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Ausgabe:

1898 Nr. 23

Spalte:

609-610

Autor/Hrsg.:

Radermacher, Ludwig

Titel/Untertitel:

Anonymi Byzantini de caelo et infernis epistula 1898

Rezensent:

Meyer, Ph. L.

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1898. Nr. 23.

610

Eindruck haben, dafs der ganze Reit, mindeftens bis ! der flavifche Henoch, die apocalypsis Mariae virginis,
f. 182^, diefem gehörte, zumal da auch das Regifter nur j die apocalypsis Pauli und ein vielverbreiteter Brief Chrifti,
einen Joannes abbas nennt. In Wirklichkeit ift das erfte j den der Ruffe Waffiliew jüngft mit Anderem herausgegeben
Stück der Brief des Johannes von Raithu an Johannes 1 hat. Die vulgärgriechifche Recenfion von dem letzteren be-
vom Sinai (den Verfaffer der Klimax) = Migne 88,624; j fitze ich auch in einem modernen Pfennigsdruck von Athen
dann folgt ein Prolog, und hierauf der jrtVag; dann die ; 1888. Ergänzend füge ich hinzu, dafs die hl. Paraskevi
vita des Johannes Klimax, hier anonym, nach der Angabe 1 und die hl. Tetradi auch in der Apokalypfe erwähnt
bei Migne von Daniel von Raithu verfafst, endlich, werden, die ich nach einem Codex Patmensis in den Jahr-
was G. übergeht (f. 106v) die Antwort des Johannes büchern für proteftantifche Theologie XII, S. 390 ff. beKlimax
an Johannes von Raithu (Migne 88,625 B) und | fprochen habe.

fchliefslich der Text der Klimax des Johannes vom , Das Intereffantefte bei einer Apokalypfe ift ftets, die
Sinaj. j Zeit der Abfaffung zu finden. Hier geht der Verfaffer

Am fchwerften ift es heutzutage, liturgifche Hand- ! ohne Zweifel den richtigen Weg. Er wendet fich zunächft
fchriften gut zu befchreiben. Beftimmt anzugeben, was ' gegen Hafe, der um der Sprache willen die Schrift dem
wefentlich und was unwefentlich ift, ift hier noch nicht 15. Jahrhundert zuweifen wollte. Mit Recht wird darauf
möglich. G. hat nach Kürze geftrebt, aber es hätte eher | hingewiefen, dafs die Sprache des Codex noch nicht die
des Guten zu viel gefchehen dürfen. Ueberblickt man , Sprache der urfprünglichen Schrift beweift. Aber es könnte
z. B. feine Befchreibung des cod. 19, fo hat man faft nur doch wohl auch der Text einem früheren Jahrhundert
ein Gerippe des griechifchen Kirchenjahres vor fich: man entflammen. Den richtigen Fingerzeig giebt die Apo-
erfährt nicht, was man gerne gewufst hätte, welches die j kalypfe felbft, die am Schlufs den Kaifer Johannes
für den einzelnen Tag vorgefchriebenen Lieder find. Tzimiskes als Mörder feines Vorgängers Nikephoros
Eine kurze Angabe des Inc. und des yyoq hätte doch nicht Phokas in der Hölle erfcheinen läfst, neben ihm aber
ZU viel Raum weggenommen. Dafs diefes Gebiet G. am den Protospatharios Petros, in welchem letzteren der
fernften liegt, macht fich auch in einer gewiffen Unficher- Herausgeber den Petros erkennen will, der gegen den
heit in der Wiedergabe der handfchriftlichen Lefung be- j Empörer Bardas Skieros in der Schlacht bei Lapara
merklich. Im cod. 19 am Schlufs der Angabe über Bl. 16 | Sieg und Leben verlor. Skieros felbft wurde 989 überfetzt
G. das Zeichen /// in der Handfchrift fleht die Ab- ! wunden. Darnach würde die Apokalypfe in das Ende
kürzung für Lyoq nlayiov ösvztQov; dasfelbe Zeichen , des 10. Jahrhunderts zu fetzen fein. Allerdings fieht der
fetzt erBl. 152 hinter usyaüy. Im Codex ift allerdings nach , Apokalyptiker (S. 23,6) noch andere Könige in der Hölle
Utyälrj ein Wort durchg'eftrichen, aber darauf folgt I und der Text hat hier eine Lücke. Es wäre alfo mög-
£(= ätujir?]); er druckt Bl. 154 ruhig vrjnrtjöa, ändert j lieh, dafs neben Tzimiskes auch andere Könige genannt
aber Bl' 120 p-'anz unnöthiger Weife und ohne die Aende- würden und zwar fpätere, aber eine fo concrete Erwäh-

rung anzudeuten das handfehriftliche anoxoeov; Bl. 1 ift
ftatt ijtearyv döoöoo? doch wohl ejitOrrj rj tlöoöooq zu
lefen.

