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Ausgabe:

1898 Nr. 2

Spalte:

50-52

Autor/Hrsg.:

Manandian, Agop.

Titel/Untertitel:

Beiträge zur albanischen Geschichte 1898

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 2.

lehrten Publicum abermals eine neue Entdeckung in einer
Reihe Predigten des Heiligen vor. Es find Predigten über
die Pfalmen, das Markusevangelium und verfchiedene
andere Texte. Die Pfalmenpredigten lallen fich aus einer
alten Compilation, dem Brcviarium S. Hieronymi in Psal-
mos, ausfcheiden. In diefem Breviarium befanden fie fich
mit den Commentarioli und anderen unächten Beftand-
theilen verbunden; eine Anzahl Manufcripte, die Morin
auffand, enthielten aber die Homilien ohne die fpäteren
Zufätze und Weglaffungen. Die Predigten des Hieronymus
über das Markusevangelium gingen unter dem
Namen des Chryfoftomus, während die Predigten über
verfchiedene andere Texte dem Auguftin, Chryfoftomus
oder Hieronymus von der Tradition zugefchrie-
ben wurden. Da Morin, befchäftigt mit der Herausgabe
der Predigten noch andere Pfalmenpredigten
des Hieronymus auffand, hat er, um feine Ausgabe nicht
weiter zu verzögern, die Indices und Prolegomena für
den 3. Theil des 3. Volumens zurückgeftellt, deffen baldiges
Erfcheinen er in Ausficht (teilt. Einen Erfatz für
die fehlenden Prolegomena bietet aber der Auffatz Morin's
Les monuments de la predication de St. Jerome in der
Revue d'histoire et de litterature religeuses Tom. I, p. 393
bis 434. 1896 (f. Krüger, Theol. Jahresbericht 1897 S. 197).
Ueber die Aechtheit der Homilien kann nach meiner
Ueberzeugung kein Zweifel mehr beftehen. Der von
Morin geführte Beweis ift durchaus geglückt. Aus den
Predigten geht hervor, dafs fie an Sonn- oder Wochentagen
in der Kirche und zwar vor einer Mönchsgemeinde
gehalten find. Manche Anfprachen über einen Text aus
den Pfalmen gehören mit folchen über das Markusevangelium
zufammen, fo bildet z. B. die Predigt über
Pfalm 14 und Marc. 13,32—14,9 ein Ganzes, fie wurde
vor den Katechumenen des Klofters in der Quadragesima
gehalten. Die Erwähnung der Verwerfung der Apoka-
lypfe durch die meiften orientalifchen Chriften (S. 5) führte
auf den Orient, der Hinweis auf die nahen Trümmer des
Jerufalemifchen Tempels und das Grab der Rahel (S. 220)
auf die Nähe Jerufalems bez. auf das Klofter zu Bethlehem,
das Hieronymus leitete, als Abfaffungsorte. Für die Ab-
faffungszeit der Homilien ergiebt fich als terminus ad quem
das Jahr 413, in dem der Brief des Auguftin gefchrieben ift,
der ein Stück aus der Homilie des Hieronymus zu Pfalm 93
'S. 129) wörtlich citirt {ep. 148 ad Fortunatianum). Der
Terminus a quo wird vor allem durch die Erwähnung der
Zerftörung des Serapeums zu Alexandria (S. 142) im
Jahre 389 gebildet. Auf Grund einer angeblichen An-
fpielung auf das Edikt des Theodofius vom Jahre 381,
nachdem 20 Jahre verfioffen feien (S. 254), fetzt Morin
die Predigten in das Jahr 401. Neben den äufseren Gründen
fprechen auch innere für die Autorfchaft des Hieronymus
, der Verfaffer citirt häufig den hebräifchen Text und
zwar in faft wörtlicher Uebereinftimmung mit dem Psal-
terium Hieronymi iuxta Hebraeos, es finden fich auch
zahlreiche Berührungen in Stil und Inhalt mit den übrigen
Schriften und Briefen des Hieronymus, auch der En-
thufiasmus für die heilige Schrift, der fanatifche Hafs gegen
die Ketzer, die Verachtung der heidnifchen Philofophen,
alles charakterifirt den Hieronymus. Selbft für fcheinbar
gegen die Verfafferfchaft des Hieronymus fprechende
Stellen wie z. B. für die irrige Zeitangabe der Zerftörung
Jerufalems (S. 191) laffen fich Parallele n aus den Werken des
Hieronymus {ep. 129) beibringen. Die in den Homilien
häufigen Irrthümer erklärt Morin aus der Gedächtnifs-
fchwäche des alternden Verfaffers und dem improvifirten
Charakter der Reden, die Inferiorität des Stils im Vergleich
zu feinen anderen Schriften aus der Niederfchrift
der Homilien durch Mönche, die Hieronymus nicht mehr
durchgefehen hat. Die zahlreichen Gräcismen führt er
auf die griechifche Umgebung und die Zufammenfetzung
der Mönchsgemeinfchaft des Hieronymus, die aus Griechen
und Lateinern beftand, zurück. — In allen Hauptpunkten
wird man der klaren Unterfuchung Morin's beiftimmen

können, nur fcheint mir die ungenaue Angabe des Hiero-
i nymus, dafs vor 15 oder 20 Jahren die Arianer noch
I Kirchen im Orient befafsen, nicht zu der genauen An-
! fetzung der Homilien auf 401 verwandt werden zu dürfen.

