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Ausgabe:

1898 Nr. 2

Spalte:

52-54

Autor/Hrsg.:

Bund, J. W. Willis

Titel/Untertitel:

The Celtic Church of Wales 1898

Rezensent:

Loofs, Friedrich

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 2.

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Kaukafus, welches im Zufammenhang mit der Kirchen-
gefchichte Armeniens einiges Intereffe bei Theologen
beanfpruchen darf; es entfpricht den beiden heutigen
ruffifchen Diftricten Schirwan (Hauptftadt Baku) und
Dagheftan (Hft. Derbent). In der neuen Ausgabe der
grofsen Realencyclopädie ift leider, wie in den früheren,
verfäumt worden, einen Artikel ,Albania', der ja fehr
klein fein durfte, aber doch wohl willkommen gewefen
wäre, aufzunehmen. Geizer in feinem überaus inftruc-
tiven Artikel ,Armenien' berührt gelegentlich albanifche
Verhältniffe, doch fo, dafs man ohne gewiffe Vorkennt-
niffe ihn fchwerlich ganz verfteht. So ift in vorliegender,
unter feiner Aegide verfafster Differtation der Abfchnitt
,die albanifche Kirche' (S. 23—31) befonders willkommen.
Der Verfaffer, ein ruffifcher Armenier, bietet zuerft ,Un-
terfuchungen über Mofes den Utier (Katankatuaci)',
einen noch wenig benutzten armenifchen Gefchichts-
fchreiber, der eine ,Gefchichte der Albanier (Aluank)'
gefchrieben hat. Das Werk ift in drei Bücher eingetheilt.
Mofes, ,allem Anfchein nach ein albanifcher Geiftlicher
aus der Provinz Uti, nimmt fich vor, nach den ihm zugänglichen
Gefchichtswerken, Briefen und anderen Schrift-
ftücken, die Gefchichte feines Landes darzuftellen, und
dabei legt er felbftverftändlich, feiner Zeit entfprechend, das

— meint M. — ift werthvoll für Geographen wie für
Hiftoriker'. Mit einer kurzen Skizze diefes Berichts
fchliefst M. feine Unterfuchungen. In einem Anhang
bringt er eine Ueberfetzung einiger wichtiger Stücke
des Werkes des Katankatuaci, zuletzt die ,canonifchen
Verordnungen, (welche) vom albanifchen König Vacakan
in der Verfammlung, die in Aluen flattfand, feftgefetzt
(wurden)'; es find die Beftimmungen des Conzils von 488
mit mannigfach eigenartigem, zumal culturhiftorifch in-
tereffantem Inhalt. Auf S. 29 erwähnt M. einen Brief
des armenifchen Katholikos Johannes I (6. Jahrh.) an
den ,Katholikos von Albanien' Ter-Abas und berichtet:
,Das Schreiben warnt . . . vor den Neftorianern . . . und
enthält aufserdem das Glaubensbekenntnifs der
armenifchen Kirche und das Trishagion mit den vom
Concil zu Duin . . . beigefügten Worten: »Du bift für
uns gekreuzigt worden«'. Es ift fehr zu bedauern, dafs
M. im Anhang nicht auch diefe Stelle in vollftändiger
Ueberfetzung mitgetheilt hat.

Giefsen. F. Kattenbufch.

Bund, J. W. Willis, The Celtic Church of Wales. London
D. Nutt, 1897. (VII, 533 S. gr. 8.) 12 s. 6 d.

Schwergewicht auf kirchengefchichtliche Ereigniffe. Was Eine gründliche Beurtheilung diefes Buches erfordert

er uns in feinem erften Buche über die ältefte Gefchichte
feines Landes zu erzählen weifs, hat er aus den uns be

weit gröfsere Bekanntfchaft mit den Quellen der alteng-
lifchen Kirchengefchichte, als ich fie je befeffen habe,

