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Ausgabe:

1898 Nr. 26

Spalte:

689-690

Autor/Hrsg.:

Redner, Aloys

Titel/Untertitel:

Das Prinzip des Protestantismus - der Gegensatz des Katholizismus 1898

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Seite 1

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689

Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 26.

690

Urkunde Clemens VI. vom 15. Febr. 1352 Johann von
Neumarkt, der fpäter als Kanzler Karls IV. und Freund
Petrarka's fo bekannt ift, einreiht und dagegen Rudolf
von Saaleck, den Gewählten des Capitels, den ich 1353,
54, 57 und 58 als Bifchof Urkunden finde, ausläfst. Johann
von Neumarkt ift fehr bald zurückgewichen. Eubel weift
an anderer Stelle nach, dafs Johann am 9. üct. 1353 durch
päpftliche Provifion nach Leitomifchl verfetzt wurde. Erft
1359 hat eine Neubefetzung des Naumburger Stuhles
ftattgefunden und zwar ift nach dem Regent bei G. Schmidt,
päpftl. Urkunden und Regenten aus den Jahren 1353—78
nr. 296 am 13. Mai 1359 von Innocenz VI. der gegen
die päpftliche Refervation vom Capitel gewählte Gerhard
von Schwarzburg beftätigt worden. Ift das Regeft genau,

begreift, wie der Proteftantismus überhaupt hat grofs
werden können. Die Vernunft, die Sittlichkeit, der Troft
der Herzen, das alles ift ja fo unverkennbar auf Seiten
des Katholicismus — wunderbar, dafs der Proteftantismus
immer noch aufrecht dafteht! — Die vom Proteftantismus
hochgehaltenen Männer werden immer aus
ihren eigenen Schriften oder durch ,ficherlich unpar-
teiifche' Zeugen als theils fehr unklare bez. unwiffende,
theils und befonders fehr eigenwillige, herrfchfüchtige,
wenn nicht fittlich noch viel fchlimmer verdächtige
Perfönlichkeiten entlarvt. Merkwürdig, dafs das nicht
endlich Erfolge für die katholifche Propaganda zu Wege
bringt! Man denkt ja wohl .endlich' werde man auch
folche Erfolge fehen. Die Belefenheit des Herrn Aloys

fo hätte Eubel nicht ,el. provb, was Caffation der Wahl Redner ift, wie gewöhnlich, eine mannigfaltige Die

vorausfetzt, angeben müffen, fondern ,el. confirm

Es kommt nicht darauf an, Alles, was ich mir bei
Durchficht des Eubel'fchen Buches angemerkt habe, hier
vorzuführen, ich möchte auch nicht den Glauben erwecken,
als ob ich daffelbe in höherem Maafse für unzuverläffig
halte, aber Fehler find allerdings fo manche untergelaufen,
und principiell möchte ich mich erklären gegen die Ueber-
fchätzung des vaticanifchen Materials und der daraus

katholifchen Polemiker fcheinen fichCollectaneen buntefter
Art anzulegen, Dicta berühmter und unberühmter Leute,
am liebften von Proteftanten felbft über den Proteftantismus
. Der Ultramontanismus hat ja die Kategorie der
.Auchkatholiken'aufgebracht; wir können unfererfeits mit
analogen Erfcheinungen aufwarten. Aber auch wo man
Dicta von guten Proteftanten aufpflanzt, fühlen wir uns
nicht fo leicht durch fie bedrückt, wie diefe ultramon-

gefolgerten päpftlichen Centralifation. Man darf es viel- tanen Sammler anzunehmen fcheinen. Einen Mann wie
leicht ein wenig bedauern, dafs durch das Erfcheinen Luther ift ein Ultramontaner nun einmal nicht im Stande
des Eubel'fchen Buches einer Neubearbeitung von Garns' zu begreifen, er kann fich nur an ihm ärgern. Im lahre

Series auf Grund des im letzten Menfchenalter publicirten
Materials vorgegriffen ift. Wer fie unternahm, hätte aufser
den particularen Quellen auch die vaticanifchen zu tinem
grofsen Theile nach gedruckten Werken benutzen und
anführen können. Allerdings hat Eubel für grofse Theile
des 14. und 15. Jahrhundert handfehriftliche, fonft unzugängliche
Quellen des vaticanifchen Archivs erfchloffen,
dafür foll ihm unfer Dank nicht vorenthalten bleiben.
Insbefondere für die Reihen der Bifchöfe in partibus in-
fideliutn, die oft für wichtige andere Miflionen gebraucht
wurden, bot das vaticanifche Material viele Daten. Aus
heffifchen Quellen möchte ich der Reihe der Bifchöfe von
Gardar in Grönland einen Namen hinzufügen, deffen
Träger wohl auch nie feine Diöcefe gefehen hat. In einer

