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Ausgabe:

1898 Nr. 3

Spalte:

73-76

Autor/Hrsg.:

Kerber, Georg

Titel/Untertitel:

Die religionsgeschichtliche Bedeutung des hebräischen Eigennamen des Alten Testaments von neuem geprüft 1898

Rezensent:

Schwally, Friedrich

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 3.

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vielleicht Hiph. ausgenommen, M5 (p. 128), pi (p. 165),
das nach G. von nW ausgehen foll! etc.

Wann ift denn überhaupt ficher ein Verbum denomi-
nativ? Wenn ein Verbum auf einen finnlichen Gegenftand
oder finnliche Eigenfchaft, fei es ein Subftantiv fei es ein
Adjectiv zurückgeht, deffen oder deren Bezeichnung fchon
vom Grundbegriff weit abliegt. So ift S^i ,nfchen' ein
Denom. weil es auf U~ ,Fifch' fich zurückiührt, ün ,Fifch'
fich aber von der Grundbedeutung des Prim. 5p"j, 'die ver-
muthlich ,fich vermehren' bedeutet, fehr weit entfernt hat.
Ebenfo ift 130 in der Bedeutung dumm fein, ein Denom.
von "py3 ,Vieh', alfo eigentlich viehifch sein, "PSO aber
kaum noch an feine Grundbedeutung, die ,abweiden' bedeutet
, erinnert, etc. Wo aber ein Verbum freilich einen
fchon abgeleiteten Begriff darftellt, aber einen Begriff, der
fich unmittelbar aus dem Grundbegriff ableiten läfst, da
werden wir es doch kaum als denom. anfehen können.
Der abgeleitete Begriff kann fich hier doch ebenfogut zu
gleicher Zeit im Verbum wie Nomen entwickelt haben,
ohne dafs defshalb das' Verb, denom. oder das Nomen
deverb. zu fein braucht. So ift es z. B. mit den Verbis
thp (p. 238), pis (p. 206), bis (p. 204), zum Theil auch
mit fibE (p. 87) etc. Clp heifst z. B. als Verbum urfprüng-
lich abgefondert fein, als Adjectiv abgefondert. Da kann
doch ebenfogut im Verbum wie Nomen zugleich aus |
dem Begriff des Abgefondertfeins refp. des Abgefonder-
ten der Begriff des Heiligfeins refp. des Heiligen hervorgegangen
fein. Wefshalb hier durchaus das Verbum nach
Baudiffin vgl. auch Stade s. v. denom. fein foll, ift nicht j
einzufehen. Ebenfo ift es mit pst. Die Wurzel mufs
doch etwas wie den Begriff der Härte bedeutet haben.
Deshalb hat zunächft das Nomen wie Verbum ,hart' oder |
,hart fein' bedeutet. Daraus kann doch fehr gut im Nomen
wie Verbum zugleich der Begriff des ,Gerechten' und ,er
war gerecht' fich erzeugt haben etc. Keineswegs ift in
allen diefen Fällen der denom. Charakter der Verba er-
wiefen. Wie yiT ,Säen, Same' nicht deverb. von yiT.fäen'
ift, fondern beide zugleich, Nomen wie Verbum auf den- 1
felben Grundbegriff des ,Säens' zurückgehen1), fo ift auch
z. B. täSp nicht denom. von Tfnip, fondern beide gehen |
von dem'felben Grundbegriff des unp aus.

Wenn der Verf. folche Verba, deren denom. Charakter
doch mindeftens recht zweifelhaft ift, fortgelaffen,
und er das Buch in den Punkten, die ich fchon oben
angeführt habe, gekürzt hätte, fo wäre das Buch freilich
an Umfang vielleicht auf oder unter die Hälfte reducirt 1
worden, aber es hätte an Inhalt gewonnen. Denn j
Verf. hätte dann nichts Ueberflüffiges, und theils Ge- j
fichertes, theils folches gegeben, über das fich wohl
ftreiten läfst.

Doch wir eilen zum Schlufs. Wir nehmen trotz
aller Ausftellungen von dem Buch mit Dank Abfchied.
Denn in vielen Punkten hat es uns Anregung gegeben,
in manchen auf den richtigen Weg gewiefen.

Roftock. Philippi.

Kerber, Dr. Georg, Die religionsgeschichtliche Bedeutung der
hebräischen Eigennamen des Alten Testaments von neuem
geprüft. Freiburg i. B., J. C. B. Mohr, 1897. (III, 99 S.
gr. 8.) M. 2.80

Der Verfaffer behandelt feinen Stoff in folgenden
Capiteln: L Ueber Namengebung im Allgemeinen und
bei den Hebräern im Befonderen 1 ff. II. Religionsge-
fchichtlicher Abrifs und Darlegung des Standpunktes 12 ff.
— Die religionsgefchichtliche Bedeutung der hebr. Eigennamen
des Alten Teftamentes. I. Refte alter Naturreligion in
israelitifchen Eigennamen 23 fr. II. melekh bdal und 'adön
in israelitifchen Eigennamen 37(1. III. Refte alter Stamm-

i) Uebrigens ift das Niph. u. Hiph. denom. im Sinne von befruchtet
, befamt werden und Samen hervorbringen, fo richtig G. p. ICO,
vgl. aber fchon Dillman zu Gen. 1,11.

religion in denfelben 58 ff. IV. Fremdländifche Namen
73 ff. V. 'cl und Jahve 80—99.

