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Ausgabe:

1898

Spalte:

684-685

Titel/Untertitel:

Anonymi Christiani Hermippus de astrologia dialogus 1898

Rezensent:

Gundermann, Gotthold

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Theologifche Literaturzeitung. 1S98. Nr. 26.

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find. Proben diefer Schrift hat Ihm erfreulicherweife im
Texte und in einer Tafel gegeben. Denn die grofsen
Veröffentlichungen von De Roffi und Hübner's Exempla
scripturae epigraphicae (Nr. 1143) find nicht jedem leicht
zugänglich. Von den Denkmälern wurden viele in den
Kriegsftürmen zerftört; einige wurden zwar erneut, aber
im Mittelalter waren nur wenige bekannt und erft De
Roffi hat durch erfolgreiche Grabungen viele ans Tageslicht
gebracht. Mehr als durch die Steine felbft ift erhalten
durch die zahlreichen Handfchriften chriftlicher
Infchriftenfammlungen feit saec. VII. Ihre.Ausbeute hat
nach der grundlegenden Behandlung von De Roffi, Inscr.
christ. II, Ihm noch erweitert und durch Nachcollation
gekichert. Er hat aber darauf verzichtet, die Bibliotheken
noch weiter zu durchfuchen oder auch alle ihm bekannten
Hff. heranzuziehen, weil er fich keinen Nutzen davon
verfprach. Man darf allerdings von neuen Handfchriften
meift nur neue Beftätigung bekannter Lesarten erwarten
und eine Claffificirung läfst fich fchwer durchführen.
Die Gedichte find in 2 Gruppen getheilt: 1—62 Damast
epigr-, 63 —107 Pseudodamasiana. In der erften Gruppe
find mit einem Sterne diejenigen verfehen, die nach
Sprache, Schriftform und anderen Anzeichen (in 35
echten Epigrammen hat Damafus feinen Namen angebracht
) verdächtig find. Diefe fcharfe Scheidung des
echten durch Heranziehen befferer Ueberlieferung und
genaue Beobachtung der fprachlichen, metrifchen, pro-
fodifchen Eigenthümlichkeiten ift kein geringes Verdienft
des Herausgebers. Für die Beurtheilung der Kunft des
Damafus wichtig find die Nachweife der Vorbilder, unter
denen Virgil regelmäfsig erfcheint, und der Nachahmer:
Vollftändigkeit konnte darin felbftverftändlich nicht erreicht
werden. In der Behandlung des Textes hat Ihm
weife Vorficht geübt. Die Schwierigkeiten find bei der
Art der Ueberlieferung oft recht grofs. In 1,17 (auf
David) haec Damasus seit, sanetc, tuos celebrare triutn-
pltos ift das monstrare einiger Hff., wie Ihm richtig ver-
muthet, aus 2,26 herübergenommen für celebrare; die
übrigen Lesarten dl ipse oder ds ipse möchten auf ein
urfprüngliches nachmals verdrängtes descripse führen.
Die Form scripse findet fich noch bei Aufonius. Zahlreicher
find die noch der Erklärung bedürftigen Stellen.
Bei dem vielbehandelten Epigramm 26, auf Petrus und
Paulus, hat Buecheler zum letzten Verfe haec Damasus
uestras referat noua sidera laudes die Bemerkung gemacht
: htum Auienum taxat sidera canentem tteterar
Eine folche Anfpielung auf den gleichzeitigen heidnifchen
Dichter wäre hochintereffant; fie ift nur nicht recht wahr-
fcheinlich für Damafus und in diefem Zufammenhange.
Näher liegt, fcheint mir, ein Vergleich des Apoftelpaares
mit den Gemini, Caftor und Pollux; um fo mehr als der
feftliche Zug am 15. Juli zu Ehren des Götterpaares (und
zwar noch im 4. Jahrh., vgl. den Kalender des Philocalus
a. 354 zum 15. Juli CIL,I2 p. 268; Mommfen. Roem. Staatsrecht
III 493,1) in der Nähe des Apoftelgrabes feinen
Anfang nahm; auch gewiffe bildliche Darftellungen laffen
fich gleichen. — Einen vollftändigeren Sachcommentar
zu fchaffen hat Ihm den Theologen überlaffen; aber er
hat dazu mit feiner trefflichen Ausgabe die philologifche
Grundlage gegeben.

Giefsen. G. Gundermann.

Lease, Emory Bair, A syntactic, stylistic and metrical study

of Prudentius. A thesis. Baltimore, 1895. (Leipzig,
O. Harrafsowitz.) (VIII, 79 S. gr. 8.) M. 2 —

Diefe Doctor-Differtation, die von der Johns Hopkins
Univerfität kommt, fucht eine Darfteilung der Sprache
des Prudentius zu geben in ftetem Vergleiche mit feinem
etwas jüngeren Landsmanne Juvencus, ferner mit Virgil,
Horaz und anderen Autoren. Für Juvencus lag eine
ähnliche, freilich nicht erfchöpfende Arbeit schon vor