Auf Vollftändigkeit können diefe Nachträge, mit
denen ich meinerfeits den fchuldigen Dank gegenüber
G. bezeugen möchte, keinen Anfpruch erheben. Ich
notire noch einige kleinere Verfehen, die mir aufgeftofsen
find: S. 1 wird im Widerfpruch mit S. XVIII die Auffindung
des cod. Sin. auf das Jahr 1845 gefetzt, S. 11 bei
cod. 13: das Stück jtsqi üuaQptvyq beginnt nicht f. 26r,
fondern 2ÖV; S. 26 bei cod. 19 vor Mtjpl IavovaQicp gehört
nicht f. 58* fondern $y

Berlin. Karl HolL

Radermacher, L., Anonymi Byzantini de caelo et infernis
epistula. Edidit R. (Studien zur Gefchichte der Theologie
und der Kirche, herausgegeben von N. Bon-
wetfeh und R. Seeberg. 3. Bd. Heft 2.) Leipzig,
A. Deichert Nachf., 1898. (30 S. gr. 8.) M. 1.—

Der Verfaffer giebt in diefem Buche aus dem Cod.
Parisinus Graecus 1631 saec. 15 den Text einer griechifchen
Apokalypfe heraus. Dem Text fchickt er eine erläuternde

Einleitung voran. Ein Namenverzeichnifs und ein gram- j Ich habe verfucht, von daher die Abfaffungszeit zu be

nung des Tzimiskes und feines Vorgängers laffen wohl darauf
fchliefsen, dafs auch bei unferer Annahme nicht eine
lange Zeit zwifchen der Regierung der beiden Kaifer
und der Abfaffung der Apokalypfe verftrichen ift. Ich
ftimme daher dem Herausgeber zu, wenn er die Schrift
ins 10. Jahrhundert fetzt.

Was die Geftaltung des Textes anlangt, fo hat der
Verfaffer diefen kritifch bearbeitet und durch Correctur
der vielen Vocalverwechfelungen, durch Conjecturen u. a.
lesbar gemacht. Doch hätte er noch radicaler zu Werke
gehen können und auch Formen wie i£Qyg für hoeig
20, 14 oder örixovra für Gxyxovxa etc. umändern foflen.
Jedenfalls war es auch beffer, nicht IJaQaaxeßy 18,8
neben Ilagaaxevyg 18, 24 flehen zu laffen, fondern die
Form auf die eine oder die andere Weife gleichmäfsig
zu geftalten. Im Ganzen aber weifs jeder, der fich als
nicht Fachmann einmal mit mittelgriechifchen Texten be-
fchäftigt hat, wie fchwer es ift, hierBefriedigendes zu leisten;
darumwende ich auch weiter nichts ein gegen die kritifche
Bearbeitung des Textes. Das grammatifche Regifter giebt
auch die Erklärung von einigen feltenen und fchwierigen
Vocabeln des Textes. Bei den Terminis aus dem Kirchenrecht
hätte vielleicht auf die einfchlagenden Beftimmun«en
der Concilien und Canones verwiefen werden können.

matifches Regifter erleichtern den Gebrauch. Die Apo- > ftimmen, bin aber zu keinem fieberen Refultat gekommen,
kalypfe war bisher von Hafe, Tifchendorf und Gidel nur ; habe jedoch auch keine Beftimmung gefunden, die mit

im Vorbeigehen behandelt. Der Text ift zum erften
Male herausgegeben. Richtig weift der Verfaffer der
Schrift ihren Platz in der Litteratur an. Sie gehört in
den Kreis der mittelalterlichen chriftlichen Apokryphen,
die Himmel und Hölle zur Erbauung der Frommen und
zum Schrecken der Sünder mit grellen Farben fchildern.
Der ungenannte Verfaffer macht eine Reife in die Unterwelt
und erzählt das dort Gefehene. Er trägt feine
Schauung in der Form eines Briefes vor, den er dringend
zur Verbreitung empfiehlt. Der Inhalt der Schrift bietet
nicht gerade Neues. Sehr forgfältig hat der Verfaffer

der Annahme einer Abfaffung der Schrift im 10. Jahrhundert
unvereinbar wäre.

Hannover. Ph. Meyer.

Gottwald, J., Die Kirche St. Georg in Constantinopel. Con-
ftantinopel, O. Keil. (22 S. 4.)

Im Intereffe der kirchlichen Topographie von Con-
ftantinopel, die der Verfaffer als Bewohner diefer Stadt
gut zu kennen fcheint, möge eine kurze Anzeige diefer
Schrift hier Platz finden. Die Kirche von St Geora
nachgewiefen, dafs die Vorftellungen des Bnefftellers fich flammt in ihrer jetzigen Geftalt zwar aus neuerer 7eit

Ol

it dem Inhalt vieler anderen Apokalypfen älterer und j hat aber eine längere Vergangenheit. Ementhümiich ift
neuerer Zeit berührten. Es find namentlich zu nennen es, dafs in ihr ein Brunnen verehrt wird, der der hl

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