoitelgefchichte und die johanneifche
Apokalypfe einerfeits, über Barnabas andererfeits vorbringt
. Wie fich die kritifche Stellung des Alexandriners
zum Inhalt des Barnabasbriefes mit der Thatfache, dafs
er das Schreiben in den Hypotypofen commentirt und
den Verfaffer als Apoftel bezeichnet hat, reimt, weifs uns
K. mit feinem Kanon noch weniger verftändlich zumachen
als feine Vorgänger. Die Art, wie er die Aufnahme in
die Hypotypofen gloflirt, um fie möglichft zu entwerthen
(S. 93), hat wenigftens meinen Beifall fo wenig wie die
Entkräftung der Apoftelbezeichnung (S. 142). Letztere
ftimmt freilich zu jenem Kanon von der Sorglofigkeit des
Klemens in der Wahl feiner Bezeichnungen. So bereitwillig
ich aber zugeben will, dafs man in diefem Punkte oft
taber auch Daufch 48?) zu fcharf hat fehen wollen, fo
willkürlich fcheint mir doch Kutter damit umgefprungen
zu fein. Er meint, man habe fich noch nie gefragt, ,ob
es eigentlich nicht heifse, einem fo geiftvollen Manne wie
Clemens eine arge Confufion zufchreiben, wenn man ihn
in allen möglichen Schriftgattungen herumtappen laffe,
während rings um ihn — den vielgereiften — alles an-

ftändig entworfen und durchgeführt ift. Faft möchte man
wünfehen, fie wäre weniger felbftftändig. Wenigftens will
mir fcheinen, als hätte der Verf. dem Wunfche Neues zu
fagen, zu fehr nachgegeben. Auch bleibt er, z. B. mit
feinen Erörterungen über des Klemens' Exegefe, nicht
immer ftreng beim Thema. Wie wäre es fonft auch
möglich, für ein folches Thema 152 Seiten zu verwenden:
Weniger wäre entfehieden mehr gewefen. S. 31 N. 2 wird
Eickhoffs Abhandlung mit ,a. a. O.'citirt, während doch
der Titel noch gar nicht genannt war. S. 28 N. 3 lies
Hiller ftatt Hillen.

Giessen. G. Krüger.

Vollert, Gymn.-Oberlehr. Lic. theol. Wilh., Die Lehre
Gregors von Nyssa vom Guten und Bösen und von der
schliesslichen Überwindung des Bösen. Leipzig, A. Dei-
chert Nachf., 1897. (IV, 58 S. gr. 8.) M. 1.50

Die grofseZahl der in den letzten Jahren erfchienenen
Abhandlungen zur Philofophie der Kirchenväter, befonders
der claffifchen Zeit, vom dickleibigen Buch bis zur
mageren Differtation, auf proteftantifcher wie auf katho-
lifcher Seite, beweift, dafs das Intereffe an den hier fich