kannten armenifchen Schriftftellern excerpirt, dagegen das ! gefchweige denn noch befitze; eine Anzeige aber habe
zweite Buch, welches u. a. werthvolle, anderswo nicht I ich gern übernommen, zunächft weil mich der Stoff interüberlieferte
Berichte über Chazaren, Hunnen, dann auch 1 effirte, dann — nach der Leetüre des Buches, — weil
über die Züge des Herakleios und das albanifche Herrfcher- I daffelbe es verdient, der deutfehen Kirchengefchichts-
haus Mihrakan enthält, ift für den Hiftoriker von befon- fchreibung nicht unbekannt zu bleiben,
derem Intereffe'. Manandian zeigt, dafs Mofes Kalanka- Der Verf. ift kein Wale, ja des Walifchen unkundig;
tuaci nicht, wie andere Forfcher meinen, im fiebenten, aber er hat fich das Ziel gefetzt, die walifchen Kirchen-
fondern im zehnten Jahrhundert gelebt habe. Aus der verhältniffe der alten Zeit nicht durch eine englifch-latei-
Darftellung der Kirchengefchichte Albaniens, die derfelbe nifche Brille zu fehen und dementfprechend darzuftellen,
giebt, und die M. in einem kritifch prüfenden Abrifs repro- j fondern aus walifchen Vorausfetzungen fie zu verftehen
ducirt hat, entnehme ich, dafs der heilige Elise, ein Schüler und verftändlich zu machen. Die Grundgedankendes
des Apoftels Thaddäus, der ,Erleuchter' des albanifchen j Buches find infofern nicht neu, als Aehnliches von Todd,
Volks fein foll. Das ältefte wirkliche Zeugnifs über die Skene u. a. in Bezug auf die keltifchen Kirchen in Irland
albanifche Kirche datirt aber aus dem Ende des fünften und Schottland längft ausgeführt ift (vgl. meine Antiquae
Jahrhunderts und findet fich in einem Briefe des arme- Britonum Scotorumquc ecclesiae p.. 5öfT.): Bund erklärt
nifchen Bifchofs Giut an den albanifchen König Vace. In die Aeufserlichkeit der Chriftianifirung des Landes und
diefem wird berichtet, dafs der albanifche König Ürnayr die kirchlichen Verhältnifse in Wales (die Bedeutung der
zu Trdat dem Grofsen und Gregor dem Erleuchter (Ende J Klöfter, die Stellung der Bifchöfe, des Klerus und der
des dritten und Anfang des vierten Jahrhunderts) nach j Kirchen, die Einnahmeverhältnifse der Kirche und die
Armenien gekommen fei und fich dort mit feinen Grofsen eigenartige Bedeutung der Heiligen) aus der Stammesund
Truppen habe taufen laffen. Damals fei den Alba- verfaffung der Walen. Durch die Stammeshäupter ift
niern auch der erfte Bifchof beftellt worden, ,ein feiiger das Chriftenthum einft angenommen und dann nach diefer
Mann, zum Bisthum geweiht in der Stadt Rom' — eine j äufserlichen Reception mit den nationalen Traditionen,
merkwürdige Notiz. Unter dem Einflufs, bez. der Ober- Anfchauungen und Bräuchen zu einer Religion verwachfen,
herrfchaft Perfiens ift das Land in der zweiten Hälfte 1 die mehr Heidenthum als Chriftenthum war. Die von den
des vierten Jahrhunderts wohl wieder (oder vielmehr 1 Stammeshäuptern oder einem aus ihrer Familie — den
noch) wefentlich unchriftlich. Im fünften Jahrhundert fpäteren Heiligen — begründeten Klöfter waren die auto

hebt fich die Bedeutung der Kirche; es wird jetzt auch
in armenifchen Buchftaben eine albanifche Bibelüber-
fetzung hergeftellt. (Nach der furchtbaren Niederlage
des Königs Peroz durch die Hephtaliten (484)' gelingt es
Albanien, die perfifche Oberhoheit abzufchütteln und
wieder unter ganz felbftftändigen Herrfchern fich zu con-
ftituiren. Jetzt fiegt das Chriftenthum definitiv; 488 wird
ein Concil gehalten, welches die (Beziehungen der Stände'

nomen Mittelpunkte des Kirchenthums. Jeder Stamm
hatte fein Mutterklofter fammt Tochtergründungen. Die
höchfte kirchliche Würde, die Abtswürde, folgte den Erb-
fchaftstraditionen des Stammes. Die Bifchöfe waren
lediglich untergeordnete Functionäre; bifchöfliche Diö-
cefen gab es ebenfowenig als Parochieen. Der Klerus war
eine formlofe Gruppe von Stammesangehörigen, welche
die tradionell nötigen Riten vollzogen, fehr laxer Disciplin

regelte. Epochemachend auch für die albanifche Kirche unterftanden, ein Cölibat nicht kannten. Eigentlich
ift das vom armenifchen Katholikos Babken 491 abge- | kirchliche Abgaben gab es nicht; die Kirchen waren an-
haltene Koncil von Valarsapat. Hier fchloffen fich Ar- gewiefen auf die ihnen überwiefenen Einkünfte des

menier, Iberier und Albanier dogmatifch aufs engfie zu-
fammen. Im fechften Jahrhundert hat Albanien einen
eigenen Katholikos; aber im neunten (fpäteftens) hat die
Kirche dort fich wieder mit der armenifchen foweit geeinigt
, dafs fie die Oberhoheit des Katholikos der letz-

Stammeslandes und auf Abgaben, die nicht in der Kirchenzugehörigkeit
, fondern in der Stammeszugehörigkeit
wurzelten. Kurz, die Kirche oder richtiger die einzelnen
Stammeskirchen waren aufs engfte verflochten in die
Stammesverfaffung, keine Gröfse neben oder gar über

teren anerkannte. Im fiebenten Jahrhundert find von den politifchen Gemeinfchaften der Stämme, fondern
Albanien aus die Hunnen bekehrt worden. ,Der aus- ! eine Inftitution derfelben, durchaus abhängig von ihnen,
führliche Bericht des Mofes über diefes wichtige Ereignifs i fo völlig nationalifirt wie nirgend fonft.