I von Hatfield, die nach dem Schema von Draeger's
,Syntax und Stil des Tacitus' gearbeitet ift und deffen
Gang Leafe folgt. So werden die Formen, die syntak-
tifchen, ftiliftifchen, profodifchen und metrifchen Erfchei-
nungen mit fleifsiger Benutzung der einfehlägigen Literatur
und, wie es fcheint, vollftändig verzeichnet. Solch rein
ftatiftifche Arbeit ift zweifellos von Nutzen nicht nur für
ein eingehenderes Studium des Dichters felbft, fondern
auch für die Gefchichte der lateinifchen Sprache. Gerade
diefen Gefichtspunkt vertritt Leafe. Aber dann müfsten

I auch die Belege überall gegeben werden. Die blofse
Aufzählung, z. B. der Subftantiva auf -tuen und -mentum
S. 44—45 hat nicht viel Werth, fo lange nicht ein genaues
Wortverzeichnifs mit Stellennachweis vorliegt.
Ueber Prudentius' Vorbilder und die Art feiner Nach-

j ahmung kann der kurze Abfchnitt S. 66—73 keine genügende
Vorftellung geben. Der Verf. giebt, weil ,no
attempt Jias becn made to trace in detail thephrases imi-
tated front the eccles. writers1, als Erfatz nur einige
Literatur über Berührung desPr. mit kirchl. Schriftftellern.

Giefsen. G. Gundermann.

Anonymi christiani Hermippus de astroiogia dialogus. Edi-
derunt Guil. Kroll et Paul Viereck. Leipzig, Teub-
ner, 1895. (XIV, 87 S. 8.) M. 1.80

Obwohl die kleine Schrift bisher recht wenig beachtet
worden ift, verdient fie doch die Aufmerkfamkeit weiterer
Kreife. Gegen den Glauben an die Sterne hat die Kirche
fchon früh angekämpft und chriftliche Kaifer haben gegen
die Ausübung der aftrologifchen Geheim wiffenfehaft
wiederholt Edicte erlaffen: ohne Erfolg. Im Hermippus
wird nun fogar ein Ausgleich zwifchen Chriftenthum und
Aftrologie verfucht. Thöricht fei allerdings der Glaube,
dafs von den Sternen die Ereignifse auf der Erde ver-
urfacht oder beeinflufst würden. Zu den Gefchicken der
Menfchen und Völker Bünden vielmehr die Sterne nur
foweit in Beziehung, als fie anzeigen, was eintritt oder

1 eintreten kann. Als Beifpiel wird I ^ 48 angeführt die
Verkündung von Jefus Geburt durch den Stern. Bezeichnend
für die Stellung diefes chriftlichen Aftrologen find
nun die weiteren Bemerkungen Q SO: xy yao yevtoei xav-
xy tiaoiov psv yv xai xov ovoavov aveotrsv coq eljiuv
avyxataßijvcu xal xyv yyv dvopoXoyyaai tx xivoq ovpa-
vofixjxovq xal QxGxeoiaq cpojvyq y jtapjcXyfteig ayylXow
opiXovq xaxa övoxaöEiq cpavhvxaq dvaxr/QvS,ai stooq xa xyq

I yyq jrtpaxa'ovölv dh xoiovxov xeQaxmdtq ixaivoxo/iylh] xy
7 vO£i, aXXa xy OvvyOxi xavxavl) a jtpoq xo utXXov yvotGei sq.

I undbeiderKreuzigung§54: xavxcö Omxynim dt jräDxi oxosty-
xtov, öjimq ov öid xivoq jcaXtv xaivoxojüaq xo yivopsvov
öetvbv aJtEöyuavEv, aXXa dia xyq xov yXiov exXtiipEcoq'

i xdvxavfra yao oiöv xyv yyv piv (>y$ai xaßästa^ xal
ovquvov epcovyv Ix siQo6xa%tcoq dcpiivai xal ßoovxaq xal

| XalXaxcaq xal xXövov EJtixQaxyOai jiavxayy yyq' xo of ov
xoiovxov iyivexo. Die Verknüpfung der Aftrologie mit

j den Lehren des Neuplatonismus hat nach Kroll fchon
in der Quelle vorgelegen , während die chriftliche An-

J fchauung dem Verfaffer angehöre. Sein Name ift nicht
genannt. Gefchrieben hat er früheftens im 4. Jahrh.
wegen der Vereinigung chriftlicher und neuplatonifcher
Lehren und weil er Porphyrius in der Pfeudo-Galen'fchen
Schrift jttQi xov Jtcöq huipvxovxai xa tpßova (Kalbfleifch
in den Abh. der Berliner Ak. 1895) lowie Gregor von

j Nazianz benutzt. Für eine Herabrückung in die 2. Hälfte
des 5. oder gar ins 6. Jahrh. find die von den Herausgebern
angeführten fprachlichen Gründe nicht zwingend.
Die Dialogform wird nur in wenigen Sätzen am Anfange
und Schluffe gewahrt. Ueber die Stellung des Schrift-

j chens innerhalb der Gefchichte des Dialogs vgl. R. Hirzel,

j der Dialog II 372.

Die erfte Ausgabe war von Bloch 1830 nach einer
jungen fchlechten Hf. gemacht, die einft im Befitze von