Auch befteht die Behauptung Morin's, dafs die Homilie
j über Pfalm 81 (S. 74 ff.) am Peter-Paulsfeft gehalten ift,
! kaum zu Recht. — Den Text der 59 Pfalmenhomilien
(S. 1—316) hat Morin auf Grund von 8 Codices aus dem
8. bis 10. Jahrhundert, eines Codex des Breviariums aus
dem 10. Jahrhundert und der Ausgabe des Breviariums
wie feines Appendix bei Migne P. L. 26, 871 ff. herge-
ftellt. Für die 10 Homilien über das Markusevangelium
(S. 319—370) ftanden ihm 3 Codices aus dem 10. und
11. Jahrhundert und die Ausgabe des Erasmus von den
j Werken des Chryfoftomus {Tom. II, 263—271) zur Ver-
j fügung. Für die übrigen Homilien (S. 373—423) benutzte
I er neben den Ausgaben des Auguftin, Hieronymus und
1 Chryfoftomus verfchiedene Codices, die er bei jeder
Homilie vermerkt. Da die Prolegomena, die über den
Werth der einzelnen Handfchriften nähere Auffchlüffe
bringen werden, noch fehlen, fo ift noch kein definitives
Urtheil über die Textherftellung zu fällen, doch erfcheint
die Arbeit Morin's auch in diefer Beziehung gründlich
und zuverläffig. An einigen Stellen möchte ich mir eine
Correctur geftatten: S. 99 Z. 12 ift die Conjectur quo-
modo homines unnöthig und mit A. cum hodie liomines
prohibet zu lefen; S. 108 Z. 7 ift ficher propagator mit
den meiften Handfchriften und nicht propater zu lefen,
zumal da Hieronymus Cont. Pclag. 3,18 für Adam den-
felben Ausdruck gebraucht, S. 164 Z. 10 ift die beffer
bezeugte Lesart fluetuum der reflektirten montium vorzuziehen
, S. 241 Z. 6 de divinitatis Jirmone ift der Text
verderbt, doch weifs ich nicht, wie demfelben abzuhelfen
ift, S. 229 Z. 14 ift hinter gallicinio das Komma zu ftrei-
chen, da mane primo Appofition dazu ift, und Hieronymus
{ep. 108) nur 6 nicht 7 Hören kennt. — Endlich
feien noch einige Worte über die Bedeutung des Fundes
geftattet. Für die Gefchichte der Homiletik ift es von
Wichtigkeit, dafs wir jetzt authentifche Predigten des
Hieronymus befitzen. Allerdings wird, wie mir fcheint,
das Urtheil über den Rivalen des grofsen Auguftin als
j Prediger nicht fehr günftig lauten. Das unerquickliche
Schwanken zwifchen geiftlichem Sinn und buchfläblichen
und zeitgefchichtlichen Wortverftande findet fich bei
Hieronymus wie bei allen feinen Zeitgenoffen, auch unnatürliche
und abgefchmackte Deutungen find fehr zahlreich
, und die rhetorifchen Tugenden des Hieronymus
treten in den Homilien nicht fo ftark hervor, wie man
nach feinen anderen Werken erwartet. Noch in anderer
Beziehung bieten die Homilien eine Ausbeute, die
Citate aus den Werken des Porphyrius werden vermehrt,
auch für die Hexaplaforfchung fällt einiges ab. Recht
intereffant ift auch die Homilie de nativitatc Domini, in
der fich Hieronymus gegen die orientalifche Praxis, die
als Geburtsfeft Jefu das Epiphanienfeft feierte, wendet
und für die Einführung des von ihm am 25. Dec. ge-
I feierten Weihnachtsfeftes plädirt. Ufener hatte die Homilie
daraufhin einem Orientalen abgefprochen und nach
dem Occident verlegt. Wir werden jetzt die Verbreitung
des Weinachtsfeft.es im Orient nicht zum wenigften auf
die Thätigkeit des Hieronymus, des grofsen Vermittlers
zwifchen Occident und Orient, zurückführen müffen. Der
Druck des Werkes ift fchön und correct. Wir fchliefsen
mit dem Dank gegen den gelehrten Benediktiner, der
fich würdig feinen alten Ordensbrüdern in den Ver-
dienften um die Herausgabe patriftifcher Werke anreiht.

Heidelberg. Grützmacher.

Manandian, Agop, Beiträge zur albanischen Geschichte.

Diff. Jena, 1897. (48 S. 8.)

Albania ift der Name eines kleinen Reiches an der
Weftküfte des kaspifchen Meeres, zu beiden Seiten des