Die Arbeit zeichnet fich aus durch genaue Kenntnifs
der Literatur, durch lichtvolle Darfteilung und befonnenes
Urtheil. Ohne theologifches Vorurtheil tritt der Verf. in
; die Diskuffion ein und er nimmt gelegentlich Veranlaffung,
die dogmatifche Befangenheit anderer Forfcher zu con-
ftatiren, S. 66 u. f. Während Viele eine antiquarifche
FYage gar nicht anfchneiden können, ohne erft einen
literarkritifchen Wirrwarr auzurichten, ift es ein befonderes
Verdienft des Verf., dafs er fich auf literarifche Fragen
nicht weiter eingelaffen, fondern die Sachen in den Vor-
I dergrund gerückt hat. Das gute Vorurtheil, das man aus
i den erften Seiten des Buches erhält, wird durch die
Leetüre des Ganzen nur beftätigt. Und man kann fich
mit den Ausführungen faft überall einverftanden erklären.
Trotzdem ift es mir in dem Rahmen einer Recenfion nicht
möglich, alle Punkte zur Sprache zup bringen, in denen
ich den Ergebnifsen des Verf. nicht zuftimmen kann. Ich
mufs mich deshalb auf einiges Wichtigere befchränken.

S. 7. Der Verf. fcheidet hier fcharf zwifchen den
Namen welche mit Perfect- und denen, welche mit Im-
perfeetformen zufammengefetzt find, hinfichtlich ihrer
Bedeutung. M. E. ift hier gröfsere Vorficht nöthig. Denn
die Bedeutung der beiden Tempora oder Modi braucht
nicht überall die gleiche zu fein und ift wahrfcheinlich
auch zu Zeiten eine verfchiedene gewefen. Ich verweile
nur auf die eigenthümliche Syntax der beiden Tempora
im Hebräifchen, andererfeits auf den Gebrauch des ara-
bifchen Perfects in gewiffen Wunfchfätzen.

S. 15 u. heifst es: ,Als fich hebräifche Nomaden-
ftämme vom Mutterboden der altfemitifchen Naturreligion
loslöften, nahmen fie aus ihren Urfitzen die Verehrung
des bM und fba mit, die nur als Perfonificationen der
Sonne nach ihrer verschiedenen Wirkfamkeit aufzufaffen
find'. Woher weifs der Verf. das? Von den phönizifchen
Kulten aus darf man diefen Schlufs nicht ziehen. Die-
felben find nichts weniger als eine geradlinige Fortfetzung
urfemitifcher Religion.

S. 19. Die Stellen des Arnos, die Jahve als Schöpfer
verkünden, find fecundär, das hat Nowack in feinem
trefflichen Commentar aufs Neue erwiefen (Handkommentar
zum Alten Teftamente, herausgegeben von W. Nowack
, III, 4, 1897).

S. 2of. Man follte endlich einmal aufhören, immer
und immer wieder den Nachweifs zu führen, ,dafs die
altisraelitifche Religionsgefchichte nach denfelben Ge-
fichtspunkten zu behandeln ift wie die der übrigen Semiten'.
Das ift doch das Axiom jeder wiffenfehaftlichen Unter-
fuchung. Die Gegner verdienen die Ehre gar nicht, in
einem fort widerlegt zu werden.

S. 20 u. wird anerkannt, dafs der alte Jahvismus eine
befondere ethifche Kraftanlage befeffen habe, die von
Anfang den Keim des Monotheismus in fich trug. Das
ift durchaus irrig, obwohl der Verf. fich auf keinen Geringeren
als A. Kuenen beruft. Der Jahvekultus kam vielmehr
deshalb zur Herrfchaft, weil die unter feiner Aegide
conföderirten Stämme liegreich blieben. Vgl. meine
Ausführungen in Hellwald, Kulturgefchichte 1 I 441 bei
Stade, Entftehung des Volkes Israel (Akademifche Rede,
Giefsen 1897) S. 14. Der alte Jahvismus ift Naturreligion,
bei der Ethos mit Volksfitte identifch ift. Erft die Propheten
haben die Religion moralifirt. Mofe ift ganz aus
dem Spiele zu laffen.

S. 27. 28. Ueber Sara wage ich nichts Pofitives zu
fagen. Auch auf die angebliche Parallele in Jef. 51,12 gebe
ich nichts. Und die Gleichfetzung von Abraham mit
l5~&JI j 'o ift zwar eine äufserft geiftreiche Combination

I Lagarde's, aber weiter kommt man damit ebenfalls nicht.
S. 29 fsö wird jetzt gewöhnlich nach Nöldeke und
Hoffmann mit SV ,Dämon' zufammengebracht. Diefe
Vermuthung hat ja fehr viel für fich. Aber man überfieht

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