1883 erfchien unter dem Titel Jndifche Effays' von einem
Inder Namens Nifikänta Chattopädhyäya ein Werkchen,
welches auch zwei Vorträge über ,Buddhismus und
Chriftenthum' enthielt. Wenn Herr Redner die einmal
lefen will, mag auch er mit Bezug auf das Chriftenthum
von diefem Inder den Eindruck bekommen, den ich
in Hinficht des Proteftantismus von katholifchen Darftellern
zu haben pflege: fie reden wie die Blinden von
den Farben. Fast alles ift unzulänglich aufgefafst;
es fehlt die Fähigkeit fich die gemeinte Sache lebendig
zu vergegenwärtigen; im beften Falle kann man etwa
fagen: ,die Theile habt ihr in der Hand, fehlt leider nur
das geiftige Band'. Herr Chattopädhyäya verfteht S. 106
das Wort Matth. 10, 30 (Luc. 21, 18) wie ein Gefetzes-

ungedruckten Urkunde vom 9. Nov. 1390 und einer ge- | wort!! Wenn unfere" nlfrai
druckten vom ,9. Auguft ,39 ? erfcheint Burghard Pfarfer J nur lernen wollten wie ^ -,hm

A* fyVitzenhau^n al? Bifchof von Gruland, vergl den würdigen Ton innehalten kann Redner meint

Auifatz von A. Heldmann ,m .Heffenland«, 6. Jahrg., Luther's Vorftellung von der Bedeutung des Glaubens

l89V' I9A n, r K •« u r „ • , : tjaveftiren zu dürfen mit Wendungen, wie diefolgenden"

Eine fehr willkommene Gabe ift auch die Verzeich- . ' * V «oigenaen

nung der Summen, die von den Bifchöfen als servitium
commune an die Curie gezahlt wurden. Sind fie intereffant

,Der allmächtige Schöpfer Himmels und der Erde wird
hier zu einem Komödienpapa degradiert, den jeder ungeratene
Schlingel an der Nafe zerrt, mit den einfür
das Einnahmebudget der Curie, fo noch mehr für fchmeichelnden Worten: Lieber Papa, fei gut, mein
die Schätzung des Jahreseinkommens der Bisthümer, zu Alterchen, wir kennen uns fchon!' Sic! S. 42 Anm.
dem fie in gewiffem Verhältnifs ftanden. Ich verweife Das Princip des Proteftantismus ift für Redner der

auf die lehrreiche Tabelle, welche K. Müller in feiner j Subjectivismus. Die fünf Capitel: Martin Luther, der
Befprechung durch Zufammenftellung der bezüglichen
Notizen nach Ländern geliefert hat.

Alles in Allem ift dem vorfichtigen und umfichtigen
Benutzer mit diefem Buche ein überaus werthvolles cismus (Atheismus), Pantheismus, Nihilismus^vorzuführen
Gefchenk geliefert worden. j Der jüngfte Spröfsling' des Proteftantismus ift der

Pietismus und das Herrenhuterthum, der Rationalismus,
Schleiermacher, der Proteftantenverein, geftatten ihm|
denfelben in der Entwickelung zum Myfticismus, Scepti-

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Proteftantenverein; ein bischen anachroniftifch.

Giefsen. F. Kattenbufch.

Marburg i. H. K- Wenck.

Redner, Aloys, Das Prinzip des Protestantismus der Gegen- Schellwien, Robert, Philosophie und Leben. Leipzig, A.
satz des Katholizismus. (Streifzüge in die Gefchichte. janfferi) l8g8- (III> I2I s gr 8) M 2>40

I Band.) Mainz, F. Kirchheim, 1897. (VIII, 265 S. 8.) D . „ , , .

1. udnu.; , y, k j Robert Schellwien, der fich bereits durch eine Reihe

• J" philofophifcher Schriften bekannt gemacht hat — darunter
Das Schriftchen ift von dem Durchfchnittscharakter die bedeutendfte über den ,Geift der neueren Philofophie',
der katholifchen Polemik. fc-ine Abficht oder — um i aber auch Bearbeitungen von Zeitthemen wie Darwinismich
objectiver auszudrücken — eine Fähigkeit, den : mus und Nietzfche — bietet in diefer Schrift eine kurze
Proteftantismus zu v er flehen, ift nicht vorhanden. Der : Darfteilung feiner Welt- und Lebensanficht, die in wefent-

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Proteftantismus wird einfach gemeffen am Katholicismus
Die äufserlichften Merkmale des Gegenfatzes werden
aufgegriffen, möglichft krafs formulirt und mit einigen
wohlfeilen Bemerkungen fo gloffirt, dafs man nur nicht

liehen inhaltlichen Punkten mit Fichte zufammentrifft in
der Methode aber vielfach an Hegel erinnert.

Die Philofophie hat nach ihm keinen befonderen
Gegenftand, weder im Himmel noch auf der Erd

e.